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Veröffentlicht am 13.12.2023

Glücksmomente sind das schönste Geschenk

24 Wege nach Hause
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Petra hat das Gefühl, dass dieses Weihnachtsfest zu einem der traurigsten werden könnte, was sie jemals erlebt hat. Nicht nur, dass sie schwer an dem Verlust ihrer Schwester zu tragen hat, auch hat sie ...

Petra hat das Gefühl, dass dieses Weihnachtsfest zu einem der traurigsten werden könnte, was sie jemals erlebt hat. Nicht nur, dass sie schwer an dem Verlust ihrer Schwester zu tragen hat, auch hat sie die Verantwortung für ihre Nichte Charlie übernommen. Aber wie soll das Fest der Liebe für zwei in Nyponviken gestrandete Menschen zu einem Freudenfest werden ? Mit dem Auftauchen eines mysteriösen Adventskalenders sieht sich Petra mit einem Rätsel konfrontiert, das täglichen hinter den Türchen mit liebevollen, aber doch eher rätselhaften Botschaften auf sie wartet,. Eines ist klar: Die Verfasserin erzählt von einer großen Liebe, die nicht ohne Folgen geblieben ist...


Jenny Fagerlund erzählt mit "24 Wege nach Hause" eine sehr rührige Geschichte über das Suchen und Finden des eigenen Ich, von familiären Wurzeln und kleinen und großen Geheimnissen, die das Leben manchmal ganz schön auf den Kopf stellen können. Die winterliche Schneelandschaft Nyponvikens tut ihr übriges, um die Leser;innen in die passende Stimmung zu versetzen.

Zwar wartet die Geschichte nicht unbedingt mit großartigen Überraschungen auf, denn allzu früh ist schon zu erkennen, welches Geheimnis sich hinter den Botschaften im Adventskalender verbirgt, aber Fagerlund weiß trotzdem eine sehr heimelige Atmosphäre zu schaffen und der Handlung einen passenden Rahmen zu geben.

Die Figuren haben alle das Herz auf dem rechten Fleck und manchmal ruckelt und hakt es eben, wenn das Leben in den nächsten Gang schaltet und winterliche Fahrt aufnimmt. Die Episoden sind herzerwärmend, ohne große Aufreger und trotzdem lebendig und abwechslungsreich gestaltet, sodass sich der komplette Roman flüssig und angenehm lesen lässt.

Irgendwie verbreitet sich ein warmes wohliges Gefühl, denn Fagerlund beherrscht die Kunst mit den Wörtern zu spielen und sie zu einem harmonischen Gesamtbild zusammenzufügen. Ein bisschen Romantik, ein bisschen Familiengeschichte und ganz viel Weihnachten erzeugen eine emotionale Bindung an das Buch. Manchmal muss es eben etwas fürs Herz sein und gerade in den Tagen vor Weihnachten tun solche Geschichten einfach gut.

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Veröffentlicht am 12.12.2023

Der Inhalt bleibt seltsam fremd

Seegfrörne (Steidl Pocket)
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Das Auge kann sich einfach nicht satt sehen, wenn der Bodensee als eine Eisfläche erscheint. Doch dieses Naturschauspiel hat auch seine Tücken und so kommt es, dass das Jahr 1963 nicht nur positiv in Erinnerung ...

Das Auge kann sich einfach nicht satt sehen, wenn der Bodensee als eine Eisfläche erscheint. Doch dieses Naturschauspiel hat auch seine Tücken und so kommt es, dass das Jahr 1963 nicht nur positiv in Erinnerung bleibt. Robert Teiler kehrt von einem Ausflug auf der Eisfläche nicht zurück, bis heute ist sein Verschwinden ein Kuriosum. Erst Jahre später versucht Chronist Höfe ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Doch wo immer er auch nachfragt, stößt er auf eine Wand des Schweigens. Es wird getuschelt und geredet, aber so richtig mit der Sprache rückt niemand heraus....


Was sich nach einem aufregenden Buch mir kriminalistischen Zügen anhört, wird im Verlauf der Kapitel zu einer echten Herausforderung. Nicht etwa, weil die Nerven vor Anspannung blank liegen, sondern weil sich die Handlung dreht und dreht und nicht wirklich zum Zug kommt.

Normalerweise liebe ich Dialekt im Sprachgebrauch, denn der melodische Singsang, die Eigenheiten und mitunter schrägen Wortschöpfungen sind Zeuge von regionaler Identität und machen die gesprochene Sprache zu etwas ganz Lebendigem. Den schwäbischen Bodensee-Dialekt nicht im Ohr, sondern als Schrift vor sich zu haben, ist schon eine große Herausforderung und wirkt für Leser;innen, die in diesem Dialekt nicht beheimatet sind, eher sperrig .

