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Veröffentlicht am 02.09.2022

Wenn nichts so ist, wie es scheint – Eine fesselnde und eiskalte Reise ins Ungewisse

SCHNEE
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„Schnee“ von Yrsa Sigurdardóttir spielt, wie der Name schon sagt, in der eiskalten und verschneiten Landschaft von Island, was allein schon zu Gänsehaut führt, aber auch der Inhalt des als Thriller bezeichneten ...

„Schnee“ von Yrsa Sigurdardóttir spielt, wie der Name schon sagt, in der eiskalten und verschneiten Landschaft von Island, was allein schon zu Gänsehaut führt, aber auch der Inhalt des als Thriller bezeichneten Buches hat es in sich. Viele Teile der Handlung des Thrillers, der an sich mehr Mystery- und Gruselroman ist als klassischer Thriller, sorgen dafür, dass es beim Lesen einem kalt den Rücken runterläuft, sei es aufgrund von seltsamen Geräuschen oder kalten Fingern, die einen umarmen. Aber auch die atmosphärisch düstere und beklemmende Beschreibung der isländischen Landschaft und der Handlungsorte rufen ein leichtes Gefühl von Unbehagen bei den Leserinnen hervor.

Eine große Stärke des Buches ist es, dass es einen in die Handlung direkt hineinversetzt. Man fühlt die Kälte auf der Haut und den Schnee unter den Füßen, wenn man vier Freunden auf ihrer Wanderung in das verschneite isländische Hochland folgt, die für alle vier kein gutes Ende nehmen wird. Ein Gefühl von Unbehagen stellt sich dann ein, wenn man Johanna von der Rettungswacht dann ein paar Tage später auf der Suche nach ebenjener Wandergruppe begleitet. Ebenso wird man nicht das Gefühl von Einsamkeit und der Anwesenheit einer mysteriösen Präsenz los, wenn man Hjörvar bei seiner Arbeit auf einer einsamen Radarstation folgt. Wäre das alles nicht schon genug, ist da noch das Geheimnis um einen gefundenen Kinderschuh.

Eine weitere Stärke ist das Spiel der Autorin mit der schmalen Grenze zwischen Einbildung und Realität. Nicht nur die handelnden Charaktere, sondern auch die Leser
innen fragen sich, ob sie sich alles nur einbilden und ob ihre Sinne sie täuschen oder ob die seltsamen Geräusche oder Sichtungen von Personen echt sind.
Anfangs noch eher etwas bedächtig werden die verschiedenen Handlungsstränge eingeführt, doch dann gewinnt die Handlung mit jeder Seite an Spannung dazu, die sie bis zum Ende auch nicht mehr verliert. Mit jedem Kapitel, dass ein weiteres Puzzlestück dem gut durchdachten Gesamtbild hinzufügt, wird es klarer, wie die unterschiedlichen Handlungsstränge zusammengehören. Der Thriller entwickelt hierbei eine regelrechte Sogwirkung, dass man nicht mehr aufhören kann zu lesen, bis man das leicht offene und wie soll es auch anders sein, mysteriöse, aber in sich schlüssige Ende erreicht hat.

„Schnee“ von Yrsa Sigurdardóttir ist ein fesselnder, atmosphärisch düsterer Mystery- und Psychothriller, der ohne Blut oder Gewalt auskommt und der einem mit der Frage zurücklässt, was nun echt oder Einbildung war und ob man wirklich eine Antwort auf diese Frage haben will.
Große Leseempfehlung für alle, die auf der Suche nach einem außergewöhnlichen und raffinierten Thriller sind, den man nicht mehr aus der Hand legen kann.

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Veröffentlicht am 28.08.2022

Kraftvoller und mystischer Roman über zwei Schwestern und ihre Gemeinschaft

Die Stimme meiner Schwester
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„Die Stimme meiner Schwester“ von Itamar Vieira Junior erzählt sprachlich eindrucksvoll die Geschichte zweier Schwestern, Bibiana und Belonísia, und ihrer Familie. Sie sind Nachfahren von Sklaven und wachsen ...

