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Veröffentlicht am 15.09.2016

Starke Frauen

Manduchai – Die letzte Kriegerkönigin
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Unter Dschingis Khan waren die Mongolen ein großes Volk. Nun, ungefähr zweihundert Jahre später, ist davon nicht viel geblieben. Stammesfehden haben zur Zersplitterung geführt. Manduchai von der Choros-Sippe ...

Unter Dschingis Khan waren die Mongolen ein großes Volk. Nun, ungefähr zweihundert Jahre später, ist davon nicht viel geblieben. Stammesfehden haben zur Zersplitterung geführt. Manduchai von der Choros-Sippe kämpft sich in einer Männerwelt an die Spitze und sorgt dafür, dass die vereinten Stämme noch einmal mächtig werden.

Ihre Gegenspielerin im nahen China ist Wan, die von der Kinderfrau zur mächtigen kaiserlichen Konkubine wird. Auch sie muss sich gegen viele Gegner durchsetzen.

Der Werdegang der beiden Frauen könnte unterschiedlicher nicht sein, dennoch haben sie Gemeinsamkeiten. Sie sind beide klug, ehrgeizig und vorausschauend in ihren Bemühungen. Als sich die beiden Frauen nach langen Jahren des Kämpfens und Tötens gegenüberstehen, wissen sie, dass es an ihnen liegt, ob der Krieg weitergeht, der ihnen so viel abverlangt hat.

Ich liebe historische Romane, ganz besonders jene, die uns nicht nur in eine andere Zeit, sondern auch noch in fremde Länder entführen. Dieser Roman um zwei ungewöhnlich und sehr beeindruckende Frauen hat mich begeistert. Tanja Kinkel gelingt es wunderbar, historische Personen mit fiktiven Figuren zu verbinden und eine interessante und spannende Geschichte daraus zu bilden. Wir erfahren sehr viel über die Tradition und Kultur der Völker und erleben uns sehr fremde Sitten und Gebräuche.

Alle Charaktere wirken sehr lebendig und glaubhaft. Besonders aber imponieren Manduchai und Wan, die sich in einer Männerwelt zu behaupten wissen und mit Geschick und Beharrlichkeit an die Macht bringen. Eine wichtige Figur ist der Chinese Ma Jing, der als Geisel zu den Mongolen kommt und Lehrer für Manduchai wird. Doch er sitzt zwischen zwei Stühlen. Einerseits ist da die Freundschaft zu Manduchai und ihrem Vater Tsorokbai-Temur, andererseits liebt er seine Heimat und fühlt sich ihr verbunden. Er wird zum Bindeglied zwischen Manduchai und Wan.

An den Schreibstil musste ich mich erst gewöhnen; mit seiner bildhaften Sprache passt er allerdings sehr gut zu der asiatischen Geschichte.

Dieses Buch ist ein absolutes Highlight und ich kann es nur empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Manipuliert und beobachtet

Das Böse in euch
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Wenn Jugendliche verschwinden, wird häufig angenommen, dass sie vor Schwierigkeiten im Elternhaus flüchten. Das kommt häufig vor und beunruhigt die Polizei nicht sehr. Doch dann taucht in Wien ein verschwundenes ...

Wenn Jugendliche verschwinden, wird häufig angenommen, dass sie vor Schwierigkeiten im Elternhaus flüchten. Das kommt häufig vor und beunruhigt die Polizei nicht sehr. Doch dann taucht in Wien ein verschwundenes Mädchen tot auf. Sie ist nackt und sieht aus, als habe sie lange nicht genug zu essen bekommen. Die Ermittlerin Michaela Baltzer vom LKA übernimmt diesen Fall. Bei den Untersuchungen wird auf dem Körper des Mädchens die DNA von zwei weiteren verschwundenen Mädchen gefunden. Während der Kriminalpsychologe Kilian Weilmann der Meinung ist, dass es sich um ein Sexualdelikt handelt, glaubt Michaela Baltzer, an einen anderen Hintergrund.

Von Anfang an wurde ich in die Geschichte hineingezogen, denn es ist spannend und erschreckend, was mit den Mädchen passiert und zu erleben, wie der Entführer seine „Studien“ betreibt und auch noch glaubt, etwas Bedeutendes zu leisten.
Ich habe mich gefragt, wie kann man Kindheitserlebnisse verarbeiten und wieviel Einfluss haben sie auf das spätere Leben. Gibt es überhaupt eine Möglichkeit sowas zu verarbeiten? Würde ich das bei Menschen in meinem Umfeld bemerken? Könnte ich verhindern, dass deren Verhalten ausufert? Kann ich erkennen, was der Betroffene selbst nicht sieht?
Wie schwierig das ist, habe ich beim Lesen festgestellt, denn obwohl ich mich vom Gefühl her auf einen Verdächtigen festgelegt hatte, ist es mir nicht geglückt, meinen Verdacht an irgendetwas festzumachen. Auch Michaela braucht lange, bis ihr klar wird, wo sie den Täter suchen muss.