Selbst Höfe kann als "Held" insgesamt eher weniger überzeugen. Sein ganzes Auftreten vermittelt das Gefühl, ständig auf der Hut zu sein, um bloß keinen Fehler zu machen, damit die Bewohner:innen des Ortes ihm wohl gesonnen sind. Auch macht er es den Lesenden nicht immer einfach seinen Gedanken zu folgen, da oftmals Sätze von ihm nicht zu Ende gedacht werden und sinngebende Worte einfach fehlen.Der Dorftratsch blüht, aber dadurch wird die Handlung nicht lebendiger. Vielmehr entsteht das Gefühl, dass die feste Eisdecke von einst immer noch vorhanden ist und die Protagonist:innen von der Leserschaft abschirmt, da sie sich nicht wirklich freischwimmen können.

Alles wirkt kalt und seltsam fremd, sodass keine echte Verbindung zum Inhalt entsteht. Auch das mysteriöse Verschwinden von Robert Teiler erzeugt keinerlei Spannung, sodass das Aufdecken der Lösung niemanden vom Hocker haut. Vielmehr fühlen sich die Leser:innen in ihren Vermutungen bestätigt, dass es sich so und nicht anders zugetragen hat.

Bis zum Ende des Buches ist mir nicht ganz klar, welchen Weg der Autor hier beschreiten möchte. Die Mischung aus Ortschronik, dörflichem Zusammenhalt und vermeintlichem Krimi kann bei mir leider nicht punkten - 2,5 Sternchen

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Veröffentlicht am 11.12.2023

..wenn jetzt der Frost kommt - stirbt sie, stirbt und hat das Lebe nicht gelebt (S.Merbaum)

Selma Merbaum – Ich habe keine Zeit gehabt zuende zu schreiben
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Selmas Schicksal geht unter die Haut und hinterlässt tiefe Spuren, gerade weil die junge, lebensfrohe Frau nie die Gelegenheit bekommen hat, ihr Leben zu leben, ihre Jugend zu genießen und sich eine Zukunft ...

Selmas Schicksal geht unter die Haut und hinterlässt tiefe Spuren, gerade weil die junge, lebensfrohe Frau nie die Gelegenheit bekommen hat, ihr Leben zu leben, ihre Jugend zu genießen und sich eine Zukunft aufzubauen, in der ihre Worte Flügel bekommen.

Zum 100.Geburtstag am 05.Februar 2024 erscheint eine überarbeitet Ausgabe der von Marion Tauschwitz zusammengetragenen Daten, Ereignisse und Fakten aus dem Leben der jungen Dichterin, die eine echte Wortzauberin ist und mit ihren Gedichten die Zuhörenden regelrecht zu bezirzen weiß.

Ihre Lebensgeschichte ist geprägt von der hässlichen Fratze der Judenverfolgung und der Schreckensherrschaft der Nazis, aber trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, sprudeln die Worte aufs Papier und fügen sich zu Gedichten, die einfühlsam, faszinierend und poetisch sind. Merbaum legt eine Wortgewandtheit aufs Papier, die beim (Vor-)Lesen einen eigenen Rhythmus befolgt und mit vielen Metaphern und Symbolen versehen ist.

Selma Merbaum bekommt durch Tauschwitz eine Stimme, obwohl ihre eigene längst verstummt ist. Dabei gelingt es Tauschwitz, einfühlsam und eindringlich zugleich die Biografie zu erzählen, um der Lyrikerin eine Bühne zu bieten, die sie zu Lebzeiten nicht betreten konnte.

Worte, die lange nachhallen, nachdenklich stimmen und auch betroffen machen. Worte, die sich ins Herz schleichen, manchmal weh tun und oft voller Hoffnung sind. Worte, mit Leidenschaft niedergeschrieben und bis zum letzten Atemzug ständiger Begleiter in einem Leben, das nur Angst, Hass und Hetze kennt.

Sehr lesenswert und aktueller denn je,

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Veröffentlicht am 10.12.2023

Ecken und Winkel, Herz und Charme

Verborgenes Potsdam
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Ganz egal, ob es ein Kurztrip oder ein etwas längerer Aufenthalt sein soll - wer nach Potsdam reist, grast oft nur die allseits bekannten Sehenswürdigkeiten ab und lernt nicht wirklich viel Neues kennen. ...

Ganz egal, ob es ein Kurztrip oder ein etwas längerer Aufenthalt sein soll - wer nach Potsdam reist, grast oft nur die allseits bekannten Sehenswürdigkeiten ab und lernt nicht wirklich viel Neues kennen. Die sozialen Medien und und die Digitalisierung sorgen schon lange vor dem Urlaub dafür, dass sich Listen mit den Topsehenswürdigkeiten Zuhause stapeln, die sogenannten Insidertipps entpuppen sich im Nachhinein doch als überlaufene Hotspots und so wirklich glücklich macht das niemanden.

"Verborgenes Potsdam" ist ein Reiseführer, der dazu anregt, es einmal wie "Hans-guck-in-die Luft" oder "Puck, die Stubenfliege" zu machen und einfach mal genauer hinzusehen. Nämlich entlang der Häuserfassaden nach oben, mal an die Decke, auf die Gehwege und auch gerne mal den zweiten oder dritten Blick bei Stauten und Büsten zu riskieren.

