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Veröffentlicht am 01.06.2024

»Das Gesetz ist dazu da, alle Menschen zu beschützen. Oder?«

Prima facie
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»Das Gesetz ist dazu da, alle Menschen zu beschützen. Oder?«

Tessa Ensler, eine junge engagierte und motivierte Strafverteidigerin hat sich ihre angesehene Laufbahn hart erarbeiten müssen. Doch, sie hat ...

»Das Gesetz ist dazu da, alle Menschen zu beschützen. Oder?«

Tessa Ensler, eine junge engagierte und motivierte Strafverteidigerin hat sich ihre angesehene Laufbahn hart erarbeiten müssen. Doch, sie hat es geschafft und kann stolz auf sich sein. Außer ihrer manchmal nicht ganz leichten Beziehung zu ihrer Mutter sowie zu ihrem Bruder scheint alles in Ordnung. Als sich eine Beziehung zwischen ihr und dem charmanten Arbeitskollegen Julian anzubahnen scheint, könnte sie nicht glücklicher sein.
Stets hat sie Männer, die wegen mutmaßlichem sexuellen Missbrauchs vor Gericht standen, mit Bravour verteidigt und diese Prozess mit Geschick für sich gewinnen können. Doch auf einmal nimmt ihr Leben eine schonungslose Wende und sie steht selbst als betroffene Zeugin dar, der nicht geglaubt wird.
Ihr Glaube, dass die Justiz, allem Anschein nach, der Gerechtigkeit aller dient, gerät ins Wanken.

Schon seit einigen Monaten habe ich diesen Roman bei mir zu Hause liegen und seitdem unzählige, meiner Erinnerung nach ausschließlich begeisterte Rezensionen darüber gelesen. Die positive Welle an Besprechungen ebbt dabei keineswegs ab.
Ich war neugierig und skeptisch, gespannt und voller Vorfreude. Trotz allem traf mich das Buch mit einer ungeahnten Wucht.
Ich wusste, dass die Lektüre schwer und bewegend sein würde, doch die genauen Schilderungen Millers, welche den Leser regelrecht eine hautnahe Beteiligung am Geschehen ermöglichen, riefen während des Lesens ähnliche Emotionen hervor, wie sie die Protagonistin Tessa Ensler während ihrer Verhandlung verspürt haben muss.
Gefühle der Ohnmacht, der Unfähigkeit etwas dagegen zu tun und vor allem grenzenlose Wut kamen in mir auf und das nur als Außenstehender.

Ein einzigartiges, wirklich schonungsloses und unendlich wichtiges Buch, das jeder gelesen haben sollte! Eine unbedingte Leseempfehlung an alle, die diesen Roman bisher noch nicht kennen.

»Es muss sich etwas ändern. Nicht nur im Justizwesen, sondern auch in der Gesellschaft.«

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Veröffentlicht am 01.06.2024

»Afrika ist sein Vergnügungspark, sein Jagdgebiet. Mehr nicht.«

Trophäe
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»Afrika ist sein Vergnügungspark, sein Jagdgebiet. Mehr nicht.«

Der wohlhabende Amerikaner Hunter ist nicht ohne Grund wieder auf dem afrikanischen Kontinent unterwegs. Sein Freund Van Heeren hat ihm ...

»Afrika ist sein Vergnügungspark, sein Jagdgebiet. Mehr nicht.«

Der wohlhabende Amerikaner Hunter ist nicht ohne Grund wieder auf dem afrikanischen Kontinent unterwegs. Sein Freund Van Heeren hat ihm ein Nashorn angeboten, welches für ihn, gegen eine horrende Geldsumme, zum Abschuss bereit steht.
Löwe, Elefant, Büffel und Leopard hat er schließlich schon erlegt. Ein Nashorn ist also genau das Tier, welches ihm noch fehlt, um seine Big Five zu vervollständigen.
Die Jagd kann beginnen und ungeduldig sehnt sich Hunter nach dem perfekten Moment für einen gut gezielten Schuss, um das erlegte Tier anschließend als präparierte Trophäe mit nach Hause nehmen zu können. Doch plötzlich kommen ihm Wilderer dazwischen und er geht gezwungenermaßen leer aus.
Sein Freund Van Heeren merkt seine große, mit Wut gefütterte Enttäuschung und hat eine Idee. Anstelle des Nashorns macht er ihm nun das unmoralische Angebot der Big Six …

Mit einer Sprachgewalt trifft dieser Roman, der sich wie ein schonungsloser Thriller liest, den Leser, zieht ihn gleich zu Beginn in seinen Bann und lässt ihn bis zur allerletzten Seite nicht mehr los.
Dabei schafft es die Autorin, den Leser in die Irre zu führen, unerwartete Wendungen heraufzubeschwören und die einhergehende spannungsgeladene Atmosphäre nie abklingen zu lassen.

