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Veröffentlicht am 26.11.2021

Little Women – ein Klassiker, der beim Lesen unheimliche Freude bereitet.

Little Women. Beth und ihre Schwestern
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Wir lesen hier von der Familie March (die Eltern und die Schwestern Jo, Beth, Betty und Amy) sowie deren engen Freund Laurie, den alle Teddy rufen, und seinen Großvater#, bei dem Teddy aufwächst. Im ...



Wir lesen hier von der Familie March (die Eltern und die Schwestern Jo, Beth, Betty und Amy) sowie deren engen Freund Laurie, den alle Teddy rufen, und seinen Großvater#, bei dem Teddy aufwächst. Im Laufe der Geschichte erlebt man das Erwachsenwerden der Mädchen und von Laurie mit. Jeder ist auf ihreseine Art wundervoll. Es spielt sich alles im Jahre 1860 in Neuengland ab. Die vier Mädchen sind charakterlich total unterschiedlich. Teddy ist wie ihr Ziehbruder.
Im ersten Teil „Little Women“ schauen wir der Mutter, Mrs. March, über die Schulter, wie sie die Mädchen aufzieht, mit nicht viel monetären Dingen, aber mit Liebe, Wärme und vielen anderen wichtigen Werten, die sie ihnen vermittelt.
Meg, die Älteste, ist zart, fragil und doch wirkt sie ziemlich erwachsen. Jo, die Verrückte der vier Schwestern mit einem Riesenherz in der Brust, sie mochte ich vermutlich am Liebsten, auch wenn ich alle mochte. Beth, die schüchtern ist und noch viel Fürsorge benötigt, ein sehr harmoniebedürftiger Charakter. Und als jüngste, Amy, die einerseits zerbrechlich-kindlich dargestellt wird und andererseits doch auch etwas egoistisch scheint. Auch die Mutter, Mrs. March, lernt man sehr gut kennen und an so vielen Stellen hat sie mich an meine Omi erinnert: ein großes Herz, bereit zu vergeben, zu unterstützen und nicht zu verurteilen und außerordentlich liebenswert – auch diesmal muss ich es wieder sagen: ich hätte Mrs. March gerne kennengelernt oder würde sie gerne gewissen Menschen vorstellen.
Im zweiten Teil „Good Wives“ lernen wir die Mädchen in ihrem Erwachsensein kennen. Die eine heiratet, die anderen wird Mutter, man verliebt sich oder nicht, man geht auf Weltreise, man baut sein persönliches Talent weiter aus. Wir freuen uns mit den Mädchen und erleben auch Verluste.
Aus meiner Sicht ist das ein Werk, welches ich gerne im Deutschunterricht gelesen hätte. Eines, dass etwas Wichtiges vermittelt, somit auch Lerneffekt hat, im Gegensatz zu … Minna von Barnhelm oder so, was ich alles lesen musste. Über die Rollenklischees und veralteten Rollenbilder muss man hier nicht diskutieren, denn es ist ein alter Klassiker, der 150 Jahre alt ist.
Diese zauberhafte neue Ausgabe ist ein Sammlerstück (auch unter dem wunderschönen Schutzumschlag werden wir mit einem schön gestaltetem Hardcover-Buch überrascht). Die Illustrationen sind hinreißend, verspielt und liebevoll gestaltet.
Diese Geschichte lässt mich immer mit einem positiven Gefühl in der Brust zurück und lässt mich wieder etwas „zur Besinnung“ kommen, was mir nicht täglich alles Gute in meinem Leben wiederfährt.

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Veröffentlicht am 26.11.2021

... aus Sicht eines Kindes ...

Das Gedächtnis des Baumes
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„Ich weiß, Opa sagt das, damit ich mir alles merke, worüber wir sprechen. Als wollte er mir Vorräte mitgeben für die Zeit, wenn er nicht mehr da ist.“ (Zitat)

Jan’s Großeltern ziehen zu seinen Eltern ...

„Ich weiß, Opa sagt das, damit ich mir alles merke, worüber wir sprechen. Als wollte er mir Vorräte mitgeben für die Zeit, wenn er nicht mehr da ist.“ (Zitat)

Jan’s Großeltern ziehen zu seinen Eltern und ihm in die Wohnung. Sie wollen Oma und Opa unterstützen, denn Opa ist krank, er leidet an Demenz.
Obwohl Jan erst 10 Jahre alt ist, sieht und fühlt er mehr als Erwachsene denken.

Die Beziehung zwischen Jan und seinem Großvater gewinnt intensiv an Tiefe, da sie täglich Zeit miteinander verbringen. Großvater Joan holt Jan jeden Tag von der Schule ab, sie spazieren nach Hause, sie erzählen sich Dinge, sie umarmen Bäume und der Großvater erzählt ihm von der Trauerweide in seiner Kindheit, der er alle seine Geheimnisse anvertraut hat. Nach und nach verschlimmert sich jedoch der Zustand um Großvater Joan und die Familie muss miterleben, wie Joan seine Erinnerungen verliert.

