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Veröffentlicht am 16.10.2020

Ein Lebensbild in Episoden

Selma Lagerlöf - Die Liebe und der Traum vom Fliegen
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„...Die Liebe zu verleugnen, ist unmöglich, mag sie noch so wahnsinnig erscheinen...“

Diese Worte stammen von Selma Lagerlöf. Wer war die Frau, die vom Nobelpreis für Literatur träumte und ihn als erste ...

„...Die Liebe zu verleugnen, ist unmöglich, mag sie noch so wahnsinnig erscheinen...“

Diese Worte stammen von Selma Lagerlöf. Wer war die Frau, die vom Nobelpreis für Literatur träumte und ihn als erste Frau im Jahre 1909 aus der Hand des schwedischen Königs entgegennahm.
Die Autorin versucht mit ihrem Buch, den Leser das Wesen von Selma Lagerlöf entgegenzubringen, die Lehrerin, Schriftstellerin und Grundbesitzerin war.
Das Buch ist keine Romanbiografie, die das gesamte Leben erzählt. Es sind einzelne Episoden, die die Autorin zu einem großen Ganzen zusammenfügt.
Selma verbringt ihre Kindheit in Norwegen auf Gut Märbacka. Mit drei Jahren erkrankt sie schwer und wird gelähmt. Ein Jahr später erfährt sie auf einer Reise eine Spontanheilung. Was ihr allerdings ihr Leben lang bleiben wird, ist ein leichtes Hinken.
Selma ist 13 Jahre, als sie ein Spielzeug erhält, dass sie vom Fliegen träumen lässt.

„...Und wer fliegen konnte, war nicht mehr aufzuhalten. Oben in der Luft gab es keine Grenzen mehr, musste man keine Brücken bauen und konnte Flüsse und Gewässer überwinden...“

Eines weiß sie außerdem: Sie möchte Bücher schreiben.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er ist abwechslungsreich. Die Autorin legt viel Wert darauf, in Gesprächen Einblicke in das Denken der Protagonisten zu geben. Außerdem ist genügend Raum für Emotionen.
Eine berührende Szene gibt es zum Beispiel, als Selma um Sophies Leben bangt. Auch die Kindheit ist voller schöner Erlebnisse. Dann aber wendet sich das Blatt, als der Vater immer öfter zum Alkohol greift.
Als Leser darf ich Selma und Sophie bei ihren Reisen nach Ägypten und Israel begleiten. Die gemeinsamen Reisen werden von Sophie akribisch vorbereitet. Während der Reise wird in vielfältigen Gesprächen deutlich, wie sich die beiden Frauen gegenseitig inspirieren. Trotzdem ist nicht alles eitel Sonnenschein. Selma scheint die Ehrgeiziger, aber auch Erfolgreichere.
Inhaltsreich und stilistisch gut ausgearbeitet, finde ich insbesondere das Gespräch der beiden über Liebe und Religion.

„...Beides wäre grausam. Ist es wirklich Liebe, wenn ein Mensch den anderen missionieren will?...“

Als Selma Valborg Oleander kennenlernt, kommt es zu Eifersüchteleien. Sophie fühlt sich hinten angesetzt. Doch Selma gelingt es immer wieder, die Wogen zu glätten.
Selma ist vielseitig interessiert. Sie beschäftigt sich mit dem Islam und setzt sich für die Rechte der Frauen ein. Die gemeinsamen Reisen werden von Sophie akribisch vorbereitet.
Wie Selmas bekanntestes Buch entstand, lässt mich die Autorin wissen. Andere Bücher werden nur kurz erwähnt.
Eine Reihe von Fotos zeigt Selma in unterschiedlichen Lebensjahren und macht die Geschichte lebendig.
Das Buch enthält ein sehr informatives Nachwort, das gekonnt einzelne Punkte vertieft und ergänzt.
Eine Zeittafel, ein Personenverzeichnis, ein Glossar und eine Übersicht über ihre Werke vervollständigen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es beschreibt nicht nur das Leben der Protagonistin, sondern zeichnet auch ein Bild der Zeitverhältnisse.
Ein Zitat aus Selmas Rede auf einem Kongress in Stockholm 1911 über die Rolle der Frau soll meine Rezension abschließen:

„...Ach, wir Frauen sind keine vollkommenen Wesen, ihr Männer seid aber auch nicht vollkommener als wir. Wie sollen wir bekommen, was groß und gut ist, ohne dass wir uns gegenseitig helfen?...“

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.10.2020

Schönes Hörerlebnis

Alea Aquarius. Die Songs
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„...Nicht länger leise, auf meine Weise find ich den Weg zum Glück...“

Diese Zeile stammt aus dem Song Nummer 7. Der ist beschwingt und lebendig. Doch es gibt auf der CD auch andere Lieder.
Zum einen ...

