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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.12.2017

Allein in London

Im Labyrinth von London
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„...Manchmal musste man tun, was man für richtig hielt, auch wenn es womöglich etwas anderes war, als alle anderen wollten...“

Wir schreiben das Jahr 1403. Jakob ist mit seinem Vater, dem Kaufmann Henning ...

„...Manchmal musste man tun, was man für richtig hielt, auch wenn es womöglich etwas anderes war, als alle anderen wollten...“

Wir schreiben das Jahr 1403. Jakob ist mit seinem Vater, dem Kaufmann Henning Thidemann, auf den Weg nach London. Er soll den Vater ins Kontor der Hanse begleiten und dann für einige Monate bei einem Tuchmacher in die Lehre gehen. Doch das Schicksal will es anders. Kaum in London angekommen, ist Jakob plötzlich auf sich allein gestellt, denn sein Vater wird des Mordes beschuldigt.
Der Autor hat einen spannenden Jugendroman geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.
Der Schriftstil ist leicht verständlich. Dazu trägt bei, dass die historischen Fakten und Zusammenhänge gut erklärt werden. Schon auf der Schiffsreise wird deutlich, dass es zwischen den Kaufleuten und der Besatzung große Unterschiede gibt. Das zeigt sich insbesondere bei der Auseinandersetzung von Jakob mit dem Schiffsjungen.
Bei den Gesprächen von Jakob mit einem Vater werden die Vorteile der Hanse für die Kaufleute gut herausgearbeitet. Im Stalhof in London wird deutlich, dass auch die deutschen Kaufleute einander nicht immer grün sind. So gibt vor allem unter den Jüngeren Auseinandersetzungen zwischen denen der Hanse und den Kölnern, die den Stalhof einst bauten. Da die Engländer den deutschen Kaufleuten ihre Privilegien neiden, gelten im Stalhof exakte Regeln.
Nach den Anschuldigungen gegen seinen Vater verlässt Jakob den Stalhof und taucht in London unter. Dabei fällt das Eingangszitat. Um Überleben und vielleicht sogar seinem Vater helfen zu können, muss Jakob lernen, anderen zu vertrauen, auch wenn ihn sein Vertrauen auf dem Schiff fast in Lebensgefahr gebracht hat. Auf seinen Wegen kommt er mit den dunklen Seiten der Stadt in Berührung. Er begreift, wie privilegiert er bisher war. Allerdings wird auch deutlich, dass das Leben der Kaufleute ebenfalls kein Zuckerschlecken ist. Der Verlust der Ware stellt deren Existenz häufig infrage. Sollte Jakobs Vater verurteilt werden, gehört die Familie ab sofort zu den Ausgestoßenen.
Als Gegenpol zu Jakob gibt es den Protagonisten Jan. Er ist nur wenig älter als Jakob, hat aber weder die Chance, eine Handwerk zu lernen, noch je in die besseren Stände aufzusteigen. Das liegt an seiner Herkunft. Als Slawe sind ihm viele Wege verbaut. Er träumt deshalb von eine Karriere als Seeräuber, blendet aber bewusst die Gefahren aus.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sehr gut herausgearbeitet wurde Jakobs innere Entwicklung. Er hat begriffen, dass Äußerlichkeiten und Besitz nicht entscheidend sind. Er hat Hilfe erfahren von einer Seite, von der er sie so sicher nie erwartet hätte.

Veröffentlicht am 18.12.2017

Ethische Fragen, verpackt in eine spannende Handlung

Duplik Jonas 7
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„...Aber wie kann eine Frau es heute noch verantworten, ein möglicherweise behindertes Kind in die Welt zu setzen?...“

Wir befinden uns in der Welt der Zukunft. Eine Liga von Staaten kontrolliert die ...

„...Aber wie kann eine Frau es heute noch verantworten, ein möglicherweise behindertes Kind in die Welt zu setzen?...“

Wir befinden uns in der Welt der Zukunft. Eine Liga von Staaten kontrolliert die Welt. Die eigene Bevölkerung wird in Kategorien geteilt. Wer es sich leisten kann, hält sich einen Duplik. Er sorgt dafür, dass bei Erkrankung die entsprechenden Organe und Körperteile zur Verfügung stehen.
Jonas, dessen Vater zur Oberschicht gehört, hat sich darüber nie Gedanken gemacht. Doch nach einem Autounfall verliert er das Augenlicht. Ihm werden die Augen seines Dupliks implantiert.
Die Autorin hat eine ergreifende Erzählung geschrieben. Letztendlich geht es dabei um die Frage, wann ein Mensch ein Mensch ist und welche ethischen Regeln wir uns in der Zukunft geben wollen.
Die dargestellte Gesellschaft ist stolz darauf, dass eine Ethikkommission über wichtige Fragen entscheidet. Doch mit der Genehmigung von Dupliks wird diese Kommission zur Farce, denn diese sind eigentlich Zwillinge ihres Gegenüber.
Der Schriftstil ist dem Inhalt angemessen. Anfangs schwingt bei Jonas noch eine Spur Humor mit, aber die vergeht ihm bald. Sehr detailgenau wird dargestellt, wie die Dupliks in sogenannten Horten aufwachsen. Ihre Bildung wird auf ein Minimum reduziert. Gesundbleiben ist alles. Immer vier Personen bilden ein Kleeblatt. Zwischen ihnen entstehen tiefgreifende Beziehungen. Mitgefühl und Hilfsbereitschaft sind an der Tagesordnung. Ihren eigentlichen Zweck kennen sie genau so wenig, wie das Leben außerhalb des Hortes. Mögliche Organentnahmen werden mit eigener Krankheit begründet. Außerdem gilt auch hier, dass das Zusammenleben wirtschaftlich optimiert werden soll.
Zu den sprachlichen und inhaltlichen Höhepunkten gehören die fein ausgearbeiteten Dialoge. Jonas` Freund Mehmet ist selbst behindert. Er leidet an einer genetisch bedingten Erkrankung, weil sich seine Mutter einem Gentest verweigert hat. Damals war das noch möglich, mittlerweile nicht mehr. Mehmet sucht nach Möglichkeiten, durch Eingriffe in die Keimbahn solche Krankheiten zu vermeiden. Er macht Jonas, klar dass die Duplikathaltung ein Verbrechen ist.
Das Eingangszitat stammt von Jonas. Es fällt im Gespräch mit seiner Schwester Ilka. Ilka lehnt sich nicht nur gegen ihren Vater, sondern auch gegen die vorherrschende Meinung auf. Leider vertritt sie dabei aber selbst einen radikalen Standpunkt. So äußert sie gegenüber Jonas 7, Jonas` Duplikat, den folgenden Satz.
„...Alleinsein ist die Grundbedingung der Freiheit...“
Jonas 7 aber ist bisher in Gemeinschaft aufgewachsen und hat das als wohltuend empfunden. Er sehnt sich nach seinen Freunden. Außerdem kennt Ilka bei der Durchsetzung ihrer Ziele keine Skrupel.
In einem Brief wird deutlich, welch psychische Anspannung es für die Frauen bedeutet, die mit den Duplikats zu tun haben. Sie sehen sie aufwachsen. Für sie sind sie Menschen, keine Dinge.
Die ganze Brisanz des Geschehens wird in dem Satz von Jonas 7 deutlich, den er in einer Videobotschaft übermittelt:
„...Ich bin stolz, kein Mensch zu sein...“
Das Ende der Geschichte ist offen. Das ist gut so, denn alles andere wäre unglaubwürdig.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es legt dar, dass nicht alles, was möglich ist, auch ethisch vertretbar ist. Dabei werden Probleme angesprochen, die heute schon auf der Tagesordnung stehen. Die Geschichte mahnt zur Wachsamkeit und ist nicht zuletzt den jugendlichen Lesern zu empfehlen.

Veröffentlicht am 17.12.2017

Spannend geht es weiter

Codename E.L.I.A.S. - Doppelschlag
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„...Du und Brianna, ihr seid keine Freunde, sondern du bist das Dynamit und sie die brennende Zündschnur. Ihr beide zusammen in einem Raum seid hochgefährlich...“

Michael, Matt, Mike und Brianna haben ...

„...Du und Brianna, ihr seid keine Freunde, sondern du bist das Dynamit und sie die brennende Zündschnur. Ihr beide zusammen in einem Raum seid hochgefährlich...“

Michael, Matt, Mike und Brianna haben sich in Michaels Loft getroffen. Da klopft es an die Tür. Es ist Daniel, Michaels Bruder. Er wurde vom eigenen Vater halbtot geschlagen, weil er ihm mitgeteilt hat, dass er homosexuell ist. Neben seinen anderen Problemen muss sich Michael nun auch um Bruder und Mutter kümmern, denn letztere erscheint wenig später. Eine Geheimorganisation E.L.I.A.S. hat Michael seine Identität genommen und ihn zur Zusammenarbeit aufgefordert. Kontaktmann ist sein ehemaliger CIA – Partner Harvey. Der hat nun den ersten Auftrag für ihn.
Auch der dritte Teil der Serie lässt nichts an Spannung vermissen. Der Schriftstil lässt sich nicht nur angenehm lesen. Er sorgt für Abwechslung und hält auf gekonnte Art den Spannungsbogen hoch.
Michael bekommt gleich beim ersten Mal gezeigt, dass sein Partner über Leichen geht. Dabei ist unklar, ob das im Auftrag der Organisation geschieht oder ob Harley sein eigenes Süppchen kocht. Auch Brianna ist nicht bereit, sich aufs Nebengleis schieben zu lassen. Als die Inhaftnahme eines Kleinkriminellen durch Luke und Brianna aus dem Ruder läuft, hat Michael nicht nur einen neuen Mitbewohner, sondern auch Probleme mit der kolumbianischen Drogenmafia. Hinzu kommt, dass Michael das Tun und Lassen von Harley durch eigene Aktivitäten hinterfragt, denn hier gibt es mehr offene Fragen als Antworten.
Selbst in den gefährlichsten Situationen ist es mit den Händen greifbar, wie es immer noch oder wieder zwischen Michael und Brianna knistert. Lukes Eingangszitat bringt die Lage genau auf den Punkt.
Sehr exakt ausgearbeitete Dialoge sorgen für einen schnellen Fortgang der Handlung und für die Analyse von Hintergründen.
Der Thriller hat mir ausgezeichnet gefallen. Das liegt auch daran, dass jeder der Protagonisten eine eigene besondere Persönlichkeit ist.

Veröffentlicht am 16.12.2017

Fesselnder Krimi

Nebelgift
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„...Na ja, ich formuliere es mal so: Wenn ich eins gelernt habe als Detektiv, dann, dass die meisten Dinge anders sind, als sie scheinen...“

Konrad Kümmer, bis vor wenigen Tagen Privatdetektiv, wird zwangsgeräumt. ...

„...Na ja, ich formuliere es mal so: Wenn ich eins gelernt habe als Detektiv, dann, dass die meisten Dinge anders sind, als sie scheinen...“

Konrad Kümmer, bis vor wenigen Tagen Privatdetektiv, wird zwangsgeräumt. Ein Gutachten besagt, dass das Haus einsturzgefährdet ist. Vier Tage bleiben ihm noch in seiner Wohnung. Außerdem tritt er heute seinen neuen Job als kriminaltechnischer Angestellter bei der Frankfurter Kripo an. Es ist seine erste Festanstellung. Besorgt hat ihm die Stelle sein Freund Oskar Leitner, der nach einer beruflich bedingten Auszeit wieder als Kriminalkommissar bei der Kripo arbeitet. Die Dritte im Bunde ist Kriminaloberkommissarin Ina Kantelberg.
Der erste Fall lässt nicht lange auf sich warten Nancy, eine Schülerin, wurde in der vergangenen Nacht betäubt und ausgeraubt. Sie glaubt zu wissen, wer der Täter war. Doch dann kommt noch eine Vermisstenanzeige rein. Vera, ebenfalls Schülerin, ist nicht nach Hause gekommen.
Die Autorin hat einen fesselnden und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Den Entführer lerne ich schon im Prolog kennen. In gewissen Abständen darf ich sein Tun und Handeln verfolgen. Zwei Dinge aber bleiben lange im Dunkeln. Das ist zum einen sein Motiv. Es blitzt nur kurzzeitig in seinen Gedanken auf, wird aber nie ausformuliert. Zum zweiten ist unklar, was er mit dem entführten Mädchen eigentlich vor hat.
Schnell stellt sich heraus, dass Konrad und Ina eine völlig unterschiedliche Sicht auf den Fall haben. Klar ist, das beide es lernen müssen, miteinander zu arbeiten und auszukommen. Ina hält Nancy Hinweis für schlüssig und macht sich auf die Spur nach dem Täter. Konrad antwortet ihr mit dem Eingangszitat.
Nebenbei geht Konrad eigenen Ermittlungen nach. Vor zwei Monaten gab es einen Anruf bei der Kripo, dass jemand gesehen hat, wie eine Leiche abgeladen wurde. Die Ermittlungen verliefen im Sande. Der Tote wurde nie gefunden. Als dabei der Name des Stadtdezernenten Jäckel fällt, wird Konrad hellhörig. Er ist der Vermieter seine Hauses. Plötzlich deutet sich an, das die sogenannten Risse nur eine Finte sein könnten, um ein großangelegten Immobiliendeal in Gang zu setzen. Als Detektiv hat es Konrad gelernt, ungewöhnliche Wege zu gehen. Hartnäckig bleibt er Jäckel auf den Fersen.
Zu den sprachlichen und stilistischen Höhepunkten gehören für mich die Verhöre. Nicht nur die dabei angewandte Taktik, auch die gekonnte Fragestellung machen das Lesen zum Vergnügen.
Sehr gut herausgearbeitet werden die Emotionen der Protagonisten, sei es Veras Angst und ihr Freiheitsdrang, Kümmers Sehnsucht, in der gewohnten Umgebung bleiben zu dürfen, oder Inas kurzzeitiges Gefühl der Machtlosigkeit, bevor die geübten Reflexe funktionieren. Nicht zu vergessen ist die Arroganz Jäckels. Er glaubt, unangreifbar zu sein und spielt seine Macht aus.
Der Krimi hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin versteht es, einen hohen Spannungsbogen mit einem tiefen Blick in die Psyche ihrer Protagonisten zu verknüpfen.

Veröffentlicht am 15.12.2017

Der Weg aus der Sucht

Flaschenpost
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„...Ich lebte bei meinen Eltern, weil ich die Miete versoffen hatte, und war nicht zur Arbeit gegangen.Ich saß hier in der Bahnhofskneipe, die echt das Letzte vom Letzten war, und war dabei, mich zu betrinken. ...

„...Ich lebte bei meinen Eltern, weil ich die Miete versoffen hatte, und war nicht zur Arbeit gegangen.Ich saß hier in der Bahnhofskneipe, die echt das Letzte vom Letzten war, und war dabei, mich zu betrinken. Ich war Alkoholiker. Stimmte...“

Obiges Zitat stammt von Paul Schlosser. Er ist jetzt an dem Punkt angekommen, wo er erkennt, was wirklich mit ihm los ist. Diese Erkenntnis soll zur Wende in seinem Leben werden.
Der Autor beschreibt in seinem Buch das Leben des Paul Schlosser. Er lässt den Protagonisten selbst erzählen. Das geschieht nicht in zeitlicher Reihenfolge. Während Paul in der Phase der Entgiftung ist, gehen seine Gedanken zurück in verschiedene Zeitpunkte seines Lebens. Mit diesen zeitlichen Sprüngen hatte ich allerdings keine Probleme, da sie schlaglichtartig die bisherige Entwicklung skizzierten.
Der Schriftstil des Buches ist über weite Teile sachlich. Es wird deutlich, das Paul in seiner Lebensführung unsicher ist. Er verfügt nur über ein schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Während seiner Lehre als Kellner gehörte es zum guten Ton, regelmäßig Alkohol zu trinken. Selbst beim Bund konnte er die Finger nicht von alkoholischen Getränken lassen. Einige Zeit danach folgt seine erste Therapie. Detailgenau beschreibt er ihren Ablauf. Doch viele der Angebote sind für ihn nur Pflichtübungen. Immer noch ist er der Meinung, dass er seinen Alkoholkonsum steuern kann, wenn er das will. Wieder auf sich allein gestellt, lernt er Ingrid kennen. Durch sie verringert sich zwar seine Trinkmenge, dafür beginnt er zu kiffen. Als Ingrid von einem Tag auf den anderen verschwunden ist, betäubt er sich erneut mit Alkohol.
Im Jahre 1979 kommt es zur Wende, die mit obiger Erkenntnis beginnt. Ein verständnisvoller Arzt ermöglicht ihm die Entgiftung im häuslichen Bereich. Im Schloss Falkenstein schließt sich die Reha an. Sehr gut wird dargestellt, wie sich seine Einstellung gegenüber den Angeboten geändert hat. Auch jetzt macht ihm nicht jede Therapie Spaß, doch er sieht sie als Chance, sich auszuprobieren und neue Fähigkeiten zu testen. Hinzu kommt, dass er es lernt, sich gegenüber den anderen Patienten zu öffnen, seinen Standpunkt zu vertreten, offensiv und sachlich auf Kritik zu reagieren und Aufgaben zu übernehmen. Vor der Therapie hatte er Britta kennengelernt. Er hofft auf eine Beziehung. Sie aber verspricht ihm nichts, denn sie ist ein gebranntes Kind.
Geschickt werden in die Handlung weitere Schicksale eingebunden, die den Lebensweg des Protagonisten kreuzen..
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt an einem sehr persönlichen Beispiel, dass nur eigene Einsicht und der Wille, sich zu ändern, eine Chance bieten, mit der Krankheit vernünftig leben zu können, denn Alkoholismus ist eine Krankheit, die nicht heilbar ist. Sie verlangt lebenslange Abstinenz.