Damals, 1985...
Die OptimistenIn Die Optimisten verarbeitet Rebecca Makkai auf mitreißende, packende und emotional tief berührende Weise und auf zwei Zeitebenen (Chicago 1985 bis frühe 90er und Paris 2015) Ereignisse rund um die erste ...
In Die Optimisten verarbeitet Rebecca Makkai auf mitreißende, packende und emotional tief berührende Weise und auf zwei Zeitebenen (Chicago 1985 bis frühe 90er und Paris 2015) Ereignisse rund um die erste Aids-Welle.
Ich habe sehr lang für diesen Roman gebraucht, was weder meinem üblicherweise rasanten Lesetempo geschuldet ist, noch der Tatsache, dass dieses Buch mich nicht angesprochen hätte. Im Gegenteil: ich konnte Die Optimisten nicht schnell lesen, weil es sich hier um einen wirklich ganz tollen, gut gemachten Roman handelt, der den Leser allerdings auch oftmals so stark erschüttert und angreift, dass man die Lektüre unterbrechen muss.
Die Autorin versteht es ganz hervorragend, die Unsicherheit, das Unwissen, die Angst und das mit einer Aids-Diagnose verbundene Bewusstsein des herannahenden Todes zu transportieren, ohne dabei zu unnötigen Schaueffekten oder übertriebener Dramatik zu greifen. Die Optimisten ist vielmehr ein sehr ruhiger Roman, der zu fesseln versteht, indem er die Furcht und Verzweiflung der ersten Aids-Jahre anhand des äußerst sympathisch gezeichneten, intellektuellen und mitfühlenden Yale personalisiert, den der Leser auf seinem Weg begleitet. Dabei geht es mitnichten nur um die Krankheit, sondern auch um Liebe, Freundschaft, Gemeinschaft, Familie und vor allem Kunst und die Bedeutung von Erinnerung und Vergangenheit. Makkai lässt sich viel Zeit, ein Bild der Zeit heraufzubeschwören, Freundeskreise auszuloten, aber auch die Realität der homosexuellen Community und den noch ungewohnten Alltag auf den Aids-Stationen darzustellen. Durch das gemäßigte Erzähltempo wird auch der Leser Teil dieser Welt und „freundet“ sich sozusagen mit Yale an, leidet und bangt mit ihm. Der Chicago-Teil weist trotz seines Umfangs nicht allzu viele Längen auf und ist in seiner Darstellung der Hilflosigkeit angesichts des Virus regelrecht – in einem positiven Sinne - schmerzhaft. Ebenso beeindruckend ist die Einsamkeit, die Isoliertheit der als Outsider betrachteten gay community, die hier anhand von Yale fast greifbar gemacht wird.
Der Paris-Teil hat mich nicht ganz so begeistert, was sicherlich daran liegt, das Fiona, eine Freundin von Yale, als Figur für den Leser schwieriger zu begreifen ist. Dennoch hat dieser Teil für den Romanaufbau seine wesentliche Funktion – auch wenn er sicherlich etwas kürzer hätte sein können - und verfügt durch Fionas Suche nach ihrer Tochter Claire über einen eigenen Spannungsbogen.
Die Optimisten ist ein besonderer und gelungener Roman, der mich wegen seiner Geschichte, seines großartig ausgestalteten Protagonisten und seines Erzählstil zutiefst bewegt hat.