Hauptfigur dieses Bandes aus der Reihe „Modehaus Haynbach“ ist Gigi, eine Freundin der beiden Haynbach Schwestern Viktoria und Mabelle, die mit gebrochenem Herzen aus Paris zu den Schwestern nach München ...
Hauptfigur dieses Bandes aus der Reihe „Modehaus Haynbach“ ist Gigi, eine Freundin der beiden Haynbach Schwestern Viktoria und Mabelle, die mit gebrochenem Herzen aus Paris zu den Schwestern nach München flieht und den Männern abschwört, nur um sich dann entscheiden zu müssen, ob sie ihrem Herzen trauen kann, dass für den Schaupieler Leo Fürst oder für den italienischen Geschäftspartner des Modehauses schlägt.
Die Figuren sind ganz sympathisch, vielleicht etwas überspannt. Sie wünschen sich von ihren Partnern, was sie selbst nicht können: stark sein, klare Entscheidungen treffen und dazu stehen ohne Zögern und Zweifel. Damit sind sie – trotz aller Offenheit und Berufstätigkeit – nicht unbedingt Musterbilder der Emanzipation.
Die Schauplätze sind durchaus stimmungsvoll, wobei dem warmen, lebensfrohen Italien gegenüber dem etwas überkandidelten München klar der Vorzug zu geben ist und für ein wenig Urlaubsflair sorgt.
Was mir persönlich fehlt, ist eine deutlicher historische Atmosphäre, gelebtes Zeitkolorit. Zwar fallen ein paar Namen und Titel damaliger Schauspieler, Filme oder Musiktitel, wird ein Zeitungsartikel zur Rolle der perfekten Hausfrau angeführt, tauchen italienische Gastarbeiter auf und wird der Grundstein zur Berliner Mauer gebraucht. Doch bleiben dies alles Randnotizen, die den Leser nicht wirklich in eine bestimmte Epoche eintauchen lassen.
Und am meisten vermisse ich eine Handlung, die den Leser in ihren Bann zieht. Es geht immer wieder um Gefühl, um Liebeskummer, um Beziehungskummer, um Erziehungskummer. Zarte Bande werden geknüpft und wieder durchschnitten, verletzter Stolz, Sehnsucht, Angst vor Einsamkeit nehmen viel Platz ein. Aber es passiert nicht viel. Immer wenn die Geschichte an Dramatik gewinnt, so z. B als Sophie, Mabelles 13jährige Tochter, spurlos im Münchener Nachtleben verschwindet oder als Richard, Mabelles und Viktorias Bruder, auf einmal in Ostberlin durch den beginnenden Mauerbau festsitzt, wird die Spannung drei Seiten später recht banal wieder aufgelöst.
Wer Herzschmerz mag und modebegeistert ist, kann sein Leserhirn hier gern in Urlaub schicken. Wer an Familiensagas eher die lebendige Geschichte schätzt, wird in anderen Buchreihen besser aufgehoben sein.
Ina hat ihr altes Leben aufgegeben, die Beziehung ist zerbrochen, den Job an der Klinik in Husum hat sie geschmissen. Sie nimmt einen zweiten Anlauf in Hamburg: Dort will sie als Ärztin arbeiten oder nicht? ...
Ina hat ihr altes Leben aufgegeben, die Beziehung ist zerbrochen, den Job an der Klinik in Husum hat sie geschmissen. Sie nimmt einen zweiten Anlauf in Hamburg: Dort will sie als Ärztin arbeiten oder nicht? Dort will sie in der WG ihrer Freundin Filiz einziehen, bis sie etwas Eigenes gefunden hat, oder nicht? Dort lebt Tim, auch Arzt und ihr einstiger Mentor im Praktikum, den sie liebt oder nicht? Dort trifft sie auf Sebastian, ihren alten Schulfreund, mit dem sie eine Beziehung eingeht oder nicht? Sollte sie vielleicht doch zurückkehren zu ihrer Familie an der Nordseeküste in der Nähe von St. Peter-Ording und sich um ihre kranke Schwester kümmern oder doch nicht? Viele Fragen stellen sich Ina auf dem Weg in ihr neues Leben, auf die es eine Antwort zu finden gilt. Dabei helfen ihr die Begegnungen mit ihren alten Freunden und Bekannten, aber auch neue Bekanntschaften, die sie der WG von Filiz macht und in einem kleinen verwahrlosten Schrebergarten, der mit zur WG gehört und den auf Vordermann zu bringen ihr einige eigenwillige Nachbarn in der Schrebergartenkolonie tatkräftig helfen.
