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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.07.2024

Hollywood in den 30er Jahren

Eve
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Im neuen Roman von Amor Towles steht eine attraktive junge Frau im Mittelpunkt: Evelyn Ross genannt Eve. Sie reist mit dem Zug von New York nach Los Angeles und wohnt in einem Hotel in Beverley Hills. ...

Im neuen Roman von Amor Towles steht eine attraktive junge Frau im Mittelpunkt: Evelyn Ross genannt Eve. Sie reist mit dem Zug von New York nach Los Angeles und wohnt in einem Hotel in Beverley Hills. Sie lernt eine Reihe von Männern kennen, wie zum Beispiel den älteren, nicht mehr aktiven Schauspieler Prentice Symmons und Charlie, den Polizisten im Ruhestand und freundet sich mit der Schauspielerin Olivia de Havilland an, die auf den Beginn der Dreharbeiten von “Vom Winde verweht“ wartet. Eve wird von einem Studio engagiert, um den jungen Star zu beschützen. Die beiden Frauen gehen oft zusammen aus, besuchen viele angesagte Lokale. Eines Tages erhält Olivia einen Erpresserbrief mit einer hohen Geldforderung. Wenn sie nicht zahlt, ist sie ruiniert. Unbekannte haben in einer Umkleidekabine eine versteckte Kamera eingebaut, die junge Frauen ohne ihr Wissen nackt fotografiert. Eve forscht nach, wer hinter der Sache steckt und davon profitiert. Auch Ex-Polizist Charlie ist informiert und beobachtet die Übergabe des Geldes, wird aber außer Gefecht gesetzt, bevor er aktiv werden kann.

Der Roman entwickelt erst in der zweiten Hälfte ein bisschen Spannung, wirkt aber insgesamt mit den Episoden um unterschiedliche Figuren und ihrer Sicht auf Eve ziemlich zusammenhanglos und beliebig aneinandergereiht. Manche Szenen sind ganz amüsant, aber das reicht mir nicht. Von “Ein Gentleman in Moskau“ war ich begeistert. “Eve“ hat mich enttäuscht.

Veröffentlicht am 21.07.2024

Lügen und Geheimnisse

Die Sache mit Rachel
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Im Mittelpunkt von Caroline O´Donoghues Roman “Die Sache mit Rachel“ steht eine Frau namens Rachel Murray - als 21jährige Studentin und später in den 30ern als verheiratete Frau. Rachel studiert englische ...


Im Mittelpunkt von Caroline O´Donoghues Roman “Die Sache mit Rachel“ steht eine Frau namens Rachel Murray - als 21jährige Studentin und später in den 30ern als verheiratete Frau. Rachel studiert englische Literatur bei Dr. Fred Byrne, einem Spezialisten für viktorianische Literatur. Sie hat sich in den attraktiven verheirateten Mann verliebt und hofft, ihn bei einer Buchvorstellung in der Buchhandlung in Cork für sich zu gewinnen, wo sie einen Job angenommen hat, um ihr Studium zu finanzieren. Dort hat sie auch James Devlin kennengelernt, mit dem sie eine immer engere Freundschaft verbindet. James ist schwul, will es aber nicht zugeben. Fred Byrne stellt sein Buch über die irische Hungersnot im 19. Jahrhundert vor, aber die Dinge entwickeln sich nicht so, wie Rachel es sich gewünscht hätte. Sie lernt James Carey kennen und lieben, aber die Beziehung zerbricht bald wieder. Erst Jahre später werden sie sich in London wiederbegegnen.
Der Roman erzählt von Komplikationen und personellen Verflechtungen zwischen den zentralen Personen. Als zeitweilige Assistentin von Fred Byrnes Ehefrau muss Rachel mehrere Geheimnisse wahren und wird Opfer einer Verleumdung, die ihren Ruf ruiniert und sie zwingt, Cork zu verlassen. Niemand glaubt ihr, dass sie keine Affaire mit dem Professor hatte. Es geht in dieser Geschichte jedoch nicht nur um das ausschweifende Leben von jungen Studenten, sondern auch um Liebe und Freundschaft, Lügen und Verrat und nicht zuletzt um die Spätfolgen der großen Hungersnot, die Rezession von 2009/2010 und den langen Kampf irischer Frauen um das Recht auf Abtreibung. Es ist eine brillant erzählte Geschichte, die mich sehr beeindruckt und gefesselt hat. Eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 17.06.2024

Nicht jeder ist, der er zu sein vorgibt

Anna O.
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In dem Roman “Anna O.“ geht es um die 29jährige Anna Ogilvy, die seit vier Jahren aus einem komaähnlichen Tiefschlaf nicht mehr aufwacht und in einer speziellen Einrichtung untergebracht ist. Sie soll ...


