Profilbild von kati-katharinenhof

kati-katharinenhof

Lesejury Star
offline

kati-katharinenhof ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kati-katharinenhof über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.10.2021

Welches Wissen liegt im Schweigen ?

Was bei uns bleibt
0

Klara Hirtenberg hat es vorgezogen, lieber über ihre Vergangenheit zu schweigen - dabei ist sie doch so stolz auf das, was gewesen ist. Nicht aus falschen politischen Idealen, sondern weil sie mit ihrer ...

Klara Hirtenberg hat es vorgezogen, lieber über ihre Vergangenheit zu schweigen - dabei ist sie doch so stolz auf das, was gewesen ist. Nicht aus falschen politischen Idealen, sondern weil sie mit ihrer Hände Arbeit etwas dazu beigetragen hat, dass das Reich zum Sieg führt. Ihre Tätigkeit in der Munitionsfabrik hat für sie ja schließlich bedeutet, ein Teil der Gemeinschaft zu sein, Freundinnen zu haben und in der entbehrungsreichen Zeit auch so etwas wie Geborgenheit und Zusammenhalt zu finden. Nachdem Enkel Luis einen Unfall erleidet, beschließt Klara, endlich reinen Tisch zu machen, denn die letzten Tage des Krieges haben für immer Spuren hinterlassen....

"Was bei uns bleibt" ist ein leiser Roman, der mit vielen Metaphern den Leser ins Boot holt (z. Bsp S. 182 "Ich bewegte mich durch das Skelett einer ausgekühlten Landschaft") und ihn an Klaras Erinnerungen teilhaben lässt.

Die Autorin versucht den emotionalen Spagat zwischen Erinnern und Verschweigen für den Leser so darzustellen, dass die innere Zerrissenheit von Klara deutlich spürbar wird. Natürlich ist sie stolz auf ihre Arbeit, die sie in der Munitionsfabrik geleistet hat, auch wenn sie durch den immer währenden Umgang mit Blei große gesundheitlichen Schäden davongetragen hat und durch den Einsatz der von ihr gefertigten Munition Menschen getötet wurden.

Was aber schwerer wiegt sind die Erinnerungen, denn Klara erlebt in aller Deutlichkeit die Misshandlungen von KZ- Insassinnen mit, die zur Zwangsarbeit in die Fabrik rekrutiert worden sind. Körperliche Gewalt, Hunger, Demütigungen, willkürliches Erschießen, Bombeneinschläge - all das hat sich wie ein Fingerabdruck auf ihre Seele und Erinnerungen eingebrannt. Ich bin regelrecht mit Klara zusammengezuckt, als sie sich in ihren Erinnerungen wiederfindet und das Zerbersten von Dachschindeln, die Luis beim Reparieren des Daches einfach in den Hof wirft, mit dem Abwerfen von Bomben assoziiert.

Das Buch zeigt, wie schwer es ist, die eigenen Kriegserlebnisse der Enkelgeneration (verständlich) nahe zu bringen, ohne dabei die Vergangenheit zu verherrlichen, auch wenn es schöne Zeiten in den dunklen Kriegstagen gegeben hat. Die Szenen in Klaras Erinnerung sind verstörend, manchmal provokant und trotzdem jederzeit berührend zu lesen, denn hier gelingt es der Schreibenden , die vernarbte Seele von Klara offenzulegen und für den Leser zugänglich zu machen.

Die Figuren sind von Didi Drobna sehr facettenreich angelegt, aber es gelingt ihr nur mit Klara und Luis, mich so richtig zu begeistern. Bei Horst und Dora bleibe ich eher außen vor und finde keinen richtigen Zugang zu ihnen.

Ein Buch das Aufzeigt, wie schwer es ist, sich mit dem Erlebten auseinanderzusetzen und die Entscheidung zu treffen, ob man lieber darüber reden oder für immer schwiegen möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.10.2021

Geradlinig, ehrlich und 100% Bülent

Ankommen
0

Bülent Ceylan steht am Zenit seines Erfolges, als ihn die Corona-Pandemie ausbremst. Zeit also, um sich Gedanken zu machen, wie der Weg zum Erfolg überhaupt verlaufen ist, welche Werte in seinem Leben ...

Bülent Ceylan steht am Zenit seines Erfolges, als ihn die Corona-Pandemie ausbremst. Zeit also, um sich Gedanken zu machen, wie der Weg zum Erfolg überhaupt verlaufen ist, welche Werte in seinem Leben wichtig sind und wer hinter den Figuren auf der Bühne wirklich steckt.

Herausgekommen ist ein Buch das unglaublich ehrlich, geradlinig und absolut authentisch den Menschen Bülent Ceylan widerspiegelt und seinen Fans zeigt, dass der langhaarige Rocker auf der Bühne ein ganz weiches Herz hat. Familie, Zusammenhalt und Loyalität gehen ihm über alles und habe ihn nachhaltig geprägt.

