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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.02.2023

Lesenswert

Sisi
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Karen Duve zeichnet in ihrem Buch Sisi das Porträt einer an manchen Stellen eher unsympathischen Kaiserin von Österreich, die wenig mit der Sisi aus den bekannten Filmen gemeinsam hat. Sie ist berechnend ...

Karen Duve zeichnet in ihrem Buch Sisi das Porträt einer an manchen Stellen eher unsympathischen Kaiserin von Österreich, die wenig mit der Sisi aus den bekannten Filmen gemeinsam hat. Sie ist berechnend und nützt ihre Position ständig aus - eine Beschreibung die vermutlich nahe an der Wirklichkeit ist. Es ist sehr viel - für mich zu viel - von Pferden die Rede. Es zeigt aber, wie verrückt Sisi nach diesen Tieren war und damit ist es wiederum gerechtfertigt.

Alles in allem gibt Karen Duve mit ihrem Roman Einblick in das Leben einer außergewöhnlichen Frau und zeigt ein realistisches Bild von ihr. Die Sprache ist detail- und bilderreich und leicht zu lesen. Die Charaktere, insbesondere Sisi, sind facettenreich und authentisch beschrieben. Ein Buch das wenig Überraschungen birgt, aber trotzdem sehr lesenswert ist.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Skurril

Die Erfindung der Wirklichkeit
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Daniel Bloch ist Autor und hat keine Idee, was er als nächstes schreiben soll. Seinem Freund Oscar Babel geht es ähnlich, er ist Maler und bringt nichts mehr auf die Leinwand. Bloch fängt an, eine Geschichte ...

Daniel Bloch ist Autor und hat keine Idee, was er als nächstes schreiben soll. Seinem Freund Oscar Babel geht es ähnlich, er ist Maler und bringt nichts mehr auf die Leinwand. Bloch fängt an, eine Geschichte über ihn zu schreiben, die zur Erfindung der Wirklichkeit wird. Als Ryan Rees in Oscar Babels Realität tritt und ihn kurzerhand aus dem Nichts künstlich zur Berühmtheit macht, droht dessen Leben seltsame Blüten zu treiben und völlig außer Kontrolle zu geraten.

Baret Magarians internationales Debüt ist die Studie einer Gesellschaft wie sie absurder und grotesker kaum sein könnte. Sein gehobener, zum Teil philosophischer Sprachstil unterstreicht die Merkwürdigkeit und Skurrilität der Geschichte.

Ein herrlicher Einfall, den der Autor wunderbar umgesetzt hat. Da fallen die kleinen Längen, die ich zwischendurch empfunden habe kaum ins Gewicht. Kein Buch zum Verschlingen, sondern zum Genießen.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Lohnenswert

Doppelleben
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Jules und Edmond de Goncourt leben als Junggesellen gemeinsam in einem Haus und haben sich geschworen, dies nie zu ändern. Jules, der jüngere der beiden, ist unheilbar krank und verfällt zusehends. Rose, ...

Jules und Edmond de Goncourt leben als Junggesellen gemeinsam in einem Haus und haben sich geschworen, dies nie zu ändern. Jules, der jüngere der beiden, ist unheilbar krank und verfällt zusehends. Rose, ihrer Haushälterin stehen sie sehr wohlwollend gegenüber. Allerdings machen sie sich keinerlei Gedanken über ihre Lebensumstände und nehmen ihre Gegenwart und ihre Dienste als gegeben und selbstverständlich hin. Umso mehr sind sie überrascht, als sie nach ihrem Tod erfahren, dass sie einen Geliebten und ein Kind hatte.

In zwei Erzählsträngen und Rückblenden widmet sich Alain Claude Sulzer in Doppelleben den Brüdern de Goncourt und Rose. Die Leben der Brüder laufen in vielerlei Hinsicht parallel und gemeinsam ab, dass man fast denken könnte, es handele sich dabei um das eines einzigen Menschen. Rose hingegen führt ein Leben als Haushälterin und ist gleichzeitig auch Mutter, Geliebte, Alkoholikerin, Diebin. Zwei "Doppelleben", die sich nur wenig überschneiden, obwohl sie im gleichen Haushalt stattfinden. Die Brüder sind einzig und alleine mit sich selbst und ihren Künstlerkreisen beschäftigt. Rose' Lebensinhalt ist ihre Obsession für einen Mann, obwohl dieser sie sehr schlecht behandelt.