„Die Stimme meiner Schwester“ von Itamar Vieira Junior erzählt sprachlich eindrucksvoll die Geschichte zweier Schwestern, Bibiana und Belonísia, und ihrer Familie. Sie sind Nachfahren von Sklaven und wachsen in einer Gemeinschaft von Afro-Brasilianerinnen, den Quilombos, im Nordosten von Brasilien in den Diamantina—Begen im Bundesstaat Bahia, fernab der großen Städte auf der Farm „Fazenda Água Negra“ auf. Ihr Leben ist geprägt von Arbeit, Unterdrückung und Armut.

Gegliedert ist der Roman in drei Teile, die ersten beiden werden jeweils aus der Sicht einer der beiden Schwestern erzählt, während der letzte Teil durch die Stimme einer weiblichen afrikanischen Gottheit erzählt wird.

Die Geschichte beginnt damit, dass eines Tages die Schwestern in einem Koffer unter dem Bett ihrer Großmutter ein altes, mysteriöses Messer finden, und eine von ihnen schneidet sich versehentlich die Zunge ab, was ihrer beider Leben unwiderruflich verändert und sie für immer miteinander verbindet. Als Leser
in begleitet man dann die Schwestern über drei Jahrzehnte hinweg und bekommt so einen Eindruck von ihren Lebensumständen und ihre Sicht darauf: Belonísia scheint mit dem Leben auf der Farm zufrieden zu sein, während Bibiana die Ungerechtigkeit des Lebens ihrer Familie in unnachgiebiger Knechtschaft von klein auf erkennt und sie dazu veranlasst, sich auf den Weg zu machen, um für Veränderung zu kämpfen.

Der Autor schafft es hierbei lyrisch und kraftvoll das Leben der Quilombos, ihren Glauben, ihre Beziehung zur Familie und der Gemeinschaft sowie ihre Verbindung zur Natur einzufangen und verleiht ihnen, die sonst kein Gehör finden, eine Stimme. Daneben wird auch ein Augenmerk auf die Frauen, ihre Rolle in der Gemeinschaft und wie es ihnen dort ergeht, gelegt und wie sie sich gegen Gewalt und anderes erlebtes Leid wehren.

„Die Stimme meiner Schwester“ ist ein lesenswertes und beeindruckendes Buch, das einem auf mystische Art und Weise das Leben voller erfahrener Ungerechtigkeiten, Leid, aber auch Kraft und menschlicher Wärme der indigenen Afro-Brasilianer authentisch und bildlich näherbringt.

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Fesselnde Komposition aus Thriller und mystischen Elementen

Todesspiel. Die Nordseite des Herzens
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„Todesspiel“ von Dolores Redondo ist ein atmosphärischer und spannender Psychothriller über Amaia Salazar, eine talentierte Detektivin aus Nordspanien, die dem FBI-Agenten Aloisius Dupree dabei hilft, ...

„Todesspiel“ von Dolores Redondo ist ein atmosphärischer und spannender Psychothriller über Amaia Salazar, eine talentierte Detektivin aus Nordspanien, die dem FBI-Agenten Aloisius Dupree dabei hilft, einen bösartigen Serienmörder von Familien, der auch als der „Komponist“ bezeichnet wird und der die Zerstörung durch Naturkatastrophen ausnutzt, um seine Taten zu verschleiern, zu finden. Die Jagd nach dem „Komponisten“ findet hierbei vor der tragischen Kulisse von New Orleans während des Hurrikans Katrina statt.

Es gibt mehrere Handlungsstränge sowie zwei Verbrechensermittlungen, einmal die um den Komponisten und die andere Ermittlung hat was mit Dupree eigener Vergangenheit und den Baron des Todes zu tun. Beide Ermittlungen spiegeln auch das Leben und die Vergangenheit von Dupree und Amaias verstörender Kindheit in Spanien wider. Nebenbei greift der Thriller auch die tragischen Ereignisse und den menschlichen Verlust von Katrina auf.

