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Veröffentlicht am 25.05.2022

Erste Schritte in ein neues Leben

Wo Himmel und Meer sich berühren
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Die Schrecken des Krieges und die Strapazen der Flucht sitzen noch tief, als Edith regelrecht auf Rügen strandet. Die Insel in der Ostsee soll ihr zu einer neuen Heimat werden, aber wie kann es ihr gelingen, ...

Die Schrecken des Krieges und die Strapazen der Flucht sitzen noch tief, als Edith regelrecht auf Rügen strandet. Die Insel in der Ostsee soll ihr zu einer neuen Heimat werden, aber wie kann es ihr gelingen, auf diesem Fleckchen Erde ein Zuhause zu finden, wenn alles fremd und ungewohnt ist. Um Sie herum Wasser, nichts als Wasser. Mit Alma an ihrer Seite gelingt es Edith, wieder neuen Mut zu fassen und mit offen Augen durch die Welt zu gehen...

Ich habe schon viele Bücher über die unmittelbare Nachkriegszeit gelesen und von den verzweifelten Versuchen, den Neuanfang zwischen Gerippen der Häuser und den seelischen Narben zu wagen. Mit "Wo Himmel und Meer sich berühren" versucht Kathleen Freitag, das Licht der Hoffnung und Zuversicht zu entzünden und schlägt einen Bogen zu der aktuell herrschenden Situation, in denen Menschen aus der Ukraine vor dem Krieg flüchten müssen.

Gerade weil die Thematik so aktuell ist, habe ich mir sehr viele Emotionen erhofft, die mich tief im Innern berühren und mir das Gefühl geben, mit den Figuren eins zu werden. Leider gelingt es der Autorin nicht immer, authentische Gefühle und Gemütsregungen zu vermitteln, sodass die Leser;innen häufig außen vor bleiben und nur wenig bis gar keinen Zugang zu den Figuren finden.

Die Geschichte wird von der Schreibenden ohne große Aufreger oder Spannung erzählt, bleibt somit relativ seicht und kann die innere Zerrissenheit von Edith nicht wirklich glaubhaft vermitteln. Sie ist eine ewig Suchende, die zwischen den Stühlen sitzt, geplagt von den traumatischen Ereignissen.

Das Leben auf dem Hof verläuft auch recht ereignislos. Die Vorkommnisse, so erschütternd sie auch manchmal sein mögen, werden ausdruckslos und recht nüchtern beschrieben. Bestürzung, Angst oder Verzweiflung wären die Gefühlsregungen, die die Leser:innen empfinden müssten, aber sie bleiben emotional aussen vor. Fast so, als würde eine dicke Glasscheibe die Lesenden von den Protagonist:innen trennen, sodass kein Vordringen zu ihnen möglich ist. Die Lebenssituation auf dem Hof, die Enge, der Hunger und der Versuche, aus all dem doch das Beste zu machen, wird mitunter wirklich sehr realitätsnah beschrieben - so hätte ich mir den kompletten Verlauf der Handlung gewünscht.

So bleibt Vieles an der Oberfläche und geht nicht in die Tiefe. Geheimnisse kommen ans Tageslicht, Freundschaften werden geschlossen und selbst das Happy End bleibt leider farblos.

In dieser Geschichte stecken so unglaublich viele Möglichkeiten, die Leser:innen mit ins Boot zu holen und sie emotional an die Seiten zu binden. Leider bleibt ein Großteil an Potential ungenutzt und deswegen vergebe ich schweren Herzens 3 Sternchen.

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Tina Brown öffnet royale Türen

Palace Papers
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Tina Brown gelingt mal wieder der große Wurf, wenn es darum geht, die royalen Türen zu öffnen und ihren Leser:innen einen Blick hinter selbige zu ermöglichen. Es sind exzellent recherchierte Fakten, die ...

Tina Brown gelingt mal wieder der große Wurf, wenn es darum geht, die royalen Türen zu öffnen und ihren Leser:innen einen Blick hinter selbige zu ermöglichen. Es sind exzellent recherchierte Fakten, die werder polemisch noch provokant für die Royalistas auf den Tisch gelegt werden - sie zeigen einfach das wahre Gesicht der königlichen Familie.

Die royalen Damen dienen auf dem Cover als Door-Opener zu Skandalen, Affären und Triumphen, während die männlichen Mitglieder der Familie auf der Buchrückseite die Lesenden nach der mehr als interessanten Lektüre verabschieden. Vor- & Nachsatzblatt geben einen ersten Einblick in das königliche Fotoalbum.

Wenig zimperlich zeigt Tina Brown, wie die britische Königsfamilie in den letzten 25 Jahren immer wieder versuchen muss, sich neu zu erfinden, um an den Glanz längst vergangener Tage anzuknüpfen. Die Monarchie bekommt immer wieder Dämpfer verpasst, rückt durch Fehltritte in die Öffentlichkeit und selbst die prunkvollen Hochzeiten erscheinen mitunter nur als Makulatur.

Es ist keine "Abrechnung" im herkömmlichen Sinn, denn Brown wahrt Stil und Respekt, aber sie legt treffsicher den Finger in die Wunde. Sie zeigt auf, warum mit penibler Vorbereitung und ein bisschen mehr Interesse an der "Firma" sich Meghan so manch Spießrutenlaufen hätte ersparen können; bricht für Camilla eine Lanze, denn so bissig und kauzig ist die Frau des Thronfolgers nicht und sieht im starken Charakter von Catherine die Möglichkeit, die Monarchie aus dem Sumpf herauszuziehen.

Dekoriert mit einigen ausgewählten Fotos, die in der Menge ruhig noch etwas üppiger hätten sein dürfen, ist dieses Buch eine sehr gelungene Studie über die Windsors, die nicht wirklich mit, aber auch nicht ohne die (Boulevard-)Presse leben können.

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Veröffentlicht am 24.05.2022

Nicht Fisch, nicht Fleisch

Der Tod macht Urlaub in Schweden
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Wenn es nicht so makaber wäre, könnte man das freudige Grinsen auf den Gesichtern der Bewohner:innen von Österlen sehen, als bekannt wird, dass Jessia Anderson tot ist. Die mehr als ehrgeizige Maklerin ...

Wenn es nicht so makaber wäre, könnte man das freudige Grinsen auf den Gesichtern der Bewohner:innen von Österlen sehen, als bekannt wird, dass Jessia Anderson tot ist. Die mehr als ehrgeizige Maklerin wollte die Region verschlimmbessern und mit protzigen Luxusbauten "aufwerten". Doch reichen die Aversionen gegen Anderson aus, um ihr wirklich das Geschäft ihres Lebens auf diese Art und Weise zu vermiesen ? Peter Vinston, eigentlich zur Erholung in Österlen, und Tove Espin müssen ihre Befindlichkeiten über Bord werfen, denn der Mörder ist mitten unter ihnen....


Als "unterhaltsamster Spannungsroman...seit langem" und "heiterer Krimi nach britischer Tradition" angekündigt, sitzt die Messlatte enorm hoch...zu hoch, wie sich leider schon nach wenigen Seiten herausstellt. Denn der Start in die neue Krimi-Rehe aus Schweden lässt kein Klischee, kein Fettnäpfchen und keine noch so abgegriffene Wortspielerei aus, um auf sich aufmerksam zu machen.

Es wird mit Pseudoreichtum geklotzt, statt gekleckert, die Figuren wirken alle unglaublich steril und künstlich und staksen relativ unbeholfen in einer bemüht humorvoll konstruierten Handlung herum, deren Pointen weder zünden, noch zum Mundwinkel nach oben verziehen animieren.

Zwischen Gummistiefeln und feinem Zwirn entladen sich Dialoge und Zwistigkeiten, die nicht gerade gehaltvoll sind und bei denen sich die Lesenden fragen, was das Autorenduo mit diesen leeren Worthülsen bezwecken möchte. Die Figuren sind dermaßen überzeichnet, dass sie weder schräg noch liebenswert erscheinen.

Der Fall selbst ist von der Idee her nicht schlecht ausgedacht, aber echte Krimi-Fans entlarven den Täter schon recht früh, sodass die ohnehin wenig vorhandene Spannung gänzlich entweicht. Rätselhaft ist die Handlung jetzt nicht zu benennen. Allerdings ist es mir ein Rätsel, wie dieses Buch zu seinen Lobeshymnen kommt.

Das Setting bietet eine echte Bilderbuchkulisse und zeigt Schweden von seiner schönsten Seite - traumhafte Strände und romantisch blühende Apfelbäume vermitteln ein bisschen das Gefühl, dass Pipi Langstrumpf jeden Moment um die Ecke hüpfen könnte.

Für eingefleischte Krimis-Fans eher eine Enttäuschung, aber wer seichte Kost liebt, wird diese Krimi-Reihe mögen.

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Veröffentlicht am 24.05.2022

Der Sinn dieses Buches erschließt sich mir leider nicht

Rausch und Freiheit
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Zwei mehr oder weniger große Namen im Filmgeschäft - Sönke & Wotan Wilke Möhring - kommen auf die Idee, ein Buch über das Leben und ihre Verbindung als Brüder zu schreiben. Klingt interessant und aufregend, ...

Zwei mehr oder weniger große Namen im Filmgeschäft - Sönke & Wotan Wilke Möhring - kommen auf die Idee, ein Buch über das Leben und ihre Verbindung als Brüder zu schreiben. Klingt interessant und aufregend, ist es aber überhaupt nicht.

