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Veröffentlicht am 13.03.2019

Obdachlos kann jeder werden

Kein Erbe ohne Tod
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Kein Erbe ohne Tod ist der zweite Krimi von Agatha van Wysn. Wie in ihrem Debüt Morgenmuffel spielt auch hier Kommissar Oder eine wichtige Rolle.

Frisch von der Lebe weg schreibt Agatha van Wysn ihren ...

Kein Erbe ohne Tod ist der zweite Krimi von Agatha van Wysn. Wie in ihrem Debüt Morgenmuffel spielt auch hier Kommissar Oder eine wichtige Rolle.

Frisch von der Lebe weg schreibt Agatha van Wysn ihren zweiten Kriminalroman und hat keine Scheu, wenn sie positiv über sogenannte „Randgruppen“ berichtet. Im Buch Kein Erbe ohne Tod geht es um Obdachlose, die leider landläufig als „Penner“ bezeichnet werden. Einer von ihnen wird Tod auf einem Grab gefunden und es liegt an dem Ermittler Oder, den Täter zu finden. Dabei werden ihm Steine in den Weg gelegt und das, wie sollte es anders sein, von seinem Vorgesetzten. Das berührt ihn allerdings nicht und er ermittelt trotzdem weiter.

Kein Erbe ohne Tod bedient zwar einige Klischees und die Lösung des Falls konnte ich mir bald denken. Aber dennoch gab es einige Wendungen, mit denen nicht zwingend zu rechnen war. Mir gefiel ausgesprochen gut, wie Frau van Wysn die Situation der Wohnungslosen beschreibt. Sie hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und zeigt Menschen mit Vorurteilen, wie die Situation der Betroffenen tatsächlich ist. Herr Oder ist ein sympathischer Ermittler, der sich nicht zu schade ist, in die Welt der Obdachlosen oder „Penner“ einzutauchen.

Veröffentlicht am 13.03.2019

"Ohne Trauer erkennen wir nicht, was Glück bedeutet"

Das verschenkte Weinen
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Werner Heiduczek wurde einmal gefragt, was ihn über Jahrzehnte dazu antrieb, zu schreiben. Seine Antwort: „Ich schreibe aus demselben Grund, wie ich atme und mich bewege, schlafe und aufstehe. Und es ist ...

Werner Heiduczek wurde einmal gefragt, was ihn über Jahrzehnte dazu antrieb, zu schreiben. Seine Antwort: „Ich schreibe aus demselben Grund, wie ich atme und mich bewege, schlafe und aufstehe. Und es ist ohne Sinn, außer dem, am Leben zu bleiben.“ Und das hat bis heute auch geklappt. Er wurde 1926 geboren und ist also bereits über 90 Jahre alt.

Das verschenkte Weinen erschien bereits im Jahr 1977. Es wurde als Buch vom Kinderbuchverlag Berlin herausgegeben und ist jetzt auch als Hörbuch erschienen. „Ein Märchen für jedes Alter“, so steht es auf der Rückseite der Hülle. Zwei Kinder sind die Hauptpersonen der Geschichte. Ein blinder Junge namens Hondez und seine Freundin Aristid. Sie verlieben sich ineinander und der Vater Aristids möchte, dass ihr gemeinsames Glück noch größer wird. Er findet einen Arzt, der Hondez das Augenlicht wiedergeben kann. Dafür muss aber seine Freundin Aristid ihr Weinen verschenken. Dass dabei auch ihr Herz kalt wird, weil das Weinen beinahe noch wichtiger ist als das Lachen, bedenkt sie dabei nicht.

Das Hörbuch Das verschenkte Weinen gefiel mir nicht nur, weil der Sprecher Alexander Pensel und das Buch so perfekt harmonieren. Es ist auch die Musik, die Emotionen vermittelt, welche den Sinn der Worte wunderbar unterstreichen. Marion von Tilzer schrieb eigens zum Buch die bewegende Klangfolge. Diese wurde durch Geige, Cello, Klavier und der Singenden Säge eindrücklich unterstrichen.