Sie ist eine erfahrene und beharrliche Ermittlerin, die ihre Grenzen erkennt und auch Hilfe annehmen kann. Als ihr Bruder mit seiner Frau als Ärzte für ein Jahr nach Lesotho gehen, nimmt sie ihre Nichte Valerie recht spontan auf, ohne zu wissen, was das für ihr Leben als Single und Vollblut-Polizistin, die kein nennenswertes Privatleben hat, bedeutet.

Valerie ist ein reifes Mädchen mit genauen Vorstellungen, was sie in Zukunft machen möchte. Auch sie will Polizistin werden. Daher glaubt sie, mit eigenen Nachforschungen ihrer Tante helfen zu können. Dabei bringt sie sich jedoch selbst in Gefahr. Aber ihre Empathie für Menschen und ihr überlegtes Handeln sind bewundernswert.

Alle Charaktere sind sehr gut und authentisch geschildert. Wenn ich den Entführer erlebt, bekam ich ein unangenehmes Gänsehautgefühl.

Ein überzeugender Psycho-Thriller.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Über allem Musik

Wie ein fernes Lied
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Die 17-jährige Marga und der Nachbarsjunge Michael Friedländer sind zusammen aufgewachsen. Beide lieben den Swing. Doch 1939 ist diese Musik tabu. Als der Halbjude Michael mit dem Swing-Orchester Bobby ...

Die 17-jährige Marga und der Nachbarsjunge Michael Friedländer sind zusammen aufgewachsen. Beide lieben den Swing. Doch 1939 ist diese Musik tabu. Als der Halbjude Michael mit dem Swing-Orchester Bobby Schwan auf Tournee in die Schweiz geht, bietet sich ihm die Möglichkeit, weiter mit seiner Klarinette die geliebte Musik machen zu können und dem Einfluss der Nazis zu entgehen. Beim Abschied auf dem Bahnhof gesteht Michael Marga, dass er sie liebt. Da Marga schon lange in Michael verliebt war, steigert sie sich nun ihre Träume hinein. Als sich ihr die Chance bietet, mit dem Orchester Harry Alsen die Truppen zu unterhalten, sagt sie sofort zu in der Hoffnung Micheal wiederzusehen. In Paris glaubt sie ihn auf der Bühne eines Swing-Clubs entdeckt zu haben, doch schon ist er verschwunden. Wird sie ihn jemals wiedersehen?
Andrea Cramer studiert Musik in Paris und verdient ihren Unterhalt als Pianistin in Foyers von Hotels. Ein alter Mann hört ihr mehrfach interessiert zu, doch bevor sie ihn ansprechen kann, ist er verschwunden. Bei einem Konzert mit ihrer Band ist er wieder unter den Zuhörer. Als sie auf ihn zugeht, flüchtet er und es geschieht ein Unfall. Der deutsche Journalist Frank Renner, der in Paris ist, um für eine Reportage über den Swing zu recherchieren, ist bei dem Unfall auch zugegen. Mit Andrea forscht er nach, warum der alte Mann namens Jules Delaborde den Kontakt zu Andrea meidet, obwohl er doch Interesse an ihr zeigt.
Diese Geschichte liest sich wunderbar flüssig. Es war wirklich schwer, das Buch zur Seite zu legen. Ich wollte wissen, was diese beiden Handlungsebenen miteinander verbindet. Da ist natürlich die Liebe zum Swing, über den Evelyn Künneke sagte: „Swing! Mehr als nur ein Rhythmus ist das, ein fröhlicher Bazillus, ein Lebensgefühl, Fliegen können, compris? Ich meine, Swing hat man plötzlich im Bauch wie Ella den Blues oder meine Freundin Monica ihr Baby, und das kann man doch auch keinem erklären, oder?“ Doch diese Musik, welche die jungen Leute so lieben, ist unter den Nazis verpönt und dann sogar strikt verboten. So kommt es, dass aus der getanzten Lebensfreude gleichzeitig eine Möglichkeit wurde, sich dem Regime zu verweigern.
Die Charaktere sind lebendig und authentisch beschrieben. In Margas Elternhaus spielte Politik keine Rolle und so ist auch für sie Politik kein Thema. Dabei sieht sie in ihrer Naivität die Zeichen der Zeit nicht. So bringt sie mit ihrer Direktheit sich und andere in Gefahr. Mit ihrem impulsiven Verhalten geht sie mir auf die Nerven und doch ist mir nicht unsympathisch, denn sie steht zu den Menschen in ihrem Umfeld. Sie idealisiert ihre Beziehung zu Michael und übersieht dabei, dass sie auch Gefühle für den hilfsbereiten und pragmatischen Harry hat, der sie immer wieder aus prekären Situationen rettet.
Die sympathische Andrea Cramer ist vorsichtig bei Beziehungen. Obwohl sie Frank Renner sympathisch findet, hält sie ihn auf Distanz.
Micaela Jary ist es wundervoll gelungen die Atmosphäre der damaligen Zeit spürbar zu machen, das schließt das Grauen genauso ein wie das lebhafte Swingen. Ich habe mitgefiebert, mitgehofft und mitgelitten. Immer wieder sind da Situationen und Verbindungen, mit denen ich so nicht rechnete. Ganz besonders das Ende hatte ich so nicht erwartet, doch es war stimmig und hat mich überzeugt.
Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Selbstjustiz

