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Veröffentlicht am 03.05.2017

Ein Japaner in Hamburg

Inspektor Takeda und die Toten von Altona
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Ein Fall, bei dem ein Baby aus dem Fenster geworfen wurde, hat Claudia Harms und ihren japanischen Kollegen Kenjiro Takeda ziemlich mitgenommen. Der Täter ist schnell gefasst, denn er gibt die Tat zu. ...

Ein Fall, bei dem ein Baby aus dem Fenster geworfen wurde, hat Claudia Harms und ihren japanischen Kollegen Kenjiro Takeda ziemlich mitgenommen. Der Täter ist schnell gefasst, denn er gibt die Tat zu. Kurz darauf gibt es schon den nächsten Fall. Die Kommissare werden an einen Unfallort gerufen. Auf den ersten Blick sieht es nach Unfall mit Fahrerflucht aus, doch die Spuren machen deutlich, dass es sich um Mord handelt. Wer hatte ein Interesse den Internetunternehmer Markus Sassnitz umzubringen? Tatverdächtig ist gleich die Ehefrau des Toten. Doch die Ermittlungen ergeben, dass Sassnitz ein sehr unangenehmer Mensch war, für den niemand ein gutes Wort hat.
Dieser Krimi liest sich angenehm flüssig, er ist unterhaltsam und spannend. Es ist der zweite Fall für dieses Ermittlerteam.
Inspektor Kenjiro Takeda ist durch ein Austauschprogramm nach Hamburg gekommen. Das bringt ihn beruflich vorwärts, aber es war auch ein wenig eine Flucht, die ihn nach seiner Scheidung zur Hamburger Polizei gebracht hat. Hier fällt er natürlich auf, nicht nur wegen seiner langen Haare, die er meist als Zopf trägt. Er liebt Jazz und spielt Saxofon, besonders gerne in Stresssituationen. Claudia hat ein Problem mit Beziehungen. Besonders gut nachdenken kann sie beim Pflegen ihres Bürodschungels. Schnelles Autofahren hilft ihr auch Stress abzubauen. Eine gemeinsame Teezeremonie im Büro hilft aber auch beim Nachdenken und Stressabbauen. Vor allem sorgt Claudia dafür, dass Ken ein sehr umfangreiches Repertoire an Schimpfworten kennenlernt. Die beiden ergänzen sich gut, obwohl (oder gerade deswegen) sie total unterschiedliche Denkweisen aufgrund ihrer Herkunft haben. Gut gefallen hat mir, wie Ken bei Verhören ein Wohlfühlatmosphäre aufbaut, um dann hart zuzuschlagen.
Man bekommt einen guten Eindruck über die Denkweise und die Kultur der Japaner, die sich von der unseren doch ziemlich unterscheidet.
Der Fall ist verzwickt und spannend. Immer wieder ergeben sich neue Erkenntnisse, die aber statt Klarheit neue Verwirrung bringen. Daher hat mich die Auflösung des Falles sehr überrascht, obwohl doch alles so schlüssig ist.
Ich hoffe auf weitere spannende Fälle mit diesem Ermittlerduo, denn dieser Kriminalroman hat mir sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 01.05.2017

Liebe in Zeiten des Krieges

Die Liebe meines Vaters
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Der schwäbische Student und angehende Lehrer Loris Schorb kommt 1930 in Budapest an und ist sofort begeistert von dieser Stadt und seiner Bewohner. Er lernt den Journalisten Béla kennen und freundet sich ...

