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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.07.2018

Zwei wie Feuer und Wasser

Ohne Schuld
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„...Blutsschwestern ein ganzes Leben, unsere Träume sollen wahr werden, ich werde eine berühmte Modeschöpferin und du mein schönstes Modell...“

Jenny und Nina sind acht Jahre alt, als sie sich versprechen, ...

„...Blutsschwestern ein ganzes Leben, unsere Träume sollen wahr werden, ich werde eine berühmte Modeschöpferin und du mein schönstes Modell...“

Jenny und Nina sind acht Jahre alt, als sie sich versprechen, Blutsschwestern zu bleiben. Das Eingangszitat stammt von Jenny. Doch schon in dem Alter zeigt sich der Unterschied zwischen den beiden. Nina will alles gleich und sofort. Sie setzt sich gern über Regeln hinweg. So war sie diejenige, die Jenny zum Spiel am Wasserfall überredet hat, obwohl beider Eltern es verboten hatten. Jennys Reaktionsschnelligkeit und Einsatzbereitschaft ist es zu verdanken, dass das Ganze nicht zur Katastrophe ausartet.
Die Autorinnen haben einen fesselnden Jugendroman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Nina hat Figur und Auftreten eines Models. Deshalb wird sie von Jungen umschwärmt. Dazu gehört auch Charly, von dem sie mit 17 Jahren schwanger wird. Allerdings reagiert Nina sehr impulsiv, wenn es nicht nach ihrem Kopf geht. Sie kann ihren Mund nicht halten und lässt sich selbst zu Beleidigungen hinreißen. Im Verhältnis zu Jenny ist sie in weiten Strecken die Nehmende.
Jenny hat ein ausgeprägtes Helfersyndrom. Deshalb vergibt sie Nina ihr negatives Verhalten immer wieder. Sie ist die Gebende in der Beziehung. Außerdem wirkt sie mit den Jahren sehr viel reifer als Nina. Sie nimmt nicht nur ihr eigenes Leben in die Hand, sondern opfert sich für andere auf ungewöhnliche Weise auf. Dabei erfüllt sie sich trotzdem noch ihren Traum, eigene Mode zu kreieren. Sie hat ein Gespür dafür, was ankommt und näht selbst. Sie leidet lange darunter, dass sie nicht besonders schlank ist. Ninas Einschätzung von Jenny liest sich so:

„...Meine Freundin ist so. immer verantwortungsbewusst, ehrlich, pragmatisch...“

Der Schriftstil des Buches ist ungewöhnlich. Das beginnt schon damit, dass die Geschichte abwechselnd von Jenny und Nina erzählt wird. Der Spannungsbogen ergibt sich vor allem daraus, dass Ninas Reaktion niemals voraussehbar ist. Manch dunkle Stunden in Jennys Leben sind Ninas Gedankenlosigkeit und Rachsucht zu verdanken.
Kurze, fast abgehackte Sätze unterstützen die Spannung, stehen aber ebenfalls für die Unreife und Zerrissenheit der Protagonisten. Das gilt nicht nur für Nina und Jenny, sondern in gleicher Art für die menschlichen Jugendlichen. Diese wirken wie Getriebene, nicht wie aktiv Handelnde.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Nur das Ende lässt mich eher skeptisch zurück, weil Nina für mich trotz aller Entwicklung ungefestigt bleibt.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Mord in Ostfriesland

Serienmord in Neuharlingersiel. Ostfrieslandkrimi
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„...Rum muss, Zucker darf, Wasser kann...“

Im Jahre 2012 erlebt Renate, wie ihr Geliebter, von dem sie sich getrennt hatte, ihren Mann ermordet. Sie begeht Selbstmord. Der Mörder wird nie gefasst. Zwei ...

„...Rum muss, Zucker darf, Wasser kann...“

Im Jahre 2012 erlebt Renate, wie ihr Geliebter, von dem sie sich getrennt hatte, ihren Mann ermordet. Sie begeht Selbstmord. Der Mörder wird nie gefasst. Zwei Jahre später gibt es wieder einen Toten. Es scheint der gleiche Mörder zu sein.

Der Autor hat einen abwechslungsreichen und spannenden Regionalkrimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.

