In Camilla Läckbergs zehnten Falck-Hedström-Krimi, „Die Eishexe“ verschwindet ein vierjähriges Mädchen und wird kurz darauf tot aufgefunden; vor 30 Jahren gab es einen ähnlichen Fall und um 1671/72 fand in Fjällbacka, wie woanders auch, die Hexenverfolgung samt einer Hexenverbrennung statt. Im Roman werden diese drei Handlungsstränge und ihre inneren Zusammenhänge erzählt.
Bislang hatte ich noch keinen Roman dieser Autorin gelesen und besonders die Ankündigung dieser mystischen Zusammenhänge zu einer Hexe des Mittelalters hatten mich angesprochen; ich war sehr neugierig auf die Umsetzung und Erklärung dieser zugrundeliegenden Idee. Ganz gespannt habe ich also mit dem 10. Teil einer Reihe begonnen, dachte mir, dass es bei abgeschlossenen Fällen nicht nötig wäre, die Vorgänger gelesen zu haben. Genauso verhielt es sich auch: das Polizeiteam lernt man schnell kennen und die anderen vorkommenden Personen werden, so denke ich, in den bislang erschienenen Bänden nicht unbedingt erwähnt worden sein. Da jede erwähnte Person mit Partner, Eltern, oft auch Schwiegereltern, eigenen Kindern und/oder Geschwistern namentlich vorgestellt wurde, war es für mich unerläßlich, Familienstammbäume, zumindest für die in der heutigen Zeit spielende Geschichte, aufzustellen um bei dieser Riesenmenge an Akteuren den Überblick zu behalten; bei den unglaublich vielen Perspektivwechseln konnte ich so auch immer nachsehen, wer gerade kurz gemeint war. Ohne diese Personenliste hätte ich die erste Hälfte des Buches nicht wirklich verfolgen können, denn alle drei Erzählstränge ( 1671, 1985 und 2015) brechen immer nach Kurzem ab, was ich unglaublich anstrengend und keinesfalls spannungserzeugend fand. Die einzelnen Abschnitte sind häufig nur eine Seite lang, im Durchschnitt zwei bis drei; bei 752 Seiten war das für mich derart zerstückelt, dass ich mich eher durch das Buch quälen mußte statt einen hochgelobten Bestseller zu genießen. Zudem findet der Perspektivwechsel meistens ohne eine Kennzeichnung statt, so dass ich ihn sehr häufig überlesen habe, wenn weiter erzählt wurde, was „er“ macht, denn auch textlich war in den mindestens ersten fünf Zeilen des neuen Abschnitts dieser Wechsel oft noch nicht klar. Ich habe noch kein Buch gelesen, bei dem ich soviele Abschnitte doppelt lesen mußte um den ständigen Sprüngen zu folgen. Gerade mal Sequenzen zu 1671/72 oder 1985, die eindeutig in der Minderheit waren, waren durch eine Überschrift gekennzeichnet.
Im 2015 spielenden Zeitstrang werden neben dem Verschwinden und Tod der vierjährigen Linnea und dessen Aufklärung noch viele weitere Themen bearbeitet: private Erlebnisse der Ermittler, Rassismus und Versuche der Intergration, gleichgeschlechtliche Liebe, Probleme heutiger Teenager samt Mobbing im Internet... Besonders anstrengend fand ich die Frau ( Erica) eines Polizisten, die ein Buch über die beiden Todesfälle schreiben wollte und der einzelne Verdächtige immer wieder ohne Zusammenhang zur Situation Indizien aufgedrängt haben; jedesmal hab ich gedacht: Was soll das jetzt, das paßt doch überhaupt nicht, z.B. würde ich niemandem, der mir eine Tasse Kaffee anbietet von meiner Schokoladenallergie erzählen. Wozu? Von diesen Dingen, die einfach nicht paßten, gab es mehrere und ich hab sie mir zu den Familienstammbäumen dazu geschrieben, denn es war klar, dass Erica sie später wieder aus dem Hut zaubert, jedesmal nach dem Kommentar „ da war noch was; irgendwie stimmt da was nicht, ich muss noch mal darüber nachdenken“ - gesagt, getan und TATA - sie konnte den ermittelnden Polizisten wieder den entscheidenden Hinweis geben, damit diese endlich wieder Land gewinnen konnten. Selbst in der finalen Ermittlung läßt ihr Ehemann sein Vorgehen von ihr abnicken.
Bis etwas mehr als S. 230 habe ich übrigens die bis dahin immer noch neu eingeführten Personen in meine Übersicht eingepflegt und hatte dabei schon einen Hinweis, der mir so wichtig erschien, dass ich eine Person einkringelte und besonders verdächtig fand und ungefähr 500 Seiten später gab es für mich leider keine wirkliche Überraschung mehr.
Ganz besonders enttäuschend fand ich die beiden letzten Seiten des Romans, auf denen erläutert wird, was denn nun die Hexe von 1671/72 mit dem Ganzen zu tun hat. Das war alles?
Insgesamt fand ich den Krimi / Thriller nicht wirklich spannend und auch die Erwartungen, die ich bezüglich irgendwelcher angekündigten legendären oder mystischen Verbindungen hatte, wurden keinesfalls erfüllt. Die ständigen Perspektivwechsel machten das Lesen nicht spannend sondern eher qualvoll – aber immerhin habe ich jetzt auch einen Bestseller von Camilla Läckberg gelesen und weiß, dass ich es bei diesem einen belassen werde.
Empfehlen würde ich „Die Eishexe“ nur vollkommen eingeschworenen Camilla Läckberg-Fans.