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Veröffentlicht am 16.04.2018

Die Hexe von Freiburg

Die Hexe von Freiburg
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Die schwere Geburt von Catharina, der Tochter des Marienmalers Hieronymus Stadellmen und seiner Frau Anna im Jahre 1546 ließ das Schreckensszenario, das in der gleichen Nacht stattfand, für die Familie ...

Die schwere Geburt von Catharina, der Tochter des Marienmalers Hieronymus Stadellmen und seiner Frau Anna im Jahre 1546 ließ das Schreckensszenario, das in der gleichen Nacht stattfand, für die Familie Stadellmen in den Hintergrund treten: die Besenmacherin Anna Schweizerin wird der Hexerei bezichtigt, angeklagt und nach grausamer Folter bei lebendigem Leib verbrannt.

Nur zwei Jahre nach Catharinas Geburt stirbt die entkräftete Mutter im Kindbett. Der trauernde Witwer ehelicht nach einiger Zeit die junge Steinmetztochter Hiltrud Gellert, eine kalte, raffgierige und hartherzige Frau. Sie, wie auch ihre beiden Söhne, machen Catharina das Leben schwer und das wissbegierige Mädchen muss fortan auf viele Freiheiten, wie auch auf ihr bisheriges Privileg, Bildung zu erfahren, verzichten. Der schwache Vater gibt schließlich den Forderungen seiner jungen Ehefrau nach und schickt seine leibliche Tochter aus dem Haus. Was zunächst als schlimmstes Ereignis in ihrem jungen Leben scheint, erweist sich im Laufe der Zeit als Glücksfall: Catharina darf im Hause ihrer Tante Martha jene Liebe und Nestwärme erfahren, die sie in ihrem Elternhaus so schmerzlich vermisst hatte. Die Familie ihrer Tante nimmt sie mit offenen Armen auf und in ihrer Cousine Lene findet Catharina eine sehr gute Freundin. Doch die Tatsache, dass Catharina und ihr Cousin Christoph sich ineinander verlieben, verändert alles …

Stil/Aufbau
Astrid Fritz erzählt die Geschichte der Catharina Stadellmenin aus der Sicht ihrer Base Marthe-Marie. Der einnehmende Schreibstil der Autorin trägt zusammen mit einem höchst interessanten Plot dazu bei, die Lektüre dieses historischen Romans zu einem wahren Lesevergnügen zu machen. Die Situation einer Frau in dieser Zeit ist hart, ihr werden beinahe alle Rechte und jegliche Bildung verweigert. Gehorsam und Unterwürfigkeit dem Manne gegenüber werden nicht nur erwartet, sondern oft mit brutaler Gewalt eingefordert. Ein Ausweg scheint unmöglich, denn sobald eine Frau überdurchschnittliche Intelligenz erkennen lässt, Selbständigkeit anstrebt oder gar verbotene Bildung aufweist, läuft sie Gefahr, denunziert und als Hexe angeklagt zu werden. Die Willkür bei den Gerichtsverhandlungen und daraus resultierend die schwere Folter nehmen Überhand, und die Zahl der Hexenverbrennungen steigt drastisch an.


Handelnde Personen
Astrid Fritz konzentriert sich in ihrem Roman nicht nur auf die Protagonistin Catharina, sondern widmet ihre Aufmerksamkeit auch liebevoll der detaillierten Charakterisierung viele Nebenfiguren, die dem Leser sehr rasch ans Herz wachsen. Besonders angetan war ich von der Tatsache, dass die Autorin keine Schwarz-Weiß-Bilder zeichnet, sondern auch bei den „Bösewichten“ einen guten Kern bzw. eine Ursache für deren Verhalten zu Vorschein bringt. Sie bewirkt dadurch keinesfalls ein Gutheißen ihrer Handlungen, erläutert jedoch die Motive dahinter.

Fazit
Nachdem dies bereits meine zweite Lektüre von Astrid Fritz war und mich auch dieser historische Roman sehr gut unterhalten und auch berührt hat, kann ich die Autorin uneingeschränkt weiter empfehlen. Sie beherrscht die Kunst, trockene geschichtliche Fakten
durch hervorragende Recherche auf lehrreiche, und dennoch zutiefst unterhaltsame Weise zu einem Roman zu verarbeiten, der den Leser viel über die Zeit der ersten Hexenverbrennungen in Deutschland erzählt und teilweise auch schockiert den Atem anhalten lässt.

