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Veröffentlicht am 24.06.2024

Tragische Fehlentscheidung

Die Vermisste von Holnis
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Wer ermordete die 20jährige Sophia Jepsen, die vier Jahre zuvor auf der Halbinsel Holnis spurlos verschwunden war? Weil ihre Leiche nahe der dänischen Stadt Odense gefunden wurde, arbeiten die Kommissarinnen ...

Wer ermordete die 20jährige Sophia Jepsen, die vier Jahre zuvor auf der Halbinsel Holnis spurlos verschwunden war? Weil ihre Leiche nahe der dänischen Stadt Odense gefunden wurde, arbeiten die Kommissarinnen Lena Lorenzen und Naya Olsen mit der dänischen Polizei zusammen. Dabei dringen sie immer tiefer in den damaligen Vermisstenfall vor und stoßen auf viele seinerzeit vernachlässigte Fakten. Der Fall gewinnt an Dramatik, als festgestellt wird, dass die Tote ein Kind zur Welt gebracht hatte. Eine fieberhafte Suche beginnt.
Die beiden Ermittlerinnen sind mir auf Anhieb sympathisch. Sie und ihr dänischer Kollege arbeiten Hand in Hand, auch wenn ihr Agieren lange Zeit einem Stochern im Nebel gleicht. War ich zu Beginn der Meinung, in diesem Krimi gäbe es wenig Emotionales, so konnte ich diese Fehleinschätzung nach dem ersten Drittel getrost revidieren. Ein spektakulärer SEK-Einsatz mit Helikopter, eine rasante Verfolgungsjagd, religiöse Eiferer, die man am liebsten mit einem gezielten Fußtritt in die Wüste schicken würde und ein Verdächtiger, der sich in der U-Haft umbringen will, sorgen für atemlose Spannung. Und plötzlich platzt der Knoten, und die Ermittlungen zeigen erste Erfolge. Und was für ein tragisches und doch herzergreifendes Ende. Auch wenn für mich eine Frage offen blieb.
Ich mag den unaufgeregten Schreibstil von Anna Johannsen total gern. Die Autorin versteht es, die Spannung bis zum Schluss zu halten, keine Szene ist überflüssig, und die Kapitel sind angenehm kurz.
Für mich ist Die Vermisste von Holnis der bislang beste Krimi dieser Autorin.

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Veröffentlicht am 06.06.2024

Plötzlich Influencerin

Fucking Famous
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Lotte Hohenfeldt sieht sich mit ihren 39 Jahren gescheitert, sowohl mit ihrem Start-up, als auch mit ihrem ersten Buch. Ihre Freundin Tessa, eine erfolgreiche IT-Beraterin, weiß Rat: Sie will aus Lotte ...

Lotte Hohenfeldt sieht sich mit ihren 39 Jahren gescheitert, sowohl mit ihrem Start-up, als auch mit ihrem ersten Buch. Ihre Freundin Tessa, eine erfolgreiche IT-Beraterin, weiß Rat: Sie will aus Lotte eine Marke machen, will sie bei Instagram & Co. zu Berühmtheit bringen. Das Experiment gelingt, auch wenn es die beiden Mädels dabei mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Doch dann kommt das dicke Ende.

Der Schreibstil der Autorin ist locker und mit kleinen Bosheiten und Seitenhieben gespickt – das einzige, das mich bei der Stange gehalten hat. Im ersten Drittel des Buches dominieren die sich teilweise überlappenden, ausufernden Rückblenden, rettende Dialoge fehlen. Als Leser werden wir detailliert davon in Kenntnis gesetzt, in welchen angesagten Klamotten sich Lotte für ihren Social Media Auftritt ablichten lässt, wie sie sich medienwirksam schminkt, zu welchen Partys sie eingeladen wird – und das in Dauerschleife. Erstaunlich, wie wenig man mit so vielen Worten auf so vielen Seiten aussagen kann. Dafür kommt das Ende dann überfallartig und für mich nicht wirklich nachvollziehbar.

Insgesamt hätte ich mir weniger sich ständig wiederholende Beschreibungen und dafür mehr Dialoge gewünscht. Man kann dieses Buch lesen, muss aber nicht.

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Veröffentlicht am 03.06.2024

Psychopathen wie wir

Krähentage
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Ein geisterhaft agierender Killer tötet zwei Menschen und hinterlässt am Tatort ausgehungerte Krähen mit einer mysteriösen Botschaft. Ebenso unaufgeklärt ist in dieser norddeutschen Großstadt der Fall ...

Ein geisterhaft agierender Killer tötet zwei Menschen und hinterlässt am Tatort ausgehungerte Krähen mit einer mysteriösen Botschaft. Ebenso unaufgeklärt ist in dieser norddeutschen Großstadt der Fall von drei Frauen, die in ihren Wohnungen überfallen und brutal misshandelt wurden. Eine neu eingerichtete ehrgeizige Ermittlungseinheit unter der Leitung von Jakob Krogh und Mila Weiss soll den oder die Täter schnellstmöglich zur Strecke bringen. Doch das erweist sich als fast unlösbare Aufgabe, denn der Täter könnte jeder von uns sein.

