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Veröffentlicht am 17.04.2018

Die hässlichste Frau der Welt

Die hässlichste Frau der Welt
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„Es sei traurig, meint Julia Pastrana, anstatt mit den Menschen zusammen zu sein, so neben den Menschen herzugehen und als Missgeburt für Geld gezeigt zu werden. Ohne an ihrer Fröhlichkeit und Gegenliebe ...

„Es sei traurig, meint Julia Pastrana, anstatt mit den Menschen zusammen zu sein, so neben den Menschen herzugehen und als Missgeburt für Geld gezeigt zu werden. Ohne an ihrer Fröhlichkeit und Gegenliebe einen Anteil zu haben.“

Margrit Schribers Roman ist in tiefster Weise erschütternd, aufrüttelnd und verursacht beim Lesen Magenschmerzen ob der Grausamkeit, zu der menschliche Wesen fähig sind.

Julia, eine „Missgeburt“ oder „Abnormität“ wird zeitlebens für Freak-Shows missbraucht und ohne Rücksicht auf ihre Intelligenz, ihr zartfühlendes Wesen, ihren liebenswerten Charakter ausgebeutet und so Tag für Tag einer endlosen psychischen Folter unterzogen. Es ist eine Art Lebensbericht, der von unsagbarer Herzlosigkeit erzählt, von der Gier, der Ausbeutung, der Missachtung menschlicher Gefühle, aber auch von der Sensationslust der Menschen, die nicht einmal nach dem Tod der armen ausgestellten Wesen endet. Man kann sich beim Lesen dieses Buches wohl zum ersten Mal wirklich ein wenig in die Lage jener armen Geschöpfen, die mit Missbildungen oder Behinderungen geboren und ausgestellt wurden, hineinversetzen.

„Die hässlichste Frau der Welt“ ist ein Buch, das den Leser einfach nicht mehr loslässt – und ihn mit Sicherheit noch tagelang zum Nachdenken bringt.

„Träume zerbröckeln“, sagte ich. „Aber du, Rosie, hast einige Perlen aufgehoben.“. Mein Leben ist eine Kette aus Belanglosigkeiten. Ich habe das bisher hingenommen. Ich habe überhaupt nicht darüber nachgedacht, sondern bin durch die Zeit getrabt, ohne nach Perlen zu suchen, die am Weg eines jeden Menschen liegen. Nun, da ich Rosies Memoiren kenne, bedaure ich jeden sinnlos verschwendeten Tag.“

Veröffentlicht am 17.04.2018

Die Dinge sind, wie sie sind. Sind sie das wirklich?

No & ich
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„No & Ich“ – ein Buch, das unter die Haut geht, den Leser fesselt, oftmals sprachlos und schockiert zurücklässt.

Lou Bertignac, ein hoch intelligentes dreizehnjähriges Mädchen trifft auf No, eine achtzehnjährige ...

„No & Ich“ – ein Buch, das unter die Haut geht, den Leser fesselt, oftmals sprachlos und schockiert zurücklässt.

Lou Bertignac, ein hoch intelligentes dreizehnjähriges Mädchen trifft auf No, eine achtzehnjährige Obdachlose. Eine Zufallsbegegnung, die ihre beiden Leben verändert. No, ohne jegliche Hoffnung und nach etlichen Pflegeheimen schließlich auf der Straße gelandet und Lou, ein Mädchen aus „gutem Hause“, beschützt und in ihrer familiären heilen Welt lebend – ein Unterschied, wie er größer nicht sein könnte. Und doch fühlen die beiden Mädchen sich voneinander angezogen.

Als Lou das Thema Obdachlosigkeit für ein Schulreferat wählt, beginnt eine tiefe und intensive Freundschaft zwischen den beiden, ein „Sich-vertraut-machen“, das sowohl No als auch Lou für sich als eine Art Verpflichtung erachtet.

Lou sieht in No einen Ersatz für ihre schmerzlich vermisste Schwester, die als Kleinkind starb und die Mutter depressiv und apathisch zurückließ; eine Frau, die sich kaum noch Gedanken darüber machte, dass es in ihrer Welt noch ein weiteres Kind, nämlich Lou, gibt. Lou vermisst Mutterliebe, Berührungen, Fürsorge und echte Zuneigung, die sie im Grunde nur noch von ihrem Vater zu erwarten hat. Durch die Aufnahme der Obdachlosen No in die Familie findet auch Lou’s Mutter langsam wieder den Weg zurück ins Leben, doch die Kraft der Familie Bertignac reicht nicht aus, um No aufzufangen…....

