Fein strukturiert und sehr schwer zu durchschauen
Sag mir, wen du hörst. Sag mir, wen du siehst. Sag mir, wer du bist.Stell dir vor, du wirst Zeugin eines Mordes, aber keiner glaubt dir....genauso ergeht es Laura, als sie erst ihrer Mutter und dann der Polizei erzählt, was sie gesehen hat. Eine Rückkehr an den vermeintlichen ...
Stell dir vor, du wirst Zeugin eines Mordes, aber keiner glaubt dir....genauso ergeht es Laura, als sie erst ihrer Mutter und dann der Polizei erzählt, was sie gesehen hat. Eine Rückkehr an den vermeintlichen Tatort zeigt, dass dort niemals ein Verbrechen geschehen ist, denn das Haus ist seit Jahren verlassen. Ist Laura wieder einmal ein eine akute Phase ihrer Schizophrenie abgerutscht ? Spielt ihr ihre eigene Psyche einen fiesen Streich ? Alles sieht danach aus. Als aber ein zweiter Mord geschieht, greifen Lauras Dämonen immer heftiger um sich und sie muss sich ihnen stellen...
Für diesen Psychothriller gibt es nicht genügend Superlative, um ihn wirklich treffend zu beschreiben - spektakulär, außerordentlich, erstklassig, grandios, sensationell...
Andrea Nagele spielt von Anfang an mit ihren Lesern, führt sie in die Irre, verzerrt Wahrnehmungen und lässt sie so ebenfalls in den nicht enden wollenden Strudel aus Wahn und Realität hinein rutschen, der nur ganz schwer zu durchschauen ist.
Die Figur Laura verkörpert alles, um zu einem echten Anti-Held zu werden, denn ihre psychische Erkrankung zerrt und reißt mit aller Macht an ihr, verändert ihr Wesen und lässt sie zu einem unsteten Menschen werden, der nicht Fisch nicht Fleisch ist.
Es fällt dem Leser schwer, hier selbst die Grenze zwischen Lauras Wahnvorstellungen, akustischen und optischen Halluzinationen und tatsächlichen Ereignissen zu ziehen. Ist der Mord tatsächlich geschehen Was wurde aus dem kleine Mädchen ? Genau diese Fragen brennen Laura, wie dem Leser, unter den Nägeln und die Schreibende weiß, wie sie die Persönlichkeitsveränderungen von Laura geschickt auf die Lesenden überträgt, um so die bizarren Wahninhalte zu projizieren und den starken inneren Konflikt sichtbar zu machen.
Dabei bringt sie auch die Überfürsorglichkeit von Lauras Mutter mit ins Spiel und irgendwie hat man das Gefühl, sich in einem eng geschnürten Korsett zu befinden, aus dem es kein Entrinnen gibt und das einem die Luft zum Atmen nimmt.
Die Suche nach dem Täter entpuppt sich als fein strukturiertes, kleinteiliges Puzzle bei dem es gilt, den Vorhang aus der Vergangenheit zu lüften, dunkle Schatten zu verjagen und sich den Dämonen zu stellen.
Unvorhergesehene Twists sorgen für dramatische Augenblicke, es fehlt nur noch die musikalische Untermalung aus Hitchcocks "Psycho", um hier die perfekte Illusion zu erzeugen.
Bei der Ausarbeitung ihrer beiden Polizistenfiguren hat Andrea Nagele ein extrem glückliches Händchen bewiesen - mit ihnen steht und fällt die ganze Handlung. Ausgeprägtes Einfühlungsvermögen, Strenge an genau den richtigen Stellen, der richtige Riecher für Spuren, die man normalerweise übersieht und eine gute Kombinationsgabe verhelfen ihnen zum Erfolg und zum Lösen des Falles.
Dieser überzeugt mit raffinierten Tricks, perfiden psychologischen Spielchen und einer Auflösung, die ich so niemals vermutet hätte.
Chapeau !!