Der Roman fesselt von der ersten Seite an. Er liest sich flüssig, die einzelnen Mitglieder der Ermittlungseinheit sind sympathisch und agieren teilweise unorthodox, und man fliegt mit atemloser Spannung durch die Seiten. Auch Humor und Selbstironie kommen nicht zu kurz. Der Schreibstil des Autors ist originell und angenehm zu lesen.
Zum Schluss hin jedoch galoppiert die Handlung plötzlich in eine völlig andere Richtung, der Fokus richtet sich nun auf das verwundete Seelenleben eines der Hauptfiguren. Abstruse Zufälle häufen sich, wichtige Fragen bleiben offen, einige Szenen sind schlicht unglaubwürdig, und die Lösung des zweiten Falles gerät zur Groteske. Kurz gesagt: Das Ende hält nicht, was der Anfang versprochen hat.

Dennoch finde ich diesen Thriller ungemein aufregend, perfekt erzählt und voll spritzigem Humor. Trotz der oben aufgeführten Schwachpunkte erkenne ich an, dass die Entwicklung eines Plots immer das ureigene Universum eines Autors widerspiegelt. Auch wenn ich es mir anders gewünscht hätte. Das gilt auch und insbesondere für den Epilog dieses Thrillers.
Man sollte ihn lesen.

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Veröffentlicht am 03.06.2024

Ein Dorf, zwei Morde und das große Schweigen

Akte Nordsee - Das schweigende Dorf
6

Die sympathische Anwältin Fentje Jacobsen wird zu nachtschlafender Stunde von einem Mann angerufen, der sich lediglich als Sascha vorstellt und behauptet, er hätte einen Menschen umgebracht. Danach endet ...

Die sympathische Anwältin Fentje Jacobsen wird zu nachtschlafender Stunde von einem Mann angerufen, der sich lediglich als Sascha vorstellt und behauptet, er hätte einen Menschen umgebracht. Danach endet das Gespräch. Am nächsten Tag erfährt Fentje von einem doppelten Todesfall in dem nahegelegenen Örtchen Helenendeich. Einer der Männer hat dem Anschein nach den anderen ermordet und sich selbst aufgehängt. Und der zweite Tote heißt Sascha Janssen. Schon bald wird klar, dass es sich in Wahrheit um zwei Mordfälle handelt. Der Journalist Niklas John, mit dem Fentje bereits zwei Morde aufklären konnte, hat aufgrund seiner Beziehungen Zugang zum Tatort, und die beiden beschließen, wieder gemeinsam Nachforschungen anzustellen. Aber da haben sie die Rechnung ohne die braven Bürger von Helenendeich gemacht, deren Lippen verschlossen bleiben.

Auch dieser dritte Band der Reihe Akte Nordsee unterhält auf liebenswerte Weise, ohne blutige Details und Langeweile. Eigentlich mögen Fentje und Niklas sich trotz ihrer gegensätzlichen Charaktere ganz gerne, aber immer wieder kommt es zu amüsanten Missverständnissen, und sie kommen in ihren privaten Ermittlungen nicht wirklich voran. Aber dann folgt ein interessanter Hinweis dem nächsten. Die Spannung und die Gefahr steigern sich von Kapitel zu Kapitel und münden in einem atemlosen Showdown, ohne dass der Humor dabei zu kurz kommt.

Trotz einiger inhaltlicher Schwächen und Ungereimtheiten ist dieser dritte Band der Akte Nordsee lesenswert und unterhaltsam. Es macht einfach Freude, mit Fentje und Niklas auf Ermittlungstour zu gehen.

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Veröffentlicht am 06.05.2024

Warmherzig, stimmungsvoll und spannend

Traubenfest
6

Eigentlich will die Kommissarin Marie Mercier das mehrtägige Traditionsfest „Félibrée“ in ihrem Heimatort Saint-André zusammen mit ihrem Lebenspartner Michel genießen und sich von ihrer Großtante Leonie ...

Eigentlich will die Kommissarin Marie Mercier das mehrtägige Traditionsfest „Félibrée“ in ihrem Heimatort Saint-André zusammen mit ihrem Lebenspartner Michel genießen und sich von ihrer Großtante Leonie kulinarisch verwöhnen lassen. Aber schon am ersten Tag verschwindet Emma, die 16jährige Tochter einer am Fest teilnehmenden Winzerin, spurlos und kurz darauf auch die 17jährige Margaux. Während Marie und ihr emsiger Kollege Richard Martin in alle Richtungen ermitteln, gibt es einen schrecklichen Todesfall. François Durand, einer der beiden Weinmajestäten des Festes, wird brutal ermordet. Und noch immer gibt es nicht den kleinsten Hinweis auf den Verbleib der beiden Mädchen.
„Traubenfest“ ist ein ungemein stimmungsvoller Krimi. Die Autorin hat die Atmosphäre in dem malerischen und gemütlichen französischen Dorf perfekt eingefangen. Besonders gut gefällt mir die Figur des Richard Martin mit seinem peniblen Ordnungssinn, der immer genau dann zur Stelle ist, wenn Marie ihn braucht. Überhaupt wurde mir bei den liebevollen Figurenbeschreibungen ganz warm ums Herz.
Mit seinen 351 Seiten hat der Roman genau die richtige Länge, die Handlung hält, was die wunderschöne Cover-Illustration verspricht. Die einzelnen Kapitel hätten vielleicht einen Tick kürzer sein können, aber jeder Cliffhanger am Ende passt, und der Wechsel der Erzählperspektiven macht diesen Krimi noch spannender, ohne zu verwirren.
Die Auflösung am Schluss ist logisch und offenbart tiefe menschliche Niedertracht, auch in dieser idyllischen Landschaft. Ich hoffe, der nächste Band dieser Reihe lässt nicht lange auf sich warten.

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