Durch die Lektüre dieses Buches wurde mir das Thema „Obdachlosigkeit“ zutiefst bewusst und obgleich Delphine de Vigan in Romanform schreibt und die Tatsachen in eine Geschichte verpackt, lauert hinter jeder Seite die grausame Realität eines Lebens auf den Straßen von Paris.

„Die Dinge sind, wie sie sind ….“ – sind sie das wirklich ?

Veröffentlicht am 17.04.2018

Der Ruf des Kiwis

Der Ruf des Kiwis
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Die Bestseller-Reihe rund um die neuseeländische Schaffarm Kiward Station geht in die dritte Runde.

Dieses Hörbuch handelt zum größten Teil von der Enkelin Gwyn Mc Kenzies, der Tochter der Halb-Maori ...

Die Bestseller-Reihe rund um die neuseeländische Schaffarm Kiward Station geht in die dritte Runde.

Dieses Hörbuch handelt zum größten Teil von der Enkelin Gwyn Mc Kenzies, der Tochter der Halb-Maori Kura Maro-Tini, die bei ihrer „Grandma Gwyn“, deren Ehemann James und ihrem 27jährigen Sohn Jack ein glückliches Leben auf der Schaffarm führt. Ihre Mutter, die berühmte Maori-Sängerin, tourt bereits viele Jahre mit ihrem Ehemann und ihrer Truppe durch die Welt und kümmert sich kaum um ihre Tochter. Als Gloria zwölf wird, besinnen die Eltern sich scheinbar doch auf sie und lassen das schüchterne, unscheinbare Mädchen in ein englisches Internat bringen, das sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr nicht mehr verlassen wird. Um Gloria die Trennung von den geliebten Menschen, ihrer Stute und ihrem Border Collie auf Kiward Station erträglicher zu machen, darf ihre Großkusine Lillian sie begleiten. Während Lillian voller Vorfreude und Elan im englischen Internat eintrifft und sofort Anschluss findet, bleibt Gloria die ganzen Jahre lang isoliert und einsam. Das Mädchen hält sich lediglich von ihrer Vorfreude auf die Rückkehr nach Kiward Station aufrecht, bis sie die bittere Nachricht erhält, dass ihre Eltern sie nach Ausbruch des Krieges in Europa auf eine Tournee durch die USA mitzunehmen beabsichtigen. Dann, endlich, widersetzt Gloria sich den Anordnungen ihrer Eltern, zu denen sie niemals ein inniges Verhältnis aufbauen konnte, und flieht.

Der Weg nach Neuseeland ist weit, und ein alleine reisendes Mädchen tausenden Gefahren ausgesetzt. Am Ende ihrer entbehrungsreichen und sehr harten Odyssee kommt ein völlig veränderter Mensch bei ihrer Großmutter an – Gloria wähnt sich von allen ungeliebt, ist verbittert und voller Hass. Ob ihr ehemals geliebtes Kiward Station und die Menschen, die dort leben, etwas daran ändern können?

Als begeisterter Hörer der beiden Vorgänger dieser Trilogie hat mich auch diese Geschichte wieder in ihren Bann gezogen. Die Autorin geht auf die einzelnen Protagonisten ein, konzentriert sich jedoch vorrangig auf Gloria, Kura-Maro-Tinis Tochter und Erbin von Kiward Station. Glorias Lebensweg ist hart, dornig und voller Entbehrungen. Viele schreckliche Erfahrungen, die sie in ihrem kurzen Leben bereits machen musste, sind durchaus dazu fähig, einen Menschen zu brechen. Wie Gloria damit umgeht, was mit ihrer Familie und auf der geliebten Farm passiert, schildert sie in prächtigen Farben, vortrefflich vorgetragen von der grandiosen Ranja Bonalana.

Ein Hörgenuss, vor allem, wenn man die beiden Vorgängerromane bereits kennt.

Veröffentlicht am 17.04.2018

Das Geheimnis des Felskojoten

Das Geheimnis des Felskojoten
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Als der sechsunddreißigjährige begabte Physiker Fabian Eckhard plötzlich beschließt, seine Karriere aufzugeben und zukünftig im Kloster Engelstein in Südtirol als Bruder Simeon zu leben, stößt er auf Unverständnis ...

