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Veröffentlicht am 13.06.2024

Loslassen, um zu merken, was hält

Unter Wasser ist es still
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Der Hausverkauf soll der letzte, endgültige Schritt sein, um endlich mit der Vergangenheit abschließen zu können. Maira muss dafür aber zurück an die Ostsee, um alles Notwendige zur veranlassen. Ausräumen, ...

Der Hausverkauf soll der letzte, endgültige Schritt sein, um endlich mit der Vergangenheit abschließen zu können. Maira muss dafür aber zurück an die Ostsee, um alles Notwendige zur veranlassen. Ausräumen, eventuell noch ein paar Erinnerungsstücke mitnehmen und dann den Vertrag mit dem Investor unterschreiben. Doch so einfach, wie sie sich das vorgestellt hat, lässt das Haus sie nicht gehen. Denn es hängen viele Erinnerungen in den Räumen und ganz besonders die Frage, wie ihre Mutter wirklich gestorben ist....


"Unter Wasser ist es still" ist ein wundervoller leiser Roman, der gemeinsam mit den Leser;innen schweigt, sie zum Nachdenken anregt und mit ganz vielen ungesagten Worten zwischen den Zeilen eine Saite im Herzen zum Schwingen bringt. Julia Dibbern gelingt es nämlich, ihre Leserschaft die Möglichkeit zu geben, gemeinsam mit Maira den Prozess des Lassens - Geschehen lassen, Zulassen, Loslassen - zu durchleben und sich den vielen ungelösten Fragen zu stellen.

Das eigentlich so verhasste Haus wird plötzlich zum Schutzraum, öffnet seine Türen und Maira kann durch sie hindurchgehen, um die Ereignisse ihrer Jugendzeit zu durchleben. Die Erinnerungen, so schmerzhaft sie auch sind, werden Dank ihrer alten Freunde, zu heilsamen Pflastern. Die maritimen Naturmotive wirken für die Leser;innen entschleunigend und führen sie an den Strand, um die Zehen in den kalten Sand zu buddeln, die sanfte Brise Seeluft auf der Haut zu spüren und den leicht salzigen Geschmack auf den Lippen wahrzunehmen.

Die Figuren sind sehr authentisch und von Dibbern lebensnah ausgearbeitet, sodass es nicht schwer fallt, in ihre Schuhe zu schlüpfen und mit ihnen gedankenversunken an der Wasserkante spazieren zu gehen und ein wenig nachdenklich die mit Staub bedeckten Erinnerungsstücke auszusortieren.

Julia Dibbern verwebt Rückblenden mit Gegenwart und strickt daraus eine sehr feinfühlige und taktvolle Erzählung, die uns irgendwie alle angeht. Denn auch wir haben Eltern, die älter werden und die von der Diagnose Demenz betroffen sein können. Der rücksichtsvolle Umgang mit dieser Erkrankung und dem daraus resultierenden schleichenden Veränderungsprozess, findet durch die Schreibende einen Weg an die Öffentlichkeit. "Und vergib uns unsere Schuld...." diese Worte aus dem "Vater unser" haben mich beim Lesen des letzten Kapitels begleitet und zeigen, wie wichtig es ist, sich selbst die Zeit zu geben, um die Frage nach Schuld, Akzeptanz und Vergebung beantworten zu können.

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Veröffentlicht am 09.06.2024

Ein Sommernachtstraum (frei nach Shakespeare)

KUNTH Bildband Sehnsucht Mittelmeer
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Das Fernweh lockt, wir haben Lust auf Sonne und Meer und sind auf der Suche nach traumhaften Urlaubszielen, die für unvergessliche Erinnerungen sorgen. Das Mittelmeer ist eine wie eine prall gefüllte Schatzkiste, ...

Das Fernweh lockt, wir haben Lust auf Sonne und Meer und sind auf der Suche nach traumhaften Urlaubszielen, die für unvergessliche Erinnerungen sorgen. Das Mittelmeer ist eine wie eine prall gefüllte Schatzkiste, die viele kleine und große Juwelen wie Strandglück, kulinarischen Hochgenuss und geheimnisvolle Steinruinen beherbergt.