Gaea Schoeters wirft gekonnt höchst moralische Fragen auf, welche sich u.a. mit der Trophäenjagd, rücksichtsloser Wilderei, Kolonialismus und der afrikanischen Natur beschäftigen. Diese lässt sie ihre Figuren mit sich selbst sowie untereinander ausmachen und regt darüberhinaus eine intensive, kritische Auseinandersetzung damit an.

Dürfen Menschen mit Macht und Geld alles machen, was sie wollen?
Schonungslos, radikal und ehrlich baut sich der Roman immer weiter auf und steigert sich stetig, sodass diese Geschichte, auch nach der Lektüre, weiter im Kopf herumschwirrt.

Eine Leseempfehlung für alle, die spannende Romane mögen und gerne über moralische sowie ethische Fragen nachdenken.

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Veröffentlicht am 26.05.2024

»Zeit, über das zu sprechen, über das nicht gesprochen werden soll.« ~ Jan Böhmermann

Row Zero: Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie
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»Zeit, über das zu sprechen, über das nicht gesprochen werden soll.«
~ Jan Böhmermann

Dieses Buch beginnt, wie der Titel schon verlauten lässt, mit Auseinandersetzung der Vorwürfe sowie des Rekrutierungssystems ...

»Zeit, über das zu sprechen, über das nicht gesprochen werden soll.«
~ Jan Böhmermann

Dieses Buch beginnt, wie der Titel schon verlauten lässt, mit Auseinandersetzung der Vorwürfe sowie des Rekrutierungssystems „Row Zero“ bei der Band Rammstein und greift im Fortlauf immer wieder darauf zurück, schließlich symbolisiert diese Band das patriarchale Machtsystem in ihrer ganzen Stärke.

Doch würde man dieses Buch nur darauf reduzieren, käme es ihm nicht gerecht, schließlich geht es um weit mehr – die Musikindustrie an sich.
Die beiden Journalisten Lena Kampf und Daniel Drepper recherchieren, gemeinsam mit weiteren Kollegen, seit einem Jahr zu dieser Thematik und haben allein für dieses Buch mit mehr als 200 Menschen gesprochen, was man der Qualität des Buches schnell anmerkt.

Neben Ausnutzung von Fans durch misogyne Machtstrukturen anderer Künstler, wird ein Exkurs auf das Groupietum geworfen. Darüberhinaus werden schockierende Einblicke in den Alltag von Frauen, u.a. bei den großen Musiklabels gegeben, welche sexistischen Übergriffen und Äußerungen ausgesetzt sind.

Es geht um betroffene Personen, Machtmissbrauch, aber auch um starke Frauen, die das System und ihre Machenschaften offenlegen und dennoch viel zu wenig gehört werden.

Viele Fans unterschiedlicher Bands scheinen jegliche Vorwürfe weiterhin als Lüge abzuwehren. Es scheint einfacher, sich nicht damit auseinanderzusetzen. Aber kann man diese Tatsachen ignorieren und weiterhin Künstler unterstützen, die jegliche Moralvorstellungen verworfen haben?
Es bleibt Stille, das große Schweigen und viele Fragen.

Mich selbst hat das Buch sehr bewegt und mitgenommen, wütend gemacht und zugleich Hoffnung gegeben, dass sich vielleicht jetzt endlich etwas ändert.

Unbestreitbar bleibt, dass „Row Zero“ eines der wichtigsten Bücher in diesem Jahr ist, hoffentlich viele Leute erreicht und zum Nach-, bzw. Umdenken anregt.

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Veröffentlicht am 24.05.2024

»Manches Buch wirkt wie ein Schlüssel zu fremden Sälen des eigenen Schlosses.« ~ Kafka

Kafkas Werkstatt
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»Manches Buch wirkt wie ein Schlüssel zu fremden Sälen des eigenen Schlosses.«
~ Kafka

Ein Blick in Kafkas Arbeits- und Gedankenwelt zu werfen, ihm über die Schulter zu schauen und dabei seinen Schreibprozess ...

»Manches Buch wirkt wie ein Schlüssel zu fremden Sälen des eigenen Schlosses.«
~ Kafka

Ein Blick in Kafkas Arbeits- und Gedankenwelt zu werfen, ihm über die Schulter zu schauen und dabei seinen Schreibprozess zu verstehen, scheint ein Wunsch vieler Verehrer von Kafkas Werken zu sein. Dank Andreas Kilcher, seiner über zwei Jahrzehnte andauernden Forschung und zeitgleichen Arbeit an diesem, nun kürzlich erschienenen Buch, ist dies immerhin in gewissem Maße möglich.

Kafkas Erzählungen und Romanfragmente sind ein abstraktes Spiel mit Versatzstücken, die den Leser nicht selten zweifeln lassen, sei es aufgrund der Absurdität oder doch der eigens bekannten Nähe des Geschilderten.
Kilcher beschreibt in diesem gleichnamigen Buch regelrecht „Kafkas Werkstatt“, womit er nicht vordergründig die Utensilien und Materialien der schriftstellerischen Tätigkeit, sondern vorrangig die inneren sowie äußeren Einflüsse meint. Vier motivische Einflüsse hebt Kilcher explizit hervor und zwar die Psychoanalyse, den Marxismus, den Zionismus sowie den Okkultismus. Jedem dieser Oberbegriffe widmet er ein einzelnes übergeordnetes Kapitel. Dennoch lässt sich Kafka keinem der Bereiche vollkommen zugehörig einstufen, ausschließlich Merkmale davon definieren die Substanz seiner Werke und tragen ggfs. zu einer mutmaßlichen Deutung bei.
Anhand Kafkas nur etwa eineinhalb Seiten umfassenden Erzählung „Die Sorge des Hausvaters“, rund um das Un-Wesen, Odradek genannt, analysiert der Autor diese deutlich und gibt zugleich spannende Einblicke und Exkurse.
So erfährt der Leser u.a. nebenbei, dass Kafka, gleichfalls wie Max Brod und Franz Werfel an Sitzungen des Spiritismus teilnahmen. Das mag komisch klingen, doch wunderlich erscheint es nicht. Immerhin schilderte Kafka gerne das Paranormale und gar Gespenster kommen in seinen Texten, bspw. in der Erzählung „Unglücklichsein“ vor.

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Veröffentlicht am 21.05.2024

Eine großartige Biographie, die Grass gerecht wird!

Günter Grass
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»Günter Grass hat die Nachkriegsgeschichte Deutschlands mit seinem künstlerischen sowie seinem gesellschaftlichen und politischen Engagement wie nur wenige begleitet und geprägt.« ~ Angela Merkel

Der ...

»Günter Grass hat die Nachkriegsgeschichte Deutschlands mit seinem künstlerischen sowie seinem gesellschaftlichen und politischen Engagement wie nur wenige begleitet und geprägt.« ~ Angela Merkel

Der Autor Harro Zimmermann öffnet dem Leser, beginnend mit den ersten Seiten, die Tore, um in das vielfältige Leben von Günter Grass eintauchen zu können. Schließlich war er nicht ausschließlich Schriftsteller, sondern so viel mehr!

Was der Autor mit seinem umfangreichen Buch über Günter Grass vorgelegt hat, ist keineswegs eine bloße Biografie. Es ist zugleich eine Werkschau, jeweils gekonnt verknüpft mit Analyse, Interpretationsansätzen, Entstehungsgeschichte sowie Rezeption. Doch auch die künstlerischen Aktivitäten des Nobelpreisträgers von 1999 kommen zur Geltung, gleichfalls Grass‘ brennendes politisches Engagement, besonders für Brandt, Schmidt und Schröder, welches die deutsche Politik der Nachkriegszeit nachhaltig geprägt hat. Sein Sinn und Wunsch nach Gerechtigkeit, seine Vorstellung einer deutschen Einheit, ganz anders als sie sich vollzog, die Wut über den aufkommenden Fremdenhass während der 90er Jahre und die Kraft niemals aufzugeben, sind bewundernswert.
Darüberhinaus mutmaßt Zimmermann des Öfteren über die heutige – nicht nur literarische – Bedeutung des gebürtigen Danzigers.
Was bleibt von Günter Grass?
Seine Literatur, seine künstlerischen Werke, seine politische Tätigkeit sowie seine Provokationen werden ganz sicher noch lange nachhallen und hoffentlich nie vergessen werden.

Alle, die sich mit dem Leben und/oder Werk von Günter Grass beschäftigt haben oder diese Auseinandersetzung gegenwärtig, bzw. zukünftig anstreben – ich empfehle es euch von Herzen –, denen ist diese Biografie sehr zu empfehlen – es gibt (bisher) keine Bessere!
Trotz der knapp 850 Textseiten, liest sich dieses umfassende Buch kurzweilig und die enthalten Bilder tragen zur Anschaulichkeit bei.

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