In kleinen und feinen Kapiteln wird die Geschichte um Opa Joan aus Jan’s Sicht geschildert. Auch wenn die Krankheit nur am Rande erwähnt wird, so schwingt sie doch in den Worten des kleinen Jan und der Geschichte der Familie immer mit. Sanft, leise und mit Tiefgang wird der Umgang innerhalb der Familie beschrieben.

Eine berührende Geschichte erzählt aus Sicht eines Kindes sowie seinen persönlichen Beobachtungen zur Situation. Sehr empathisch, bewegend und teilweise auch poetisch schildert Tina Vallès die Reise, die kein schönes Ende nimmt.
Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 19.11.2021

Generationengeschichte

Damals, am Meer
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„Ich weiß nicht, wie viele Jahre ich nicht mit meinem Vater gesprochen hatte. Ich glaube sogar, es war das erste Mal überhaupt. Vielleicht, weil wir noch nie in einer Sternennacht im Gebirge spazieren ...

„Ich weiß nicht, wie viele Jahre ich nicht mit meinem Vater gesprochen hatte. Ich glaube sogar, es war das erste Mal überhaupt. Vielleicht, weil wir noch nie in einer Sternennacht im Gebirge spazieren gegangen waren. Vielleicht, weil wir jetzt weniger Vater und Sohn als vielmehr zwei Männer waren. Allein mit der Dunkelheit und der Angst vor der Abwesenheit Gottes.“ (Zitat)

Ein leiser, zarter Roman über drei Generationen, über „Heimat“, eine Wohnung am Meer und zwischenmenschliche Distanz.
Seit Ewigkeiten lebt die Familie Russo in Mailand, einst dorthin gezogen in die Großstadt, weit weg aus dem kleinen Dorf nahe dem Meer. Nun, nachdem sich jahrelang niemand um die Wohnung gekümmert hat, steht der Verkauf selbiger an. Großvater Leonardo, liebevoll Babbo genannt, ehemaliger Kommunist, verspürt tiefen Herzschmerz. Für ihn ist die Wohnung ein Stück Heimat, das er zurücklassen musste; ein Gefühl, das tief vergraben war, aber nie weg. Für Riccardo, Leonardo’s Sohn und Vater von Nicolà, ist die gefühlte Verbindung zu dieser Wohnung eine andere. Für ihn führte diese zum Zerfall und stetigem Streit unter den Geschwistern. Für Nico, arbeitssuchenden Lehrer, ist es die Wohnung, die er in den Ferien besuchte, wo er seine Freizeit verbringen durfte und die Zeit mit Großeltern und Freunden verbrachte. So unterschiedlich jedoch die Gemütszustände und Gefühle der Drei zur Wohnung sind, so stark ist trotzdem ihre Verbindung dadurch zueinander.
Die Wohnung wurde zurückgelassen, als man sich in den wirtschaftlich besseren Norden aufmachte, um dort ein besseres Leben zu genießen. Eines Tages ist es soweit, die Wohnung verfällt langsam, soll verkauft werden und dem sentimentalen Denken ein Ende gemacht werden. Und so machen sich die drei auf die Reise von Mailand nach Barletta/Apulien. Für Nico ist Großvater Leonardo sein Held, ein großer Krieger. Bei ihm und seiner Großmutter hat er dort viel Zeit verbracht, daher will er auch mitfahren nach Apulien – und, um seinen Vater zu ärgern. Auf diese Reise lernen die drei auch sehr viel über sich selbst, kommen sich selbst auch näher, streiten und trauern gemeinsam.

Balazano hat hier wieder tolles geschaffen. Eine gefühlvolle Geschichte, leise und doch ausdrucksstark. Hier wird beim Lesen schnell klar, dass Balzano die Reise sowie die Wohnung als Metaphern benutzt, als Symbole für Erinnerungen, Vater-Sohn-Beziehungen, dem Gefühl von Heimat und Lebensveränderungen bzw. Erfahrungen. Er beschreibt die Heimatlosigkeit, das Auseinanderleben der Familie. Der Verfall der Wohnung ist ein Symbol für den Zerfall der Familie. Die Leben und die damit verbundenen Veränderungen, die in Barletta von Statten gingen, als Leonardo weg war. Früher noch Herr der Gassen, heute teilweise nicht mehr erkannt. Zu lange war er weg.
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Marco Balzano hat hier wieder kluges vollbracht. Eine Generationengeschichte, pointiert, herrlich ehrlich, klar, laut & leise und doch auch zurückhaltend, authentisch und sehr unterhaltsam. Ein Buch über das Loslassen von nostalgischen Erinnerungen, den Verlust von anderen und von Heimat. Ein Buch, das ins Herz geht. Leseempfehlung!
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„Es handelte sich um Sand von vor zwanzig Jahren, er war noch nicht zerfallen und verschwunden. Das wären die richtigen Körnchen gewesen, die Atome, damit hätte ich die Sanduhr meiner Zeit füllen können. Mit der festgebackenen Erde meiner Kindheit.“ (Zitat)

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Veröffentlicht am 13.11.2021

Die Italienkrankheit

Wenn ich wiederkomme
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„ITALIENKRANKHEIT steht da. Ich checke das Wort im Internet: Damit bezeichnen Psychiater eine spezielle Form von Depression, die jene befällt, die jahrelang fern von zu Hause und den Kindern leben, um ...

