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Veröffentlicht am 02.05.2019

Schöne Beschreibung der Arbeit von Gemeindeschwestern

Die Schwestern aus der Steeple Street
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Im Jahr 1889 legte eine großzügige Spende der Königin Victoria den Grundstein für die Häusliche Pflege in England. QVJI sind die Initialen des Queen Victoria´s Jubilee Institute for Nurses, wo die ersten ...

Im Jahr 1889 legte eine großzügige Spende der Königin Victoria den Grundstein für die Häusliche Pflege in England. QVJI sind die Initialen des Queen Victoria´s Jubilee Institute for Nurses, wo die ersten Frauen ihre Ausbildung zur Krankenschwester beginnen konnten. Sie durften dann auch Kranke in den eigenen vier Wänden versorgen und das war ein wichtiger Beitrag der Krankenpflege in armen Stadtvierteln. Das Wissen darum bewegte die Autorin Donna Douglas das Buch

DieSchwesternAusDerSteepleStreet

Gemeindeschwestern waren mehr als willkommene Hilfen bei der Krankenpflege. Sie waren Vertraute, Seelsorgerinnen und Freundinnen. Agnes Sheridan, eine der Hauptpersonen in

DieSchwesternAusDerSteepleStreet wurde von ihrer Familie nach Leeds geschickt. Dort soll sie im Cedar House, in der Steeple Street, ihre Ausbildung zur Gemeindeschwester absolvieren. Zunächst fällt es ihr schwer, sich an die Gegebenheiten zu gewöhnen. Sie empfindet sogar Abscheu gegenüber den armen Menschen, die beengt und in schmutzigen Häusern leben müssen. Bess Bredshaw macht ihr das Leben noch zusätzlich schwer. Sie ist stellvertretende Leiterin der Schwestern im Cedar House und leitet ihre Schützlinge mit harter Hand. Sie verzeiht keine Fehler und macht auch bei ihrer Tochter Polly Malon keine Ausnahme.
Donna Douglas wurde durch ihre Serie über die Nightingale Schwestern bekannt.

DieSchwesternAusDerSteepleStreet ist ihr neuestes Werk und ich bin beeindruckt. Ja, wie sie den Arbeitsalltag der Schwestern schildert, ist heute noch genau so. Klar, so viel Armut gibt es kaum noch aber in den ländlichen Gebieten gibt es viele Annehmlichkeiten immer noch nicht. Aber auch der Eigensinn von Menschen, die jahrelang ohne Hilfe lebten, ist sehr gut dargestellt.

DieSchwesternAusDerSteepleStreet beschreibt aber auch, dass der Mensch nur das sieht was vor Augen ist. Warum das Gegenüber so handelt, ist ihm meist verborgen. Viele Geheimnisse machen das Leben der Akteure schwer und es dauert eine Weile, bis sie sich offenbaren können. Das Buch gibt ein Zeugnis ab, von der wertvollen Arbeit der Schwestern in der Gemeindepflege damaliger und heutiger Zeit.

Veröffentlicht am 02.05.2019

Liebe und ihre vielen Facetten

Das Leuchten jenes Sommers
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Die Autorin von Das Leuchten jenes Sommers schreibt im Anhang, was sie zum Verfassen dieses Werkes bewog. Sie wollte ein Buch über die Liebe schreiben, aber keinen typischen Liebesroman. Liebe hat so viele ...

Die Autorin von Das Leuchten jenes Sommers schreibt im Anhang, was sie zum Verfassen dieses Werkes bewog. Sie wollte ein Buch über die Liebe schreiben, aber keinen typischen Liebesroman. Liebe hat so viele Facetten, die himmelhochjauchzend aber auch zu Tode betrübt machen können. Es gibt Abhängigkeiten, Kinder die den Tod ihrer Eltern verwinden müssen und Frauen, die sich trotz schwerster Misshandlungen an ihre Männer klammern.

Das Leuchten jenes Sommers fängt mit einem Rückblick in eine Zeit vor 70 Jahren an. Noch hat der Krieg den Weg nach England nicht gefunden und die junge Madeleine Hamilton wartet voller Sehnsucht auf die Rückkehr ihrer großen Schwester Georgina. Diese tourt durch das Festland Europas und flieht vor dem Krieg, den Herr Hitler anzettelte. Sie bringt einige Freunde mit, die jedoch in den Augen Madeleines nicht der richtige Umgang sind. Ein Dorn im Auge ist ihr vor allen Dingen der undurchschaubare Beau Viktor Deverill.

Chloe, eine junge Frau ist mit einem Pedanten verheiratet. Ihre Geschichte geschieht in der Gegenwart. Sie erfährt von ihrem Arzt, dass sie schwanger ist. Statt glücklich zu sein, ist sie entsetzt und freut sich überhaupt nicht. Das hat seinen Grund, den der Leser bald erfährt und nachvollziehen kann. Chloe erhält den Anruf eines Verlegers, der ihr einen interessanten Auftrag erteilen möchte. Als Fotografin soll sie ein Foto der Schriftstellerin Madeleine Hamilton machen. Das Interessante dabei ist, dass diese die Autorin der Lieblingsbücher aus der Kindheit Chloes und ihres Bruders ist.

Das Leuchten jenes Sommers ist sehr einfühlsam geschrieben. Alle Personen kommen glaubhaft rüber und ich fühlte mich sowohl in die damalige als auch die heutige Zeit versetzt. Die Handlungen und Aktionen der Beteiligten sind stimmig formuliert. Die Sorge von Chloe um ihren kranken Bruder wird genau so behutsam erzählt wie ihre Furcht vor dem pedantischen Ehemann. Was bedeutet Geschwisterliebe? Wie kommen ältere Geschwister damit klar, wenn sie nach dem Tod von Vater und/oder Mutter für die Jüngeren sorgen? Was bewegt Ehemänner, ihre Frauen einzusperren und ihnen in keiner Weise zu vertrauen? Etliche Bereiche der Liebe werden in Das Leuchten jenes Sommers beschrieben und es ist ein Buch, das nicht nur durch die Handlung überzeugt. Auch die Sprache ist sehr einnehmend und das liegt an der guten Übersetzerin Nicole Seifert.

Veröffentlicht am 30.04.2019

Kein wirkliches Highlight

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Mit seinem ersten Roman „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ wurde Joel Dicker bekannt. Für mich ist Das Verschwinden der Stephanie Mailer das erste Buch, welches ich von ihm las.

Der Roman fängt ...

Mit seinem ersten Roman „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ wurde Joel Dicker bekannt. Für mich ist Das Verschwinden der Stephanie Mailer das erste Buch, welches ich von ihm las.

Der Roman fängt fulminant an. Sprache und Stil sind gehoben und die Handlung wird aus vielen Perspektiven erzählt. Ein 4fach-Mord, der vor 20 Jahren in einer Kleinstadt der USA geschah bildet die Grundlage der Story. Abwechselnd berichten die Betroffenen von damals, was sie erlebten und wie sie auf die Festnahme des vermeintlichen Täters kamen. Auch die Ermittler von heute kommen zu Wort und ebenfalls viele Menschen, die vor 20 Jahren bereits in dem Ort waren.

Stephanie Mailer ist eine Journalistin, die behauptet, dass der des Mordes überführte Mann von einst, nicht der Täter war. Sie habe Beweise und würde diese zeigen. Leider verschwindet sie und die beiden Ermittler seinerzeit sind entsetzt. Haben sie wirklich den falschen Mann verdächtigt? Läuft der Mörder noch frei in Orphea herum? Viele Fäden webt der Autor und bringt immer wieder neue Aspekte in die Suche nach dem Täter.

Anfangs gefiel mir Das Verschwinden der Stephanie Mailer gut. Das änderte sich im Verlauf des Geschehens, das es mir dann doch zu viele Handlungsstränge waren. Auch die Zahl der zu Wort kommenden Personen wurde mir zu hoch. Etwas weniger Länge hätte dem Roman gut getan. Trotzdem denke ich, dass es gerade diese Aspekte sind, die Joel Dicker so beliebt machen. Er nimmt den Leser an die Hand und in dessen Kopf entwickelt sich die Story mit.

Der Autor selbst ist übrigens sehr tolerant, was ich keineswegs von jedem seiner Kollegen und Kolleginnen sagen kann. Hier ein Zitat von ihm:

"Das ist kein Problem für mich, wenn ein Leser aufhört, mein Buch zu lesen. Es gibt so viele. Und wenn man nicht überzeugt ist, nicht reinkommt, sollte man seine Zeit nicht damit verlieren, sondern sie anderen Dingen widmen.“

Veröffentlicht am 28.04.2019

Gute Unterhaltung zum Abschalten

Die Heimkehr der Bärenführerin
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DieHeimkehrDerBärenführerin ist der zweite Band, welcher Einblicke in das Leben der Agnes von Langerode gibt. Nein, die erste Folge muss man nicht lesen, um diesem Roman folgen zu können. Die Autorin lässt ...

DieHeimkehrDerBärenführerin ist der zweite Band, welcher Einblicke in das Leben der Agnes von Langerode gibt. Nein, die erste Folge muss man nicht lesen, um diesem Roman folgen zu können. Die Autorin lässt den Leser immer mal wieder in die Vergangenheit eintauchen und so versteht er die Ereignisse auch ohne Vorkenntnisse.

Agnes verließ fluchtartig ihr Elternhaus und ging mit ihrer großen Liebe Kilian weg. Sie lebt jetzt mit Gauklern zusammen und hat die Nachfolge ihres Schwiegervaters Heinrich als Bärenführerin angetreten. Nach dem Tod des ersten Bären wurde eine Bärendame gekauft, die auf den Namen Ursula gehört. Agnes versteht wie keine Zweite, mit Tieren zu kommunizieren. Sie tanzt mit Ursula und zieht auf diese Weise das Publikum in ihren Bann.

