Alain Claude Sulzer entführt uns in seinem neuen Roman "Doppelleben" in die Zeit Napoleon III. Die Gebrüder Jules und Edmond de Goncourt leben seit dem Tod der Mutter in einem einem gemeinsame Haushalt. Ver- und umsorgt werden die Brüder von Rose, einer unscheinbaren Magd.
Obwohl keine Zwillinge können die Beiden nicht ohne einander sein. Sie sind so aufeinander fixiert, dass ihnen das Doppelleben von Rose nicht auffällt. Erst nach dem Tod von Rose kommt alles ans Tageslicht.
Meine Meinung:
Dieser historische Roman zeigt deutlich, dass Hauspersonal in vielen Fällen als - einem Möbelstück ähnlich - austauschbar angesehen worden ist. Wobei, die Brüder haben nie daran gedacht, Rose zu ersetzen, obwohl sie überhaupt nicht kochen konnte und ihnen teilweise ungenießbare Speise vorgesetzt hat. Jules und Edmond sind in ihrer eigenen Welt eingesponnen. Vor allem als bei Jules die Syphilis ausbricht, mit der er sich vor Jahren, nicht einmal zwanzigjährig, angesteckt hat und jahrelang vor sich hinsiecht.
Meine Meinung:
Alain Claude Sulzer hat mit diesem historischen Roman das Sittenbild dieser Zeit sehr gut eingefangen. Man kümmert sich nur um sich. Hausangestellte sind ein notwendiges Übel, das man am besten übersieht. Dass es sich hier auch um Menschen mit Sehnsüchten und Träumen handelt, wird geflissentlich übersehen bzw. gar nicht in Betracht gezogen. Umso überraschter sind die Brüder, als Roses Doppelleben ans Tageslicht kommt. Nicht nur, dass sie heimlich ein Kind geboren, dem Kindesvater hörig war, hat sie ihre Dienstgeber auch noch bestohlen, weil sie der Abhängigkeit nicht entkommen ist.
Geschickt erzählt der Autor die Lebensläufe parallel. Manchmal habe ich den Eindruck gehabt, die beiden Handlungsstränge haben so gar nichts miteinander zu tun, bis sie sich wieder kreuzen.
Das Brüderpaar schreibt abwechselnd rund 50 Jahre lang Tagebücher, in denen sie sich über zahlreiche Personen recht auslassen. Ihrer Magd setzen sie allerdings mit dem Roman „Germinie Lacerteux (1865)“ auf deutsch Das Dienstmädchen Germinie ein eindrucksvolles Denkmal.-
Edmond wird seinen Bruder Jules um 26 Jahre überleben.
Der nach den Brüdern benannte Prix Goncourt hat sich zum begehrtesten und werbewirksamsten der zahlreichen französischen Literaturpreise entwickelt.
Fazit:
Dieser erzählerischen Meisterleistung, die uns mit den Stiftern des Prix Goncourt bekannt macht, gebe ich gerne 5 Sterne..