Das verschenkte Weinen schrieb Herr Heiduczek auch als Kritik am System der DDR. Dazu sagte er, dass dort alles angeblich immer einwandfrei und ohne Makel war. Dabei ist es wichtig, dass auch Misserfolge klar erkannt und anschließend auch benannt werden. Ein Zitat von ihm ist so wertvoll, dass ich es in meine Rezension kopiere:

„Ich wünsche mir, dass die Menschen erkennen, dass das Weinen im Leben ebenso wichtig ist, wie das Lachen. Denn ohne Trauer erkennen wir nicht, was Glück bedeutet.“

Veröffentlicht am 11.03.2019

Kinder an die Macht

Ein zögerndes Blau
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Das ist ein Romandebüt so ganz nach meinem Geschmack. Ein zögerndes Blau beschreibt das Leben während und nach einem Krieg und das nicht aus der Sicht von Soldaten und Erwachsener. Nein, hier wird das ...

Das ist ein Romandebüt so ganz nach meinem Geschmack. Ein zögerndes Blau beschreibt das Leben während und nach einem Krieg und das nicht aus der Sicht von Soldaten und Erwachsener. Nein, hier wird das Schicksal von Kindern zum Thema gemacht und das ist keineswegs der Phantasie der Autorin entsprungen. Damals wie heute werden in den Wirren der Kriege Kinder von ihren Eltern getrennt.

Das Buch Ein zögerndes Blau beginnt mit der Deportation von Menschen, die in einen Wagon gepfercht und am Bestimmungsort getrennt werden. Auch oder vielmehr im Krieg zählen Kinder zu den schwächsten Gliedern einer Gesellschaft. Einmal von der Hand ihrer Mutter oder den Geschwistern getrennt, finden sie nicht zurück und müssen ganz alleine ihren Weg in der Fremde gehen.

Leon und Teres, so heißen die beiden Hauptpersonen. Nach der Trennung von ihren Eltern werden sie von einem Ehepaar aufgenommen, die einen Bauernhof bewirtschaftet. Für die Kinder ist es zwar augenscheinlich ein Glücksgriff, da sie dem Hungertod entrinnen können und ein warmes und trockenes Zuhause haben dürfen. Allerdings sind die Nachkommen der Landwirte keineswegs freundlich und die beiden spüren täglich, dass sie nur geduldet sind.

Die kleine Teres klammert sich an Leon und beide verbindet eine Schicksalsgemeinschaft. Ein zögerndes Blau begleitet sie auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden. Sie erleben eine glückliche Zeit, die durch die Geburt ihrer kleinen Tochter gekrönt wird. Aber ihr Leben hat nicht nur Sonnenseiten und bald zeigt sich, wie sehr die Abhängigkeit Tereses ihrem Mann Leon zusetzt.

Ein zögerndes Blau gefiel mir außerordentlich gut. Die Autorin Claudia Sammer nahm mich an die Hand und zeigte mir, wie gut ich es habe. Wie schrecklich muss es sein, wenn Kinder plötzlich die Hand ihrer Mutter loslassen und danach nichts mehr von ihr hören und sehen. Wenn sie durch die Landschaft irren und auf die Almosen von empathischen Menschen angewiesen sind. Dass diese Situation nicht nur vor vielen Jahren im 2. Weltkrieg stattfand, weiß jeder, der Nachrichten liest oder sieht. Täglich gibt es Berichte über Flüchtende und auch heute sind es die Kinder, welche am meisten darunter leiden.

Veröffentlicht am 11.03.2019

Moses ermittelt

Moses und das Schiff der Toten
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Ortwin Ramadan wurde in Aachen geboren und lebt heute am Ammersee. Er studierte Politik und Ethnologie und mittlerweile schreibt er Krimis und Drehbücher. Bei den Kriminalromanen verarbeitet er Themen, ...

Ortwin Ramadan wurde in Aachen geboren und lebt heute am Ammersee. Er studierte Politik und Ethnologie und mittlerweile schreibt er Krimis und Drehbücher. Bei den Kriminalromanen verarbeitet er Themen, die aktuell sind und einen nahezu beängstigenden Bezug zur Realität haben.