„Sie war keine Hexe. Ihr einziger Fehler mag gewesen sein, dass sie nicht in der Weise gelebt hat, wie es die Welt von einer Frau erwartet.“

Veröffentlicht am 16.04.2018

Die Zeichenkünstlerin von Wien

Die Zeichenkünstlerin von Wien
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Eine verbotene Liebe zur Zeit der Judenverfolgung im Wien des Jahres 1421

Die Protagonistin Sarah Isserlein lebt mit ihrem Vater David, einem wohlhabenden Geldverleiher, in der Kleeblattgasse im jüdischen ...

Eine verbotene Liebe zur Zeit der Judenverfolgung im Wien des Jahres 1421

Die Protagonistin Sarah Isserlein lebt mit ihrem Vater David, einem wohlhabenden Geldverleiher, in der Kleeblattgasse im jüdischen Viertel von Wien. Seit vor etwa einem Jahr ihre Mutter Elza am Fieber starb, ist die junge Jüdin, die weder nähen, noch kochen kann, alleine für den Haushalt ihres Vaters zuständig, dessen immer stärker werdene Verwirrungszustände dem Mädchen Sorgen bereiten. Sarahs große Leidenschaft, das Zeichnen, wird von ihrem Vater durch den Kauf von teurem Zeichenmaterial gefördert. David Isserleins zweite Tochter Judith verliebte sich in den Steinmetzmeister Richard und trotzte ihrer arrangierten Verlobung mit dem Rabbiner Aaron Blümlein. Judith wurde aufgrund der Tatsache, dass Richard dem christlichen Glauben angehört, von ihrem Vater verstoßen und lebte mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen Jonas und Josef in Straßburg. Als „Wiedergutmachung“ und um die Vereinigung der Familien Isserlein und Blümlein doch noch zu einem positiven Ausgang zu verhelfen, wurde kurzerhand Sarah, die jüngere Schwester, dem verschmähten Bräutigam versprochen. Aaron, ein selbstgefälliger Mann und der zukünftige Rabbiner der jüdischen Gemeinde, ist regelrecht angewidert von Sarahs Zeichenkünsten und verbietet ihr ihre große Leidenschaft vehement. Zudem untersagt er ihr ihr auch strikt, ihre Schwester Judith jemals wieder zu sehen. Dieses Verbot trifft Sarah umso härter, als Richard Klayndl mit seiner schwangeren Ehefrau Judith und den beiden Söhnen wieder nach Wien zurückkehrt und bei seinem Bruder Alfred einzieht. David Isserleins einziger Sohn Elias studierte in Salerno Medizin und leitet nun als Medicus der jüdischen Gemeinde das Hospital neben der Synagoge. Seine unglückliche Ehe mit Rachel ist von Streit und Zwietracht dominiert, sein Lebensmittelpunkt und seine ganze Freude ist seine neunjährige Tochter Miriam, die er über alles liebt.

Durch die Suche nach einem begabten Künstler, der ihre Hochzeitstruhe nach ihrem eigenen Entwurf schnitzen soll, lernt Sarah in Begleitung ihres Vaters den Steinmetzmeister Mathes Rockh kennen. Der junge Steinhauer sieht in Sarah nicht nur eine begehrenswerte Frau, sondern auch eine bewunderte Künstlerin. Er achtet ihre Zeichenkunst so hoch, dass er die durch den Kanzler Herzog Albrechts beauftragte Taufkrone und das dazu gehörende Taufbecken nach Sarahs Zeichnungen vollenden möchte. Die zu jener Zeit bei Christen sowie auch bei Juden gängige Meinung, dass Frauen keine Künstlerinnen sein können und sich ausschließlich um das Wohl ihrer Familien zu kümmern haben, erschwert die gemeinsame Arbeit der beiden an dem Kunstwerk.

Die Autorin erzählt die Geschichte einer verbotenen Liebe zwischen einer Jüdin und einem Christen zur Zeit des grausamen Vernichtungsfeldzugs gegen die Juden im Jahre 1421 durch Herzog Albrecht. Beate Maly beeindruckte mich mit der eindrucksvoll und lebendig dargestellten Lebenssituation der Menschen dieser Zeit, mit gut ausgearbeiteten Charakteren und der interessanten Familiengeschichte der Isserleins und der Blümleins. Auch der historische Hintergrund wirkte außerordentlich gut recherchiert und die Verkündigung Herzog Albrechts, der alle Juden Wiens als sein Eigentum erklärt, ihr Viertel sperren und ihnen ihren gesamten Besitz abnehmen ließ, endete mit der Vertreibung, der Folterung und der Ermordung von etwa neunhundert Juden in Wien. Ein hervorragend geschriebener Roman mit bedrückendem historischem Hintergrund.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Die Burg der Könige

Die Burg der Könige
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Agnes, die Tochter des Trifelser Burgvogts, wird bereits in jungen Jahren Halbwaise und liebt es, bekleidet mit Beinlingen in den Wäldern der Burg unterwegs zu sein. Ihren Falken Parcival, den sie selber ...