Da ist es nicht verwunderlich, dass der vorliegende Bildband "Sehnsucht Mittelmeer" seinen Titel wortwörtlich meint, denn die dieser Ausflug führt geradewegs ins Paradies. Kleine Buchten, quirlige Hafenstädtchen, beeindruckende Natur, alte Sagen, uralte Geschichte und mediterranes Flair sind eine tolle Mischung, die in qualitativ hochwertigen Aufnahmen den Weg direkt ins Herz der Betrachtenden finden. Auch wenn es eine Art Speed-Dating mit bekannten und beliebten Urlaubsorten ist, so finden sich doch auch viele kleine Perlen darunter, die es noch zu entdecken gilt.

Von Smaragdgrün bis Türkisblau changiert die Farbpalette des Mittelmeeres, das leuchtende Rot der untergehenden Sonne malt einzigartige Momente und das Weiß der Sandstrände verführt zum Seele baumeln lassen. Zwischen den Seiten duftet es nach sonnengereiften Zitronen, Orangen und Tomaten, eine Wolke aus Gewürzen wie Curcuma, Kardamom, Nelken, Kreuzkümmel, Koriander und Zimt verströmt einen Hauch Orient und mach Heißhunger auf die nächste Reise ans Mittelmeer.

Postkartenansichten werden plötzlich zu begehbaren Badeplätzen, das quirlige Treiben in den Städtchen wirkt wir ein Aphrodisiakum und die faszinierende Natur bildet die perfekte Kulisse für den nächsten Sommernachtstraum.

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Veröffentlicht am 04.06.2024

Narben erinnern uns an das Erlebte, aber sie definieren nicht unsere Zukunft

Die alte Villa auf den Klippen
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Nach einer herben Enttäuschung wagt Ashley den großen Schritt und möchte in Hope Harbor einen kompletten Neustart wagen. Edgecliff soll aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und zukünftig als wundervoller ...

Nach einer herben Enttäuschung wagt Ashley den großen Schritt und möchte in Hope Harbor einen kompletten Neustart wagen. Edgecliff soll aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und zukünftig als wundervoller Veranstaltungsort für Traumhochzeiten und andere Festlichkeiten in neuem Glanz erstrahlen. Das Haus selbst und der einst prächtige Garten benötigen mehr als eine helfende Hand, um der alten Villa einen passenden Rahmen zu verliehen. Ashley begegnet Jon, der als Landschaftsgärtner kräftig zupacken kann. Aber warum trägt er immer Basecap, Sonnenbrille und Maske ?

Hope Harbor ist für viele schon zu einer zweiten Heimat geworden und Irene Hannon ermöglicht mit dem neuen Band "Die alte Villa auf den Klippen" wieder eine emotionale und spirituelle Reise in den charmanten Küstenort. Es ist wie Heimkommen und genauso liebevoll und warmherzig fühlt sich auch die ganze Erzählung an.

Manchmal gibt es Verletzungen im Leben, die zwar verheilen, aber auch Jahre später noch brennen und deutlich sichtbare Spuren auf der Haut und in der Seele hinterlassen. Mit genau diesen Narben lebt Jon zwar weiter, denn für ihn gibt es keine Salbe und kein Pflaster, um den Schmerz und die öffentliche Ablehnung jemals lindern zu können.

Hannon beschreibt sehr eindringlich und nachvollziehbar den inneren Kampf, den Jon täglich mit sich selbst ausficht und stellt ihm mit Ashley eine ebenso verletzte junge Frau an die Seite. Die beiden sind sich gegenseitig Pflaster für die geschundenen Seelen und der Autorin gelingt es mit ihrer ehrlichen und bewegenden Erzählweise, die Gefühls - & Gedankenwelt der beiden Hauptfiguren zu öffnen, um gemeinsam mit ihnen die Antworten auf Fragen nach der Identität, Sinn des Lebens, Glauben und Liebe zu finden.

