Kaufen und von der Hand weglesen
Eiskaltes ErzgebirgeDer Marktplatz ist mit seiner großen Weihnachtspyramide der Anziehungspunkt schlechthin, wirkt er doch idyllisch und heimelig zugleich. Doch das wunderschöne Bild wird jäh zerstört, denn eine auf einem ...
Der Marktplatz ist mit seiner großen Weihnachtspyramide der Anziehungspunkt schlechthin, wirkt er doch idyllisch und heimelig zugleich. Doch das wunderschöne Bild wird jäh zerstört, denn eine auf einem Degen aufgespießte Leiche verunziert das Winteridyll. Es sind Rätsel über Rätsel, die nicht nur das Mordopfer hinterlässt, auch schwelende Konflikte machen es Keller und Berghaus nicht gerade einfacher, den Fall zu lösen...
Es gibt ein Sprichwort das besagt, wenn zwei das Gleiche tun, es noch lange nicht dasselbe ist...und so habe ich mich gefragt, ob das wirklich gut gehen kann, wenn Danielle Zinn die Krimi-Reihe ihres Lebensgefährten einfach fortschreibt. Und ja, es funktioniert, denn Zinn macht zwar ihr eigenes Ding, zieht aber an den Strippen von René Seidenglanz und webt daraus etwas Besonders. Die Handschrift von Seidenglanz hat deutliche Spuren hinterlassen, aber Zinn geht nicht in diesen Fußstapfen weiter, sondern schafft neue Eindrücke, die von frischen Ideen und klugen Handlungen geprägt sind.
Die weihnachtliche Atmosphäre mit Schwibbögen, Erzgebirgskunst und Tradition bildet dabei einen schönen Rahmen, der immer wieder von der gut ausgedachten Handlung unterbrochen wird. Keller und Berghaus sind dabei Protas, die Zinn aus den Romanen ihres Lebensgefährten übernommen hat und ihren Charaktereigenschaften einen individuellen Schliff verpasst. Sie fasst beide Protas nicht mit Seidenhandschuhen an, hat keinerlei Berührungsängste, gibt ihnen jedoch immer ein bisschen Schalk und Coolness mit, obwohl beide es nicht ganz so einfach haben.
Die Mischung gefällt und macht die Entwicklung beider Figuren interessant und lesenswert. Auch der Fall selbst ist sehr abwechslungsreich gestaltet, lebt er doch von dem Geheimnisvollen, von der Vergangenheit und dem doch eher trocken Witz von Keller, die damit Berghaus immer wieder mal den Rang abläuft.
Der Handlung wird irgendwann zum Selbstläufer, weil die Leser;innen vollkommen vergessen, dass sie sich "nur" in einem Buch befinden, in dessen Handlung sie versinken. Gerade weil die Gegensätze von weihnachtlicher Erzgebirgsidylle und menschlichen Abgründen nicht krasser sein könnte, fliegen die Seiten wirklich einfach nur so dahin.
Es ist spannend bis zum Schluss, aber manchmal galoppiert Zinn ein wenig zu schnell mit dem Zusammenziehen der Fäden voran. Alles in allem eine wirklich gelungene Fortführung, die lesenswert und an vielen Stellen sehr, sehr spannend ist.