Platzhalter für Profilbild

mabuerele

Lesejury Star
offline

mabuerele ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mabuerele über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.11.2018

Spannend, aber das Ende befriedigt nicht

Das Auge der Ahnen
0

„...Der Plan des Häuptlings ist mir seitdem sonnenklar: Er will die Ankömmlinge in Sicherheit wiegen und dann das Schiff ausrauben, ohne dass wir es bemerken...“

Das Buch beginnt mit eine kurzen Zeitungsnotiz. ...

„...Der Plan des Häuptlings ist mir seitdem sonnenklar: Er will die Ankömmlinge in Sicherheit wiegen und dann das Schiff ausrauben, ohne dass wir es bemerken...“

Das Buch beginnt mit eine kurzen Zeitungsnotiz. Ein Schweizer Ehepaar erlebt den Rebellenüberfall auf ein Hotel auf der Südseeinsel Turaluga.
Dann wechselt die Handlung in die Schweiz. Pia leitet eine Galerie und bereitet gerade eine Ausstellung vor. Zwei Künstler stehen im Mittelpunkt. Das ist zum einen Pias Freund Martin mit seinen Knopfbildern, zum anderen die Werke von Louis Attare, einem Flüchtling aus Turaluga. Kurz nach Schließung der Galerie verlangt Dr. Reto Runami aus Turaluga Eintritt. Wenige Minuten später bricht er tot zusammen.
Zur gleichen Zeit wartet Martin auf Louis, den er persönlich noch nie getroffen hat. Der aber wird von einem Unbekannten angegriffen. Er kommt frei und folgt seinem Angreifer.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen Thriller geschrieben. Der Grundgedanke der Geschichte bietet Stoff für eine spannende Handlung.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Kurze Kapitel und schnell wechselnde Handlungsorte zeichnen ihn aus. Allerdings ist es nicht einfach, den roten Faden in der Geschichte zu finden. Außerdem bleibt lange unklar, ob die Personen wirklich die sind, für die sie sich ausgeben. Es scheint so, als würden die Konflikte der Insel Turaluga in einer Stadt der Schweiz ausgetragen.
Hinzu kommt, dass die Personen sehr gegensätzlich agieren. Einerseits ist Pia vom Konsul der Insel fasziniert, andererseits traut sie ihm nicht. Auch Pia und Martin gehen sich aus dem Weg, obwohl es für die Handlung besser wäre, sie würden miteinander reden.
Polizeilicher Ermittlungen spielen nur am Rande eine Rolle, obwohl es nicht nur eine Leiche gibt.
Als besonderes Stilmittel werden zwischendurch Ausschnitte aus Briefen eines Alois Bucher aus dem Jahre 1889 veröffentlicht. Er erzählt einem Freund von seiner Expedition auf Turaluga. Der meist sachliche Schriftstil des Botanikers vermittelt einen guten Eindruck von Land und Leuten, aber auch den Gefahren für die Forscher. Das Eingangszitat stammt aus einem der Briefe.
Gut beschrieben werden Martins Bilder. Ich habe sie vor Augen. Louis` Kunst dagegen bleibt mir fremd. Sie hört sich für mich leicht chaotisch an.
Die Autorin ist eine Meisterin in der Verschleierung der Motive und der wahren Täter. Die Auflösung am Schluss konnte mich aber leider nicht überzeugen. Das Zusammenführen der Fäden war nicht in jedem Fall schlüssig. Hier hätte ich mir mehr Sorgfalt gewünscht.

Veröffentlicht am 31.07.2018

Biblische Geschichten ins Heute übertragen

Der Fremde im Zug
0

„...Sie wollten doch die Kurzfassung. Dann ist es dieses eine Gebot. Aber um dieses Gebot herum ist praktisch die ganze Bibel entstanden: Geschichten, Gleichnisse, Psalmen...“

Der Untertitel des Buches ...