Agnes, die Tochter des Trifelser Burgvogts, wird bereits in jungen Jahren Halbwaise und liebt es, bekleidet mit Beinlingen in den Wäldern der Burg unterwegs zu sein. Ihren Falken Parcival, den sie selber liebevoll aufgezogen und abgerichtet hat, stets an ihrer Seite, pflegt sie zudem eine innige Freundschaft mit Mathis, dem Sohn des Dorfschmieds – eine Freundschaft, die mit den Jahren zu tiefer Verbundenheit und schließlich Liebe wird. Doch Philipp Schlüchterer von Erfenstein hat andere Pläne für seine Tochter. Einer Heirat mit einem einfachen Handwerker würde der Burgvogt niemals zustimmen, und so plant er eine Verbindung mit einem wohlhabenden, mächtigen Mann. Als plötzlich Graf Friedrich von Löwenstein-Scharfeneck sich um Agnes bemüht, den benachbarten Stammsitz seines Geschlechts restaurieren lässt und großes Interesse an der sagenumwobenen Legende um König Barbarossa und seinen im Trifels verborgenen Schatz zeigt, scheint der Traum von einer Verbindung mit ihrer Jugendliebe Mathis zunichte. Doch auch zwei eigenartige Fremde interessieren sich lebhaft für die alten Geschichten, denen Agnes als Kind so gerne gelauscht und von denen der gütige alte Pater Tristan ihr in der großen Bibliothek des Trifels vorgelesen hat. Das Auftauchen eines Siegelrings, dessen Existenz zu verheimlichen die Aufgabe einer geheimen Bruderschaft war, lässt die Situation eskalieren. Schon bald werden die Nachforschungen der mysteriösen Fremden offensichtlicher, ihre Vorgehensweisen dabei brutaler. Nachdem Mathis sich kurz darauf einem Bauernhaufen unter Führung des rebellischen Schäfer-Jockels anschließt und für vogelfrei erklärt wird, verlieren sich die beiden für einige Zeit aus den Augen. Die Not der Bauern wird immer größer, die Ausweglosigkeit ihrer Lebensumstände immer drastischer. Die Situation eskaliert und überall im Land kommt es zu Aufständen. Wie die Geschichte von Agnes und Mathis weiter geht, inwiefern die seltsamen Visionen und intensiven Träume von Agnes betreffend ihre Vorfahren eine Rolle spielen, und welche politischen Mächte im Hintergrund ihre Fäden spinnen, erzählt uns dieses faszinierende Buch.

Oliver Pötzsch hat mich mit diesem beinahe tausend Seiten umfassenden Schmöker eine überwältigende Reise ins Mittelalter, in die Zeit der Ritter und Burgfräulein, unternehmen lassen. Der legendäre Trifels als trutzige Stauferburg hoch oberhalb von Anweiler ist der Ausgangspunkt für die Geschichte einer jungen Frau, deren geheimnisumwobene Vergangenheit für turbulente Abenteuer sorgt. In einnehmendem Schreibstil fesselt der Autor seine Leser bereits auf den ersten Seiten dieses Buches, und lässt ihn bis zum Ende nicht wieder los. Der hochspannende Plot wird in rasantem Tempo erzählt, die fantasievolle Geschichte um die Herrin des Trifels birgt viele Geheimnisse, und die Sage um Kaiser Barbarossas legendären Schatz lockt gefährliche Gestalten an, die nichts Gutes im Schilde führen. Die aufregende Reise durch die Vergangenheit erzählt jedoch auch von den deutschen Bauernkriegen, bei denen sich die ausgebeuteten Bauern, die im Grunde nichts mehr zu verlieren hatten und keinen Ausweg mehr sahen, zusammenrotteten. Unter der Führung von Florian Geyer und Götz von Berlichingen werden das Zusammenrotten der einzelnen „Haufen“ und die blutige Schlachten geschildert, die abertausenden Bauern das Leben kosteten.
Die handelnden Personen waren derart lebendig gezeichnet, dass man auch nach Beendigung der Lektüre noch lange Zeit gedanklich bei ihnen verweilte. Der durchgehend hohe Spannungsbogen erhöht sich gegen Ende des Buches zu einem beinahe unerträglichen Ausmaß, das fulminante Finale lässt den Leser fieberhaft Seite um Seite blättern. Ich möchte zudem auch die exzellente Aufmachung dieses Buches hervorheben. Nicht nur die edle Optik der Titelseite, mit den großen, metallischen Lettern und einem Ornament auf samtrotem Hintergrund, sondern auch die vielen liebevollen Details im Inneren des Buches sind erwähnenswert. Auf der ersten, wie auch auf der letzten Innenseite ermöglicht der Autor es dem Leser, sich anhand einer genauen Landkarte zu orientieren, auf der die wichtigsten strategischen Punkte und Orte der Handlungen eingezeichnet sind. Der Buchtitel und der Beginn eines jeden Kapitels warten mit wunderschön geschwungenen Lettern und Farbdruck auf. Was ich an Büchern besonders schätze, was jedoch kaum vorkommt, ist eine Beschreibung der Protagonisten im Anhang. Oliver Pötzsch hat nicht nur dafür gesorgt, sondern zugleich auch eine detaillierte Orientierungshilfe – eine Art Burgen- und Reiseführer durch seinen Roman – mit geliefert.