In dem Buch Moses und das Schiff der Toten ermittelt ein Afrikaner. Er ist bei der Mordkommission beschäftigt und das sogar als Hauptkommissar. Kein Wunder, dass er täglich mit latentem oder offenem Rassismus konfrontiert wird. In diesem Roman muss er den Tod eines homosexuellen Mannes aufklären. Es gibt etliche Verdächtige und immer wieder verfolgt Moses falsche Spuren. In dem Buch erfährt der Leser viel über Glasaale und die Vorurteile der „aufrechten“ Christenmenschen gegenüber Homosexuellen und Mitmenschen, die anders aussehen als sie selbst.

Nicht nur Moses geht auf die Suche nach dem Mörder. Ihm zur Seite gestellt ist eine junge Frau, die zunächst sein Nervenkostüm stark beansprucht. Ja, auch er ist nicht frei von Vorurteilen, die sich vornehmlich auf das Äußere beziehen. Ob sich die beiden Ermittler zusammenraufen können und wie sie trotz Bedenken ihre Arbeit durchführen können, ist spannend und keineswegs vorhersehbar.

Mir gefiel das Buch gut, weil es abwechslungsreich geschrieben ist. Moses und das Schiff der Toten kommt dabei ohne detaillierte Beschreibungen von abgetrennten Körperteilen oder Blutbädern aus. Es sind die unterschwelligen Geschehnisse, die das Buch lesenswert machen. Die Mitte des Romans zieht sich ein wenig in die Länge aber das Weiterlesen lohnt sich trotzdem. Nicht vorhersehbare Wendungen und das Rätsel nach dem Mörder, welches bis zum Schluss kaum lösbar ist, bringen mich zur klaren Empfehlung für Moses und das Schiff der Toten.

Veröffentlicht am 10.03.2019

Überleben im Wald, während der Krieg tobt

Der Wald
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Nell Leyshon wurde in Großbritannien geboren und lebt dort auch noch. Vor dem Buch DerWaldNellLeyshonEiseleVerlag wurde ihr Roman „Die Farbe von Milch“ in Deutschland bekannt.

DerWaldNellLeyshonEiseleVerlag ...

Nell Leyshon wurde in Großbritannien geboren und lebt dort auch noch. Vor dem Buch

DerWaldNellLeyshonEiseleVerlag wurde ihr Roman „Die Farbe von Milch“ in Deutschland bekannt.

DerWaldNellLeyshonEiseleVerlag ist in drei unabhängig voneinander gestalteten Erzählsträngen aufgeteilt. Es beginnt mit der Zeit in Warschau, wo die Familie den Krieg miterleben muss und durch die Aktivitäten des Vaters in große Gefahr kommt. Beeindruckend war dabei für mich, wie genau die Autorin die Ängste des Jungen beschreibt. Er war absolut auf die Mutter fixiert und hatte vor seinem Vater nur Angst.

Pawel und seine Mutter Zofia werden vom Vater in ein Waldstück gebracht, wo sie in einer Scheune überleben. Hier beginnt der zweite Teil des Buches. In der Nähe dieser Scheune steht eine Hütte, die von einer Frau bewohnt wird. Baba, so heißt sie, versorgt die beiden mit Lebensmitteln und verhindert so ihr Verhungern. Ganz selten kommt der Vater Pawels auf einen kurzen Besuch in den Wald.

Der dritte Teil von

DerWaldNellLeyshonEiseleVerlag beschreibt die Situation nach dem Krieg und der bereits erfolgten Flucht nach England. Hier leben aber nur noch Pawel und seine Mutter. Ihre Wege trennen sich und fast wäre auch ihr Kontakt ganz abgebrochen. Das liegt an der Lebenssituation Pawels, die nicht den Vorstellungen Zofias entspricht.

Es gibt immer mal wieder Bücher, die durch ihre Sprache beeindrucken.

DerWaldNellLeyshonEiseleVerlag gehört mit Sicherheit auch dazu. Mir hat es nicht so richtig gut gefallen. Einerseits wurden Geschehnisse aufwändig und mit viel Drumherum beschrieben und auf der anderen Seite für mich wichtige Ereignisse nur am Rande erwähnt. Es bleiben einige Dinge ungeklärt und bei mir sind viele Fragen offen. Dennoch vergebe ich vier Sterne, da es ein literarisch hochwertiges Werk der Autorin ist.

#NetGalleyDE