„...Sie wollten doch die Kurzfassung. Dann ist es dieses eine Gebot. Aber um dieses Gebot herum ist praktisch die ganze Bibel entstanden: Geschichten, Gleichnisse, Psalmen...“

Der Untertitel des Buches lautet: biblische Gleichnisse ins Heute übertragen. Die Idee fand ich spannend. Die Umsetzung hat mich nicht überzeugt.
Das Buch enthält zwanzig Geschichten. Einige sind gelungen. Manche sind sehr gut erzählt, passen aber nicht zu betreffenden Gleichnis. Andere Erzählungen haben mir gar nichts gesagt.
Auf einige möchte ich nun speziell eingehen.
Das obige Zitat stammt von der Geschichte des Fremden aus dem Zug. Es geht um das Gebot der Nächstenliebe und das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Die Erzählung gehört zu denjenigen, die mir gefallen haben. Sie kann durchaus so im Heute und Hier passieren.
Zu den berührendsten Geschichten gehört „Ein Leben für ein Leben?“. Hier wird auf behutsame Art der innere Kampf einer Mutter wiedergegeben, die sich fragt, wie weit sie für ihr schwerkrankes Kind gehen würde. Allerdings finde ich den Bezug zum angegebenen Gleichnis weniger passend.
Einen besonderen Weg geht der Autor, um das Gleichnis vom verlorenen Sohn neu zu erzählen. Hier arbeitet er mit Chatprotokollen. Der Grundgedanke wird gut herausgearbeitet.
Kein Verständnis habe ich dafür, wenn biblische Gleichnisse in die Welt der Stars und Sternchen gelegt werden, wie bei der Hochzeitsgeschichte. So hätte sie Jesu nie erzählt. Seine Bezüge stammten aus der Lebenswirklichkeit des Volkes, nicht aus abgehobenen Schichten.
Auch die Geschichte von den ungleichen Zwillingen hat mir nicht zugesagt. Dass die Letzten die ersten sein werden, heißt doch nicht, dass Faulheit belohnt wird.
Der Schriftstil der Geschichten ist unterschiedlich. Einige haben einen Ich-Erzähler. Speziell in einem Fall wird ein feiner Humor kreiert. Häufig führen gut ausgearbeitete Dialoge zur entsprechenden Schlussfolgerung des Gleichnisses.
Dass bedeutet auch, dass der Schriftstil für die meisten Geschichten von mir positiv bewertet wird. Inhaltlich aber habe ich einige Vorbehalte, was ich an wenigen Beispielen belegt habe.

Veröffentlicht am 26.11.2022

Viel verschenktes Potential

Rheinische Lösung
0

„...Er hat den Engel und den Teufel auf seinen Schultern, nur diesmal weiß er wirklich nicht, wer der Gute und wer der Böse ist. Immer hat er in seinem Leben ausnahmslos gewusst, was der richtige und was ...

„...Er hat den Engel und den Teufel auf seinen Schultern, nur diesmal weiß er wirklich nicht, wer der Gute und wer der Böse ist. Immer hat er in seinem Leben ausnahmslos gewusst, was der richtige und was der falsche Weg war...“

Dieses Zitat, was fast am Ende des Romans platziert ist, charakterisiert den Protagonisten Karl sehr gut. Mag sein, dass er intelligent ist und in seinem Leben schon manches erreicht hat, aber seine Überheblichkeit geht mir gegen den strich.
Der Autor hat das Buch als Thriller vermarktet. Das trifft es definitiv nicht. Zwar gibt es zwei Tote, doch es fehlt nicht nur an Spannung, sondern auch an einer abwechslungsreichen Handlung. Dass ich das Buch nicht abgebrochen habe, liegt zum einen daran, dass mich sowohl das Thema Künstliche Intelligenz, als auch die Sicherheitsfragen und wirtschaftlichen Hintergründe interessiert haben. An der Stelle hatte ich dann ab und an den Eindruck, dass ich eher ein Sachbuch vor mir habe. Hinzu kommt, dass es Sätze gibt, die ins Philosophische abgleiten und zum Nachdenken anregen.

„...Wer nichts hat, wofür es sich lohnt zu sterben, hat auch nichts, wofür es sich lohnt zu leben...“
r
Das meiste wird aus der Sicht von Karl geschildert. Der muss die Firma seiner Familie vor der Insolvenz retten. Sie hatte vor allem Aufträge für Militär und Staat und jetzt türmen sich die Außenstände. Die Zahlungswilligkeit geht gegen Null.
Als ihm angeboten wird, ein It-Programm, das auf künstlicher Intelligenz beruht, zu vermarkten, greift er zu.