Fazit: ein Buch, das nicht nur durch seinen Inhalt, sondern auch durch seine einzigartige Aufmachung punktet. Selten hat ein Werk mich derart gefesselt, wie dieser historische Roman es tat. Selten kam es vor, dass ich ein Buch mit beinahe eintausend Seiten einfach nicht aus der Hand legen konnte. Und noch niemals kam es vor, dass historische Fakten Kriege betreffend mich dermaßen in ihren Bann zogen. Oliver Pötzsch hat mir mit „Die Burg der Könige“ definitiv DAS Lesehighlight des ganzen heurigen Jahres beschert.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Der Fluch des Sündenbuchs

Der Fluch des Sündenbuchs
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Beate Maly entführt uns im zweiten Band um die Geschichte des Sündenbuchs auf eine abenteuerliche Reise in die Neue Welt, nach Amerika. Jana Jeschek, die junge Apothekerin aus Prag, ist mir ihrem Geliebten ...

Beate Maly entführt uns im zweiten Band um die Geschichte des Sündenbuchs auf eine abenteuerliche Reise in die Neue Welt, nach Amerika. Jana Jeschek, die junge Apothekerin aus Prag, ist mir ihrem Geliebten Conrad Pfeiffer unterwegs, um das Geheimnis zu lüften, das ihr Vater ihr hinterlassen, und das ihm selber den Tod gebracht hatte. Jana besitzt ein goldenes Amulett sowie eine Karte, die ihr den Weg zu dem sagenumwobenen Schatz „El Dorado“ weisen sollen. Die eigenwillige, starrköpfige und starke junge Frau möchte die Freiheit und das Abenteuer an der Seite des geliebten Mannes genießen und herausfinden, was sich in „El Dorado“ verbirgt, und was so wertvoll ist, dass dafür getötet wird. Conrads Motivationen sind hingegen anderer Natur. Der Arzt, dessen Religion die Wissenschaft ist, der an Logik und Vernunft glaubt, und die Phänomene dieser Welt mit dem Verstand lösen möchte, hat an Gold und Reichtum keinerlei Interesse. Sein Ziel ist es, mit Jane eine Familie zu gründen, zu forschen, und Menschen in seiner Profession als Arzt zu helfen. Er willigt jedoch ein, Jana zu begleiten, da er insgeheim hofft, „El Dorado“ möge kein Goldschatz, sondern ein Schatz an Wissen und Erkenntnissen sein. Auf der Überfahrt mit der portugiesischen „Santa Lucia“ wird das Schiff, das auch eine Menge Sklaven befördert, vor Trinidad von Piraten gekapert, und die Wege der beiden Liebenden trennen sich.

Jana und Conrad sind jedoch bei weitem nicht die einzigen Personen, die nach dem berühmten „El Dorado“ suchen. Der Engländer Richard Walton, der von seinem berühmten Schwiegervater Sir Walter Raleigh ebenfalls eine Schatzkarte erhielt, macht sich in Begleitung des treuen, zuverlässigen und loyalen Diener seiner Ehefrau Julia mit dem Schiff „Anne Rose“ auf den Weg nach Amerika.