Was dabei herauskommt: kleine und große Überraschungen und ein Potsdam, dass es wirklich in sich hat. Zu finden sind der Sternenhimmel aus Mozarts "Zauberflöte", Elefanten im Blättergewand, Ringe für den roten Teppich, geheime Gärten, goldene Spinnennetze und vieles mehr, das sich nur denjenigen offenbart, die sich auf das Abenteuer einlassen und neue Wege gehen, die abseits der bereits breitgetretenen Touri-Pfade liegen.
Potsdam präsentiert sich als kleines Schatzkästchen, das viele glitzernde Juwelen und schimmernde Perlen beheimatet, wenn man nur genau hinschaut.

Die Begleittexte sind verständlich verfasst und machen direkt Lust auf einen Städtetrip der besonderen Art. Allerdings stelle ich mir auf Seite 120 die Frage, wessen Soldaten gemeint sind, denn hier bleibt der Satz unvollendet.

Ansonsten ein wirklich schöner Reiseführer im Handtaschen- bzw Rucksackformat, der definitiv anders ist und jede Menge Abwechslung, Ecken und Winkel, Herz und Charme bietet.

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Veröffentlicht am 10.12.2023

Eine aufregende Reise ins Land der Fantasie

Fast verschwundene Fabelwesen. Die sagenhafte Expedition des Konstantin O. Boldt
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Eine Welt ohne Einhörner, Tatzelwürmer, Kelpie oder Feuervögel wäre trüb und leer, doch immer mehr dieser sagenhaften Fabelwesen verschwinden aus dem Reich der Fantasie. Konstantin O. Boldt startet mit ...

Eine Welt ohne Einhörner, Tatzelwürmer, Kelpie oder Feuervögel wäre trüb und leer, doch immer mehr dieser sagenhaften Fabelwesen verschwinden aus dem Reich der Fantasie. Konstantin O. Boldt startet mit seinen Gefährten eine Expedition, um dem mysteriösen Verschwinden auf den Grund zu gehen. Mit von der Partie sind u. a eine Draculogin, ein Magier und ein Mythoethnologe, denn sie alle bringen Fachwissen auf ihrem Gebiet mit. Wird es gelingen, Drachen, Wichtel und Einhörner zu retten ?


Es gibt Bücher, die wie ein fliegender Teppich der Fantasie gewebt sind und in das Reich der Sagen, Mythen und Märchen entführen. Genau so ein Buch ist "Fast verschwundene Fabelwesen" , das schon mit der goldglitzernden Covergestaltung neugierig auf den Inhalt zwischen den Buchdeckeln macht.

Es ist eine aufregende Reise, die faszinierend, spannend und mitreißend geschildert ist und anhand von Reiserouten, Kartenmaterial, Zeichnungen und Briefen für die Leser;innen erlebbar wird. Das leichte Kratzen des Federkiels auf dem Papier ist zu hören, wenn die handschriftlichen Notizen verfasst werden. Die Tinte verteilt sich durch die wunderschön geschwungenen Buchstaben der Handschrift gleichmäßig auf dem Papier und flüstert leise von den Abenteuern, die die Expeditionsteilnehmer:innen durchlebt haben. Auch das Klappern der Schreibmaschine ist zu vernehmen und so können die Lesenden immer direkt mit dabei sein, wenn die Gedanken und Gefühle zu Papier fließen.

Steckbriefe, Zeichnungen und sepiafarbene Fotografien vervollständigen den eindrucksvollen Reisebericht, der die Fantasie beflügelt und so manches Fabelwesen zum Leben erweckt. Grandios sind die Panoramaseiten, die sich ausklappen lassen und so ein noch intensiveres Erleben möglich machen.

Die Erzählung selbst ist ein Fest für die Sinne - die Leser:innen sehen die Expedition mit den Augen der Teilnehmer:innen, sind somit hautnah mit dabei und können dadurch das Tor zur Fabelwelt durchschreiten. Viele widersprüchliche Emotionen begleiten sie auf der Reise und lassen sie nachdenklich werden. Ist es wirklich angebracht, ein Fabelwesen zu fangen und einzusperren, um es somit vor dem Verschwinden aus dem Reich der Fantasie zu retten ?

Mit jeder Seite und jeder Zeichnung, jedem Wort und jedem Fabelwesen öffnet das Buch mehr und mehr die Zauberpforte, um seine Leser;innen innerhalb weniger Sekunden alle Emotionen, Erkenntnisse und Erfahrungen der Expeditionsteilnehmenden zu vermitteln. Es ist, als würde jemand einen Zauberstab schwingen und eine Wolke aus Glitzerstaub entstehen lassen, die die Lesenden in die Welt der Fabelwesen trägt.

Leider muss ich einen halben Stern abziehen, da die handschriftlichen Bemerkungen extrem klein verfasst und somit nur schwer zu entziffern sind. Hier wäre eine andere Schriftgröße wünschenswert, um den Lesegenuss nicht zu trüben.

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