Das Haus des Windes
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Ein Indianer-Reservat in North Dakota, 1988: Die Mutter des 13jährigen Joe Coutts wird Opfer eines brutalen Verbrechens, sie wurde vergewaltigt und verletzt. Nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, ...

Ein Indianer-Reservat in North Dakota, 1988: Die Mutter des 13jährigen Joe Coutts wird Opfer eines brutalen Verbrechens, sie wurde vergewaltigt und verletzt. Nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, verschließt sie sich, denn sie hat Angst. Sie spricht nicht und isst auch nicht. Alle machen sich Sorgen. Weder ihr Mann noch Joe können sie erreichen. Joes Vater ist Richter am Stammes-Gericht und er versucht, seine Möglichkeiten zu nutzen, um die Sache aufzuklären. Aber auch Joe möchte den Täter ermitteln. Dabei helfen ihm seine Freunde, allen voran Cappy. Der verdächtige Linden wird verhaftet, kommt aber sehr schnell wieder frei aufgrund von Kompetenzproblemen, denn der Tatort liegt genau dort, wo drei Territorien zusammentreffen.
Wir lernen die Geschichte aus der Sicht von Joe kennen. Sie wird in einem ruhigen Tempo erzählt. Umso mehr gehen einem die beschriebenen Brutalitäten an die Nieren. Es wird ein gutes Bild gezeichnet von den Verhältnissen in den Reservaten. Die Indianer werden diskriminiert und die Gesetzgebung ist auch unzureichend.
Der pubertierende Joe ist recht behütet aufgewachsen und möchten einmal Anwalt werden. Dann bricht dieser furchtbare Überfall in sein Leben. Er will seiner Mutter und damit der ganzen Familie helfen, indem er versucht, den Täter zu ermitteln. Das Gefühlschaos von Joe ist sehr gut spürbar. Neben den dramatische Teilen gibt es aber auch komische. Dies ist unter anderem Joes Großvater Mooshum zu verdanken, der wirklich sehr skurril ist.
Das Buch vermittelt einen interessanten Einblick in die Kultur der Indianer und über deren heutige Lebensweise, die immer noch schwierig ist. Die Geschichte ist spannend und das Ende dramatisch.
"Das Haus des Windes" ist ein berührender und sehr interessanter Roman.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Verrat im Zunfthaus

Verrat im Zunfthaus
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Die Apothekerin Adelina lebt Ende des 14. Jahrhunderts in Köln und ist mit dem Medicus Neklas verheiratet. Als sie mit ihrer Magd Franziska dem Zunfthaus einen Besuch abstattet, findet sie die fürchterlich ...

Die Apothekerin Adelina lebt Ende des 14. Jahrhunderts in Köln und ist mit dem Medicus Neklas verheiratet. Als sie mit ihrer Magd Franziska dem Zunfthaus einen Besuch abstattet, findet sie die fürchterlich zugerichtete Leiche der jungen Bela. Der Verlobte von Bela, ein Zunftmeister, verschwindet spurlos, bis er dann tot wieder auftaucht. Adelina kann nicht anders, sie muss ihre eigenen Ermittlungen anstellen. Dabei hat sie eigentlich alle Hände voll zu tun. Ihr Sohn Colin ist nämlich erst drei Monate alt und ihr Vater ist dement. Außerdem hat sich auch noch die Schwiegermutter angekündigt. Bedrohlich wird es für Adelina, als sie dann auch noch unter Verdacht gerät.
Dies ist der dritte Band um die Kölner Apothekerin Adelina. Ich habe die Vorgänger nicht gelesen, aber das ist nicht weiter schlimm, denn alles Notwendige aus den anderen Bänden wird sehr schön aufgegriffen.
Mir gefällt es immer wieder gut, Geschichten aus einer Zeit zu lesen, die so weit weg ist. In dieser Geschichte erfährt man sehr viel über das Leben in jener Zeit. Das wird sehr gut ergänzt durch diesen spannenden Kriminalfall.
Alle Charaktere sind sehr gut und lebendig beschrieben und ganz besonders Adelina ist mir ans Herz gewachsen.
Ich bin schon sehr gespannt, wie es mit Adelina weitergeht, denn sie wird es nicht lassen können, ihre Nase in Kriminalfälle zu stecken.
Ein wunderbarer historischer Krimi.