Der schwäbische Student und angehende Lehrer Loris Schorb kommt 1930 in Budapest an und ist sofort begeistert von dieser Stadt und seiner Bewohner. Er lernt den Journalisten Béla kennen und freundet sich mit ihm und seinen Freunden an. Dann verliebt er sich in Evá, die in einem Hutladen arbeitet. Mit ihr verbindet ihn die Liebe zur Musik. Auch die kommenden Sommer zieht es Loris wieder nach Budapest. Aber in Deutschland verbreitet sich der Nationalsozialismus und dann kommt der Krieg.
Maria verliebt sich Ende der 1950er Jahre in den Ungarn János. Auf alten Familienfotos von Maria erkennt er seine Tante Éva. Auf dem Bild ist auch Loris zu sehen, der im Krieg verschollen ist.
Das Cover und die Buchbeschreibung suggerieren, dass es sich um eine Liebesgeschichte handelt. Doch dieses Buch ist so viel mehr. Es beschreibt ein Stück unserer Geschichte und die Gefühle von Menschen in dunkler Zeit.
Einfühlsam und eindringlich ist der Schreibstil, aber auch lebendig und packend. Budapest ist so toll beschrieben, dass für mich ein hoher Wiedererkennungseffekt da war.
Loris ist jung, lebensfroh und neugierig auf die Welt. Die Atmosphäre im Budapest der 30er ist lebendig und sie fasziniert ihn. Aber wir lernen ihn auch von einer anderen Seite kennen. Die politischen Verhältnisse halten ihn in Deutschland. Obwohl Evá seine große Liebe ist, heiratet er Elsa und wird Vater. Es kommt die Einberufung und er kämpft zuerst in Frankreich und später in Russland. Er ist verzweifelt wegen der Grausamkeiten, die er erleben muss. Aus Verzweiflung wird Wut. Trost bieten ihm die Gedanken an seine Tochter Marie.
Marie lernt ihren Vater eigentlich nicht richtig kennen. Hin und wieder taucht er in ihrem Leben auf und ist doch ein Fremder für sie. Viele Jahre später macht sie sich auf den Weg, um ihrem Vater nachzuspüren.
Alle Charaktere waren sehr gut dargestellt, so dass ich mit ihnen fühlen konnte. Elsa fühlt sich einsam und überfordert mit Marie. Loris und Elsa werden sich immer fremder.
Eine emotionale Geschichte, die noch lange nachhallt.

Veröffentlicht am 01.05.2017

Eine komplexe Familiengeschichte

Die Frauen von La Principal
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Ende des 19. Jahrhunderts erhält Maria das katalanische Weingut La Principal von ihrem Vater, der mit den Söhnen nach Barcelona geht. Das Gut ist heruntergekommen und erfordert eine durchsetzungsfähige ...

Ende des 19. Jahrhunderts erhält Maria das katalanische Weingut La Principal von ihrem Vater, der mit den Söhnen nach Barcelona geht. Das Gut ist heruntergekommen und erfordert eine durchsetzungsfähige Führung. Nach anfänglichen Schwierigkeiten schafft es Maria das Unmögliche möglich zu machen und erwirbt sich damit Anerkennung und Macht. Ihre Tochter, die ebenfalls den Namen Maria erhält, übernimmt das Gut als der spanische Bürgerkrieg bevorsteht und dann liegt auch noch eine verstümmelte Leiche auf der Treppe von La Principal. Der Fall kann nie durch polizeiliche Ermittlungen geklärt werden. Maria, die auch die Senyora genannt wird, setzt sich über Konventionen hinweg und bekommt eine Tochter, die natürlich auch wieder Maria heißt, von einem bisexuellen Mann, der dazu auch noch ihr Angestellter ist. Auch die Enkelin ist stark und geht ihren eigenen Weg.
Da es um die Geschichte einer Familie bis in die heutige Zeit geht, wird sie natürlich in verschiedenen Zeitebenen erzählt. Vieles lernen wir aus der Sicht von Úrsula kennen, die sehr viele Jahre in den Diensten der Familie stand und den Frauen eng verbunden ist. Anderes wird durch den Vater der dritten Maria erzählt und einiges lernen wir aus der Sicht des ermittelnden Kommissars kennen. Anfangs bereiten diese Sprünge ein wenig Probleme, doch so nach und nach ergeben sich die Zusammenhänge.
Immer wieder spielt auch die politische Situation eine Rolle, besonders die Zeit nach der Machtergreifung durch Franco. Der Einfluss der Kirche ist erheblich. Doch die Gesellschaft in Spanien verändert sich. Die Frauen von La Principal sind kämpferisch und stark, die ihren eigenen Kopf haben und auch gegen Widerstände ihren Weg gehen. Die Charaktere sind sehr gut und authentisch beschrieben.
Der gleiche Name der Protagonistinnen sowie die vielen Zeitsprünge sorgen dafür, dass man konzentriert lesen muss, um alles zu erfassen. Trotzdem hat mich dieses Familien-Epos nicht so richtig packen können.

Veröffentlicht am 01.05.2017

Geschichte einer jüdischen Kaufmannsfamilie

Das Haus der schönen Dinge
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Jacob Hirschvogl erfüllt sich einen Lebenstraum, als das Kaufhaus „Hirschvogl“ am Münchner Rindermarkt öffnet. Sein Kaufhaus bietet etwas, das München so vorher noch nicht hatte. Das Angebot unter einem ...

Jacob Hirschvogl erfüllt sich einen Lebenstraum, als das Kaufhaus „Hirschvogl“ am Münchner Rindermarkt öffnet. Sein Kaufhaus bietet etwas, das München so vorher noch nicht hatte. Das Angebot unter einem Dach umfasst exquisite Damenbekleidung aus Paris, maßgeschneiderte Herrenbekleidung, feinste Unterwäsche, beste Stoffe, Parfum, Kaffee, Tee und Pralinen. Die Mitbewerber versuchen mitzuhalten, aber es gelingt nicht, denn Jacobs Frau Thea hat sehr kreative Ideen. Jacob wird im Jahre 1897 Königlich-Bayerischer Hoflieferant.
In den „Goldenen Zwanzigern“ übernimmt Tochter Lily die Geschäftsführung, da ihre Bruder Benno kein Interesse zeigt und auch Sepp, ihr jüngerer Bruder, nicht in Frage kommt. Aber bald schon macht sich der Einfluss der Nazis bemerkbar. Die Familie dachte immer, wie wäre ein vollwertiges Mitglied der Münchener Gesellschaft, aber nun zeigt sich, dass die Menschen sich mehr und mehr gegen die jüdische Familie stellen. Die Kunden bleiben weg und die Hirschvogls müssen um ihre Existenz bangen.
Das Buch erzählt die Familiengeschichte über drei Generationen. Das Kaufhauses Hirschvogl ist fiktiv, steht aber stellvertretend für die vielen Geschäfte in jüdischem Besitz.
Ich mag die Bücher von Heidi Rehn, die unterhaltsam sind und dennoch immer nachdenklich stimmen. Der historische Hintergrund ist sehr gut recherchiert und so erhält man einen Überblick über die Lebensumstände jener Zeit, das gesellschaftliche Leben und auch über die politischen Verhältnisse.
Alle Charaktere sind sehr vielschichtig und interessant dargestellt. Besonders Lily hat es mir angetan. Sie muss sich in einer schwierigen Zeit um das Kaufhaus kümmern.
Ich kann diese unterhaltsame, spannende und sogar zeitweise dramatische Familiengeschichte nur empfehlen.

Veröffentlicht am 01.05.2017

Neumodisches Zeug

Das Haus der schönen Dinge - Prequel
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Jacob Hirschvogl ist Sohn eines Tuchhändlers. Sein Vater ermöglichte ihm eine Ausbildung in Berlin, Frankreich und England. Er kam zurück mit einem Traum. Ein Kaufhaus wollte er in seiner Heimatstadt einrichten, ...

Jacob Hirschvogl ist Sohn eines Tuchhändlers. Sein Vater ermöglichte ihm eine Ausbildung in Berlin, Frankreich und England. Er kam zurück mit einem Traum. Ein Kaufhaus wollte er in seiner Heimatstadt einrichten, dass sich hinter den Kaufhäusern in Paris oder London nicht verstecken musste. Ein wenig will er auch Thea damit imponieren, in die er schon eine ganze Weile verliebt ist. Nun benötigt er die passenden Räumlichkeiten und hat sie auch schon gefunden, aber Medizinalrat Gustav Voggenbreiter ist ein harter Verhandlungspartner.
Dieses Prequel zum gleichnamigen Roman, ist wundervoll zu lesen und schon ist die Lust auf das Buch geweckt. Man möchte natürlich wissen, wie es mit Jacob und Thea und dem Kaufhaus weitergeht und ahnt schon, dass es nicht einfach wird für einen jüdischen Kaufmann.