Das malerische Küstenstädtchen ist der perfekte Schauplatz für Romantik, Vergangenheitsbewältigung und Glaubensfragen, denn hier werden Träume wahr, heilen Herzen und neue Perspektiven öffnen sich. Zeig mir deine Narben und erzähle mir deine Geschichte - diese Aufforderung gilt nicht nur für das Buch, sondern ist auch ein Wegweiser für uns alle, nicht immer auf das Makellose und den schönen Schein unser Augenmerk zu legen, sondern bewusst hinter die Fassade zu schaen und hinter der vermeintlich "beschädigten" Oberfläche eine Menschen zu entdecken, der eine eigene Geschichte hat und trotz - oder gerade wegen - seiner Narben besonders liebenswert ist.

Das Leben tut weh, aber der Glaube und die Liebe wirken wie ein heilendes Pflaster - Irene Hannon erschafft mit ihren Hope-Harbor-Reihe echte Wohlfühlromane mit tiefgehenden christlichen Botschaften.

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Veröffentlicht am 03.06.2024

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne (Hesse)

Das Lied der Biene
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Marga ist die gute Seele in Paul Alprechts Haushalt und eigentlich liebt sie ihre Tätigkeit. Doch seit Pauls Verlobte in den Räumen umherwirbelt, ist die Stimmung frostig. Ein tragisches Unglück lässt ...

Marga ist die gute Seele in Paul Alprechts Haushalt und eigentlich liebt sie ihre Tätigkeit. Doch seit Pauls Verlobte in den Räumen umherwirbelt, ist die Stimmung frostig. Ein tragisches Unglück lässt nicht nur Marga, sondern auch Paul ihre Lebensweise neu betrachten. Marga möchte Paul so viel sagen, findet aber nur den Mut, ihre Gefühle und Worte in anonymen Email zum Ausdruck zu bringen. Paul fühlt sich getröstet und verstanden und über die Zeit baut sich eine Vertrautheit auf, die beiden gut tut. Bis Paul zufällig erfährt, wer die Verfasserin ist....


Wenn es ein Buch verdient hat, als absolutes Highlight bezeichnet zu werden, dann ist es "Das Lied der Biene" von Gabriela Groß. Der neue Roman aus ihrer Feder ist ein echtes Seelenpflaster, tröstet, gibt Mut und beweißt, dass es nie zu spät ist, um die eigenen Träume zu leben.

Marga ist Anfang vierzig, hat eine vernarbte Seele und während all die anderen um sie herum ein buntes, lautes und fröhliches Leben gelebt und sich weiterentwickelt haben, hat sie einfach vergessen, sich selbst mitzunehmen. Irgendwie ist alles an ihr vorbeigezogen und so ist es nicht verwunderlich, dass sie von allen nur als selbstverständlich wahrgenommen und manchmal auch einfach nicht mehr gesehen wird.

Die Autorin schildert in ihrem seelenvollen Schreibstil die persönliche Wandlung von Marga und ermöglicht so ihren Leser:innen, die vielen Stufen das Lassens - nämlich Loslassen, Weglassen und Zulassen - zu durchleben. Auch geht es darum, Gefühle zuzulassen und dem Ruf des Herzens zu folgen, denn eine neue Liebe lässt es wieder aufblühen. Der Roman ist eine gefühlvolle und spannende Reise voller Chancen und Herausforderungen, gute Freundin und Achtsamkeitsübung und zugleich eine Ermutigung dazu, in sich selbst hineinzuhören, die eigenen Träume und Wünsche wieder etwas mehr in den Fokus zu rücken und mutig den ersten Schritt auf einem neue Weg zu gehen.

Die Schreibende hat die Gabe, ihre Figuren zum Leben zu erwecken und den Leser:innen das Gefühl zu geben, gemeinsam mit ihnen durch alle Höhen und Tiefen in den Kapiteln zu gehen. Es fließen Tränen - mal aus Trauer, mal aus Wut und auch vor Glück, ein glockenhelles Lachen perlt wie Champagner in den Gläsern und eine sanfte Röte überzieht die Wangen, wenn die Schmetterlinge wild im Bauch flattern, das Herz Kapriolen schlägt und der berühmte Kloß im Hals zu spüren ist.