Zum Glück sind die meisten Fragen, die sich Ina stellen, eher Luxusprobleme, da sich ja auch immer gleich eine Alternative findet. So muss der Leser sich nicht allzu große Sorgen um sie machen und kann das nette Schrebergarten- und WG-Ambiente mit seinen kauzigen Bewohnern genießen und sich von der Story treiben lassen. Dazu gibt es ein paar nette Verwicklungen und abwechslungsreiche Nebenschauplätze, garniert mit einer guten Prise hippem Hamburger Lifestyle, von der Basilikumlimo über das Paddeln auf der Außenalster bis hin zum Take-That-Konzert in der Elbphilharmonie. Was will man mehr für eine Zugfahrt zum Städtetrip nach Hamburg oder anderswohin oder für einen Nachmittag im Strandkorb an der Nordsee oder anderswo.
Heike, jetzt verheiratet und Mutter zweier Kleinkinder, wurde einst von Professor Buttermann, seines Zeichens Experte für Graphologie, aus schwerer Kindheit gerettet und in die Geheimnisse der Handschriftenkunde ...
Heike, jetzt verheiratet und Mutter zweier Kleinkinder, wurde einst von Professor Buttermann, seines Zeichens Experte für Graphologie, aus schwerer Kindheit gerettet und in die Geheimnisse der Handschriftenkunde eingeführt. Nach einem tragischen Zwischenfall im Institut, in den auch Heikes Bruder involviert ist, gibt sie ihre Karriere auf und zieht sich ganz ins Private zurück, wo sie mit ihrem Mann Peter einen Schreibwarenladen führt, der im Politikerviertel von Bonn gelegen ist. Solange bis sowohl der BND als auch die Stasi um Heikes überragende Fähigkeiten als Graphologin buhlen, geht es doch darum, dass die Ständige Vertretung der DDR in Bonn, die 1974 gegründet wird, ihre Mitarbeiter mit Hilfe ihrer Handschrift auf Loyalität überprüfen lassen will. Und der BND hat berechtigtes Interesse daran, mögliche Spion in den Reihen der StäV zu ermitteln. Heikes Familie und auch ihr Bruder werden zum Spielball der Machenschaften von Agenten. Und welche Rolle spielt dabei Professor Buttermann?
Die historischen Hintergründe und auch das Bonner Lokalkolorit stellen für mich die lesens- bzw. liebenswerten Seiten des Romanes dar. Die Rolle der StäV und der Graphologie in der BRD der 70er Jahre sind – wie die Autorin im kurzen historischen Nachwort selbst schreibt – eher unbekanntes Terrain und damit sehr reizvoll als Romanhintergrund.
Was für mich nicht so ganz passt und von daher bisweilen – unfreillig (?) - eine komische Wirkung erzielt, ist die Gestaltung der Figuren, die hier auf die harte Welt der Agenten trifft. Nehmen wir z. B. den Mann von Heike, Peter, auch von sich selbst als „Pipimädchen“ bezeichnet, der seine Familie beschützen will, in einen dubiosen Unfall einer Mitarbeiterin der StäV verwickelt wird und dann sogar in ein Handgemenge mit Schusswaffe, bis er sich schließlich zu seinem recht skurilen Freund Ilja zurückzieht. Auch Heike, ein durch ihre Kindheitserlebnisse traumatisierte Frau, die Angst vor ihrer eigenen Handschrift hat und sich nur nach Familiennormalität sehnt, will nicht recht zu der Frau passen, die als Doppelagentin agiert und zum Schluss bei nächtlichen Oberservationen im Eingang eines Parkhauses der Wohnblocks in der Pariser Straße, in der die Mitarbeiter der StäV Quartier genommen haben, fast ums Leben kommt.
Die Agentenstunts in dieser Roman fügen sich nicht wirklich in das Geschehen. So war ich mir beim Leser oft unsicher, ob ich in einem Agententhriller gelandet bin oder in einer Persiflage – gewollt oder eben unfreiwillig.
"Das faszinierende Doppelporträt zweier höchst unterschiedlicher Frauen", schreibt die Schriftstellerin Julia Franck über den Roman "Wellenflug" von Constanze Neumann, einen Roman, der auf historischen ...
"Das faszinierende Doppelporträt zweier höchst unterschiedlicher Frauen", schreibt die Schriftstellerin Julia Franck über den Roman "Wellenflug" von Constanze Neumann, einen Roman, der auf historischen Begebenheiten beruht.