„...Nicht länger leise, auf meine Weise find ich den Weg zum Glück...“

Diese Zeile stammt aus dem Song Nummer 7. Der ist beschwingt und lebendig. Doch es gibt auf der CD auch andere Lieder.
Zum einen sollte man wissen, dass die CD auf der Handlung des Buches beruht und ein Teil der Texte in der Geschichte enthalten sind. Deshalb ist der Inhalt der Song auch sehr abwechslungsreich.
Das erste Lied, dass für mich mit Wellengeräuschen untermalt ist, gibt eine perfekte Einstimmung. Dann wechseln traurige und sehnsuchtsvolle Song, aber auch Lieder voller Kraft und ein leises Liebeslied.
Die Themen, die der Autorin im Buch wichtig sind, werden hier wiedergegeben.

„...Mit euch kann ich jetzt endlich so sein wie ich bin...“

Sich nicht verstellen zu müssen, zu seinen Werten und Eigenschaften zu stehen, kommt hier zum Ausdruck. Damit wird auch klar, das es in der Vergangenheit anders aussah.

„...Haben wir zu lang gewartet, viel zu lange weggesehen...“

Der Schutz der Meere und unserer Welt findet sich in etlichen Liedern wieder. Dabei werden gleichzeitig die Schönheit der Wasserwelt und ihre Wunder beschrieben.
Die Lieder sprechen das Gefühl des Hörenden an. Die Auswahl der Sänger für die fünf Protagonisten ist sehr gut gelungen. Es entstehen Bilder im Kopf, wie die Crew auf der Straße steht und singt.
Mit „Drachenherz“ beschreibt sich Sammy, der Jüngste der Crew, auf unnachahmliche Weise. Er ist der, der selbst dann seinen Optimismus behält wenn alles den Bach runter zu gehen scheint.
Die CD hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich denke, manche Feinheiten werde ich erst bei wiederholten Hören entdecken.

Veröffentlicht am 13.10.2020

Interessante Thematik

Warten auf den Wind
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„...“Darf Agatha heute Abend mit ins Kino?“, will sie am Samstagnachmittag von ihrer Mutter wissen. „Sie kennt das gar nicht.“ „Nein, das geht nicht, die darf nämlich nicht hinein.“ „Warum denn nicht?“ ...

„...“Darf Agatha heute Abend mit ins Kino?“, will sie am Samstagnachmittag von ihrer Mutter wissen. „Sie kennt das gar nicht.“ „Nein, das geht nicht, die darf nämlich nicht hinein.“ „Warum denn nicht?“ „Weil sie schwarz ist.“...“

Wir befinden uns auf einer Farm in Südafrika anno 1976. Agatha ist die Spielgefährtin der 10jährigen Katrien. Agatha ist die Tochter von Martha, die in der Küche arbeitet. Katriens Eltern gehört die Farm. Nun wird Katrien erstmals mit den Schattenseiten der Apartheidpolitik konfrontiert.
Katrien ist die Nachzüglerin in der Familie. Sie wächst behütet auf und genießt eine Menge an Freiheit. Doch zwei Jahre später verliert sie durch einen Unfall ihre Mutter. Das wird ihre weitere Entwicklung entscheidend prägen.
Im gleichen Jahr wächst der 15jährige Wladek in Polen ebenfalls als Nachzügler auf. Er ist technisch interessiert.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen Roman geschrieben, in dem die politischen Verhältnisse in Polen und in Südafrika im Vordergrund stehen. Anfangs waren mir beide Protagonisten nicht sehr sympathisch.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Obwohl die Autorin die Zeitverhältnisse gut wiedergibt, vermisse ich in der ersten Hälfte die Spannung.
Katrien entwickelt sich zu einer rebellischen jungen Frau. Sie fühlt sich von der Familie ungeliebt. Als Leser sehe ich das nicht so. Sehr deutlich wird die innere Zerrissenheit von Katrien.

