Ach, ich hab' in meinem Herzen da drinnen einen wundersamen Schmerz (Rudolf Schock)
EismusikFür Fritjof Nansen steht fest, dass er einmal Großes erreichen wird. Sein Heißhunger auf das Leben ist ebenso ungebremst wie sein Forscherdrang. Eine innere Unruhe erfasst ihn immer wieder und lässt langsam ...
Für Fritjof Nansen steht fest, dass er einmal Großes erreichen wird. Sein Heißhunger auf das Leben ist ebenso ungebremst wie sein Forscherdrang. Eine innere Unruhe erfasst ihn immer wieder und lässt langsam aber sicher einen kühnen Plan heranreifen. Auch wenn sein Herz eigentlich der Forschung gehört, ist da noch Platz für eine Frau, die ebenfalls voller Träume steckt, die sie verwirklichen will. Aus Eva und Fritjof wird ein Paar, das manchmal nicht miteinander, aber auch nicht ohneeinander leben kann, denn die Visionen vom großen Erfolg erweisen sich ab und zu als Stolpersteine. Aber ihre Liebe ist stärker als alle Hürden, auch wenn sich Fritjof seinen Wunschtraum erfüllt. Der Weg in die Arktis ist entbehrungsreich, treibt Nansen an seine Grenzen und darüber hinaus....
Angela Lund alias Grit Landau hat mit "Eismusik" ein Jahreshighlight verfasst, das von der ersten bis zur letzten Seite die Klaviatur der großen Gefühle beherrscht und die Leser;innen auf dem Karussell der Emotionen dreht und dreht und dreht. Auch wenn die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht, nimmt sich die Autorin die gestalterische Freiheit, hier und da ein wenig an der Dramaturgie zu schrauben, um das Kopfkino anzukurbeln und atmosphärische Bilder zu erzeugen.
Nansen und seine Eva sind ein wunderschönes Paar, voller inniger Liebe zueinander und trotzdem sind ihre Seelen immer rastlos und auf der Suche. Der innere Drang zur Selbstverwirklichung wirkt manchmal schon zerfleischend, aber ist ist genau das, was beide zusammenhält - auch wenn es mitunter nicht danach aussieht.
Besonders gut gelungen sind die Beschreibungen der Szenen Richtung Nordpol, denn nicht nur die ewige Finsternis nagt an Nansen und seine Mitstreitern, auch die Leser:innen fühlen diese Beklommenheit und Hilflosigkeit, wenn kein Licht den Horizont erhellt. Das Knacken und Bersten der Eisschollen lässt manchmal das Blut in den Adern gefrieren und Lund weiß, wie sie die stechende Kälte auf den Wangen so transportiert, dass ihre Leser:innen ebenfalls diese fiesen kleine Pikser beim Lesen spüren.
Es sind Szenen, die unter die Haut gehen und auch das ein oder andere Tränchen fließen lassen. Was mit Enthusiasmus und ganz viel Energie beginnt, wird nach und nach zu einem Himmelfahrtskommando, das durch bizarr geformte Eisschollen, die widrigen Umstände und die schwindende Hoffnung zum Scheitern verurteilt ist. Die Szenen, in denen die Schüsse durch die Eiswüste peitschen, lassen mich das Buch aus den Händen legen und innehalten.
Und doch gibt die Liebe zu Eva Nansen immer wieder Halt, auch in seiner dunkelsten Stunde. Das Buch ist ein echter Pageturner, spielt mit Ängsten, Sehnsüchten und Träumen, die vom Eisschleier immer wieder wie in einem Schraubstock gefangen gehalten werden. Eine sehr intensive Lektüre, die über die Kraft der Liebe erzählt, weder verkitscht noch romantisch verklärt ist und dabei charismatische historische Figuren lebendig werden lässt.
Chapeau !