Als der sechsunddreißigjährige begabte Physiker Fabian Eckhard plötzlich beschließt, seine Karriere aufzugeben und zukünftig im Kloster Engelstein in Südtirol als Bruder Simeon zu leben, stößt er auf Unverständnis und Ablehnung seitens der Eltern. Seine zehn Jahre jüngere Schwester Serena, die den Bruder von ganzem Herzen liebt, trifft diese Entscheidung hart, sie respektiert jedoch seinen Wunsch. Nach drei Jahren des Schweigens erhält die junge Fotografin jedoch einen Anruf aus Italien, in dem Fabian ihr mitteilt, dass er damals aus ganz bestimmten Gründen in das Kloster eingetreten sei, es aber nun unverzüglich verlassen müsse, um mit seinem Gewissen ins Reine zu kommen. Eine nicht näher definierte, sehr gefährliche Aufgabe zwinge ihn, unterzutauchen und eine Aktion zu starten, die ihm vielleicht das Leben kosten, jedoch vielen vielen Menschen das ihre retten könne. Fabian geht als Dimitri Csaba mit einem gefälschten ungarischen Pass an Bord eines Schiffes nach Rotterdam, und reist danach mit einem kanadischen Pass als Michael Hall in Kanada ein, wo er in Nordamerika untertaucht.

Serena, die ihren legendären Starrsinn vom Vater geerbt hat, macht sich entgegen der Anordnungen ihres Bruders auf die Suche nach ihm. Sie nimmt Kontakt zu Fabians bestem Freund, dem Halbblut Shane Storm Hawk auf und trifft sich mit ihm in seiner Heimat, den kanadischen Rocky Mountains, wo der Sohn eines Norwegers und einer Blackwood-Indianerin als Geologe im Banff National Park arbeitet. Der junge Indianer, der die Wildnis liebt, versucht nun alles, um Serena bei der langen und aufreibenden Suche nach ihrem Bruder und seinem besten Freund Fabian zu helfen. Die beiden erhalten große Unterstützung – nicht nur von Shanes Mutter Helen Storm Hawk und seiner Großmutter Catherine, sondern auch von den so genannten „Spirits“, den Geisterwesen.

Die Autorin wählte einen durchaus spannenden Einstieg in eine Geschichte, die einen Kriminalfall zugrunde liegen hat, basierend auf einem Verbrechen, das kaum schrecklicher sein könnte. Leider flaut die anfängliche Spannung sehr rasch ab und die Geschichte plätschert dahin, wobei man die beschauliche Schilderung der kanadischen Rocky Mountains durchaus als großen Pluspunkt bezeichnen kann.

Die von Beginn an vorgezeichnete Liebesgeschichte zwischen der jungen Deutschen und dem Halbblut-Indianer bahnt sich langsam und behutsam an, die zwar sehr optisch detailliert beschriebenen handelnden Personen weisen jedoch mangelhafte charakterliche Beschreibung und kaum Tiefe auf. Um diese flachen, wenig einnehmenden Charaktere, wird jedoch ein mystischer Faden gesponnen und die Autorin versucht, dem Leser die indianische Mythologie und Spiritualität nahe zu bringen. Sie lässt ihre beiden Protagonisten auf der Suche nach dem Freund und Bruder einige heilige indianische Stätten und Kraftorte aufsuchen, beschreibt dabei auch detailliert indianische Riten - speziell die Schwitzhütten-Zeremonie - und bemüht sich, mystische Begebenheiten in den Plot einfließen zu lassen.

Leider konnte ich mich nicht vollständig auf die Geschichte einlassen – der Autorin gelang es nicht, mich in den Bann zu ziehen. Im Gegenteil. Einige Aktionen lassen mich sogar an der zuvor beschriebenen Charakteren zweifeln, andere Begebenheiten erwecken einen Widerspruch in sich. Die trotz guter Ansätze eher durchschnittliche Geschichte eskaliert - die Ereignisse überschlagen sich auf den letzten Seiten regelrecht, was mir das Gefühl vermittelte, die Autorin wollte rasch und zielstrebig zu einem Ende kommen. Ich hatte mir von der gesamten Umsetzung mehr versprochen.