„...Vater ist einst in dieser Schule Hausältester gewesen, denkt Katrien. […] Und heute bekommt er hier zu hören, dass seine Jüngste von der Schule fliegt. Sein Haar wird an den Schläfen schon grau, und er sieht müde aus, fast schon alt. Auf einmal tut er ihr furchtbar leid...“

Doch Vater und Tochter finden über lange Zeit keinen Zugang zueinander. Katrien will provozieren und hat eine einzige Freundin, die sie dazu gekonnt anstachelt. Während sie in der Familie gegen alles rebelliert, ordnet sie sich der Freundin fast widerspruchslos unter. Eines geht Katrien an diesem Tag nicht das letzte Mal durch den Kopf:

„… Alles, was du machst hat Folgen, manchmal sogar weitreichende Folgen, hatte der Pfarrer am Sonntag gepredigt...“

Währenddessen gerät Wladek fast durch Zufall in die Auseinandersetzungen in Polen. Als Student in Krakau arbeitet er als Kurier für Solidarnocz. nimmt seine Aufgabe ernst, unterschätzt aber die Gefahr. Als er verraten wird, vermittelt sein Vater den Kontakt zu Onkel Jakob in Südafrika. Wladek gelingt die Flucht aus Polen.
Auch Katrien geht zum Studium nach Johannesburg und wohnt bei ihrem Onkel Jakob. Dort treffen die beiden aufeinander. Jetzt nimmt die Geschichte Fahrt auf.
Wladek schätzt Katrien nach den ersten Begegnungen so ein:

„...Das ist eine verwöhnte Göre, die Aufmerksamkeit will, stellt er schließlich mit leichter Verärgerung fest. Ein Teenager, der alles besser weiß, mit dem Körper einer Frau und der Anspruchshaltung eines Kindes...“

Wladek ist durch die Geschehnisse in Polen gereift. Er weiß, was er will und was nicht. Er nutzt die Chancen, die sich ihm bieten. Katrien engagiert sich gegen Apartheid und Wehrpflicht. Sie stößt damit in ihrer Familie auf Unverständnis. Wladek warnt sie vor den möglichen Gefahren. Er ist eingebranntes Kind. Katrien aber weiß es besser. Andererseits ist es ihr Engagement, das mich erstmalig die junge Frau in einem positiveren Licht sehen lässt.
Zu den inhaltlichen und stilistischen Höhepunkten gehört für mich das Gespräch von Katrien mit ihrem Großvater. Sie ist gerade in einer schwierigen Situation und er ist der erste, dem sie sich wirklich öffnet. Seine weisen Ratschläge bringen sie zum Nachdenken.

„...Wenn du nämlich die Gnade einmal erlebt hast, dann möchtest du in den Gottesdienst gehen, egal wie der ist, einfach weil dd Gott loben und preisen willst. […] Die Frage ist also: Was müssen wir tun, weil wir das ewige Leben ererbt haben?...“

Leider gibt es in der Geschichte ein paar offen Handlungsfäden. Das Thema Apartheid wird außerdem vor allem aus der Sicht der weißen Bevölkerung geschildert.
Erstaunlich fand ich die Parallelen zwischen den Verhältnissen in Polen und in Südafrika, obwohl es völlig unterschiedliche Systeme sind.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Es kommt aber nicht an die Vorgängerbände heran.

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Veröffentlicht am 12.10.2020

Fesselnder historischer Roman

Düstere Lande: Schatten des Zorns
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„...Hab schon viele Kinder getroffen, die keine Eltern mehr haben. Ist nichts Besonderes. Bei uns haben nur wenige noch eine Mutter oder einen Vater...“

Es ist hart, was Heintz so zu Mathes, dem Gebersohn, ...

