Profilbild von lielo99

lielo99

Lesejury Star
offline

lielo99 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit lielo99 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.09.2021

Ein Roman mit philosophischen Ansätzen

Das Haus der Libellen
0

Sophie bekommt einen Brief von ihrer einst besten Freundin. Die teilt ihr mit, dass ihre Eltern tödlich verunglückt und ihr Bruder Noah verschwunden sei. Gleichzeitig bittet sie, dass Sophie eine Weile ...

Sophie bekommt einen Brief von ihrer einst besten Freundin. Die teilt ihr mit, dass ihre Eltern tödlich verunglückt und ihr Bruder Noah verschwunden sei. Gleichzeitig bittet sie, dass Sophie eine Weile zu ihr kommt, unter anderem um Noah zu suchen. Sophie nimmt sich eine Auszeit und fährt nach Hamburg. Dort erlebt sie nicht nur Wechselbäder ihrer Gefühle. Immerhin war Noah einst ihre große Liebe und hat sie Knall auf Fall und ohne Vorwarnung verlassen. Und das Haus… Welch eine finstere Atmosphäre, in der Sophie lebt. Einzig ihre Liebe zu Libellen hält sie aufrecht und gibt ihr Lebensmut.

„Das Haus der Libellen“ erschien im dumontbuchverlag und stammt aus der Feder von Emma Behrens. Sie studierte unter anderem Philosophie und das habe ich beim Lesen eindrucksvoll erkannt. Der Roman hat es in sich. Hier gibt es Schilderungen aus der Gegenwart und auch immer wieder einen Blick in die Vergangenheit. Als die drei Hauptpersonen Kinder waren, wann und wo sich Sophie verliebte und auch die Schwierigkeiten mit den Eltern beider Familien werden geschildert.

Mich haben die Ausführlichkeit und zuweilen dann doch die zu unrealistisch geschilderten Sachverhalte gestört. Wobei die philosophischen Ansätze interessant waren. Aber die ganze Geschichte kam mir holprig vor. Allerdings erkenne ich bei meiner Bewertung an, dass es der erste Roman von Frau Behrens ist. Und das macht Hoffnung auf weitere Bücher, die dann mit Sicherheit auch immer besser werden. Was aber sehr schön und einzigartig gestaltet wurde, das ist das Cover. Für mich eines der besten, von all den vielen Covern, die ich in diesem Jahr sah.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.09.2021

Oh du grausame Weihnachten

SCHWEIG!
0

Esther ist die ältere Schwester von Sue. Sue wohnt alleine mitten im Wald. In einem großen Haus und Esther sorgt sich um ihr Wohlergehen. Wie in jedem Jahr meint sie, dass gerade vor Weihnachten, ein Besuch ...

Esther ist die ältere Schwester von Sue. Sue wohnt alleine mitten im Wald. In einem großen Haus und Esther sorgt sich um ihr Wohlergehen. Wie in jedem Jahr meint sie, dass gerade vor Weihnachten, ein Besuch im Wald angebracht ist. Dabei möchte Sue alleine sein. Sie fühlt sich von ihrer Schwester bevormundet und genervt. Das interessiert Esther aber absolut nicht. Sie ist die große Schwester und weiß ganz alleine, was für Sue gut ist. Der Besuch entwickelt sich zu einer Horrorshow.

Schweig ist der zweiter Thriller, den ich von dieser Autorin las. Es ist eine ganz andere Schreibweise als bei vielen anderen Schriftstellern. Die Erzähler wechseln immer wieder, wobei Esther und Sue in der Ich-Form berichten und über den Ehemann Esthers, den Martin, von einer zweiten Person erzählt wird. Die Handlung geht immer wieder in die Vergangenheit. In die Kindheit der Schwestern aber auch zu Weihnachtstagen bei Esthers heutiger Familie.

Es ist schon recht gut aufgemacht, wie die Spannung steigt und etliche Seiten auch bleibt. Dabei passiert nichts viel und das ist mir dann doch zu lange. Ich mag es lieber, wenn mehr Überraschungsmomente da sind. Die Bilder im Kopf wiederum entstanden bei mir sofort. Das ist ein großes Plus von Judith Merchant. Sie schreibt sehr lebendig und mit vielen Adjektiven. Der Wald ist nicht nur grün, oder wie hier, weiß. Die Stimmung macht den Unterschied und das wurde in dem Thriller gut umgesetzt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.09.2021

Zwei Persönlichkeiten, die wohl kaum jemand kennt

Flucht nach Patagonien
0

Eugenia Errázuriz liebte die Kunst und junge Künstler liebten diese spendable Frau. Sie griff den jungen Schöpfern mit finanziellen Mitteln unter die Arme. Nicht nur Coco Chanel konnte durch sie ihre Erfolge ...

Eugenia Errázuriz liebte die Kunst und junge Künstler liebten diese spendable Frau. Sie griff den jungen Schöpfern mit finanziellen Mitteln unter die Arme. Nicht nur Coco Chanel konnte durch sie ihre Erfolge feiern. Als sie den Architekten Jean-Michel Frank kennenlernte war für sie klar, dass sie auch ihm helfen wollte. Allerdings nicht in Frankreich. Zu gefährlich war es damals für Juden in Europa. Sie wurden zunehmend verfolgt und Gerüchte über schlimme Todeslager mehrten sich. Kurz entschlossen überredete Eugenia ihren Freund Jean-Michael zu einer Reise nach Patagonien. Sie wollte dort das erste Grandhotel der Anden erbauen lassen.

Das Buch spielt in der Gegenwart, also während der Passage nach Patagonien und schwenkt immer wieder in die Vergangenheit der beiden Hauptpersonen. Eugenia war wesentlich älter als
Jean-Michel und ihre Freundschaft war nicht auf Sex fokussiert. Beide interessierten sich für Kunst und hatten noch etliche weitere gemeinsame Interessen. Wie Anne Frank und ihre Familie von
Jean-Michael beschrieben wird, das gefiel mit gut. Er kannte die Franks, war er doch mit ihnen verwandt.

Die Autorin schreibt anders als viele ihrer Kollegen und ich musste mich zunächst an diesen Stil gewöhnen. Er ist ernst und sehr sachlich. Also so, wie es meiner Meinung nach gut in die Romane dieser schlimmen Zeit passt. Einfühlsam berichtet Jana Revedin, wie sich der Hass gegen Juden auch in Frankreich zunächst schleichend, später dann gewaltig, in die Köpfe der Franzosen einnistete.

Von Jean-Michel Frank wusste ich vor dem Lesen des Romans nichts. Dabei war er ein bekannter Innenarchitekt. Er galt als einflussreichster Designer der 30er Jahre in Paris. Er schaffte Kunstwerke aus einfachsten Materialien und bis heute gibt es Designer, die Möbel exakt nach seinen Vorlagen herstellen. Ein wirklich lehrreicher Roman über zwei Menschen, die zu ihrer Zeit viel bewegten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.09.2021

Welch ein beeindruckendes Buch

Arab
0

Der Autor Tim Mackintosh-Smith lebt im Jemen. Er wickelt das arabische Leben so akribisch auf, dass auch jene dem Werk gut folgen können, die sich bis dato nicht so intensiv für die „Araber“ interessierte. ...

Der Autor Tim Mackintosh-Smith lebt im Jemen. Er wickelt das arabische Leben so akribisch auf, dass auch jene dem Werk gut folgen können, die sich bis dato nicht so intensiv für die „Araber“ interessierte. Ein wenig Kenntnis der Materie sollte man allerdings mitbringen. Herr Mackintosh-Smith beginnt seine Erzählung im 9. Jahrhundert vor Christi und endet beim Bestreben der jungen Leute, einen „arabischen Frühling“ ins Leben zu rufen. Es endet also im Jetzt. War es anfangs die Sprache und somit auch der Koran, welcher die unterschiedlichen Ansichten der arabischen Herrscher einte, so ließt diese Einheit sehr bald nach. Kaum ein Volk war derart zerstritten, wie dieses.

Ja, es ist ein dickes Buch mit immerhin 686 Seiten und zu wertvoll, als dass es „überflogen“ wird. Daher nahm ich mir viel Zeit zum Lesen und es lohnte sich. Niemals zuvor wurde mir so präzise vermittelt, was die „Araber“ ausmacht. Aber auch viele Gemeinsamkeiten mit Juden und Christen lernte ich kennen. Eigentlich unvorstellbar, dass jüdische und palästinensische Bewohner sich derart bekriegen. Der biblische Sam ist der Urvater von Semiten und Arabern. Ob die Kontrahenten das nicht wissen?

Mohammed schrieb den Koran und hoffte darauf, dass seine Glaubensbrüder mit einer Stimme sprechen. Dabei gibt es immerhin 50 Dialekte. Spannend fand ich auch dies:
Allein für die Vokabel Kamel gibt es 1000 Synonyme. Wenn ich mir diese Zahl vergegenwärtige bin ich beeindruckt. Wie lebendig und bildhaft muss diese Sprache doch sein. Und nicht nur das war erstaunlich. Ich wusste nicht, dass es bereits im 4. Jahrtausend vor Christus bereits Bewässerungsanlagen gab. Also, die Araber waren ihrer Zeit weit voraus.

Das, was für viele von uns heute TV und Social Media ist, das war für die Araber ihre Dichtkunst. Auch das zeugt von bildhafter Sprache und Phantasie. Sehr schön fand ich die Erklärung der „Schöpfung von Pferden“. Gott nahm es selbst in die Hand, diese edlen Geschöpfe zu formen. Bis heute gibt es viele Besitzer, die ihre Tiere als Partner ansehen.

Ich hoffe sehr, dass ich nicht zu viel verriet, Ihnen aber das Lesen dieses wertvollen Buches schmackhaft machen konnte. Es ist so wertvoll und hilft, die Araber (noch) besser zu verstehen. Viele von ihnen sind doch auch nur die Spielbälle ihrer Herrscher.

Im Nachwort schreibt der Autor noch einmal seine Überlegungen zu den Arabern der heutigen Zeit und welche Gedanken ihm beim Schreiben kamen. Im Anhang gibt es eine ausführliche Zeittafel mit sämtlichen relevanten Ereignissen in der arabischen Welt. Darauf folgen etliche Seiten mit Anmerkungen zu Fußnoten. In der Bibliographie kann der Leser schnell bestimmte Begriffe finden und sie dann rasch im Buch finden und ihre Bedeutung nachlesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.09.2021

Herr Schmid merkt endlich, was er an seiner Frau hat

Barbara stirbt nicht
0

„Barbara stirbt nicht“ beschreibt so wunderbar genau, wie Ehen aussahen, die vor 60 Jahren geschlossen wurden. Herr Walter Schmid ist Pensionär und lebt mit seiner Frau zufrieden und bequem in einer schmucken ...

„Barbara stirbt nicht“ beschreibt so wunderbar genau, wie Ehen aussahen, die vor 60 Jahren geschlossen wurden. Herr Walter Schmid ist Pensionär und lebt mit seiner Frau zufrieden und bequem in einer schmucken Wohnung. Bis, ja bis zu dem Tag, als Barbara morgens im Bad liegt und nicht mehr aufstehen kann. Nein, das ist so gar nicht der Alltag, den Herr Schmid sich als Rentner vorstellte. Selbst Kaffee kochen, nun ja, das könnte klappen. Aber auch noch waschen oder gar spülen? Nein, er hofft darauf, dass Barbara sich bald genug ausruhte und ihn wieder verwöhnen kann.

Beim Lesen musste ich einige Male herzhaft lachen. Ich dachte immer wieder an meinen Vater, der genauso hilflos war, wenn Mutter krank war. Obwohl die wiederum selbst bei stärksten Gallenkoliken aufstand und meinen Vater bediente. Als sie starb war es für ihn schlimm. Er kam mit dem Alltag zunächst nicht zurecht. Die Autorin von „Barbara stirbt nicht“ kannte ich bereits von ihrem Buch „Großmutters Zopf“. Ich freute mich also sehr auf schöne Lesestunden und wurde nicht enttäuscht.

Alina Bronsky schreibt mit Humor, der mal laut und mal subtil herüber kommt. Die Charaktere sind so typisch, dass es scheint, als sei es ein Tatsachenbericht über beste Freunde oder gar Eltern. Die Sprache ist gehoben, die Probleme der handelnden Personen nachvollziehbar und nie an den Haaren herbeigezogen. Ein sehr guter Roman, der mir bis auf das Ende bestens gefiel. Das war mir zu abrupt und lässt zu viele Fragen offen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere