Der zerrissene Graf
Der zerrissene GrafHier hat vor fünf Jahren alles begonnen, mit einem Strauß gestohlener Rosen aus Österreich
Aufgrund des beeindruckenden Leseerlebnisses betreffend den ersten Band dieser Saga ging ich mit einer entsprechend ...
Hier hat vor fünf Jahren alles begonnen, mit einem Strauß gestohlener Rosen aus Österreich
Aufgrund des beeindruckenden Leseerlebnisses betreffend den ersten Band dieser Saga ging ich mit einer entsprechend großen Erwartungshaltung an diese Lektüre heran – und wurde nicht enttäuscht. Der Autor entführte mich erneut in den Wölfelsgrund, wo im malerischen Hochwald Oberförster Albert Grüning mit seiner Ehefrau Rahel und den beiden Kindern Elisabeth und Ferdinand lebt. Der mürrische Grießgram und Menschenfeind aus dem ersten Band „Gescheiterte Flucht“ ist mittlerweile viele Jahre mit seiner geliebten Rahel verheiratet. Ein vor kurzem in seine Dienste getretener Forstgehilfe namens Gustav Elzner logiert nun ebenso unter seinem Dach, wie auch Graf Ludwig von Schleinitz. Der junge Leutnant gerät bei der Einlösung einer waghalsigen Wette unter seinen Kameraden beinahe in Lebensgefahr, als er widerrechtlich die Grenze passiert, um Rosen für die hübsche Tochter seines Generals zu stehlen. Während seiner Flucht durch den Hochwald entdeckt er auf der Lichtung neben der Altenburg ein schlafendes Mädchen, dessen Anmut und Unschuld ihn völlig bezaubert und ihn in seinen Bann zieht. Ohne lange zu Überlegen legt er die mühsam erkämpften Rosen neben der schlafenden Schönheit ins Gras und weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er in diesem Moment auch sein Herz für alle Zeiten in ihre Hände gelegt hat.
Michael Meinert, dessen eindrucksvollen Schreibstil ich bereits durch die Hochwald-Saga 1 über alle Maßen zu schätzen gelernt habe, liefert auch mit seinem zweiten Band einen Roman, der mit einer wahren Fülle von Ereignissen aufwartet. Der Autor konzentriert sich diesmal auf seinen Protagonisten Schleinitz, der durch die Begegnung mit der bezaubernden Försterstochter, die er „seine Prinzessin aus dem Hochwald“ nennt, völlig verwandelt wird. Sein Leben in der Stadt, wo er seine dienstfreie Zeit mit dem Glücksspiel und dem Hofieren oberflächlicher Frauen verbringt, wo er es genießt, Feste zu feiern und auch dem Alkohol zugetan ist, erscheint ihm nach seiner Zeit im Hochwald plötzlich oberflächlich und leer. Zu seinem gefährlichen Auftrag, der Jagd nach Spionen an der Grenze zum Feindesland, kommen auch noch Intrigen eines seiner angeblichen besten Freunde hinzu – und eine verruchte junge Frau, die ihm mit aller Macht die Fesseln der Ehe anlegen möchte. Valerie, die schöne stolze Tochter des Generals, versucht mit raffinierten Mitteln durch eine Heirat mit Ludwig zur Gräfin zu avancieren, ihr Bruder Julius hat hingegen das Vermögen im Sinn, das nach des Onkels Tod an dessen Neffen Ludwig fallen wird. Viele spannende Verwicklungen und exzellent recherchierte Details über das Leben zu dieser Zeit bringen einen hohen Spannungsfaktor in dieses Buch. Der Autor hat auch ausgezeichnet ausgearbeitete Nebenfiguren geschaffen, die den Leser nicht unberührt lassen. Wie bereits sein Vorgänger hatte es auch der zweite Teil dieser Saga geschafft, mich tief ins Geschehen einzubeziehen, mich dermaßen zu fesseln, dass ich es kaum schaffte, den Roman aus der Hand zu legen. Was mich ganz besonders berührt hat, war der tiefe Glaube, den Michael Meinert auf wundervolle Art und Weise zu vermitteln vermochte. Auf der einen Seite eine tief gläubige Försterfamilie, durch deren Einfluss letztendlich auch Ludwig sein Leben in Gottes Hände legte, auf der anderen Seite Ludwigs sympathische Schwester Regina, die es nie aufgegeben hat, Ludwig mit ihrer sanften, beharrlichen Art auf den rechten Weg zurück zu führen.
Ich möchte kurz das Coverfoto des Buches erwähnen, das mir zunächst gefällig erschien. Nachdem ich jedoch als stiller Beobachter diesen wunderschönen Hochwald und das schlichte, gläubige Mädchen mit dem Herzen aus Gold kennen lernen durfte, kam mir die junge Frau auf dem Buchdeckel zu auffällig und grell gekleidet vor. Die Szene, die ich nach der Lektüre im Kopf hatte, wäre zwar ein hoch auf dem Pferd sitzender Leutnant, die junge Dame stellte ich mir jedoch in der Nähe der Altenburg im Gras schlummernd vor, um sie herum viele rote Rosen. „Hier hat vor fünf Jahren alles begonnen“, sagte Schleinitz. „Mit einem Strauß gestohlener Rosen aus Österreich“. Diese Aussage prägte sich mir ganz fest ein, und mit dem Titel dieses Buches werde ich wohl für immer exakt so eine Szene verbinden.
Ich möchte mich abschließend von ganzem Herzen beim BOAS-Verlag und der Organisatorin der Lovelybooks-Leserunde für diese wundervolle Lektüre bedanken. Vielen Dank auch für die einmalige Möglichkeit, sich mit Autor und Verlag im Zuge einer Leserunde über den Inhalt auszutauschen und Fragen zu stellen. Ich freue mich bereits auf die Fortsetzung, auf den dritten Band der Hochwald-Saga, und blicke dessen Erscheinungsdatum voller Vorfreude entgegen.
Fünf Bewertungssterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung für beide (!) Bände dieser Saga.