Denn was die Leser:innen in den Händen halten ist eine mehr oder weniger belanglose Aneinanderreihung von Erinnerungen, die ihre Aufenthalte in New York betreffen. Von Clubs und Bars, ausgelassenen Feiern und dem Konsum von Gras und Alkohol ist die Rede, dem Gefühl vom gegen den Strom schwimmen und der Freiheit, dem unstillbaren Hunger auf das Leben da draussen mit jeder Menge Eigensinn und Anarchie zu begegnen.

Keine der Episoden ist mitreißend oder leidenschaftlich für die Lesenden erzählt, vielmehr spulen sich die Erinnerungen der Brüder recht monoton und seicht ab, ohne dabei großartige Emotionen zu wecken und die Leser;innen mit ins Boot zu holen. Es sind Anekdoten, die für die Brüder einen Grundstein für ihre innige Beziehung zueinander gelegt haben, deren Bedeutung aber für die Außenstehenden unter Verschluss bleibt.

Von einer Biografie erwarte ich tiefgreifende Einblicke in die Vita des Menschen, der mir von sich erzählt, Aha-Momente und Inspiration. In diesem Buch findet sich leider nichts dergleichen und ich frage mich, worin der Sinn dieser 207 Seiten liegt.

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Veröffentlicht am 23.05.2022

Bella Ciao (Das Lied der Partisanen)

Gran Paradiso
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Der Name Maria Lanteri ist Italien in aller Munde, denn die Aufzeichnungen ihrer Kriegserlebnisse als Partisanin haben sie berühmt gemacht. Aber eben jene Berühmtheit ist es, die auch für einen gewissen ...

Der Name Maria Lanteri ist Italien in aller Munde, denn die Aufzeichnungen ihrer Kriegserlebnisse als Partisanin haben sie berühmt gemacht. Aber eben jene Berühmtheit ist es, die auch für einen gewissen Abstand zwischen Mutter Maria und Tochter Gianna sorgt. Erst nach dem Tod gelingt es Gianna, einen Einblick in die Aufzeichnungen ihrer Mutter zu nehmen, der die Geschichte ganz neu schreibt...


Grit Landau bringt mit "Gran Paradiso" wieder Zeitgeschichte zum hautnah miterleben aufs Papier und entführt ihre Leser:innen nach Sant'Amato. Dabei gelingt es ihr, die Tagebucheinträge lebendig werden zu lassen und die Schrecken des Zweiten Weltkrieges steigen aus den Seiten.

Maria ist eine taffe junge Frau, die sich couragiert und entschlossen den Nazis entgegenstellt. Ihr Kampfgeist und ihr Schneid imponieren mir- obwohl sie mit Herzblut bei der Sache ist, verliert sie nie ihr Ziel aus den Augen und verteidigt mit heißblütiger Leidenschaft alles, was ihr lieb und teuer ist.

Mit John gerät ihr Gefühlsleben ins Wanken und auch hier beweist Landau ein sehr glückliches Händchen, um die aufkommenden Gefühle nicht kitschig, sondern glaubhaft und nachfühlbar in die Handlung mit einzubauen.

Es ist der stete Wechsel aus Anspannung und ruhigeren Momenten zum Aufatmen, der dieses Buch zu einer mitreißenden Lektüre werden lässt. Mehr als einmal habe ich die Luft angehalten und gehofft, dass alles gut ausgeht. Gerade in der Szene, als Maria beim Lauschen ertappt wird, habe ich mich beim lauten Knall des herunterfallenden Buches erschreckt, so sehr bin ich in der Handlung gefangen. Das Zischen der Geschosse, die über den Kopf hinwegfegen, hinterlässt ein ungutes Gefühl im Magen und die Angst frisst sich in die Seele.

Die Zeitenwechsel zwischen den Kriegstagen und dem Jahr 1982 sind flüssig, sodass sich die Handlungsstränge miteinander verflechten wie die Stränge eines Zopfes. Auf der einen Seite spüren die Lesenden den Hass und die Gewalt des Krieges, um auf der anderen Seite gemeinsam mit Gianna zu der Erkenntnis zu kommen, dass manches auf den zweiten Blick anders gewesen ist, als es der erste Eindruck glauben machen will.

Es ist ein Auf und Ab der Gefühle, durch das uns Grit Landau schickt- Angst und Hoffnung, Liebe und Verlust sind ständiger Begleiter, die die Autorin in ihrem packenden und sehr einnehmenden Schreibstil im Karussell der Emotionen drehen lässt. Das ein oder andere Tränchen bahnt sich den Weg und zeigt, dass die Geschichte berührt und sich einen festen Platz im Herzen der Lesenden sichert.

Eine großartig erzählte Familiensaga und daher gibt es 5 Sternchen.


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