„...Karl versucht es zu erklären: „Ja, wir haben eine Idee verkauft, für die es keinen einzigen Beweis gibt.“ Die beiden nicken ehrfurchtsvoll...“

Sehr detailliert werden die Charaktere und auch die Bekleidung der Personen beschrieben. Das mag ich, wenn es in eine spannende Handlung eingebunden ist. Hier aber ist es wesentlicher Bestandteil, der die geringe Spannung weiter vermindert. Hinzu kommt, dass Karls Urteil über andere keinerlei Empathie erkennen ist. Er nutzt und manipuliert Menschen. Einzig beim Treffen mit seinen ehemaligen Motorradfreunden zeigt er so etwas wie Zuneigung und Mitgefühl.
Küfferer ist derjenige, der das Programm entwickelt hat. Häufig habe ich aber den Eindruck, dass Karl ihm gern spüren lässt, dass er ohne ihn trotzdem ein Nichts ist. An einer Stelle schätzt Küfferer das richtig ein:

„...Er ist sich sicher, dass Karl weiß, was er von jemanden bekommen kann, wenn er ihn nur sieht...“

Spannend für mich wird das Buch fast am Schluss, als es um die Frage geht, ob die Menschheit für diese Art der Künstlichen Intelligenz schon reif ist.
Laut Klappentext gibt es unbekannte Mitspieler. Leider erfahre ich bis zur letzten Seite nicht, wer das ist.
Schade! Hier wurde eine Menge an Potential verschenkt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.03.2021

Ein Buch mit Für und Wider

Daß ich Deine Wunder sehe
0

„...Mir bedeutete der Glauben ja tatsächlich noch nicht viel. Ich tat nur überzeugt, weil ich Peter liebte und er bei den Frommen war...“

Das Zitat stammt aus der ersten Geschichte.
Der Band enthält sieben ...

„...Mir bedeutete der Glauben ja tatsächlich noch nicht viel. Ich tat nur überzeugt, weil ich Peter liebte und er bei den Frommen war...“

Das Zitat stammt aus der ersten Geschichte.
Der Band enthält sieben Erzählungen, in denen es um Fragen des Glaubens geht. Die Geschichten sind aus der Lebenswirklichkeit genommen, aber eher nicht aus unserer Zeit.
In den Erzählungen hinterfragt der Autor, was es bedeutet, wirklich Christ zu sein und sich nicht nur so zu nennen. Damit will er unter anderen jungen Menschen die Augen öffnen. Doch was gut gemeint ist, muss nicht unbedingt gut gemacht sein.
Positiv ist der leicht lesbare Schriftstil. Die Handlungen sind verständlich. Aber manche der Protagonisten werden viel zu einseitig dargestellt. Auch die Darstellung zwischen Schein und Sein wirkt oft leicht aufdringlich. Ich hätte mir eine subtilere Form gewünscht. Die Kritik betrifft vor allem die beiden Erzählungen, in denen junge Menschen ihren Weg gegen äußere Widerstände finden müssen. Das Buch kennt weder Handys noch soziale Medien. Deshalb befürchte ich, dass es Jugendliche kaum ansprechen wird. Deren Lebenswirklichkeit ist heute eine andere, ihre Probleme auch.
Besser gefallen haben mir die Erzählungen, wo es um Grenzsituationen des Lebens geht. In der ersten Geschichte muss Gisela lernen, mit ihrer Trauer umzugehen. Das fällt ihr schwer. Verständlich!
In der letzten Erzählung erlebt Iris, wie ihr Mann immer mehr in den Alkoholismus abgleitet. Wie soll sie ich verhalten?
Insgesamt finde ich die Geschichten gut, weil sie zum Nachdenken anregen. Trotzdem habe ich als Leser manches anders gesehen als der Autor.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.12.2020

Hier wurde Potential verschenkt

Das Wunder von Errikousa
0

„...Ihr Vater, Savvas, war Schneider. Er hatte alle seine Töchter Nähen gelehrt. Und sie haben es mir beigebracht. Sie waren meine Freundinnen...“

Es war Anfang der 80er Jahre, als Yvettes Großmutter ...

„...Ihr Vater, Savvas, war Schneider. Er hatte alle seine Töchter Nähen gelehrt. Und sie haben es mir beigebracht. Sie waren meine Freundinnen...“

Es war Anfang der 80er Jahre, als Yvettes Großmutter das erste Mal diese Geschichte erzählt, eine Geschichte von Mut und Menschlichkeit. Ein einschneidendes persönliches Erlebnis sorgt dafür, dass Yvette sich Jahre später nochmals damit beschäftigt.
Es fällt mir nicht leicht, das Buch zu rezensieren. Das liegt nicht nur daran, dass ich eigentlich was anderes erwartet habe. Das Wunder von Errikousa macht nicht einmal ein Viertel der Geschichte aus. Ansonsten bewegt sich die Autorin in mehreren Zeitebenen. Stellenweise fehlt mir ein roter Faden.
Ausgangspunkt der Geschichte ist ein Geschehen im Jahre 2014. Yvettes Neffe Reat und dessen Großvater Bill werden vor einem jüdischen Gemeindezentrum erschossen. Das nimmt die Autorin als Aufhänger, um Parallelen zwischen Gegenwart und Vergangenheit aufzuzeigen.
Yvettes Familie hat griechische Wurzeln. Erst nach dem Krieg ist die Mutter mit den Kindern dem Vater nach Amerika gefolgt. Die ältere Generation lebte dort in einer griechischen Gemeinde. Auch in der neuen Heimat wurden die alten Traditionen fortgesetzt.
Im Buch erfahre ich einiges über das Leben auf Errikousa im Krieg und die Schwierigkeiten des Neubeginns in Amerika.

„...Fest entschlossen, ihre Kultur und ihre Bräuche zu erhalten, verließen Yiayia und die anderen Frauen nur selten den geschützten Kreis aus Griechisch sprechenden Bekannten und Verwandten...“

Gleichzeitig berichtet die Autorin über das Leben der Juden auf Korfu und ihre Vernichtung kurz vor Kriegsende. Savvas und seiner Familie war es gelungen, auf Errikousa zu fliehen. Dort konnten sie sich verbergen.
Einen weiten Raum im Buch nimmt die Suche nach Savvas Töchtern und deren Nachkommen ein.

„...Alle wussten, dass Savvas auf Errikousa gestorben und beerdigt worden war. Aber es gab keine übereinstimmenden Aussage darüber, was nach dem Krieg aus den Mädchen geworden war...“

Häufig werden verschiedene Dinge unter anderen Blickwinkel neu erzählt oder wiederholt. Das gibt der Geschichte eine gewisse Zähigkeit. Auch das Einbeziehen weiterer Lebensgeschichten lenkt vom Thema des Buches ab.
Die Autorin verliert sich in Details. Dadurch steht weniger das Geschehen in Errikousa im Mittelpunkt, sondern mehr ihre eigene Familiengeschichte und die gegenwärtigen Erlebnisse.
In Glaubensfragen bleibt einiges offen, vor allem, was ihr Tante Mindy angeht, deren Sohn Reat war. Es ist für mich weder logisch noch nachvollziehbar, dass sie kurzzeitig mit dem Gedanken spielt, zum Judentum zu konvertieren.
Für mich sieht es so aus, als wolle die Autorin mit ihrem Buch den Mut derjenigen hervorheben, die sich in schwieriger Zeit für andere eingesetzt haben und dazu aufrufen, das Schweigen über die dunkle Vergangenheit zu brechen. Mit der Gestaltung des Buches und ihrer Erzählweise ist ihr das aber nur bedingt gelungen.
Auch die Gleichstellung von persönlichen Hassattacken und staatlich sanktioniertem Hass gehe ich nicht mit.
Eine straffere Erzählweise und eine klare Abgrenzung der unterschiedlichen Themen hätte dem Buch gut getan.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere