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Veröffentlicht am 14.02.2024

Humorvolle Gegensätze in Napa Valley

Secretly Yours
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Von Tessa Bailey habe ich bislang noch nichts gelesen, obwohl sie mir namentlich dank Kyss auf jeden Fall bekannt war. Bei „Secretly Yours“ habe ich nun zugegriffen, weil ich das ganze Setting mit dem ...

Von Tessa Bailey habe ich bislang noch nichts gelesen, obwohl sie mir namentlich dank Kyss auf jeden Fall bekannt war. Bei „Secretly Yours“ habe ich nun zugegriffen, weil ich das ganze Setting mit dem Weingut und Thema Kleinstadt sehr interessant und vielversprechend fand.

Zunächst muss ich sagen, dass ich mit dem Schreibstil meine Freude, aber auch kleine Ärgernisse hatte. Mir hat es zunächst gefallen, wie extrem die Kontraste doch waren, die aufeinandergetroffen sind. Hallie als sehr chaotischer Mensch, die schnell ausspricht, was sie denkt und die sich auch herrlich auf Kleinkriege einlässt. Dagegen dann Julian, der so akkurat und korrekt und keinesfalls spontan ist. Auch wenn das insgesamt natürlich sehr übertrieben war, vor allem Julian, wie ich finde, so hat es hier für mich gepasst, weil es für viele humorvolle Sequenzen gesorgt hat. Das ist dann auch das zweite Highlight, denn man kann viel Lachen und Schmunzeln, auch mit Natalie oder Lavinia. Es war sicherlich sehr hilfreich, dass auch bis in die Nebenrollen hinein der Stil beibehalten wurde, so dass auch die Beziehungen untereinander einen gewissen Pepp hatten. Dennoch ist auch eine gewisse Tiefe nicht zu kurz gekommen. Hallie und Julian haben zusammen sehr intensive Momente mit ehrlichen Worten, aber auch abseits davon sind die Beziehungen so gestaltet, dass man sich gut hineinversetzen kann, weil es neben dem gemeinsamen Spaß auch Ernst gibt, wo die Figuren sich jeweils versichert bekommen, dass sie auch sein können, wer sie sind.

Was ich nun als etwas störend empfunden habe, das ist die Sprache, wenn es an die expliziteren Szenen geht. Ich habe nichts gegen erotische Szenen, aber hier fand ich die Sprache für mich persönlich zu derb. Denn, wenn es in der zweiten Hälfte, dann auch mal heiß wird, dann hatte ich stellenweise das Gefühl, die Figuren wurden einmal ausgetauscht. Bei Hallie war das so deutlich nicht, aber Julian? Er war mir öfters da völlig drüber. Also sexy hin oder her, aber es muss auch irgendwie passen. Hier dachte ich jedenfalls mehrfach: Hat er jetzt nicht gesagt, oder? Mit Julian ist aber auch ein Umstand verbunden, den ich als sehr wichtig empfand, weil er in Angstsituationen offenbar in einen Zustand verfällt, wo er sich selbst gar nicht mehr so wahrnimmt und auch sein Zeitgefühl verliert. Auch wenn das nicht medizinisch-exakt angepackt wurde, aber ich fand es als Element hier sehr interessant, auch weil es zu seinem Charakteraufbau und warum er sich so abseits der Familie entwickelt hat, sehr gut passte.

Zum anderweitigen Handlungsverlauf ist es für mich so, dass die Sache mit den geheimen Briefen für mich völlig okay war, weil ich auch selbst bestens weiß, dass etwas niederschrieben oft viel einfacher ist, als es auszusprechen. Wie sie sich aber auch abseits der Briefe näher gekommen sind, war auch mit lustigen Momenten verbunden, wie der Käseklau, herrliche Szene. Auch Hallies Weg dahin, den Laden ihrer Oma mit mehr Selbstbewusstsein zu führen oder Julian, der sich speziell seiner Mutter und der Arbeit auf dem Weingut wieder annähert, das war auch überzeugend. Am Ende war einiges etwas forciert. Da ist der Showdown noch etwas künstlich verlängert worden, nur um am Schluss aber an passenden Symbolen auszukommen.

Fazit: „Secretly Yours“ ist für mich eine insgesamt unterhaltsame Liebesgeschichte gewesen, die ich durch das Hörbuch gut von Isabel Jakob nähergebracht bekommen habe. Es gab viel zum Lachen und auch die Spiele mit Klischees passen hier gut hinein. Es war mehr Tiefe geboten, als ich vielleicht ursprünglich gedacht hätte, dafür tat ich mich mit der Sprache bei spicy Szenen schwerer. Insgesamt aber wirklich gut.

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Veröffentlicht am 12.02.2024

Puzzle mit nicht passenden Teilen

Was die Sterne dir schenken
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Dani Atkins ist aus meinem Bücherregal einfach nicht mehr wegzudenken. Auch wenn ihre Bücher auf eine Art natürlich einen roten Faden repräsentieren, so ist ihr Umgang mit leicht übernatürlichen Elementen ...

Dani Atkins ist aus meinem Bücherregal einfach nicht mehr wegzudenken. Auch wenn ihre Bücher auf eine Art natürlich einen roten Faden repräsentieren, so ist ihr Umgang mit leicht übernatürlichen Elementen immer das, was mich besonders reizt. Denn was hat sie sich diesmal ausgedacht, welche andere unsichtbare Ebene nimmt sie diesmal in den Fokus? Denn davon ausgehend entwickeln sich höchst unterschiedliche Geschichten.

„Was die Sterne dir schenken“ startet gut, denn der Prolog ist sehr spannend geschrieben und bindet sofort an die Geschichte, indem man gemeinsam mit den Ärzten um Amelias Leben bangt. Danach gibt es einen Sprung zu Lexi und hier wird die Geschichte erstmal etwas zäher, denn dann folgt die klassische Einführung in die Handlung. Viele Infos, viel Hin und Her zwischen Gegenwart und Vergangenheit, aber man saugt alles wie ein Schwamm auf. So kommt dann eins schließlich zum anderen und wir gelangen zu dem Punkt, wo der Klappentext eintritt. Es ist dann auch der Beginn in Bezug auf das Übernatürliche, denn man fragt sich natürlich, wie kann Amelia einen Mann haben, von dem niemand etwas weiß? Ich war sehr gespannt auf mögliche Erklärungen und habe fleißig Theorien entworfen, was für mich immer ein spannender Aspekt ist. Parallel dazu schleichen sich aber immer mehr Aspekte ein, die mich ein wenig gestört haben. Zum einen ist das die Darstellung von Amelia, die mir sehr lange unsympathisch ist. Dabei wäre die Aufgabe wohl eher gewesen, mit ihr mitzufühlen. Dazu wird sie für einen langen Mittelteil auch immer mehr zu Statistin, was ich in der Entscheidung nicht ganz nachvollziehen konnte. Umgekehrt ist aber auch Lexi zunehmend eine Protagonistin, die immer wieder Entscheidungen trifft, wo man etwas mit hadert, weil man nicht ganz weiß, was sie sich eigentlich dabei denkt.

In diese holprigen Baustellen hinein erzählt uns „Was die Sterne dir schenken“ dann eine Liebesgeschichte, die ich gerne viel lieber gemocht hätte. Es war seltsam und ich kann es auch nicht wirklich packen, warum der Funken nicht übergesprungen ist. Sicherlich ist das angesprochene Verhalten von Lexi ein Grund, denn an Nicks Stelle hätte ich sie wohl gar nicht wiedersehen wollen. Aber es wird durchgezogen und dann gleich mit Tempo 200. Man merkt, dass bei der Liebesgeschichte viel Gas gegeben wird, um sie auf ein bestimmtes Niveau zu heben, damit der Rest der Geschichte wirkt. Jedoch ist das natürlich immer risikoreich, weil abseits von Liebe auf den ersten Blick sich natürlich dennoch etwas entwickeln muss, was etwas von Beständigkeit und Verständnis signalisiert. Das ist hier etwas überschlagen worden, obwohl es natürlich sehr süße Momente gab. Mir hat beispielsweise auch gefallen, wie Lexi eine alte Beziehung beendet. Ohne Frage gab es also auch starke Momente.

Wenn der Showdown dann eingeläutet wird, dann kommen die einzelnen Handlungselemente wieder besser zusammen. Einigen Sachen wird sich eher nebenbei entledigt, beispielsweise auch dem übernatürlichen Element, was mich etwas gestört hat, dafür gab es aber eine Überraschung, die alles auf den Kopf gestellt hat. Das wirkte etwas übereilt für die wenigen Seiten, die noch ausstanden, auch wenn es sich in die Geschichte insgesamt logisch eingefügt hat. Weiterhin werden uns dann viele Zeitsprünge geboten, die auch irgendwie verständlich waren, aber etwas Emotionalität genommen haben. Das Ende ist dann sicherlich auf eine Art herausfordernd. Es passt zum Gesamtbild, es macht nachdenklich, man stellt sich unweigerlich auch selbst Fragen. Ich konnte letztlich mit leben, aber vielleicht auch nur so gut, weil ich insgesamt zu sehr eine Geschichte bekommen, wo nicht vieles zusammen passte, da hatte es der Abschluss dann leichter.

Fazit: „Was die Sterne dir schenken“ ist leider nicht eines der stärkeren Werke von Dani Atkins, vielleicht sogar eines der schwächsten. Auch wenn man dank ihres Stils wieder durchpflügt, so ist es auf der Handlungsebene oft enttäuschend. Vieles passte nicht recht zusammen. Die Schwestern sind in einigen Abschnitten drüber und in dem Kontext hat es auch die Liebesgeschichte nicht leicht. Gut zu lesen, aber bringt auch viele Fragen auf.

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Veröffentlicht am 02.02.2024

Kanzlei und Liebesgeschichte vereint

In Case We Trust
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Nachdem „Suits“ 2023 große Streamingerfolge gefeiert hat, hat es sich natürlich bestens angeboten, „In Case We Trust“, den Auftaktband einer Reihe von Tess Tjagvad, als Vergleich zu bewerben. Ich musste ...

Nachdem „Suits“ 2023 große Streamingerfolge gefeiert hat, hat es sich natürlich bestens angeboten, „In Case We Trust“, den Auftaktband einer Reihe von Tess Tjagvad, als Vergleich zu bewerben. Ich musste unweigerlich an Ava Reed und ihre Krankenhausreihe denken, die natürlich Vergleiche zu „Grey’s Anatomy“ angeboten hat. Tatsächlich habe ich die Reihe inzwischen abgebrochen, weil für mich die Balance aus Liebesgeschichte und Darstellung des Krankenhausalltags nicht gut genug geklappt hat. Deswegen war mir gleich klar, das könnte die große Gefahr bei „In Case We Trust“ sein, wo ich mir nach der Ansage anwaltlichen Alltag gepaart mit einer Liebesgeschichte wünsche.

Grundsätzlich kann ich sagen, dass mir der Balance bei „In Case We Trust“ gut gefällt. Man bekommt einen Eindruck von einem konstanten Fall, man erlebt das Miteinander Nachwuchskräfte, damit verbundener Konkurrenzkampf. Man erlebt auch die Dynamiken im Büro, dass es gerade für den Nachwuchs auch oft Ausnutzen ist, auch Kaffee holen etc., aber natürlich auch die Arbeitszeiten. Das kommt insgesamt schon gut rüber. Das Privatleben ist da gut eingebunden, denn beispielsweise bei Gracie haben wir den Schwerpunkt, dass sie Verbindungen zu der Konkurrenz-Kanzlei hat, das aber unter allen Umständen verbergen will. Sie und ihr Love Interest Ira werden zusammen dem Fall zugeteilt, so dass sich Fachlichkeit und Liebesgeschichte hier gut ineinander verweben lassen. Vor allem habe ich im Vergleich zu Reeds Krankenhaus-Reihe auch das Gefühl, dass sich hier generell mehr Zeit genommen wird. Ich weiß, dass Langatmigkeit versus Oberflächlichkeit immer eine große Diskussion unter der Leserschaft ist. Ich bin immer Team ausgearbeitet, detailreich und dadurch gerne auch mal langatmiger, wenn ich dadurch genau einfühlen kann. Deswegen passt mir hier der Stil gut. Tjagvad nennt in ihren Dankesworten auch Merit und ich vermute mal stark, dass damit Merit Niemeitz gemeint ist und ich muss sagen, dass ich gewisse Stilelemente von ihr erkannt habe und finde, dass es gut passt.

Dennoch ist es die Ausarbeitung für mich noch nicht ideal. Gerade wenn man schon lange „Suits“-Fan wie ich und auch diverse andere Anwaltsserien gesehen hat, dann ist die Vielfalt der dargestellten Arbeitsfelder in einer Kanzlei für mich noch zu dünn abgearbeitet. Es mag sein, dass Tjagvad sich das für die anderen beiden angekündigten Bände aufbewahren will, um dann die Palette zu zeigen. Ich finde aber, dass so ein Prozess in einer intensiveren Darstellung diesem Band gut gestanden hätte. Gerade weil Gracie ihren Vater auf der Gegnerseite wusste, hätte ich mir gut vorstellen können, wie es zu einem Showdown vor Gericht kommt. Manche Ideen, die sich als großes Potenzial in meinem Kopf manifestiert haben, haben sich leider nicht so ergeben. Ja, es ist nicht meine Geschichte, aber ich neige eigentlich gar nicht so sehr dazu, eigene Handlungsstränge zu erfinden. Dementsprechend glaube ich wirklich, dass gewisse Hürden, die die Geschichte sich selbst aufgebaut hat, nicht einwandfrei übersprungen wurden.

Gegen die Liebesgeschichte habe ich aber nichts einzuwenden. Ira ist eine ebenso interessante Figur wie Gracie. Vielleicht war es für mich nicht so die Liebesgeschichte, wo direkt die Funken sprühen, aber insgesamt würde ich schon sagen, dass die Figuren gut zusammenpassten und sich auch im angemessenen Maß gegenseitig herausgefordert haben. Es gab für beide auch individuell sehr entscheidende Momente, die perfekt gepasst haben. Auch die anderen eingeführten Figuren machen schon Lust auf mehr. Vielleicht hat mir in diesem Band etwas die Darstellung der Freundschaft von Gracie zu Cassidy gefehlt. Die ist ein gegebener Faktor, wird nicht richtig herausgefordert und sonderlich viel wird davon auch nicht gezeigt. Das war noch etwas schade, dafür wurde mit Otis und Ira bzw. Gracie und Jude auch interessante Momente geschaffen.

Fazit: „In Case We Trust“ beweist, dass Anwaltalltag und Liebesgeschichte zusammenpassen können. Es ist ein interessanter Einblick mit noch viel Luft nach oben und manche Handlungen, die sich angeboten hätten, wurden ausgespart, aber es macht Lust auf. Die erste Liebesgeschichte funktioniert gut, so dass ich die Reihe gerne weiterverfolgen möchte.

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Veröffentlicht am 01.02.2024

Wichtiger sozialer Schwerpunkt in Frankfurt

Wo die Sterne uns sehen
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Die erste Reihe von Justine Pust hatte ich verpasst, aber ich habe durchaus viele positive Stimmen zu ihr gehört. Mein Geschmack bei New Adult hat sich über die vergangenen fünf, sechs Jahre doch deutlich ...

Die erste Reihe von Justine Pust hatte ich verpasst, aber ich habe durchaus viele positive Stimmen zu ihr gehört. Mein Geschmack bei New Adult hat sich über die vergangenen fünf, sechs Jahre doch deutlich gewandelt. Waren es einst die Bad Boy-Geschichten, brauche ich inzwischen Tiefgang und vor allem Figuren, die wirklich etwas zu erzählen haben. Da hatte ich bei anderen positiven Stimmen zu Pust rausgelesen, dass ich genau das bekommen würde. Daher habe ich bei „Wo die Sterne uns sehen“ nun gerne zugegriffen, um mich von der Autorin einmal selbst zu überzeugen.

Ich habe „Wo die Sterne uns sehen“ als Hörbuch konsumiert. Regina Lange und Louis Friedemann Thiele habe ich beide schon gehört und es sind auch beides sehr angenehme Stimmen, denen man gerne lauscht. Dennoch fällt speziell bei Thiele auf, dass er bei der Wiedergabe von Frauenstimmen schnell in die Gefahr rutscht, es lächerlich wirken zu lassen. Beispielsweise wenn Elias Kontakt mit seiner Mutter hatte, fand ich es sehr seltsam, wie aus seiner Perspektive seine Mutter klang, auch Ada und Martha sind nicht so gut weggekommen. Zum Glück war das bei Willa dann nicht so. Das ist immer ein bisschen schade und ich verstehe auch, dass es für eine Männerstimme auch wirklich schwer ist. Vielleicht empfinde ich es auch nur ganz individuell so und andere finden es normal, wenn Frauen so nachgemacht klingen. Mir fällt es öfters auf und je länger das Hörbuch andauert, desto mehr wird es zur Gewöhnung, aber ansprechen will ich es doch auch immer.

Kommen wir nun aber zur eigentlichen Geschichte und ich fand hier vor allem die Themenverbindung sehr gut gemacht. Mir ist es immer wichtig, dass beide Protagonisten ihre Geschichte haben und es ist auch okay, wenn es völlig unabhängig voneinander ist, denn die eigene Geschichte ist nun mal nicht auf alle Personen aus dem eigenen Umfeld angepasst. Hier war es aber schön, dass es sich in der Sozialen Arbeit so sammeln ließ. Auch wenn Willa und Elias völlig unterschiedliche Aspekte davon abdecken, aber es ist gemeinsames Thema und alleine schon die Bereitschaft, anderen etwas zu geben wollen, weil man selbst gewisse Erfahrungen gemacht hat, das teilen sie. Das hat man im Umgang miteinander auch gemerkt. Zwar ist Elias alles in allem weiter als Willa in der Verarbeitung gewesen, aber beide hatten es oft leichter, sich in den anderen hineinzuversetzen bzw. auch in ihre Freunde und die Besucher der Hilfegruppen. Sie haben Empathie bewiesen, weswegen auch früh wichtige Gespräche geführt wurden. Das hat dann schnell eine Atmosphäre geschaffen, wo ich früh wusste, egal, was jetzt noch an Geheimnissen anvertraut werden muss, es wird einen sicheren Hafen brauchen.

Im Verhältnis würde ich dennoch sagen, dass Willa mehr Raum eingenommen hat als Elias. Ich sprach schon an, dass er auf jeden Fall gereifter in seinem Prozess war und das ist auch okay, denn jeder hat sein eigenes Tempo. Dennoch muss man auch sagen, dass Behinderungen in diesem Genre wirklich extrem selten zu finden sind. In dem Sinne war ich sehr gespannt auf Elias‘ Geschichte im Vorfeld und finde, das Potenzial liegen gelassen wurde. Der Schwerpunkt lag mehr darauf, dass er die Rückkehr ins Elternhaus als Versagen empfindet und dass er eben in vielen Aspekten um Hilfe bitten muss, statt einfach selbst loslaufen zu können. Das waren auch jeweils wichtige Momente, aber ich habe selbst eine Freundin mit einer sehr ausgeprägten Behinderung und ich kenne ihre alltäglichen Kämpfe und aus diesem Bezug heraus habe ich dann doch einiges vermisst. Elias musste nicht wie Willa noch durch ein tiefes Tal gehen, aber man hätte inhaltliche Schwerpunkte auch in Rückblenden ansprechen können. Dass Pust diese tiefergehende Ebene drauf hat, habe ich dann deutlich an Willa gesehen, denn ihre Geschichte ist genau auf dem Niveau ausgearbeitet, wo ich es sehen wollte und will. Ihr ganzes Verhalten im Alltag, wie es an ihren dunkelsten Momenten ist und wie es auch ihren Umgang mit Fremden beeinflusst, ich fand es sehr nahbar und es hat mich berührt.

Alles in allem habe ich gesehen, warum Pust eine Stimme ist, die ich nun auch gerne im Auge behalte. Sie schafft sympathische Figuren, mit sehr individuell ausgearbeiteten Eigenschaften. Es ist keine oberflächliche Gruppe. Es gibt Gegensätze, die überwunden werden, interessante Themen, auch Ausbau von sehr alltäglichen Dingen, wie Unialltag etc., wo man merkt, da kennt sich jemand aus und hat es sinnig verarbeitet. Es war insgesamt eine echte Geschichte, was immer ein großes Kompliment ist.

Fazit: „Wo die Sterne uns sehen“ ist ein unterhaltsamer Reihenauftakt, der mich vor allem auf der emotionalen Ebene abgeholt hat, weil man gemerkt hat, hier geht es tief und hier haben die Figuren aufgrund ihrer Autorin etwas zu erzählen. Vielleicht wäre ein noch besserer Ausgleich der Hauptfiguren noch idealer gewesen, aber ich mochte das Buch sehr und bin froh, dass ich es mit Pust jetzt endlich auch gewagt habe.

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Veröffentlicht am 24.01.2024

Kompletter inhaltlicher Umschwung

All Our Golden Dreams
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Als ich die Dankesworte von Mounia Jayawanth am Ende von „All Our Golden Dreams“ gelesen habe, da hat sich mir erklärt, warum diese Dilogie insgesamt leider keinen Funken entwickeln konnte, der mich richtig ...

Als ich die Dankesworte von Mounia Jayawanth am Ende von „All Our Golden Dreams“ gelesen habe, da hat sich mir erklärt, warum diese Dilogie insgesamt leider keinen Funken entwickeln konnte, der mich richtig überzeugt hat. Dort hat sie verraten, dass die Van Day-Reihe eigentlich als Einzelband geplant war, dann aber wegen einer Idee für Ryan doch nochmal ausgebaut wurde. Wie viel letztlich dadurch in Band 1 geändert wurde, für mich natürlich unklar, aber erste Intuitionen sind oftmals die besseren und hier haben die Änderungen vielleicht eher geschadet als funktioniert.

Schon bei „All My Golden Memories“ hatte ich den Eindruck, dass die Handlung unnötig gestreckt wird und das passt recht gut zu der Enthüllung, dass es ein Einzelband sein sollte, denn man hat einfach gemerkt, dass nicht genug Inhalt zur Verfügung war. Vielleicht hat sich Jayawanth dann letztlich auch mit der Neuerung (ob nun eigene Idee oder Lektorat etc., mal völlig egal) etwas selbst verloren. Während es im ersten Band vor allem um die neuerliche Annäherung von Ellis und Ryan ging sowie das Mysterium mit den Gerüchten über das Hotel, schlägt Band 2 dann wieder eine ganz andere Richtung ein. Und das Thema ist eigentlich so wichtig, dass es mich doppelt und dreifach ärgert, dass es für mich hier nicht funktioniert hat. Jayawanth selbst hat ihre Essstörung bekannt gemacht, sie ist also eine Autorin, die in der Thematik aus eigenen Erfahrungen schöpfen kann. Das finde ich immer besonders authentisch, auch weil man die Unterschiede in der Erzählung oft doch merken kann. Deswegen fand ich Ryans inneren Kampf an sich sicherlich gut und nachvollziehbar dargestellt, aber es kam für mich in dieser Reihe einfach so unerwartet und hat alles auf den Kopf gestellt. Ellis ist in diesem Band kaum noch von eigener Bedeutung und auch ansonsten hat die Erzählung bis auf die Erkrankung keinen roten Faden mehr. Das Hotel war irgendwann völlig unwichtig, da lief man nur noch ein paarmal ein und aus, das war es. Das war alles nicht mehr das, warum ich ursprünglich überhaupt zu der Reihe gegriffen haben. Von daher wäre es angesichts des Potenzials der Handlung vielleicht cleverer gewesen, wenn Jayawanth sie in einer ganz anderen Geschichte verbaut hätte. Wo sie eben nicht eine Idee über die Hintertür ist, sondern das Zentrum, wo sie dann ihre eigenen Erfahrungen auch ganz anders hätte ausspielen können.

Auch wenn Murder Mystery für Band 1 etwas übertrieben war, weil es ja gar nicht wirklich einen Mord gab, so gab es doch einige Rätsel und ein großes betraf noch Riley. Das wurde in Band 2 als völlig harmlos aufgelöst und auch ansonsten waren die Rätsel gar nicht mehr von Bedeutung. Vielleicht war es noch spannend, was genau zwischen Emory und Deb gelaufen ist, aber ansonsten war die ganze Stilistik so anders und wie gesagt, es hat mich geärgert, dass nach dem Anfangsviertel, wo Ellis noch gleichberechtigt war, sie dann völlig als Nebenfigur abgetaucht ist. Ja, sie war für Ryan wichtig, aber nachdem sich für sie alle Probleme einfach in Wohlgefallen aufgelöst haben, ist Jayawanth für sie offenbar nichts mehr groß eingefallen. Das ist einfach schade, denn wenn ich Liebesgeschichten erzähle, dann sollte es doch am Ende ausgeglichen sein. Es muss kein Wettkampf sein, wer hat es schlimmer, aber dass doch beide weiter kontinuierlich ihren Weg mit ihren eigenen Steinen im Weg gehen. Hier kam wirklich einiges sehr ungünstig zusammen, weswegen ich den zweiten Band leider nochmal schwächer als den ersten fand. Es ärgert mich wirklich, zumal es die zweite Reihe war und ich mir da nochmal einen Sprung in der Qualität gewünscht hätte. Bessere Qualität heißt zwar auch nicht, dass mich die Geschichte dadurch auch auf jeden Fall einfängt, aber ich kann sie dennoch festmachen und hier ist mit dem erzählerischen Chaos vor allem in der Stilistik ein Rückschritt gemacht worden. Die Darstellung von Ryan wiederum hat gezeigt, was wirklich drin ist. Das ist der Maßstab, der aber nicht in diesen Band gepasst hat.

Fazit: Insgesamt habe ich mir unter der Van-Day-Dilogie wirklich etwas anderes vorgestellt. Die zwei Bände passen nicht so recht zusammen, weil die Stilistik des ersten Bandes (die schon ausbauwürdig war) einem sehr sensiblen Thema gewichen ist, das in einer Reihe viel besser untergebracht gewesen wäre. Ich bin leider etwas enttäuscht, weil das Potenzial war da.

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