Treffender könnte man es nicht auf den Punkt bringen, dabei haben die beiden Frauen aber doch mehr gemein, als ihnen beiden bewusst und der einen lieb ist. Beide, Anna und Marie, kommen aus einfacheren Verhältnissen, beide erleben den Aufstieg in die Welt der gehobenen Gesellschaft, die eine fühlt sich dazu eher berechtigt, der anderen will Anna dies nicht vergönnen. Beide erleben das Auf und Ab des Lebens: von den äußeren Umständen her könnten beide ein glückliches Leben führen, aber beide haben mit den Widrigkeiten des Schicksals zu kämpfen. Anna, die Tochter eines aufsteigenden jüdischen Stoffhändlers, der seinen Weg über Leipzig nach Berlin macht und seine Töchter dort als gute Partien verheiratet, heiratet in die Familie Reichenheim ein, ebenfalls Juden und Tuchhändler, die das Leben der Berliner Oberschicht bestimmen. Anna lebt in einem prachtvollen Haus, besucht Bälle und Theater, lernt reiten und muss doch immer wieder herbe Schicksalsschläge hinnehmen. Auch ihr Sohn macht ihr das Leben nicht leicht, ist er doch der einzige ihrer zahlreichen Kinder, der sich nicht ihrem Willen fügt, sondern seinen Neigungen folgt, die ihn in das Berliner Nacht- und Lotterleben führen und für die Arbeitswelt eher untauglich erscheinen lassen. Er verprasst ein Vermögen bei Glücksspielen und bringt den Ruf der Familie in Gefahr.
Die andere, Marie, lernt eben diesen Heinrich kennen als Gardobrière in einem Varieté. Das kleine Mädchen vom Lande, aus Burg bei Magdeburg, das mehr vom Leben wollte und sich auf in die Großstadt Berlin machte, um dort ihr Glück zu suchen, wird zu Heinrichs rettendem Anker. Ihm, dem von der Familie wegen seiner Spielsucht und Betrügereien, aber vor allem wegen seiner Liebe zu einer unstandesgemäßen Frau nach Amerika Verbanntem, folgt sie, lebt mit ihm dort sein unstetes Leben, duldet seine Affären, seine Sprunghaftigkeit, wenn er von Job zu Job und Stadt zu Stadt zieht, reist im wieder nach Berlin hinterher, als die Pflicht, für das Vaterland im Ersten Weltkrieg zu dienen, ihn ruft. Immer in der Hoffnung, Gnade vor den Augen der Familienmatriachin Anna, Heinrichs Mutter, zu finden, aufgenommen zu werden in den Familienkreis.
Im zweiten Teil des Romans rückt die Figur der Marie immer stärker in den Mittelpunkt, Anna wird zu einem Schatten, der allerdings Maries Leben stets dunkel überzieht und auch Heinrichs Leben bestimmt. Diese Marie, die die Missachtung der Familie ihres Mannes ertragen muss, meistert ihr Leben an der Seite ihres sprunghaften Ehemannes mit Bravour. Immer wieder in völlig neue Lebensumstände geworfen, immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt, richtet sie sich in diesem Leben immer wieder und immer wieder ein, macht das Beste daraus, findet ihre Inseln des Glücks. Marie benötigt keine aufgetürmten Frisuren und überbordenden Hüte, die für sie die Machtstellung Annas in der Familie demonstrieren, als Ausruck von Größe. Sie ist eine stille, aber starke Helden und, wenn sie auch schon nicht die Anerkennung ihrer Schwiegermutter erlangen kann, so doch die des Lesers für ihren Lebenswillen, ihren Pragmatismus, ihren Einsatz für ihre kleine Familie, ihre kleine Welt, die zunehmend mit der größeren Welt um sie herum auf Kollisionskurs gerät, als der Nationalsozialismus ihre jüdische Familie bedroht.
Die verschiedenen Schauplätze des Geschehens - die jüdischen Viertel der Tuchhändler in Schlesien, das jüdische Leben im aufsteigenden Berlin um die Jahrhundertwende, die Ozeanüberquerung auf einem Schiffsdampfer 1. Klasse, die mondäne Großstadt New York und das beschauliche Erie in Pennsylvania, die Sommerreise Heinrichs und Maries ins Mittelmeer und nach Italien sowie die Rückkehr in ein von Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit bedrohtes Deutschland sowie das Aufkommen der "braunen Rotte" und deren Untergang in Dresden - schildert die Autorin so atmosphärisch dicht und greifbar, dass der Leser mit auf die Reise geht und die unterschiedlichen Stimmungen der unterschiedlichen Stationen auf der Lebensreise - insbesondere Maries - hautnah miterlebt und sich einfühlen kann in ihr Leben. Er spürt das brodelnde Berlin der Jahrhundertwende, die Größe und Lebendigkeit und Enge New Yorks, die kalten Winter und lauen Sommer in dem ruhigen, weiten Erie und den rauchigen, nebligen Herbst in Dresden.