Veröffentlicht am 17.04.2018

Das Glücksbüro

Das Glücksbüro
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Albert Glück ist ein Beamter, wie er im Buche steht. Penibel, überaus korrekt und mit einem umfassenden Wissen, über das kein anderer seiner Kollegen auch nur im Geringesten verfügt fristet er sein geordnetes ...

Albert Glück ist ein Beamter, wie er im Buche steht. Penibel, überaus korrekt und mit einem umfassenden Wissen, über das kein anderer seiner Kollegen auch nur im Geringesten verfügt fristet er sein geordnetes und von jeglicher Aufregung freies Leben. Albert hält sich in jeglicher Hinsicht strikt an sämtliche Dienstvorschriften und Regeln, sowohl im behördlichen, als auch im sozialen Umfeld.

Was jedoch keiner seiner Kollegin bislang herausgefunden hat ist die Tatsache, dass Albert bereits über dreißig Jahre das Gebäude des Amtes für Verwaltungsangelegenheiten nicht mehr verlassen hat. In einem kleinen, versteckten Raum im Archivbereich lebt Albert mit seinen wenigen Habseligkeiten, mit denen er sich mit Hilfe der Einkaufsmöglichkeiten via Internet ein eigenes kleines Heim eingerichtet hat.

Wenn nach Dienstschluss die Schritte verklingen und der letzte Angestellte das Amt verlassen hat, beginnt das „geheime Leben“ des Albert Glück. Er kennt jeden Zentimeter der Büros, der Gänge, der Aufenthaltsräume; er verfügt über einen unerschöpflichen Vorrat an Nahrungsmitteln in der Küche der Betriebsverpflegung und er vergnügt sich abends mit der Lektüre der Gesetzbücher und Verordnungen sowie mit seiner Lieblingsfernsehserie. Albert, der viele Menschen um sich, hektisches Treiben und jegliche Unregelmäßigkeit im Leben nicht vertragen kann, scheint seine persönliche Nische im Leben gefunden zu haben.

Bis eines Tages ein mysteriöser Antrag auf seinem Schreibtisch landet. Zum ersten Mal in seinem Leben gibt es ein Formular, das er nicht identifizieren, nicht bearbeiten, und auch nicht wieder loswerden kann. In seiner tiefen Verzweiflung verlässt er zum ersten Mal seit Jahrzehnten das Verwaltungsgebäude, um die Antragstellerin persönlich aufzusuchen.

Dieser Moment der Entscheidung verändert nicht nur das Leben des Albert Glück, sondern bereichert auch das Leben vieler anderer Menschen. Anna Sugus, die chaotisch-liebenswerte Künstlerin, zeigt Albert, was LEBEN eigentlich sein kann – und Albert ist rettungslos verloren…

Um interessierten Lesern inhaltlich nichts vorweg zu nehmen, beschränke ich mich auf diesen kleinen Einblick ins Buch. Eher unspektakulär begonnen, steigert sich Andreas Izquierdos Geschichte des Albert Glück von Seite zu Seite. Das anfängliche Staunen und die Ungläubigkeit über die Lebensweise seines Protagonisten werden nach und nach durch immer größeres Verständnis ersetzt. Jeder, der bereits Erfahrungen betreffend die Tätigkeiten in Ämtern und Behörden sammeln durfte, wird oftmals schmunzeln und zustimmend nickend vieles wieder erkennen. Izquierdos Schilderungen des Beamtendaseins sind in hohem Maße realistisch.

Dem Autor ist es zudem vortrefflich gelungen, dem Leser die Motivationen, die Hintergründe und vor allem die Charakterisierung seiner handelnden Figuren nahe zu bringen. Der stille Bürokrat Albert entwickelt sich zu einem liebenswürdigen Einzelkämpfer, ohne etwas von der Aufregung in seinem Umfeld zu ahnen, die er auslöst. Seine Begegnung mit Anna verwandelt ihn und macht ihn zu einem glücklicheren, besseren Menschen.

Alberts Aussage: „Dinge sind nicht immer so, wie sie zu sein scheinen“ würde ich als Leitthema des gesamten Buches bezeichnen, das Andreas Izquierodo in flüssigem Schreibstil und mit viel Humor verfasst hat. Das Buch hat keinen hohen Spannungsfaktor, vermittelt jedoch sehr viel über zwischenmenschliche Beziehungen und Gefühle.