Kratzt leider nur an der Oberfläche
Das Haus des DämmerlichtsAnne hat man gerade den Boden unter den Füßen weggezogen - erst wird sie von ihrem Mann wegen einer jüngeren Frau verlassen, dann stirbt auch noch ihre Großmutter Charlotte. Anne reist nach Innsbruck, ...
Anne hat man gerade den Boden unter den Füßen weggezogen - erst wird sie von ihrem Mann wegen einer jüngeren Frau verlassen, dann stirbt auch noch ihre Großmutter Charlotte. Anne reist nach Innsbruck, um die letzte Reise ihrer Großmutter zu organisieren.
Bein Sichten das Nachlasses entdeckt Anne die Tagebücher von Charlotte - einfache Schulhefte mit Bleistifteinträgen, die es in sich haben. Anne erfährt nicht nur schreckliche Erlebnisse aus Großmutters Vergangenheit, nein, die Einträge betreffen auch sie selbst und ihre verstorbene Mutter...
Mit großen Interesse habe ich die Inhaltsangabe regelrecht verschlungen und gehofft, dass ich vieles über die Schicksale von den Menschen in den sogenannten Heilanstalten des Zweiten Weltkrieges erfahre. Doch dieses Buch kratzt wirklich nur die Oberfläche an und die Autorin vergisst dabei, dem Ganzen mehr Tiefe und Sinn mit auf den Weg zu geben.
Die Figuren wirken auf mich wie Holzmarionetten, die sich ziemlich ungelenk in der doch recht sperrigen Geschichte bewegen. Anne zerrt ziemlich an meinen Nerven, denn bei ihr dreht sich nicht etwa alles um des Ergründen von Charlottes Vergangenheit und der Bedeutung für ihre Familiengeschichte, nein, Anne will unbedingt ein heißer Feger sein und als Vamp in der Männerwelt anerkannt werden. Das Bild von ihr passt zu diesem Roman in etwa so gut wie Zwiebeln zum Eiskaffee Dafür, dass Anne eine der Hauptfiguren in diesem Roman ist, weiß sie mich leider überhaupt nicht von sich zu begeistern.
Mit Charlotte sieht es da schon ganz anders aus - sie hat sofort mein Leserherz erobert und ich habe mich direkt in sie hineinversetzen können.
Doch die Geschichte wirkt irgendwie "unfertig" - die Stimmung in Schattwald kommt recht harmlos und unschuldig rüber, wenn man bedenkt, was sich tatsächlich hinter den Türen abgespielt hat. Ich habe mir einen detaillierteren Einblick in die Behandlung und den Umgang mit psychisch erkrankten Menschen gerade zu dieser brisanten Zeit gewünscht. Mir erscheint es fast so, dass das Schicksal derer von der Autorin mit einem leichten Kopfnicken zur Kenntnis genommen wird und dann wieder in der Versenkung verschwindet , damit sie sich den anderen Themen ihres Romans widmen kann.
Das Buch erzählt von Unglück und Leid, Not und Entbehrung im Zweiten Weltkrieg, reicht aber definitiv nicht an andere großartige Romane dieses Themas heran.
Für mich leider nur unterer Mittelbereich, aber das Buch wird sicherlich seine begeisterten Leser finden.