In dem Roman “Anna O.“ geht es um die 29jährige Anna Ogilvy, die seit vier Jahren aus einem komaähnlichen Tiefschlaf nicht mehr aufwacht und in einer speziellen Einrichtung untergebracht ist. Sie soll bei einem nächtlichen Spiel von Jägern und Gejagten, an dem Mitglieder ihrer Familie und zwei Freunde teilnahmen, diese beiden Freunde ermordet haben. Der Fall spaltet die Menschen in zwei Gruppen: diejenigen, die die Freilassung von Anna fordern und denjenigen, die ihre Verurteilung wegen Mordes verlangen. Es geht außerdem um den Schlafforscher Dr. Benedict Prince, der Theorien entwickelt hat, wie man solche Patienten aufwecken kann. Seine Chefin Dr. Virginia Bloom und das Justizministerium beauftragen ihn, in einer Spezialklinik seine Theorien in die Praxis umzusetzen, damit man Anna Ogilvy endlich vor Gericht stellen kann und nicht freilassen muss. Bei seiner Therapie arbeitet er mit der Pflegerin Harriet Roberts zusammen, die Anna seit vier Jahren betreut. Der Psychologe begreift zu spät, dass er nicht nur seine Ehe mit der Polizistin, die damals in dem Fall ermittelte, ruiniert hat. Er bringt sich auch selbst in Lebensgefahr.
Die Geschichte enthält nicht nur zahlreiche überraschende Handlungsumschwünge, vor allem in der zweiten Hälfte, sondern immer wieder ausführliche Erörterungen von psychischen Störungen und diversen Behandlungsmöglichkeiten sowie juristische Fragen wie die Schuldfähigkeit von Tätern, denen gar nicht bewusst ist, was sie tun, zum Beispiel, weil sie schlafwandeln. Das ist zwar gut recherchiert und recht informativ für den Laien, macht den Roman aber nicht spannender, sondern sorgt für etliche Längen. Das ist kein Buch, das lange im Gedächtnis bleibt. Ich bin ziemlich enttäuscht.

Veröffentlicht am 26.05.2024

Anthony Horowitz gerät unter Mordverdacht

Mord stand nicht im Drehbuch
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Im neuen Roman beschließt die Romanfigur Anthony Horowitz die Zusammenarbeit mit Privatdetektiv Daniel Hawthorne nach den drei vertraglich vereinbarten Titeln zu beenden. Sie haben sich nie besonders ...


Im neuen Roman beschließt die Romanfigur Anthony Horowitz die Zusammenarbeit mit Privatdetektiv Daniel Hawthorne nach den drei vertraglich vereinbarten Titeln zu beenden. Sie haben sich nie besonders gut verstanden, weil Hawthorne meist Informationen zurückgehalten hat und dem Autor lediglich die Aufgabe zukam, die Geschichten aufzuschreiben. Doch dann braucht er plötzlich Hawthornes Hilfe. Horowitz hat Mindgame, ein Theaterstück, geschrieben, das in der Provinz Erfolg hatte und nun im Londoner Westend Premiere hat. Bei der Premierenfeier taucht Harriet Throsby, eine gefürchtete Kritikerin auf und gibt ein vernichtendes Urteil über den Text, die Regie und die Leistung der Schauspieler ab. Am nächsten Morgen wird sie in ihrem Haus ermordet aufgefunden, erstochen mit einem der Dolche, die bei der Premierenfeier an das Team verteilt worden waren. Indizien deuten auf Horowitz als Täter hin. Detective Inspector Cara Grunshaw und DC Derek Mills verhaften ihn, und er verbringt eine Nacht im Gefängnis. Schon bald muss er sich bei Hawthorne verstecken, weil immer mehr Indizien gegen ihn sprechen und die Polizei ihn sucht, obwohl jeder der Anwesenden bei der Feier ein starkes Motiv hatte, die Kritikerin zu töten. Throsby ist auch die Autorin von drei Büchern, mit denen sie vor Jahren enormen Schaden angerichtet hatte. Auch hier könnte das Motiv für die Bluttat liegen.
Mir hat der spannende Roman sehr gut gefallen, und wieder war es mir nicht möglich, die Lösung zu erraten, denn es gibt so viele Wendungen und falsche Spuren. Ich freue mich jedenfalls schon auf die Fortsetzung der Serie.

Veröffentlicht am 06.05.2024

Jäger und Beute

Trophäe
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Ein durch Spekulationen sehr reich gewordener Amerikaner namens Hunter White reist nach Afrika, um durch das Abschießen eines Spitzmaulnashorns die Big Five vollzumachen. Dafür hat er seinem Freund Van ...


Ein durch Spekulationen sehr reich gewordener Amerikaner namens Hunter White reist nach Afrika, um durch das Abschießen eines Spitzmaulnashorns die Big Five vollzumachen. Dafür hat er seinem Freund Van Heeren eine beträchtliche Summe bezahlt. Paradoxerweise dient der Abschuss eines solchen Tiers dem Artenschutz, denn der Jagdführer Van Heeren investiert in den Tierschutz und bietet indigenen Stämmen Lebensraum. Die Buschmänner wurden einst von den Kolonialmächten von ihrem Land vertrieben und sind noch immer entrechtet und gefährdet. Die Jagdgesellschaft verfolgt das ausgewählte Tier, nur um schließlich festzustellen, dass ihnen Wilderer zuvorgekommen sind. Hunter ist wütend und frustriert. Dann bietet ihm sein Freund die Big Six an, d.h. gegen Bezahlung darf er einen jungen Einheimischen jagen. Hunter akzeptiert das Angebot, denn der Wunsch zu töten ist übermächtig. Dann wird die Geschichte spannend wie ein Krimi, denn Hunter wird durch einen Skorpion verletzt und selbst mit der Möglichkeit eines baldigen Todes konfrontiert.
Schoeters Roman ist packend geschrieben und hat mich sehr angesprochen, obwohl ich eigentlich kein Fan von Jagen und Töten bin. Ihr Buch ermöglicht einen ganz neuen Blick auf Afrika, seine Geschichte und seine aktuelle Situation und zeigt, dass wir uns endlich von postkolonialem Denken lösen müssen. Obwohl „Trophäe“ teilweise finster und brutal ist, ein Blick in menschliche Abgründe eben, sind die Naturschilderungen sehr anschaulich und beeindruckend, und auch die Charakterisierung der Figuren, vor allem von Hunter White, ist sehr gelungen. Selten hat ein Roman auf mich einen solchen Sog ausgeübt. Ich empfehle das Buch ohne Einschränkung.