„...Hab schon viele Kinder getroffen, die keine Eltern mehr haben. Ist nichts Besonderes. Bei uns haben nur wenige noch eine Mutter oder einen Vater...“

Es ist hart, was Heintz so zu Mathes, dem Gebersohn, sagt. Doch er weiß, wovon er spricht. Er gehört zu einer Kindergruppe, die in Augsburg um ihr täglich Brot kämpft. Mathes und die Kinder haben den gleichen Feind. Der Hüne ist in Augsburg anno 1499 aufgetaucht. Mathes weiß, dass er ihm nach dem Leben trachtet.
Die Autorin hat erneut einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte schließt zeitnah an Teil 1 an. Im Mittelpunkt stehen erneut die unteren Schichten der Bevölkerung.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Bei den Schilderungen der Vorgänge wechseln sich Mathes und Ennlin, Tochter der Kräuterfrau, ab.
Die Geschichte beginnt mit einer Hexenverbrennung. In Augsburg treibt ein neuer Inquisitor namens Sewolt Mertz sein Unwesen. Dem sind vor allem Frauen ein Dorn im Auge. In den umliegenden Wäldern werden außerdem Tiere gefunden, die eigenartig zugerichtet sind. Plötzlich ist der Werwolf wieder ein Thema.
Sehr ausführlich wird das mittelalterliche Leben beschrieben, seien es die Vorgänge in einer Spelunke, Ratssitzungen oder das Verhalten der Bevölkerung bei einer öffentlichen Verbrennung. Schaulust und Grauen bilden ein gekonntes Gespann. Daran hat sich meiner Meinung nach bis heute nicht viel geändert.
Während es für Mathes lebensgefährlich ist, sich im Dunkeln durch die Stadt zu bewegen, lässt sich Ennlin davon nicht abbringen. Sie möchte Mathes helfen.

„...Ich fand es eigentlich einfach, sich nachts unbemerkt zu bewegen – wenn man wusste, wie. Ich war froh, dass es mir kaum jemand gleich tat...“

Mathes möchte sich fortbilden. Er hofft, dereinst in der Gesellschaft aufsteigen zu können.

„...Ich fand es toll, schreiben zu lernen und meinen Herrn entlasten zu können, aber selbst ein Buch zu lesen war um Längen besser. […] Was war der Buchdruck für eine fantastische Errungenschaft!...“

Recht hat er! Doch Mathes muss noch viel lernen, vor allem, wie Menschen ticken und dass von heute auf morgen alles ganz anders sein kann. Auch seine Einstellung zum Hexenglauben wird er im Laufe der Handlung hinterfragen, als die Erkundungen nach dem Hünen plötzlich nicht nur für ihn, sondern auch für Ennlin und ihre Mutter zu einer bedrohenden Gefahr werden. Eines aber kann Mathes für sein Alter von 13 Jahren schon erstaunlich gut. Er entwickelt Strategien und ist in der Lage, die Verantwortlichen von seinen Ideen zu überzeugen. Allerdings geht es trotzdem meist nicht genauso, wie er sich das eingebildet hat.
Ennlin war von ihrer Mutter ein Rat mit ins Leben gegeben worden.

„...Wenn sie dich niedermachen wollen, steh auf. Immer wieder. Keiner besitzt das Recht, über dich zu entscheiden. Nur du selbst...“

Am Ende erhalten zwei der Täter ihre gerechte Strafe. Doch eine Frage bleibt offen: Wer hat im Hintergrund die Fäden gezogen?
Die Karte von Augsburg und inhaltsreiche Anmerkungen ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 11.10.2020

Empfehlenswertes Sachbuch

Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt
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„...Wenn in Ihrem Hirn etwas passiert, sind Hormone eigentlich immer beteiligt. Als anerkannte Botschafter zwischen Kopf und Körper sind sie mit Herz und Nieren per du und erhalten vom Gehirn intimste ...

„...Wenn in Ihrem Hirn etwas passiert, sind Hormone eigentlich immer beteiligt. Als anerkannte Botschafter zwischen Kopf und Körper sind sie mit Herz und Nieren per du und erhalten vom Gehirn intimste Informationen über Ihre Sexualität bis zur noch viel persönlicheren Frage nach Ihrem eigentlichen Stresslevel...“

Diese Worte stammen aus dem Vorwort der Autorin, mit dem sie mich mit der Welt meiner Hormone bekannt macht. Eines zeigt das Zitat außerdem: Die Ausführungen sind sehr anschaulich und kommen nicht trocken rüber. Dazu werde ich später mehr sagen.