All dies wird wunderbar atmosphärisch düster, teils auch poetisch beschrieben - die Beschreibungen der Schauplätze und Charaktere sind ebenso fesselnd wie die Handlung. Die Verzweiflung, die Zerstörung, die Atmosphäre – alles war so perfekt inszeniert und man spürte die Größe des Erlebten förmlich.
Einmal angefangen mochte man gar nicht mehr aufhören zu lesen.

Neben der in sich schlüssigen und gut konstruierten Thrillerhandlung mit einigen psychologischen und mystischen Aspekten, der auch dem Glauben vor Ort aufgreift, kann ebenso die glaubwürdige Charakterzeichnung der Haupt- wie Nebencharaktere überzeugen. Besonders gut gefallen hat mir Amaia. Sie ist eine bemerkenswerte Frau. Jung, stark und mutig ist Amaia eine angeborene Detektivin. Darüber hinaus ist sie eine Fährtenleserin, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, das Böse zu erkennen oder aufzuspüren. Dupree hat einen guten Grund für seine Zusammenarbeit mit ihr.

Das Geheimnis um den Serienmörder, New Orleans, der Hurrikan Katrina, Rückblicke in Amaias Vergangenheit und die bemerkenswerten Charaktere machen „Todesspiel“ zu einem packenden und mystischen Thriller, der spannend von Anfang bis Ende ist und einen darüber hinaus auch nicht so schnell wieder loslässt.

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Veröffentlicht am 21.08.2022

Oberflächliches Porträt einer Freundschaft

Freundin bleibst du immer
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„Freundin bleibst du immer“ von Tomi Obaro ist die Geschichte der drei besten Freundinnen Enitan, Zainab und Funmi, die nach etwa 30 Jahren Trennung in Lagos wieder zusammenkommen, um die Hochzeit von ...

„Freundin bleibst du immer“ von Tomi Obaro ist die Geschichte der drei besten Freundinnen Enitan, Zainab und Funmi, die nach etwa 30 Jahren Trennung in Lagos wieder zusammenkommen, um die Hochzeit von Funmis Tochter Destiny zu feiern. Die zurückhaltende Zainab, die forsche Funmi und Enitan lernten sich gemeinsam an der Universität kennen und wurden mit der Zeit beste Freundinnen und waren unzertrennlich. Doch dann trennten sich ihre drei Leben. Zainab und Funmi blieben in Nigeria, wo Funmi einen wohlhabenden Geschäftsmann und Zainab einen Akademiker heiratete, um den sie sich nun nach einem Schlaganfall kümmert. Enitan zog wegen eines Mannes nach New York, heiratete diesen und will sich nun ihm scheiden lassen.

Aus der Sicht von jeder der drei Frauen erzählt, werden Themen wie nigerianische Kultur, Mutterschaft, Ehe und Freundschaft behandelt.

Während ich es gut fand, etwas über die nigerianische Kultur, Geschichte und Politik zu erfahren, konnte mich der Roman als Ganzes nicht so wirklich begeistern. Zum einen lag es daran, dass bedingt durch die Themenfülle vielfach nur an deren Oberfläche gekratzt wurde und zum anderen, dass das große Thema der Freundschaft für mich nicht wirklich greifbar war. Auch das Ende kam ziemlich abrupt.
Der Anfang und die erste Hälfte des Rückblicks in die 80er-Jahre, als sich Enitan, Zainab und Funmi an der Universität kennenlernten und Freundinnen wurden, haben mir noch gut gefallen, doch auf halben Weg ihrer Universitätsjahre verlor die Handlung für mich an Fahrt und verlor sich in Oberflächlichkeiten sowie Nebensächlichkeiten. Zu keinem Zeitpunkt war für mich richtig greifbar, warum die drei Freundinnen wurden, es wurden einem eher erzählt, dass sie gute Freundinnen sind, anstatt es richtig zu zeigen, sodass keine tiefe gehende emotionale Verbindung zwischen den dreien sowie auch zum Leser aufgebaut werden konnte.
Ich habe mir einfach mehr tolle Freundschaftsmomente und Szenen gewünscht, aus denen klar ersichtlich hervorgeht, was ihre Freundschaft ausmacht. Stattdessen blieb dieser Aspekt eher unterentwickelt. Auch hatte ich beim Lesen teilweise das Gefühl, dass ich mehr über ihre Männer weiß als über die drei Frauen.