Nachdem Heinrich sehr krank wurde, mussten die Gaukler in einem kleinen Dorf rasten und um Obdach bitte. Ein Schmied nahm sie auf und der Kranke konnte bald genesen. Agnes weiß nicht, was in ihrem Zuhause los ist. Dort herrschen nämlich sehr unliebsame Menschen, die drei Brüder Hinzweiler mit ihrem Vater. Die verbreiten Angst und Schrecken und selbst bei Mord kennen sie keinen Skrupel.

DieHeimkehrDerBärenführerin berichtet von einer Zeit, wo Adelige und das gemeine Volk strikt voneinander getrennt waren. Damals gab es wirklich „die da oben“ und das wurde von denen häufig auch ausgenutzt.

Zum Glück waren nicht alle Adeligen hochnäsig und Herzog Wilhelm von Jülich war es schließlich, der Agnes und ihrer Schwester zum Recht verhalf. Den Herrn gab es tatsächlich und auch die Burg Nideggen steh heute noch. Diese wurde von besagtem Herzog damals erbaut.

#DieHeimkehrDerBärenführerin gefiel mir gut. Die Autorin Lea Weisz kombinierte historische Fakten mit ein wenig Fantasy und das sehr gekonnt. Ein Buch zum Abschalten, welches die damalige Zeit aber sehr gut beschreibt. Das fahrende Volk gab es und geheiratet wurde in den meisten Fällen aus Kalkül. Agnes wehrte sich erfolgreich dagegen aber ihre Schwester schaffte den Absprung nicht.

Veröffentlicht am 25.04.2019

Kein 08/15 Buch

Zwei Brüder
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Mit seinem Buch Zwei Brüder erhielt der Autor Mahir Guven neben etlichen anderen, die wichtigste literarische Ehrung Frankreichs. Es ist der Prix Goncourt de premier roman, also die Anerkennung für ein ...

Mit seinem Buch Zwei Brüder erhielt der Autor Mahir Guven neben etlichen anderen, die wichtigste literarische Ehrung Frankreichs. Es ist der Prix Goncourt de premier roman, also die Anerkennung für ein sehr gelungenes Erstlingswerk.

Das Original trägt den Titel Grand Frére. Zwei Brüder kommen hier zu Wort und das abwechselnd. Die einzelnen Abschnitte sind jeweils mit Überschriften versehen, sodass der Leser direkt erkennt, wer momentan zu Wort kommt. Der große Bruder Azad ist Taxifahrer in Paris. Er brach kurz vor dem Abitur die Schule ab und fährt wie der Vater von beiden, Menschen von A nach B. Der kleine Bruder, Hakim, verschwand vor drei Jahren spurlos. Ohne ein Wort des Abschieds zog es ihn nach Syrien, um dort als Krankenpfleger zu arbeiten. Er ließ sich von seinem Arbeitgeber für ein Jahr freistellen, kam allerdings nach dieser Zeit nicht zurück. Die Brüder sind beim Vater aufgewachsen, da die Mutter früh verstarb.

Nach drei Jahren verzweifeltem Bangen und Hoffen von Vater und Azad klopft Hakim dann an die Tür des großen Bruders. Das Problem dabei ist, dass die Polizei nach den Attentaten auf Charlie Hebdo und Bataclam ganz empfindlich auf Rückkehrer aus Syrien reagiert. Es ist also nicht nur Hakim sondern auch sein Bruder Azad in Gefahr. Wie entscheiden sich die beiden? Welche Rolle spielt dabei der Vater und hat Hakim wirklich in Syrien gemordet?

Es gibt einen Begriff für die Vororte von Paris: Banlieue. Dort leben Menschen tatsächlich am Rand der Gesellschaft und haben ihre eigene Sprache. Das kommt in dem Buch sehr stark zum Ausdruck und es dauerte eine Weile, bis ich mich daran gewöhnte. Teilweise war sie mir doch zu heftig und ich empfand sie als vulgär. Allerdings würde das Buch ohne die Ausdrücke nicht so authentisch wirken.

Gut umgesetzt war für mich, wie äußere Einflüssen den jungen Bruder erst in die Fänge von Dschihadisten treiben konnten. Die Ablehnung der Franzosen gegenüber den Muslimen spielt eine große Rolle. Sie werden nicht als gleichberechtigt anerkannt, sind Menschen 2. Klasse. Ausnahmen gibt es zwar auch aber die sind selten.


Der Übersetzer André Hansen hat sehr gute Arbeit geleistet und das darf nicht in Vergessenheit geraten. Ein Buch, dass zeigt, wie stark äußere Gegebenheiten das Leben von Kindern beeinflussen. Oft können Eltern gar nichts dagegen tun.