"Das Lied der Biene" ist ein liebevoller , warmherziger Roman mit vielen kleinen Hinweisen, um die eigene Zufriedenheit zu finden, sich selbst zu spüren und sich neu zu verlieben. Ein Gänseblümchen im Alltag, das Balsam für Herz und Seele ist.

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Veröffentlicht am 03.06.2024

Die Wunden, die am langsamsten heilen, sind die, die man von außen nicht sieht

Alles, was wir fühlen
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Lisa lebt ihre großen Traum von der eigenen Familie und doch spürt sie, dass sie etwas vermisst. Was genau das ist, wird ihr erst so nach und nach klar, als sie die Begegnung mit Ben auf einer Party nicht ...

Lisa lebt ihre großen Traum von der eigenen Familie und doch spürt sie, dass sie etwas vermisst. Was genau das ist, wird ihr erst so nach und nach klar, als sie die Begegnung mit Ben auf einer Party nicht vergessen kann. Der sporadische Kontakt wird intensiver und Lisa fühlt sich immer mehr zu Ben hingezogen. Manchmal allerdings verhält sich der junge Mann etwas seltsam, rückt aber nicht mit der Sprache heraus. Nach und nach muss sich Lisa eingestehen, dass sie in ihrer Ehe mit Fabian nicht glücklich ist und dann kommt der Stein ins Rollen....


Es gibt Liebesromane, die nach dem immer gleichen Muster ablaufen und dann veröffentlicht Nicole Fisher "Alles, was wir fühlen" und stellt damit die Welt ihrer Leser;innen komplett auf den Kopf. Dieses Buch ist so unglaublich intensiv, so wahnsinnig echt und authentisch und lässt das, was zwischen den Seiten passiert, nicht spurlos an einem vorüber ziehen. Die Autorin packt nämlich ein heißes Eisen an und bricht Tabus, in dem sie von Schicksalen erzählt, die unter die Haut gehen. Gewalt in der Beziehung, Alkoholismus und der verzweifelte Versuch, doch noch ein kleine bisschen Glück zu erhaschen sind die Themen, denen sich die Schreibende widmet und mit deren Auswirkungen sich die Leser;innen auseinandersetzen.

Wie kann ein Buch gleichzeitig körperlich und seelisch so weh und doch gut tun ? Die Frage stellt sich im Verlauf der Handlung immer wieder und es ist eine wilde Fahrt auf der Achterbahn der Gefühle, die mal zur direkten Eintrittskarte zur Hölle wird und gleichzeitig die Tore ins Paradies öffnet. Die Charaktere sind facettenreich gezeichnet und besitzen nicht nur Ecken und Kanten, sondern deutliche Narben und sichtbare Spuren auf ihrer Seele und in ihrem Herzen, sodass auch die dunkle, dramatische und zerstörerische Seite von Beziehungen ins Licht der Öffentlichkeit gelangen.

Nicole Fisher gibt all denjenigen eine Stimme, die durch Gewalt in der Beziehung, sei es körperlich, emotional, verbal oder sexuell, geknechtet und klein gehalten werden oder die keinen anderen Ausweg mehr finden und versuchen, ihr Martyrium im Alkohol zu ertränken. Auch wenn das Buch mit schweren Themen bestückt ist, so herrscht keine negative Grundstimmung. Im Gegenteil: die kleinen Kolibris sind nicht nur bunt und schillernd, sondern sie sorgen auch für jede Menge Herzbeben, positive Gefühle und machen die Welt wieder bunt.

Es gbt Wunden, die nur langsam heilen, weil man sie eben von außen nicht sieht und genau für diese Wunden braucht es Herzensmenschen, die bedingungslos eine helfende Hand reichen. Nicole Fishers Roman ist so eine helfende Hand, die Mut macht, genauer hinzusehen und den ersten Schritt zu gehen, um ein neues, selbstbestimmte Leben zu führen und die herzerwärmende Liebe zu erleben.

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