Das Buch ist in drei Abschnitte gegliedert:
1. Back to the Basics
2. Das sind keine Hormone, das ist mein Charakter
3. Was wir mit Hormonen anstellen

Im ersten Kapitel geht es um die verschiedenen Hormone, ihren chemischen Aufbau und ihre Kernfunktionen. Viel Wert legt die Autorin auf das Zusammenspiel von Hormonen und Gehirn. Dabei werden auch Grundbestandteile unseres Gehirns vorgestellt. Sehr gut gefallen hat mir auch der Blick in die Geschichte und das damit zusammenhängende Thema Kastration. Das führte zu ersten Erfahrungen über die Wirkung von Hormonen oder fehlenden Hormonen. Die Zusammenfassung des Kapitels beginnt mit folgenden Zeilen:

„... Alles in allem sind Hormone die Hintergrundmusik in uns. Manchmal sind ihre Melodien simpel, manchmal aus verschiedenen Beats zusammengesetzt. […] Vor allem ist die Wirkung von Hormonen ziemlich individuell...“

Im zweiten Kapitel werden Hormone in Aktion beschrieben. Verlangen, Angst, Panik, soziales Netz, Stress und Resilienz sind Dinge, die gestreift werden. Das Zusammenspiel von Testosteron und Östrogen nimmt einigen Raum ein. Danach gibt es Ausführungen zu der Vielfalt der Genderfrage und zur frühkindlichen Entwicklung. Inwieweit nach wie vor gesellschaftliche Zwänge und Kulturzwänge eine Rolle spielen, wird außerdem betrachtet.

„...Wie ähnlich sich Liebe und Sucht am Anfang sind, sieht man schon daran, dass es viele wissenschaftliche Artikel zu der Frage gibt, wo eigentlich noch mal der Unterschied liegt...“

Sehr praktisch wird das Thema, wenn es um die Hormone über den Tag, die Jahreszeit und den Zyklus geht. Auch Elternschaft und Hormone im Alter werden behandelt. Einer meiner Lieblingssätze ist:

„...Aus dem Bett kommen ist purer Stress. Findet jedenfalls Ihr Körper. Deshalb treibt er Sie erst einmal mit einer ordentlichen Dosis Kortisol aus den Federn...“

Im dritten Abschnitt erfahre ich, wo in der Nahrung welche Hormone stecken und welche ich unbewusst zu mir nehme, ohne dass ich sie brauche. Bestimmte Kunststoffe spielen dabei eine unrühmliche Rolle.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Das ändert aber nichts daran, dass bei aller Lockerheit eine Menge an medizinischen Fachbegriffen auf mich als Leser einströmt. Darauf muss man sich einstellen und einlassen. Sie werden allerdings allgemeinverständlich erklärt.
Ab und an tauchen graue Kästchen auf, die sich einem besonderen oder aktuellen Thema widmen. Hier steht ein Ausschnitt dazu:

„...Sexuelle Orientierung ist anders als Identität weniger die Frage, wer wir sein wollen, sondern mit wem wir sein wollen. Und natürlich haben die Hormone da ein Wörtchen mitzureden...“

Die Autorin lässt auch gern zwischendurch die Hormone selbst zu Wort kommen.

„...Kortisol, den Bauarbeiterhelm in den Händen, tritt schuldbewusst ein paar Schritte nach vorne. „Kann sein, dass wir ihn nervös gemacht haben. Aber das war reine Notwehr!“...“

Mit ihn ist Leo gemeint. Das Pärchen Juliette und Leo zeigt mir zwischendurch, wie in ihrem Alltag so die Hormone wirken.
Selbst bei den theoretische Ausführungen ist es der Autorin gelungen, durch kurze Bemerkungen in Klammern die Geschichte aufzulockern und greifbar zu machen.
Vielfältige Schwarz-Weiß-Zeichungen und Diagramme veranschaulichen das Gesagte.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat mir auf amüsante Weise eine Menge an Wissen über Hormone mitgegeben.

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