In "Ankommen" erzählt Bülent Ceylan von unschönen Kindheitserlebnissen, von seinen Anfängen als "Alleinunterhalter" und von dem festen Willen, es zu schaffen. Von leicht war nie die Rede, aber mit seinem unbedingten Willen, Durchhaltevermögen und dem starken Rückhalt seiner Familie gelingt es ihm, vom Monnemer Bub zum gefeierten Star zu werden, der mit viel Humor und schrägen (Bühnen-)Typen seine Weltanschauung auf die großen und kleinen Bühnen dieser Welt bringt und für sie einsteht.

Es gibt viele Kapitel, die mir beim Lesen ein Lächeln ins Gesicht zaubern, aber auch nachdenklich stimmende Worte, die mich innehalten lassen. Der Blick hinter den Bühnenmensch Bülent gibt einen sensiblen, empfindsamen und trotzdem weltoffen Charakter frei, der integer und mit sich selbst im Reinen seinen Weg geht.

Soziales Engagement, Starthilfe für Bühnenneulinge, das Wohl seiner Crew und seiner Familie stehen für ihn im Vordergrund und zeigen, dass Bülent nicht nur seinen Weg gegangen, sondern auch angekommen ist. Angekommen bei sich und im Leben, denn nur wer weiß, wohin er will, kann Erfolge verbuchen und in sich ruhen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.10.2021

Herrlich selbstironisch

Der Lack ist ab
0

Kai Wiesinger widmet sich in "Der Lack ist ab" der Baustelle des Älterwerdens aus der Sicht eines Mannes. Und was da alles zum Vorschein kommt ist nicht nur brüllend komisch und voller Selbstironie geschildert, ...

Kai Wiesinger widmet sich in "Der Lack ist ab" der Baustelle des Älterwerdens aus der Sicht eines Mannes. Und was da alles zum Vorschein kommt ist nicht nur brüllend komisch und voller Selbstironie geschildert, es ist vor allen Dingen mitten aus dem Leben gegriffen und daher bestens bekannt.

Egal ob die gefühlte Schriftgröße 126 auf dem Handy eingestellt, heimlich die Lesebrille im Drogeriemarkt gekauft wird oder inkognito das Haarfärbemittel den Weg erst ins heimische Badezimmer und dann auf des Mannes Haupt findet - Wiesinger schildert alles mit Augenzwinkern, einer großen Portion Humor und trotzdem mit einer gewissen Ernsthaftigkeit.

Da wird von nachlassender Spannkraft in der Körpermitte gesprochen, wenn statt Sixpack das Bauchfett präsent ist, von schwindendem Erinnerungsvermögen, lebensnotwendigen Untersuchungen beim Urologen und von der Frage, ob Mann im fortgeschrittenen Alter noch noch einmal Vater werden sollte.

Das Buch ist schräg und voller frecher Seitenhiebe, packt ernste Themen nicht mit Samthandschuhen, sondern mit dem nötigen Respekt an und zeigt auf, dass Männer genauso unter der schwindenden Attraktivität leiden wie Frauen.

Ein bisschen stört mich, dass Wiesinger hier zu oft auf das Glas Wein, die Flasche Bier oder den schnelle Wodka zwischendurch zur Sprache kommt, obwohl er betont, dass er übermäßigen Alkoholkonsum nicht verherrlichen möchte. Trotzdem hinterlässt dieses Thema einen leicht bitteren Nachgeschmack und sorgt dafür, dass ich einen Stern abziehen muss.

Ansonsten eine sehr kurzweilige Lektüre, die die wundersamen Eigenarten der Männer beim Älterwerden näher beleuchtet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.10.2021

3, 2, 1 - leider nicht meins

Das Auktionshaus (Die Auktionshausserie 1)
0

Sarah kann ihr Glück kaum fassen, denn mit der neuen Stellung bei Lady Sudbury verändert sich ihr Leben grundlegend. Aus der jungen Frau, die das Leben in den Elendsvierteln gewohnt ist, wird eine Expertin ...

Sarah kann ihr Glück kaum fassen, denn mit der neuen Stellung bei Lady Sudbury verändert sich ihr Leben grundlegend. Aus der jungen Frau, die das Leben in den Elendsvierteln gewohnt ist, wird eine Expertin für Kunst und wertvolle Gegenstände. Aber nicht jeder kann sich über Sarahs Aufstieg freuen und das ruft Neider auf den Plan. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges verändert sich alles erneut...



Hinter dem Pseudonym Amelia Martin verbirg sich die Autorin Constanze Wilken, die selbst lange Jahre als Sachverständige für ein Auktionshaus gearbeitet hat. Das fundiertes Wissen über Kunst, wertvolle Gegenstände und das Treiben während einer Auktion hat sie in den ersten Teil ihrer Auktionshaus- Reihe einfließen lassen und sorgt so für Authentizität.