Der Fall landet bei dem Ermittlerduo Nina Jürgens und Bert Linnig. Schnell gibt es eine Reihe von Verdächtigen. Nicht nur Enno Jansen, Gehilfe des Toten und Erbe seines Krabbenkutters, und Willem, ein Konkurrent mit unfairen Methoden, scheinen ein Motiv zu haben. Ich finde es gut, dass ich als Leser an jeder Stelle in etwa auf dem gleichen Stand war wie die Kriminalisten. Das ermöglicht das Mitraten und Mitdenken, lässt mich allerdings auch die ähnliche Irrwege begehen wie das Team. Während Bert die Ruhe selbst ist, kann Nina Dienst und Privatleben nicht gut trennen. Ihre Eifersucht nervt.

Der Schriftstil des Buches weist einige Besonderheiten auf. Auf den ersten Seiten werde ich ausführlich mit den Örtlichkeiten vertraut gemacht. Positiv ist anzumerken, dass die vorhandenen Sehenswürdigkeiten nicht nur beschrieben, sondern im Text kursiv hervorgehoben werden. Dadurch hatte ich schnell ein Bild vor Augen. Auch die Sitten und Gebräuche der Gegend finden an passender Stelle Erwähnung, wie das obige Zitat zeigt. Ostfriesischer Dialekt wird sparsam eingesetzt, gibt der Geschichte aber dadurch ihre lokale Authentizität. Informationen über den Krabbenfang und die dafür geltenden Regeln wurden geschickt in die Handlung integriert.

Der Autor beherrscht das Spiel mit Worten und Metaphern. Das gilt sowohl für die Darstellung düstere Szenen, als auch für das Alltagsleben. Eine Prise Humor darf nicht fehlen. Emotionen wirken authentisch. Willems cholerisches Temperament, als auch Jans Angst und Unwohlsein sind nachempfindbar. Einen besonderen Stellenwert haben die knappen Dialoge der Krabbenfischer. Da fällt kein Wort zu viel.

Das Buch enthält noch weitere kleine Feinheiten und Lebensschicksale. Es bleibt dem zukünftigen Leser überlassen, diese zu entdecken.

Das Cover mit dem Hafen und dem Fischer im Vordergrund passt zur Geschichte.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Sie hat mich gut unterhalten, mir Land und Leute nahegebracht und mein Wissen über das Leben der Krabbenfischer erweitert.

Veröffentlicht am 17.07.2018

Fesselnd und brisant

Schattenmänner
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„...Unsere Spekulationen werden immer geistreicher. Was nur beweist, dass wir keine Ahnung haben...“

Eine Frau wird in Berlin ermordet. Sie hatte ein Verhältnis mit einem Minister, der aus Bayern kommt. ...

„...Unsere Spekulationen werden immer geistreicher. Was nur beweist, dass wir keine Ahnung haben...“

Eine Frau wird in Berlin ermordet. Sie hatte ein Verhältnis mit einem Minister, der aus Bayern kommt. Alles sieht nach einem Eifersuchtsdrama aus. Die Ermittlungen bekommt Hauptkommissar de Bodt übertragen.
In Düsseldorf wird ein Mann an einer grünen Ampel überfahren. Um den flüchtigen Fahrer soll sich Kommissarin Kern kümmern.
In Paris bittet man Lebranc, in die Dienststelle zurückzukehren. Er soll im Fall einer toten Frau ermitteln, die auf die Gleise der Bahn gestoßen wurde.
Der Autor hat erneut einen fesselnden und politisch hochbrisanten Thriller geschrieben. Es ist der vierte Teil mit de Bodt als Ermittler.
Es dauert eine Weile, bis der Zusammenhang zwischen den Fällen deutlich wird. De Bodt kann zwar schnell die Täterin überführen, erkennt dabei aber, dass sie zur Tat provoziert wurde. Er begibt sich auf die Suche nach den Hintermänner.
Der Schriftstil unterstützt die rasante Handlung. Kurze Kapitel und ein schneller Wechsel der Handlungsorte und Personen sorgen für einen hohen Spannungsbogen.
Die Täter erkennen bald, dass vor allem von de Bodt Gefahr für sie ausgeht. Deshalb landet er ebenfalls auf ihrer Abschussliste. Natürlich eckt de Bodt mit seiner unkonventionellen und eigenwilligen Art erneut bei seinen Vorgesetzten an. Auch Krüger wirft ihn im unpassendsten Moment sprichwörtlich Knüppel zwischen die Füße.
In Frankreich spielt vor allem Florin seine Fähigkeiten aus und bringt damit Schwung in die Ermittlungen. Die Schikanen von Lebranc steckt er kommentarlos weg. Er weiß, dass ihm die Zukunft gehören wird.
Gekonnt werden die Heucheleien und Spitzfindigkeiten der Politik entlarvt. Das beginnt schon damit, dass der Herr Minister glaubt, dass er über den Dingen steht. Dann führt der Fall in die Rüstungsindustrie. Ein gemeinsames Projekt zwischen Frankreich und Deutschland und eine neue Fabrik in den Niederlanden sollen Exportbeschränkungen für Rüstungsgüter aushebeln.
Ab und an erlaubt mir der Autor einen Blick in die Gedankenwelt der Täter, allerdings nur in die der Handlanger, denn die Hintermänner bleiben fast bis zum Schluss im Dunkeln.
Natürlich darf de Bodts Sarkasmus nicht fehlen, wie das Eingangszitat zeigt. Allerdings kann das Yussuf genauso gut. Das liest sich dann so:

"...Yussufs Augen schienen einer Fliege zu folgen. Aber natürlich versprühten die im Büro jede Menge Glyphosat, weil das Zeug ja so gesund war..."

Die kleinen Sticheleien im Team von de Bodt lockern die angespannte Atmosphäre auf. De Bodt kontert dabei gern mit Aussprüchen bekannter Philosophen.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Autor versteht es nicht nur, fesselnd zu erzählen, er ermöglicht auch einen Blick hinter die Kulissen der Politik und entlarvt manche Scheinheiligkeit.

Veröffentlicht am 17.07.2018

Gipfeltage in Hamburg

Die Welt im Viertel
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„...Das heißt aber nicht, dass es richtig ist, ebenfalls Menschen zu töten. Ich will eine gerechte Welt, und in der soll niemand erschossen werden...“

In wenigen Tagen soll in Hamburg der G20-Gipfel stattfinden. ...

„...Das heißt aber nicht, dass es richtig ist, ebenfalls Menschen zu töten. Ich will eine gerechte Welt, und in der soll niemand erschossen werden...“

In wenigen Tagen soll in Hamburg der G20-Gipfel stattfinden. Das sorgt auch in Neles Zeitungsredaktion für Stress. Nele wohnt im Viertel und erlebt die Vorbereitungen der Polizei hautnah.
Am Tag vor den Gipfel wird von der Polizei eine Straßenblockade geräumt. Dabei stürzt Sven, ein Freund von Neles Sohn Cairo, fällt nach eine Tritt auf den Rücken ins Koma und stirbt in der Nacht. Am nächsten Tag wird eine Polizistin erschossen. Sie war zusammen mit Wiebke zu einem Einsatz abkommandiert worden.
Der Autor hat einen spannenden und brisanten Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Mehrere Handlungsstränge verlaufen parallel. Zum einen erwarten Cairo und seine Freunde, dass Ermittlungen zum Tode von Sven aufgenommen werden. Zum anderen versuchen Hauptkommissar Werner Jensen und Wiebke den Mörder der Polizistin zu finden. Leiter der SOKO ist allerdings Moser. Nicht zuletzt erfahre ich, was während nach nach dem Gipfel auf den Straßen im Viertel abgeht.
Der Schriftstil ist dem Genre angemessen. Er unterstützt die fesselnde Handlung, lässt Raum für private Probleme und integriert gut ausgearbeitete Dialoge.
Als in der Redaktion eine Mail mit brisanten Inhalt eingeht, die den Mord an der Polizistin auf den Tod von Sven zurückführt, stehen Nele und ihre Mitarbeiter plötzlich im Fokus der Ermittlungen von Moser. Der möchte schnell den Täter präsentieren und setzt dabei notfalls rechtsstaatliche Regelungen außer Kraft. Jensen allerdings recherchiert im privaten Umfeld der Polizistin und stößt dort auf ein paar Merkwürdigkeiten. Die Schlussfolgerung liest sich so:

„...Unser Auftrag ist es, herauszufinden, ob der Mörder aus dem Umfeld der Toten stammt, aus persönlichen Motiven getötet hat und den Gipfel nur genutzt hat, um eine falsche Fährte zu legen...“

Sehr ausführlich und fundiert werden in den Dialogen die Geschehnisse rund um den Gipfel aufgearbeitet. Das Eingangszitat stammt von Nele. Obwohl von fast allen der Sinn des Treffens infrage gestellt wird, bleibt ein Ziel erhalten:

„...Wer redet, der schießt nicht. Das ist das Wichtigste überhaupt - Krieg zu verhindern...“

Sowohl in der Redaktion als auch in Cairos Freundeskreis werden die Ereignisse sehr kontrovers diskutiert. Es reicht von radikalen Äußerungen bis zu sachlichen und ausgleichenden Meinungen. Gerade Nele zeichnet sich durch ein realistisches Herangehen aus.
Immer wieder eingestreut werden kurze Absätze, die belegen, was die Gipfeltage für die Bewohner bedeutet haben. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Sicherheitskräfte völlig überfordert waren und deshalb Fehlentscheidungen die Regel und nicht die Ausnahme waren.
Der Schwerpunkt der Handlung beginnt einen Tag vor dem Gipfel und endet drei Tage nach dessen Ende. Kurze Kapitel mit Angabe der Uhrzeit fördern den Lesefluss.
Als besonderes inhaltliches und stilistisches Mittel hat der Autor jeden Tag mit einem kursiven Text begonnen. Dort wird an sehr konkreten Beispielen gezeigt, welche Folgen unsere großzügige Lebensweise für Menschen in anderen Teilen der Welt hat.
Sehr gut fand ich ebenfalls die während der Ermittlung eingeflossenen Informationen zur Sicherheit von Computern. Sie sind allgemeinverständlich und gut nachvollziehbar.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Auch wenn ein Teil davon schriftstellerische Freiheit ist, wie der Autor im Nachwort erläutert, zeigt es ein völlig andere Sicht auf das Gipfelgeschehen wie die normalen Massenmedien.

Veröffentlicht am 15.07.2018

Bienes persönlichster Fall

Tote Bosse singen nicht
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„...Mein Arm ist eingegipst und ich kann mich im Bett nicht drehen. Ich wünsche mir geradezu, die Bewusstlosigkeit würde mich wieder übermannen...Aber nie wird man bewusstlos, wenn man es braucht...“

Um ...

„...Mein Arm ist eingegipst und ich kann mich im Bett nicht drehen. Ich wünsche mir geradezu, die Bewusstlosigkeit würde mich wieder übermannen...Aber nie wird man bewusstlos, wenn man es braucht...“

Um ihre Detektei mehr ins Gespräch zu bringen, nimmt Biene an einem Unternehmerfrühstück in Grefrath teil. Dort spricht sie Herrn Lehmann an, der ihr mitteilt, dass er ihren Vater kannte. Er meint, sie solle sich die Umstände des Unfalls ihrer Eltern genauer anschauen und gibt ihr seine Visitenkarte. Als Biene ihn am nächsten Tag treffen will, sitzt er tot an seinem Schreibtisch. Die Polizei geht von Selbstmord aus. DAS lässt Biene natürlich keine Ruhe.
Die Autorin hat erneut einen humorvollen Krimi mit Biene und Jago geschrieben. Es ist Bienes persönlichster Fall.
Der Schriftstil wechselt zwischen ernsten und humorvollen Abschnitten. Für letzteres ist vor allem Biene zuständig, wie das Eingangszitat zeigt. Allerdings kann sie nicht ahnen, dass sie in diesem Fall in ein Wespennest sticht und sich selbst in Lebensgefahr bringt.
Dabei hat sie noch eine Reihe anderer Probleme. Ihre ansonsten resolute Oma hat Stress mit ihrem Freund Karl. Der will sie unbedingt auf eine Kreuzfahrt mitnehmen. Aber Oma will nicht.
Und dann erscheint Isabella, Jagos Schwester. Anfangs entpuppt sie sich als ziemliche Zicke. Warum sie gerade jetzt aus Argentinien nach Deutschland kommt, erfahre ich erst im Laufe der Handlung.
Bienes Freund Jochen, der Polizist ist, kann sich nur schwer mit ihrem Job anfreunden. Doch Biene möchte, dass er bedingungslos zu ihr steht. Die Dialoge arten deshalb in einen Schlagabtausch aus. Wenn Biene die Argumente ausgehen, steht sie auf, lässt Jochen sitzen und verschwindet.
Plötzlich erhält Biene einen lukrativen Auftrag für ihre Datei. Das würde aber bedeuten, dass sie sich nicht mehr um Lehmanns Tod und die Hinterlassenschaft ihres Vaters kümmern kann. Als sie von einem Auto angefahren wird, nehmen ihre Ermittlungen Fahrt auf. Jetzt fühlt sie sich persönlich herausgefordert. Natürlich tritt sie wieder in das eine oder andere Fettnäpfchen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Das liegt auch an so manchen kleinen, aber feinen Episoden, die trotz allem Ernsts eine Prise Humor enthalten.