Und zu guter Letzt ist Jana erneut der unheimliche Mönch auf den Fersen, der sein entstelltes Gesicht stets mit einer Kapuze, seine verkrüppelte fingerlose Hand mit dem Ärmel seiner Kutte, verbirgt. Der unerbittliche Mann, der buchstäblich über Leichen geht, handelt in höchstem Auftrag und trägt den Siegelring des Papstes, in dessen Obhut er die Schatzkarte übergeben soll. Gemeinsam mit seinem Begleiter spürt er Jana auf und es kommt zu einem gefährlichen Finale…

Die aufregende Reise mit den gut gezeichneten Charakteren ist wie erwartet sehr interessant, in flüssigem Schreibstil verfasst und bietet spannende Höhepunkte, als die Wege der Reisenden sich kreuzen. Es tauchen neben den bereits erwähnten Protagonisten auch hoch interessante Nebenfiguren auf, von denen ich den Sklaven Assante und den jungen Bonifàcio mit dem Down Syndrom ganz besonders ins Herz schloss.

Die Schauplätze der Handlungen sind wunderschön beschrieben, scheinen ausgezeichnet recherchiert zu sein. Man erfährt von den Ureinwohner und den fremdartigen Tieren und Pflanzen, die den Europäern bis zu diesem Zeitpunkt fremd waren. Der Sklaverei und all ihren menschenunwürdigen Ansichten und der Piraterie wird große Aufmerksamkeit zuteil, der Leser trifft sogar auf den berühmt-berüchtigten Kapitän Morgan (!). Beate Malys Geschichte spielt im Jahr 1618 – 1619, und man wird nicht nur gedanklich in diese Zeit zurück versetzt. Durch die detaillierte Beschreibung der medizinischen und technischen Entwicklungen in dieser Zeit hat man auch ein ziemlich lebhaftes Bild der Lebensumstände der Menschen in dieser Zeit vor Augen, und zwar jener der Europäer, und jener der Einwohner der so genannten „Neuen Welt“. Ein faszinierendes Abenteuer, in das man tief eintauchen und das man bedingungslos genießen kann. Ich kann nicht umhin, bereits das fünfte Mal fünf Bewertungssterne für ein Buch dieser Autorin zu vergeben und bedanke mich für die freundliche Zurverfügungstellung dieses Rezensionsexemplares durch das Team von „Vorablesen“. Herzlichen Dank für diese bereichernde Lektüre!

Veröffentlicht am 16.04.2018

Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Erinnerung an einen schmutzigen Engel
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Die junge Schwedin Hanna lebt bei ihrer verwitweten Mutter und den Geschwistern in bitterster Armut. Als die Not am größten ist und Elin nicht mehr weiß, wie sie ihre Kinder durch den kalten, harten Winter ...

Die junge Schwedin Hanna lebt bei ihrer verwitweten Mutter und den Geschwistern in bitterster Armut. Als die Not am größten ist und Elin nicht mehr weiß, wie sie ihre Kinder durch den kalten, harten Winter bringen soll, schickt sie ihre älteste Tochter Hanna mit einem Pelzhändler auf den Weg zum Meer, in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sie. Hanna leidet unter der Trennung von ihrer Familie, erhält jedoch die Möglichkeit, an Bord eines Schiffes nach Australien zu gehen. Sie verdingt sich vor Ort als Köchin, kommt jedoch niemals in ihrem Zielland an. Henning Mankell erzählt in sehr eindrucksvoller Art und Weise die Lebensgeschichte einer sehr starken Frau, die allen Hindernissen zum Trotz ihren Weg sucht – und findet. Hanna verschlägt es nach Afrika, wo sie zu Reichtum kommt und eines Tages spurlos verschwindet.

Der Autor begleitet die verschiedenen Stationen des Lebensweges Hanna Lundmarks, basierend auf einer wahren Begebenheit. Eine erstaunliche Frau, die allen Widerständen und Vorurteilen der weißen Bevölkerung trotzt und den herrschenden Rassismus offen zu kritisieren wagt. Hannas Gedanken, ihre Emotionen und ihr wacher Verstand werden vortrefflich beschrieben und durch einen Tagebuchfund wird mit Hilfe des Autors Henning Mankell ein lebendiges Bild dieser ungewöhnlichen Frau gezeichnet. Die Charaktere sind authentisch, die Lebensbedingungen der schwarzen Bevölkerung sowie die krassen Entgleisungen im Namen der Rassentrennung werden dem Leser eindringlich vor Augen geführt.

Henning Mankell liefert keine leichte Kost für einen vergnüglichen Nachmittag auf der Lesecouch. Er konfrontiert den Leser vielmehr mit der teils sehr brutalen Realität Afrikas zu Beginn des letzten Jahrhunderts und regt zum Nachdenken an. Er schildert den Zwiespalt einer Weißen, die den Umgang der restlichen weißen Minderheit mit den schwarzen Ureinwohnern in diesem Land mit Argusaugen beobachtet und kritisiert. „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ ist meines Erachtens ein ganz besonders eindringliches Werk dieses Autors, das ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann.