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Veröffentlicht am 03.07.2017

folgen des Schweigens

Im Licht der Nebensonnen
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„...Vom östlichen Horizont aus breitete sich durchsichtiges Licht wie orangefarbenes Puder über die Wölbung des Himmels, darunter segelten gelbe und weiße Wolkenbänke, die sich über Davids Kopf in kleine ...

„...Vom östlichen Horizont aus breitete sich durchsichtiges Licht wie orangefarbenes Puder über die Wölbung des Himmels, darunter segelten gelbe und weiße Wolkenbänke, die sich über Davids Kopf in kleine Schäfchenwolken auflösten...“

David ist Lehrer. Nach dem Tod des Großvaters und der Trennung von seiner langjährigen Freundin Ellen braucht er Luftveränderung. Deshalb hat er sich um eine Stelle in Husum beworben und tritt diese nun an. Bei seiner Ankunft blockiert er den Parkplatz von Louise Brodersen. Sie herrscht ihn wutentbrannt an. Als David wenige Tage später zur Weiterbildung auf eine Halling geschickt wird, trifft er Louise wieder.
Die Autorin hat eine tiefgründige Gegenwartsgeschichte geschrieben. Das Besondere daran ist, dass die Erzählung Parallelen zu einer Novelle von Theodor Storm nutzt.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Louise, die mir im ersten Moment als starke Frau erscheint, wird sich im Laufe der Geschichte sehr verändern. Sie ist mit einem Pastor verheiratet, selbst nicht gläubig, hat aber bei ihm ein Heim für sich und ihre drei Kinder gefunden. Die beiden Älteren hat sie mit in die Ehe gebracht. Es zeigt sich schnell, dass sie über wenig Selbstbewusstsein verfügt und im privatem Bereich jede Auseinandersetzung scheut.
David bringt sich aktiv in der Schule ein. Doch seine Ideen finden bei der Rektorin kaum Gegenliebe. Er will mit seinen Schülern Kunstwerke zum Thema „Gift für die Demokratie – gibt es das?“ gestalten und wird zurückgepfiffen. Die Rektorin beruft sich, auch gegenüber anderen Kollegen, auf ihr Weisungsrecht und verdeckt damit eigene Leitungsschwächen.
Der Sprachstil des Buches ist sehr ausgereift. Das zeigt schon das obige Zitat. Die Beschreibung der Landschaft und der Natur auf der Insel geschieht durch passende Metapher. Dadurch wird der Widerspruch zwischen der Schönheit der Natur und dem durch Zerrissenheit gekennzeichneten Familienleben von Louise besonders betont. Hier dominiert Ruhe und Ausgeglichenheit, dort Ängste und Verbitterung. Der Stein des Anstoßes ist Louises Schwester Charlotte, die seit 3 Monaten im Pfarrhaus wohnt. Louise war dagegen. Aber ihr Mann meinte, dass man Charlotte nach ihrer Rückkehr aus der Heimat aus christlicher Nächstenliebe ein Heim bieten müsse. Er ahnt nicht, dass damit der Anfang vom Ende alles dessen beginnt, was ihnen wichtig ist. David fühlt sich von Louise gleichzeitig angezogen und abgestoßen. Doch noch wird sein Handeln durch die Worte seines Großvaters bestimmt, der für Ehebruch keinerlei Verständnis hätte. Davids Leben wurde vom Großvater dominiert. Er war für David Stütze und Halt, denn das Verhältnis zur Mutter war schwierig. Er war der ungewollte Sohn. Nun vergleicht David das Verhalten seiner Mutter ihm gegenüber mit dem Verhalten von Louise gegenüber dem Sohn Henry.
Die Autorin lässt mich tief in die Psyche ihrer Protagonisten blicken. Während David sich nach und nach von seiner Vergangenheit löst, steuert Louises Weg erst einmal auf eine Katastrophe zu. Fast völlig ausgespart allerdings bleibt das Innenleben von Godber, dem Pastor, und Charlotte. Die beiden lassen sich nur durch ihre Handlungen einschätzen. Der Vergleich mit der Tragik der Novelle von Theodor Storm durchzieht die Geschichte wie ein roter Faden. Über weite Strecken liegt über der Erzählung eine düstere und bedrückende Atmosphäre. Es sind Episoden zweier Lebensgeschichten, die hier miteinander verwoben werden.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Das liegt unter anderem an dem Schriftstil, der gekonnt die komplexe Situation in all ihrer Vielfalt wiedergibt. Zum anderen zeigt die Erzählung erneut, dass Schweigen und Ertragen nie das richtige Mittel der Wahl ist. Auch der unterschiedliche Umgang mit Schuld wurde gekonnt thematisiert.

Veröffentlicht am 03.07.2017

Einfühlsam und voller Hoffnung

Wo der Regenbogen anfängt ...
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Die Ich – Erzählerin Maeve ist 17 Jahre alt, als sie ihren Urlaub bei Onkel und Tante in Irland verbringt. Dort verlässt sie kurz vor ihrer Abreise heimlich ihren Freund. Bei der nächtlichen Rückkehr fällt ...

Die Ich – Erzählerin Maeve ist 17 Jahre alt, als sie ihren Urlaub bei Onkel und Tante in Irland verbringt. Dort verlässt sie kurz vor ihrer Abreise heimlich ihren Freund. Bei der nächtlichen Rückkehr fällt das Handy ins Wasser. Die Kontaktdaten sind verloren.
Dann vergehen vier Jahre. Maeve ist mittlerweile Vollwaise. Ihre 10jährige Schwester Niamh liegt mit Leukämie auf der Onkologiestation des Krankenhauses in Berlin. Gerade hat Maeve die Nachricht erhalten, dass sie als Spender für Niamh nicht in Frage kommt.
Doch Niamhs Gesundheitszustand hat sich soweit stabilisiert, dass der Professor eine 8tägige Reise nach Dublin befürwortet. In Dublin soll dann die Behandlung fortgesetzt werden.
Die Autorin hat eine berührende Geschichte über zwei Schwestern geschrieben. Die Erzählung hat mich schnell gefesselt.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Das ist zum einen die Oma der beiden. Die lebenskluge Frau hat immer ein Ohr für ihre Enkel und kann jeder Situation noch etwas Gutes abgewinnen.
Maeve hat nach dem Tod der Eltern die Schule abgebrochen, um für ihre Schwester da zu sein. Das liebevolle Verhältnis der beiden zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.
Niamh ist trotz ihrer Krankheit ganz Kind geblieben. Natürlich macht sie während der Chemo harte Zeiten durch. Das wird auch nicht verschwinden, soweit es die Handlung tangiert. Trotzdem hat sie ihren Humor, ihre Neugier und ihre Hoffnung auf eine gesunde Zukunft nie aufgegeben.
Der Schriftstil des Buches ist abwechslungsreich. Die Reise der beiden wird sehr detailliert beschrieben. Ich darf die Schönheit der Landschaft, die ich zum Teil selbst kenne, an meinen Augen vorbeiziehen lassen. Treffende Metapher und gekonnt eingesetzte Adjektive sorgen für die bildhafte Sprache. Andererseits wird deutlich, in welchem Dilemma Maeve steckt. Einerseits möchte sie Niamh viele bleibende und ablenkende Erlebnisse bescheren, andererseits muss sie aufpassen, ihre Schwester kräftemäßig nicht zu überfordern. Eine schwierige Balance ist es auch, jemand anderes hilfreich unter die Arme zu greifen und sich selbst helfen zu lassen. Maeve ist immer für ihre Schwester da. Als es ihr selbst nicht gut geht, weigert sie sich aber, über ihre Befindlichkeiten zu sprechen. Glücklicherweise ist Niamh nicht auf den Mund gefallen und macht ihr klar, was sie davon hält.
Zwei stilistischen Besonderheiten hat die Autorin eingearbeitet. Das ist zum einen Niamhs Tagebuch. Hier erfahre ich die Geschichte aus ihre Sicht – und die kann durchaus etwas anders sein als die der Schwester. Der kindlich lockere Schreibstil ist besonders eindrucksvoll – sowohl bei positiven als auch negativen Erlebnissen. Das zweite Stilmittel ist ein Traum, den beide Mädchen auf ähnliche Art an einem zauberhaften See haben. Er gibt mir als Leser das Gefühl, dass Niamh Hilfe werden wird. Besonders gefallen haben mir die Gespräche der Schwestern. Niamhs Wortspiele und Wortverdrehungen lockern den Ernst der Handlung auf und haben mich häufig zum Schmunzeln gebracht.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der liebevolle Umgang der Protagonisten miteinander, der teilweise ernste, teilweise romantische Schriftstil und der feine Humor, der sich durch die Erzählung zieht, haben dazu beigetragen.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Berührender Briefroman

Die kleinen Sterne leuchten immer - Briefe einer Sternenkindmutter
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„...Sie wird für immer meine süße kleine Tochter sein. Sie ist für mich ein kleiner Engel der kurz mit seinen Flügeln die Erde berührt hat...“

Eine Frau schreibt Briefe an ihre verstorbene Mutter. Die ...

„...Sie wird für immer meine süße kleine Tochter sein. Sie ist für mich ein kleiner Engel der kurz mit seinen Flügeln die Erde berührt hat...“

Eine Frau schreibt Briefe an ihre verstorbene Mutter. Die Art der Briefe zeigt, wie sehr sie ihre Mutter vermisst und wie vertrauensvoll das Verhältnis zu Lebzeiten gewesen sein muss.
Anfangs geht es um alltägliche Freuden und Probleme mit ihrem Mann Torben und den kleinen Sohn Fynn.
Dann wird sie unerwartet schwanger geworden. In den Briefen schwingt die Freude auf das zu erwartende Kind mit. Doch eine Ultraschalluntersuchung bringt zeigt, das das Kind außerhalb des Mutterleibs nur wenige Tage leben wird. Es hat eine schwere Behinderung.
Die nun folgenden Brief zeigen den inneren Kampf um die richtige Entscheidung. Soll sie das Kind abtreiben oder austragen?
Diese Briefe sind getragen von der Suche nach Hilfe und Antwort, der Reflexion, was die Mutter ihr wohl empfehlen würde. Dabei wird auch immer wieder die Frage berührt, was für das Kind das Beste ist. Und sie hat Schuldgefühle, dass ihr Verhalten die Krankheit bewirkt haben könnte. Unterhaltungen mit Ärzten, die Hinwendung zu einer Gruppe Betroffener und intensive Gespräche in der Familie helfen bei der Entscheidung. Sehr ausführlich werden die Gefühle für das Ungeborene wiedergegeben. Am Ende siegt die Liebe. Sie spürt ihr kleines Mädchen und hofft, es in den Armen halten zu dürfen. Wichtig finde ich, dass sie in den Briefen darauf hinweist, dass jeder in dieser Situation selbst seinen Weg, ob Abtreibung oder Austragung, finden muss. Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Freunde und Nachbarn stehen ihnen in der kommenden Zeit zur Seite.
Zwei Tage dürfen sie ihr kleines Mädchen bei sich haben. Dann müssen sie es abgeben in die Ewigkeit. Diese Formulierung habe ich bewusst gewählt, denn ich fand es berührend, wie stark der Glaube in den Briefen zum Ausdruck kommt, dass die Großmutter auf ihr Enkelkind wartet.
Bis zur Geburt ist die Familie zusammengewachsen. Auch Fynn durfte seine kleine Schwester kennenlernen und von ihr Abschied nehmen, als sie noch lebte. Doch die Zeit der Trauer bringt Probleme. Jeder trauert anders und hat andere Erwartungen an die Zukunft.
Die Schreiberin der Briefe sucht sich professionelle Hilfe, weil sie weiß, das sie für ihren kleiner Sohn und die Familie wichtig ist. Langsam findet sie ins Leben zurück. Damit ist die Trauer nicht vorbei, aber sie dominiert nicht mehr den Alltag.
Der Schriftstil der Briefe ist sehr ehrlich. Gleichzeitig erfahre ich als Leser dadurch eine Menge über die Vergangenheit und die Werte, die ihr von den Eltern vermittelt worden sind.
Mit bewegenden Worten schildert sie ihren inneren Kampf, ihre Sorgen, ihre Zweifel. Ein besonderes Zeichen ihres psychischen Zustands sind die Grußworte, die genau wie die Anrede in Schreibschrift wiedergegeben werden.
Drei Briefe schreibt sie auch an ihr Sternenkind. Das lässt sie dann aber, weil es sie innerlich zu sehr aufwühlt.
Das Buch hat mich tief berührt. Der Briefroman ist ein großartiges Dokument von Menschlichkeit und Ehrfurcht vor dem Leben. Mit einem zitat aus der Zeit der Schwangerschaft möchte ich abschließen:
„...Nun spüre ich meine Tochter in mir, sie lebt in mir...Sie gibt mir ihre Liebe...Manchmal ist es wie ein Gespräch zwischen uns. Ohne Worte, aber mit viel Gefühl...“

Veröffentlicht am 01.07.2017

Tiefgründig und bewegend

Solange die Hoffnung uns gehört
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„...Musik richtete nicht, fragte nicht, klagte niemanden an. Sie war einfach da. Mal leise, oftmals laut, fröhlich und ausgelassen konnte sie sein, dann wieder schwermütig und einfühlsam, voller Schmerz. ...

„...Musik richtete nicht, fragte nicht, klagte niemanden an. Sie war einfach da. Mal leise, oftmals laut, fröhlich und ausgelassen konnte sie sein, dann wieder schwermütig und einfühlsam, voller Schmerz. Ihre Nähe war wie eine sanfte Umarmung, die einen auffing, tröstete...“

Anni Kluger ist Sopranist an der Frankfurter Oper. Ihre 6jährige Tochter Ruth begleitet sie häufig zu den Vorstellung. Sie ist Georginas Garderobenmädchen. Das Theater ist die Welt ihrer unbeschwerten Kindheit. Doch wir schreiben das Jahr 1933. Zwar sind Annis Eltern, als sie 2 Jahre alt war, zum Protestantismus konvertiert, doch das interessiert niemand. Laut ihrem Ausweis ist sie Jüdin. Ruths verstorbener Vater war Katholik. Das macht Ruth zur Halbjüdin. Es genügt eine Pause in der Vorstellung, um Anni des Theaters zu verweisen und ihre Stellvertreterin weitersingen zu lassen. Diese hatte es mit ihren Kontakten darauf angelegt. Damit gibt es auch für Ruth die Welt des Theaters nicht mehr. Die Zeit der Unbeschwertheit ist vorbei. Freunde werden zu Feinden.
Die Autorin hat einen fesselnden, tiefgründigen und exakt recherchierten historischen Roman geschrieben. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen.
Die Personen werden gut charakterisiert. Ich möchte mich auf zwei beschränken. Das ist zum einen Georgina, der eigentlich Norbert heißt. Er wird immer der starke Freund an Annis Seite bleiben, obwohl er in der Nazizeit selbst vorsichtig sein muss. Zum anderen ist es Walter. Der Junge ist Jude, wohnt im Nachbarhaus von Anni, ist zwei Jahre älter als Ruth und teilt mit ihr die Liebe zur Musik.
Als sich alle Ausreiseversuche zerschlagen haben, nimmt Anni dir ihr gebotene Chance war und sendet Ruth 1938 mit der von Quäkern organisierten Kinderlandverschickung nach England. Da ihre Großmutter väterlicherseits Ruth Geld für die Ausbildung vererbt hat, kann sie dort ein Internat besuchen. Anni wird von den Verantwortlichen Hoffnung gemacht, dass sie ihrem Kind bald folgen darf. Als es fast so weit ist, kommt es zum Krieg zwischen Deutschland und England. Die Hoffnungen zerschlagen sich.
Das Buch ist durch einen gehobenen Schriftstil gekennzeichnet. Von der stellenweise bildhaften Sprache zeugt das obige Zitat. Für Ruth ist die Musik über viele Jahre Trost und Hilfe. Gleichzeitig verwendet die Autorin musikalische Inhalte, um Ruths Emotionen wiederzugeben. Ein jüdisches Lied, das sie oft gemeinsam mit der Mutter gesungen hat, ist wie ein Bild für Zusammenhalt und Trennung. Was das genau bedeutet, möge der zukünftige Leser selbst herausfinden. Sehr detailliert wird das Leben am Theater beschrieben. Es ermöglicht eine Freiheit und einen Freiraum, der nun nach und nach beschnitten wird. Stück für Stück lässt mich die Autorin an den gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland teilnehmen. Anni erlebt, wie die Reichskristallnacht die Situation verschärft. Jüdische Theater werden geschlossen, der Judenstern wird zur Pflicht. Doch es soll noch schlimmer kommen.
Nachdem Ruth abgereist ist, wird abwechselnd ein Kapitel aus Deutschland und eins aus England erzählt. Berührend sind die Briefe, die sich Mutter und Tochter schreiben. Doch die Zeit wirkt zermürbend. Bombenangriffe auf beiden Seiten sorgen für Angst und Schrecken. Und ob die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht schlimm genug wären, kommen noch persönliche Misstöne hinzu. Verrat ist in Deutschland an der Tagesordnung. Die Autorin zeigt aber auch, dass es Menschen gab, sich sich Barmherzigkeit und Hilfsbereitschaft bewahrt haben. Manchmal kam Hilfe von unerwarteter Seite, denn die Liebe schert sich nicht um Konventionen und politische Befindlichkeiten. Auch in England war das Leben nicht nur Sonnenschein. Die Angst um die Angehörigen, das Heimweh, die Sehnsucht nach der Mutter werden gut durch die Handlungen der Protagonisten wiedergegeben. Nicht jeder Engländer war von den deutschen Flüchtlingen begeistert. Häufig waren sie außerhalb des Internats Anfeindungen ausgesetzt. Eifersucht und Neid bleiben im Internatsleben nicht aus.
In einem ausführlichen Nachwort trennt die Autorin Realität und Fiktion. Für viele der im Roman vorkommenden Schicksale gibt es Personen, die Ähnliches erlebt haben.
Das Cover mit der in die Ferne blickenden jungen Frau weist insbesondere durch die nostalgisch wirkende Farbgestaltung auf vergangene Zeit hin.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen und erhält von mir eine unbedingte Leseempfehlung. Zu den Gründen gäbe es noch viel zu sagen. Das würde aber zum einen den Umfang dieser Rezension sprengen und zum anderen zu tief in die Handlung des Buches führen.

Veröffentlicht am 28.06.2017

Mord in dörflicher Idylle

Bernsteinblut
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Kommissar Piet Petersen wird zu einem Mord gerufen. Der 80jährige Heinrich Lüdersen wurde mit seiner Mistgabel erstochen. Auf dem Körper des Toten liegt ein Bernstein. Es soll nicht der letzte Mord in ...

Kommissar Piet Petersen wird zu einem Mord gerufen. Der 80jährige Heinrich Lüdersen wurde mit seiner Mistgabel erstochen. Auf dem Körper des Toten liegt ein Bernstein. Es soll nicht der letzte Mord in dem beschaulichen Dorf Söderbrock gewesen sein.
Die Autorin hat einen spannenden und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Piet hat sich nach dem ungeklärtem Mord an seiner Frau in die Gegend versetzen. Sein Kollege Hauke Hansen dagegen kennt sich im Dorf ausgezeichnet aus und weiß um die Befindlichkeiten der Bewohner.
Der Schriftstil ist angenehm lesbar. Die Verhältnisse in Dorf werden detailliert wiedergegeben. Als Leser lerne ich einige Bewohner und ihre Vorlieben kennen. Dazu gehört, dass es nicht alle mit der Treue genau nehmen. Die Ermittlungen zeigen, dass der Tote sehr stur sein konnte und sich mit anderen angelegt hat. Damit gab es sofort Verdächtige. Als aber der Journalist Ingo einen Artikel über ein brisantes Bauprojekt veröffentlicht, rückt ein zweites Tatmotiv in den Vordergrund. Ein besonderes Stilelement hat die Autorin für Piet ersonnen. Er sieht an jedem Toten das Gesicht seiner Frau. Erscheint es nicht, weiß er, dass der Verletzte noch lebt. Dass ihn dies allerdings psychisch belastet, ist nachvollziehbar. Ab und an findet sich eine Spur feiner Humor. So ist streit nicht gleich Streit.
Geschickt versteht es die Autorin, ab und an kleine Hinweise zu geben, die aber schnell durch den Dorfklatsch überdeckt werden. Gut ausgearbeitete Gespräche sorgen für einen Fortgang der Ermittlungen und ermöglichen mir das Mitraten. Natürlich bin ich dabei sämtlichen Um- oder Irrwegen gefolgt. Gleichzeitig wird das Bild des zuerst Getöteten differenzierter gezeichnet. Vorurteile und Heuchelei spielen eine nicht unwesentliche Rolle im dörflichen Zusammenleben.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Am Ende bleibt keine Frage zum aktuellen Fall offen, auch wenn ich das Motiv des Täters nicht nachvollziehen kann.