Der Roman rührt an, nicht durch große Gefühle und Dramatik, nicht durch viele emotionale Worte, sondern gerade durch die ruhige, klare, kraftvolle Darstellung. Die Zeiten in Deutschland werden finster - wie sollten sie auch anders werden für einen Juden aus wohlhabender Familie, auch wenn er seine vaterländische Pflicht geleistet und diese mit dem Eisernen Kreuz vergolten bekommen hat. Aber gerade weil die Autorin darauf verzichtet, die Grausamkeiten und Greultaten zu beschreiben, die Parolen der Braunen herausschreien zu lassen und die zunehmende Zuspitzung der Lage für die Juden in Deutschland immer nur in Nebensätzen andeutet, wird diese Finsternis für den Leser um so bedrohlicher greifbar. Er muss die Schrecknisse nicht noch einmal in aller Deutlichkeit hören, er benötigt nur die Andeutung, den kurzen Verweis und die Bangigkeit und Schwere der Protagonisten legt sich auch auf sein Herz.
Genauso still und stark wie seine Heldin Marie klingt der Roman zum Ende aus - und hinterlässt doch großen Nachhall im Leser.
Ein absolut lesenwertes, starkes Buch!
Muss man erst 86 Jahre alt werden, um reden zu können, wie einem der Schnabel gewachsen ist, auch wenn man kein Pinguin ist? Oder liegt es daran, dass einem das Leben in diesen 86 Jahren immer wieder übel ...
Muss man erst 86 Jahre alt werden, um reden zu können, wie einem der Schnabel gewachsen ist, auch wenn man kein Pinguin ist? Oder liegt es daran, dass einem das Leben in diesen 86 Jahren immer wieder übel mitgespielt hat und man sich von Gott und der Welt im Stich gelassen fühlt?
Letzteres trifft sicherlich auch auf Veronica McCreedy zu. Die alte bärbeißig-bissige Lady fragt auf ihrem schottischen Landsitz, den sie ganz allein bewohnt, was von ihrem Leben bleibt, wenn sie nicht mehr ist, und muss feststellen, nicht viel. Auch wenn sie sich nach den Worten ihres Vaters bemüht, dass es Menschen gebe, die die Welt schlechter machten, solche, die keinen Unterschied machten, und solche, die die Welt besser machten, zu den letzteren zu gehören, muss sie feststellen, dass das Müllsammeln auf Spaziergängen an der schottischen Küste, sie nicht ganz dazu qualifiziert. Als sie im Fernsehen davon hört, dass die Pinguine bald zu den vom Aussterben bedrohten Arten gehören werden, beschließt sie, ihr nicht unbeträchtliches Vermögen einer Forschungsstation in der Antarktis zu vermachen. Allerdings nicht ohne einen Haken: Sie will selbst dorthin reisen, um sich vor Ort zu überzeugen, dass ihr Geld auch einer lohnenswerten Sache zukommt, falls sich nicht doch irgendwo noch ein Nachkomme und damit Erbe ihres Besitzes auftreiben lässt. Ja, falls …
Die Geschichte, wie die Pinguine Veronicas Herz erweichen – und schließlich nicht nur die Pinguine – und sie sich entschließt, ihre lange streng verschlossene Lebensgeschichte zu enthüllen, ist schon herzerwärmend und aufgrund der Ecken und Kanten ihrer Heldin nicht über Gebühr rührselig emotional. Immer wieder holen ihre schroffe Art und ihr vom Leben geschulter Sinn für schonungslose Offenheit und ein gewisser Sinn für Pragmatismus den Leser auf den Boden der Realität zurück. Ihr „Gegenspieler“ diesbezüglich ist der kleine Pinguinwaise Patrick oder auch Pip, der nicht nur Veronicas Herz erobert, sondern auch das der Leser, denn Tiere lügen nicht, sind nie falsch, sondern bedingungslos offen und zugewandt. Auch die anderen Charaktere des Romans wachsen dem Leser jeder auf seine Weise ans Herz und er ist beruhigt zu lesen, wie sich zum Ende hin alles in Wohlgefallen auflöst.
Der Stil der Autorin ist klar und warm, aber nicht kitschig oder sentimental. Sie schreibt lebhaft, locker und leicht, ohne Phrasen und schwülstige Lebensweisheiten. Der Leser fühlt sich stets gut unterhalten, und er kommt in seiner eigenen hektischen Alltagswelt für die Momente des Lesens immer einmal wieder zur Ruhe, wenn er abtaucht in die Welt von Veronica und den Pinguinen.