Normalerweise ist die Autorin ein Garant für mitreißende historische Bücher, aber mit dem ersten Teil dieser Buchreihe kann ich mich nicht wirklich anfreunden.

Zwar gelingt ihr die Darstellung des Frauenbildes des vergangenen Jahrhunderts zu vermitteln und auch die Schilderung der Lebensumstände von Sarah gehen dem Leser nah, aber irgendwie fehlt das gewisse Etwas, um sich komplett in der Geschichte zu verlieren.

Mir fehlt die Aufregung, das Herzklopfen und das Kribbeln in den Fingern, wenn es um das Ersteigern eines begehrten Gegenstandes geht, der im Auktionshaus angeboten wird. Das ganz besondere Flair einer Auktion geht hier völlig unter und gerade das macht doch eigentlich den Reiz aus.

Die Handlung selbst vermittelt das Märchen vom Aschenbrödel zur Prinzessin, wenngleich es auch hier an Dramatik in der Liebesgeschichte fehlt. Auch kann ich nicht nachvollziehen, warum Sarah ausgerechnet an diesen Mann ihr Herz verschenkt...

Ansonsten gibt es viele Nebenhandlungen, die für Abwechslung sorgen - Unglücksfälle, Verbrechen und Verleumdungen, auch das Kriegsgeschehen hält Einzug und nimmt Einfluss auf den Fortgang der Geschichte.

Die Figuren sind teilweise reicht gut gezeichnet (Lady Sudbury, Charles), andere wiederum, und dazu gehört Sarah leider auch, können mich nicht wirklich von sich begeistern (Sarahs Mutter lässt sich von ihrem versoffenen Mann unterdrücken und hat nicht die Kraft, aufzubegehren).

Das Buch ist solide geschrieben und lässt sich daher flüssig lesen. Allerdings ist wenig Spannung vorhanden, sodass die Neugier im Verlauf des Romans immer mehr abflaut. Auf die Fortsetzungen werde ich daher verzichten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.10.2021

Liebe soll nicht, Liebe kämpft nicht, Liebe wird nicht, Liebe ist (Nena)

Das Geheimnis der Hyazinthen
0

Lilly weiß nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Um überhaupt finanziell über die Runden zu kommen, hält sie sich mit drei Jobs mehr schlecht als Recht über Wasser. Dazu noch die Sorge um ihre an Krebs erkrankte ...

Lilly weiß nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Um überhaupt finanziell über die Runden zu kommen, hält sie sich mit drei Jobs mehr schlecht als Recht über Wasser. Dazu noch die Sorge um ihre an Krebs erkrankte Mutter - ein ewiger Lauf im Hamsterrad. Als ihre Mutter den Wunsch äußert, dass sie noch einmal die Blüte einer seltenen Hyazinthe in voller Pracht erleben möchte, bedeutet das für Lilly, dass sie zurück auf die Isle of Skye reisen muß. Der Ort, an dem sie ihre Kindheit verbracht hat und der mit einem Geheimnis verbunden ist....



Claudia Romes entführt ihre Leser in eine malerische schottische Kulisse, erliegt dem Charme des alten verfallenen Cottage und lässt Blütenträume wahr werden.

Die Geschichte ist voller warmherziger Worte, Magie und satter Farben, die sich wie ein Fluss aus den Seiten ergießen.

Lilly wandelt auf den Spuren ihrer Mutter und entdeckt dabei das Geheimnis einer großen Liebe. Die Autorin beschreibt hier die Gefühlsachterbahn, das Ankämpfen gegen Leidenschaft und Zärtlichkeit, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Die Rückblenden entfalten sich durch den romantischen und sehr gefühlvollen Schreibstil zu einer Liebesgeschichte, die das Herz berührt. Iris hat sehr unter der Gefühlskälte und der finanziellen Abhängigkeit von Rob zu leiden und versucht, trotz seiner Eskapaden ihn immer noch in Schutz zu nehmen. Erst mit der Umgestaltung ihres Gartens, die Dank Brandon in Schwung kommt, lernt sie, was es heißt, zu lieben und geliebt zu werden. Der Leser ist direkt an ihrer Seite, wenn aus der anfänglichen Freundschaft mehr wird und die Zuneigung der beiden in Liebe umschlägt.

Lilly in der Gegenwart muß den schmerzhaften Prozess des Loslassens lernen und ist dabei völlig auf sich allein gestellt. Erst mit der Rückkehr auf ihre Heimatinsel kann sie Vertrauen schöpfen und lernt, auf andere Menschen zuzugehen und sich ihnen zu öffnen.

Das Geheimnis der Hyazinthen bleibt bis zum Schluss im Verborgenen, um dann in ein blühendes Wunder umzuschlagen. Der betörende Duft und die wunderschönen Farben läuten die Schlussszenen ein, die für Taschentuchmomente sorgen. Der Epilog rundet das ganze zu einem stimmigen Potpourri ab...gegen Liebe ist nun mal kein Kraut gewachsen

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere