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Veröffentlicht am 04.01.2021

Eine Liebe, die das Grauen überwindet

Der Tätowierer von Auschwitz
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Der Jude Lale Sokolov wurde im Jahr 1942 nach Auschwitz deportiert. Er war einer der „Glücklichen“, die nicht sofort vergast wurden. Ihm wurde eine besondere Aufgabe zugewiesen. Er kennzeichnete seine ...

Der Jude Lale Sokolov wurde im Jahr 1942 nach Auschwitz deportiert. Er war einer der „Glücklichen“, die nicht sofort vergast wurden. Ihm wurde eine besondere Aufgabe zugewiesen. Er kennzeichnete seine Leidensgenossen mit langen Nummern. Die wiederum gelten bis heute als Erinnerung und Mahnung zugleich. Er nutzte seinen besonderen Status und half anderen Häftlingen bei der Beschaffung von Nahrung oder weiteren Annehmlichkeiten. Und selbst in den Todeslagern gab es Hoffnung. Nämlich dann, wenn sich Menschen verliebten. So war es auch mit Lale. Eines Tages tätowierte er den Arm eines Mädchens, das ihm ausgesprochen gut gefiel. Gita war ihr Name und beide überlebten die unsäglichen Torturen im Lager Auschwitz.

Für mich ist es immer wieder ein äußerst aufwühlendes Erlebnis, wenn ich Bücher über den Zweiten Weltkrieg lese. Zumal es sich bei dem Buch „Der Tätowierer von Auschwitz“ um einen Tatsachenbericht handelt. In ihrem Nachwort schreibt die Autorin ein wenig über ihre Arbeit am Buch. Sie lauschte regelmäßig auf die Ausführungen des Lale Sokolov und wollte seinen Bericht nicht nur genau niederschreiben. Dass der sich nicht jederzeit chronologisch an die Gräuel damaliger Zeit erinnerte, mag wohl für jeden nachvollziehbar sein. Dass es Heather Morris dennoch gelang, diese Erzählungen zu einem stimmigen Buch zu formen, das verdient Anerkennung.

Ja, auch in den Lagern gab es Liebe, warum denn nicht? Sie gab den Gefangenen Hoffnung auf ein Weiterleben nach Krieg und Gefangenschaft. Sie tauschten Wertvolles gegen Nahrung und hofften dabei immer wieder, dass sie nicht erwischt werden. Wie gut, dass es auch in der Nachbarschaft der Lager immer wieder Menschen gab, die sich über ihre Ängste hinwegsetzten und den Insassen ohne Eigennutz halfen.

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Veröffentlicht am 31.12.2020

Eine Ode an die Freundschaft

Miss Bensons Reise
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„Miss Bensons Reise“ führt den Leser bis nach Neukaledonien. Zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, reisen gemeinsam von Großbritannien bis ans andere Ende der Welt. Magery Benson träumt ...

„Miss Bensons Reise“ führt den Leser bis nach Neukaledonien. Zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, reisen gemeinsam von Großbritannien bis ans andere Ende der Welt. Magery Benson träumt seit vielen Jahren von einer Expedition auf der kleinen Insel. Dort soll nämlich ein goldener Käfer leben, der bisher noch nicht entdeckt wurde. Begleitet wird sie von einer jungen Frau namens Enid Pretty, die so gar nicht den Vorstellungen Magerys entspricht. Aber was soll sie machen? Kein anderer Bewerber wollte sich mit ihr auf Abenteuerreise begeben.

Das Buch „Miss Bensons Reise“ beginnt im Jahr 1950. Zu der Zeit waren die beiden Weltkriege für viele Menschen noch präsent und das gilt in erster Linie für den Zweiten Weltkrieg. Es gab nicht genug Lebensmittel und viele Häuser waren zerstört. Das ist aber nicht der Grund für die Weltreise der beiden Frauen. Magery erfüllt sich damit einen Herzenswunsch und springt dabei über ihren Schatten. Und Enid hat ebenfalls so ein verborgenes Sehnen, was sie aber erst später ihrer Begleitung offenbart. Beide scheinen nur auf den ersten Blick so verschieden zu sein. Dass es gar nicht so ist, wird mit der Zeit immer deutlicher.