Einzig allein die tollen Beschreibungen der nigerianischen Kultur, des Landes, des Essens und der Hochzeit sprachen mich wirklich an sowie der unterhaltsame und angenehme Schreibstil. Ansonsten hatte „Freundin bleibst du immer“ das Potenzial, das es hatte leider nicht wirklich ausgeschöpft und hinterlässt nicht den bleibenden Eindruck, den ich mir erhofft hatte.

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Veröffentlicht am 15.08.2022

Eine Kreuzfahrt voller Geheimnisse

Die Passage nach Maskat
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„Die Passage nach Maskat“ von Cay Rademacher ist ein spannender, kurzweiliger historischer Kriminalroman, der in den 1920er-Jahren größtenteils auf dem Luxusliner Champollion spielt und gut den Zeitgeist ...

„Die Passage nach Maskat“ von Cay Rademacher ist ein spannender, kurzweiliger historischer Kriminalroman, der in den 1920er-Jahren größtenteils auf dem Luxusliner Champollion spielt und gut den Zeitgeist zwischen Ende des 1. Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise 1929 einfängt. Der Autor beschreibt hierbei sehr bildlich und detailgetreu die Kreuzfahrtreise von Theodor Jung, seiner Frau Dora und seiner Schwiegerfamilie Rosterg nach Maskat, sodass man beim Lesen das Gefühl bekommt, man wäre selbst dabei.

Theodor Jung ist Fotograf und die Seereise von Marseille nach Maskat sollte neben Fotos für seinen Arbeitgeber, eine bekannte Berliner Zeitschrift, auch dazu dienen, seine kriselnde Ehe mit Dora zu retten. Doch dann verschwindet nicht lange nach Reisebeginn plötzlich Dora. Als Theodor nachfragt, ob jemand seine Frau gesehen hätte, will sie keiner der Gäste überhaupt auf dem Schiff gesehen haben und seine Schwiegereltern behaupten außerdem, Dora sei noch in Berlin. Zunächst lässt sich überhaupt keine Spur von Dora auf dem Schiff finden und Jung fragt sich, ob er nicht langsam wahnsinnig wird, obwohl er sich sicher ist, dass Dora auf dem Schiff war. Er begibt sich auf die Suche nach ihr, dabei erhält er Unterstützung von der Fanny, einer Stewardess auf dem Schiff. Im Verlauf ihrer Suche werden immer mehr Geheimnisse um Dora, deren Familie und deren Gewürzhandelsgeschäft aufgedeckt. Doch nicht nur sie haben etwas zu verbergen, so tummeln sich auch noch weitere zwielichtige Gestalten auf der Champollion und tragen zu dem Mysterium um Doras Verschwinden bei.

Steht am Anfang noch die Beschreibung der illustren Gäste und der allgemeinen Stimmung an Bord im Vordergrund, so nimmt der Kriminalroman ab dem Verschwinden von Dora merklich an Fahrt und Spannung auf, die bis zum Ende dann hochgehalten wird. Insgesamt handelt es sich bei „Der Passage nach Maskat“ um einen fesselnd geschriebenen historischen Kriminalroman, der durch seine authentischen Orts- und Charakterbeschreibungen sowie seiner gut konstruierten und teils überraschenden Handlung zu überzeugen weiß.

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