Der Autor nimmt die Leser mit ins 19. Jahrhundert, das er in bildhafter Sprache authentisch und atmosphärisch beschreibt. Obwohl er die Charaktere detailreich zeichnet, bleiben sie für mich oberflächlich und unnahbar. Dennoch ist Doppelleben ein lohnenswertes, tiefschürfendes Leseerlebnis.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Großartig

Die leise Last der Dinge
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Im ersten Moment eine interessante, lustige Vorstellung, bei genauerer Betrachtung ein furchtbarer Gedanke: Benny Oh hört Stimmen. Es sind aber keine Stimmen von sprechenden Menschen, sie stammen von den ...

Im ersten Moment eine interessante, lustige Vorstellung, bei genauerer Betrachtung ein furchtbarer Gedanke: Benny Oh hört Stimmen. Es sind aber keine Stimmen von sprechenden Menschen, sie stammen von den Dingen, die um ihn sind. Benny ist aber keineswegs verrückt. Seit sein Vater bei einem tragischen Unfall ums Leben kam, sprechen immer wieder Gegenstände zu ihm.

Auch auf seine Mutter Annabelle hat der plötzliche Tod ihres Mannes starke Auswirkungen. Sie hortet Dinge – manchmal auch völlig unbeabsichtigt. So findet ein Aufräumratgeber ohne ihr Zutun seinen Weg zu ihr und wird zum Buch im Buch.

In „Die leise Last der Dinge“ gibt Ruth Ozeki einem von Bennys sprechenden Gegenständen eine Stimme, „das Buch“. Es ist sein Buch und erzählt seine Geschichte. Dabei entspinnt sich ein Dialog zwischen dem Buch und Benny, der die Erzählung kommentiert.

Anfangs schwankte ich zwischen Neugier und Verwunderung. Letztere schlug aber schnell in Begeisterung um, als ich tief in die Geschichte eingetaucht war, die mich ein Potpourri an Gefühlen erleben ließ, von Freude bis Betroffenheit und Traurigkeit und vielem dazwischen.

„Die leise Last der Dinge“ ist ein kurioser Roman, philosophisch und vielschichtig. Die Sprache ist poetisch und bildhaft. Die Charaktere sind tiefgründig und detailreich ausgearbeitet. Es ist ein Buch, das nachdenklich macht und noch lange nachhallt. Großartig!

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Erfrischend anders

Drei Tage im August
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Elfie ist fast 40 Jahre alt, ledig und Prokuristin einer Chocolaterie. Sie ist ständig darauf bedacht, die Kunden zufriedenzustellen - so auch Madame Conte, die regelmäßig Pralinen bestellt. Eines Tages ...

Elfie ist fast 40 Jahre alt, ledig und Prokuristin einer Chocolaterie. Sie ist ständig darauf bedacht, die Kunden zufriedenzustellen - so auch Madame Conte, die regelmäßig Pralinen bestellt. Eines Tages im August 1936 - die Olympiade ist in vollem Gange - wird sie in ihre Wohnung gebeten, als sie die Bestellung liefert und lernt die alte Dame persönlich kennen. Von da an besucht sie sie regelmäßig, im Gegenzug erzählt Madame Conte ihre Geschichte. Da sind aber auch der jüdische Buchhändler Marcus und der ägyptische Nachtclub-Besitzer El Hamady und weitere Kollegen aus der Chocolaterie, die sich und Elfie immer wieder begegnen, Verbindungen knüpfen und so diese schwierige Zeit gemeinsam erleben, sich helfen und unterstützen.

Anne Stern zeichnet Elfie, Madame Conte und alle weiteren Protagonisten liebevoll und detailreich. Sie thematisiert die Naziherrschaft und die daraus resultierenden Repressalien für Juden und schafft es auf angenehme Weise, dies nicht übermächtig werden zu lassen und trotzdem nichts zu verharmlosen. Das alles macht "Drei Tage im August" zu einer wunderschönen, erfrischend anderen Geschichte, die es zu lesen lohnt!

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