Der Roman war so ganz anders als die Lektüre, welche ich sonst zur Hand nehme. Er ist mit viel Humor geschrieben und ich habe herzhaft gelacht. Der tiefe Sinn stellt sich erst nach einer Weile heraus. Wie weit geht jemand, der seinen Traum leben möchte? Welche Gefahren und Rückschläge nimmt er in Kauf und was bedeutet Freundschaft tatsächlich? Die Beantwortung der letzten Frage gab dann für mich den Ausschlag, das Buch mit fünf Sternen zu bewerten. Das hat Rachel Joyce nämlich meiner Meinung nach perfekt dargestellt. Aber auch die Historie der Insel erörtert Frau Joyce hervorragend. Ein beeindruckendes Werk und jetzt werde ich auch den ersten Roman der Autorin sehr bald lesen.

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Veröffentlicht am 28.12.2020

Welch eine beeindruckende Biographie

Der englische Löwe
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Gerade aus der Gefangenschaft entlassen, muss Richard I, alias Löwenherz, wieder um sein Recht kämpfen. Auch wenn die Kriegskassen leer sind, so macht er sich dennoch auf nach Frankreich. Dort war der ...

Gerade aus der Gefangenschaft entlassen, muss Richard I, alias Löwenherz, wieder um sein Recht kämpfen. Auch wenn die Kriegskassen leer sind, so macht er sich dennoch auf nach Frankreich. Dort war der Regent Philipp gar zu ungestüm und eroberte während der Abwesenheit des Löwen, etliche seiner Gebiete. Das missfällt dem stolzen Ritter und er kann Gebiete zurückgewinnen, die in der Normandie und Aquitanien liegen. Aber nicht nur die Kämpfe setzen ihm zu. Auch dass er seine Frau so lange nicht sah, bekümmerte ihn. Und dann ist da noch die Frage, wer sein Erbe sein soll.

Es war das erste Buch, welches ich von Mac P. Lorne las und es gefiel mir ausgesprochen gut. Über den englischen Löwen wurden schon etliche Bücher geschrieben. Er war eine schillernde Persönlichkeit mit einer resoluten Mutter. Das gefiel mir bei diesem Roman so gut. Bezogen auf den Charakter des Herrschers fand Herr Lorne ein gesundes Mittelmaß. Richard wurde nicht als alles überstrahlender Held dargestellt und ebenfalls nicht als Schurke. Seine guten Seiten waren nun mal da und dazu gehört meiner Meinung nach unter anderem, der Respekt vor seiner Mutter. Und auch die Fürsorge für seine kranke Frau, die (Fürsorge) mich sehr beeindruckte.

Das Prädikat „Sehr gut“ gebe ich auch für die bildhaften Beschreibungen seiner Burgen sowie der Landbevölkerung damaliger Zeit. Ich merkte, wie intensiv Herr Lorne recherchierte und wie mitgerissen er von seiner Hauptperson war. Ja, ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie der König sich mit seiner Mutter stritt oder wie er seinen jüngeren Bruder herunterputzte. Auch die „geflügelten Wörter“, die immer mal wieder eingestreut waren, fand ich gut. Sie lockerten den Roman auf. Gerne gebe ich fünf Sterne und eine Leseempfehlung. Das Buch zählt zu meinen Highlights im Lesejahr 2020. Jetzt werde ich die Romane über den anderen „Löwen“ von Herrn Lorne lesen.

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Veröffentlicht am 28.12.2020

Wahrlich ein großer Genuss

Die Beichte einer Nacht
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Die Ich-Erzählerin Heleen weilt zur Untersuchung in einer Nervenheilanstalt und das im Jahr 1930. Sie sitzt neben der Nachtschwester und schaut ihr beim Nähen zu. Gleichzeitig beginnt sie zu erzählen. ...

Die Ich-Erzählerin Heleen weilt zur Untersuchung in einer Nervenheilanstalt und das im Jahr 1930. Sie sitzt neben der Nachtschwester und schaut ihr beim Nähen zu. Gleichzeitig beginnt sie zu erzählen. Aus ihr sprudeln die Wörter nur so heraus. Sie beginnt mit der Kindheit in einer armen Familie, dem Wunsch nach Unabhängigkeit und finanziellem Auskommen. Wie sie das schafft und warum Hannes ihre große Liebe war, erfährt der Leser in "Die Beichte einer Nacht" ebenfalls.

Die Urheberin des Buches, Marianne Philips, lebte von 1886 bis 1951. Im Anhang schreibt die Enkelin ein wenig über ihr Leben und es wird klar, dass der Roman einige biographische Elemente enthält. Die Beschreibung der Zustände in psychiatrischen Anstalten entspricht sehr genau den Tatsachen. Die Armut der Menschen, die krank waren oder viele Kinder hatten, ebenfalls. Das Leben war hart und der Kampf ums tägliche Brot allgegenwärtig.

Dass dieses Buch schon im Jahr 1930 veröffentlicht wurde, ist erstaunlich. Damals gab es noch keine schriftlichen Abhandlungen über psychische Probleme in Romanen. Und von Frauen schon mal gar nicht. Marianne Philips war also nicht nur mutig sondern sehr gut in Stil und Ausdruck. Mir gefiel das Buch ausgesprochen gut. Die Tiefe der Geschichte sowie die bildhafte, klare Sprache, machten es zu einem einzigartigen Leseerlebnis.

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Veröffentlicht am 26.12.2020

Für mich keineswegs nur eine Dystopie

Sterbewohl
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„Sterbewohl“ von Olivia Monti ist eine Mischung aus Dystopie und Kriminalroman. Wir als Leser erfahren, dass die Demokratie in Deutschland seit 10 Jahren abgeschafft ist. Eine Partei regiert, die unmenschlich ...

„Sterbewohl“ von Olivia Monti ist eine Mischung aus Dystopie und Kriminalroman. Wir als Leser erfahren, dass die Demokratie in Deutschland seit 10 Jahren abgeschafft ist. Eine Partei regiert, die unmenschlich handelt und selbst das Töten von unliebsamen Mitmenschen unterstützt. Dazu werden sogenannte „Sterbeseminare“ in Luxushotels durchgeführt, die zum großen Teil auf Fehmarn stattfinden.

Ältere Menschen, die gerade mal berentet sind, erhalten Post vom Gesundheitsminister. So auch vier Bewohner einer WG. Alles sollen zu einem bestimmten Termin abgeholt und per Shuttle nach Fehmarn transportiert werden. Sie sind sehr beunruhigt, da es in den Hotels leider nicht so zugeht, wie es den Leuten erzählt wird. Dunkle Wolken ziehen über ihren Horizont zusammen.

Das Buch „Sterbewohl“ wühlte mich auf. Weil ich fast so alt bin, wie die hier vorgestellten Hauptpersonen und viele Aussagen (leider) den Tatsachen entsprechen. Ja, auch heute noch. Wie ist es denn? Langzeitarbeitslose werden als „Harzer“ tituliert und behindert zu sein ist sogar ein geduldetes Schimpfwort. Und wie ist der Umgang mit Senioren? Sie werden in Heime abgeschoben und viele Angehörige warten auf deren Tod, weil dann keine Kosten mehr anfallen.

Wie sieht es denn aus mit Menschen, die der Allgemeinheit keinen Nutzen mehr bringen? Nein, es ist zum Glück (noch) nicht so, wie zur Zeit Hitlers. Aber es gibt leider Zeichen, die dorthin führen. Aber nun noch einmal zum Buch. Es ist in einfacher Sprache geschrieben und lässt sich gut lesen. Die Spannung hätte für meinen Geschmack ruhig ein wenig mehr sein können. Zuweilen kam es mir auch zu unwahrscheinlich vor, was die Autorin hier schilderte. Vom Grundgedanken her gebe ich ihr aber vollkommen recht und für mich ist das Buch keine Fiktion. Vier Sterne und eine Leseempfehlung für einen Winterabend gebe ich daher.

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