„ITALIENKRANKHEIT steht da. Ich checke das Wort im Internet: Damit bezeichnen Psychiater eine spezielle Form von Depression, die jene befällt, die jahrelang fern von zu Hause und den Kindern leben, um anderswo Alte, Bedürftige und Kranke zu versorgen“. (S. 155)

In einer Nacht-und-Nebelaktion verlässt Daniela ihre geliebte Familie in Rumänien und sucht in Mailand ihr berufliches Glück, um ihre Familie über Wasser zu halten. Sie pflegte dort ältere Menschen und verdient auch gutes Geld. Doch die Arbeit ist hart und zehrt an ihrer Psyche und ihren Kräften. Ihr Mann Filip ist seit langem arbeitslos, die Tochter Angelica möchte studieren, der Sohn Manuel geht noch zur Schule, die Großeltern werden auch nicht jünger, kümmern sich jedoch sehr gut um die Kinder. Während dieser herausfordernden Zeit verlässt auch der Vater eines Tages die Familie und lässt die Kinder zurück. Und als weiteren Schicksalsschlag muss die Familie den Tod des Großvaters ertragen, der eine sehr enge Bindung zu Manuel hatte. Das gute Verhältnis von Daniela zu ihren Kindern wird schleichend schlechter und als Manuel eines Tages einen Unfall hat und im Koma liegt, bleibt Daniela nichts anderes mehr übrig, als ihre Zelte in Mailand abzubrechen und den Weg in die Heimat einzuschlagen. So kehrt sie zurück in die triste, alte Gewohnheit mit der „Italienkrankheit“ im Gepäck.

Aus drei Perspektiven bekommen wir die Story präsentiert (Daniela, Manuel und Angelica) und was wir hier lesen ist eindrücklich und schlichtweg haarsträubend, ist es doch nicht nur eine fiktive Geschichte, sondern pure Realität, die in eine Geschichte verwoben wurde. Daniela wünscht sich nichts sehnlicher, als dass es ihren Kindern finanziell gut geht und sie ihre Ausbildungen abschließen. Doch ihre Absenz hat ihren Preis. Dies ist ein sehr feinfühliges, empathisches Buch und doch birgt es auch tragische Situationen in sich.

Balzano schildert die Situation ungeschminkt, klar, nüchtern und doch auch leise. Und ich denke, dass allen Leserinnen klar ist, dass diese Situation nach wie vor Bestand hat. Nicht nur in Italien wurden und werden die Pflegekräfte unter harten Bedingungen und meist nicht adäquat abgegolten bzw. oft mit weniger als dem Mindestlohn abgespeist; an den Grenzen ihrer Kräfte arbeiten sie bis zur bitteren Erschöpfung. Entfremdung, Aufopferung, Ängste. Ein Bild, das sich auch in Österreich und Deutschland seit Jahren findet. Ein Klatschen der Politik über den Einsatz der Pflege, als politisches Instrument um sich persönlich auf die Schulter zu klopfen, um im Umkehrschluss, nach Ende der Wahlen, die Betroffenen, ausgebrannten, überarbeiteten, psychische fertig-gefahrenen Menschen in der Pflege wieder dumm sterben zu lassen. Hier haben wir eine Situation, in der nicht nur Betroffenen leiden, sondern auch die Patientinnen und Familien.

Danke Marco Balzano für dieses tolle Buch!! Es war mir wieder eine Ehre!

Eindringliche Leseempfehlung und 5/5 Sternen!
Und dann empfehle ich gleich auch nochmal sein anderes Buch „Ich bleibe hier“

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Veröffentlicht am 13.11.2021

Spiegel-Vorhalten mal anders

Im Spiegelsaal
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„Und was in den sozialen Medien/der Selfie-Gesellschaft passiert ist: Dass wir eine chronisch voyeuristische Beziehung zu uns selbst geschaffen haben.“ (Zitat)

Das Thema Schönheit und der Vergleich mit ...

„Und was in den sozialen Medien/der Selfie-Gesellschaft passiert ist: Dass wir eine chronisch voyeuristische Beziehung zu uns selbst geschaffen haben.“ (Zitat)

Das Thema Schönheit und der Vergleich mit anderen fliegt uns ja tagtäglich um die Ohren. Sowohl in Frauenzeitschriften als auch auf Social Media Seiten. Schon früher war Schönheit ein oft wichtiger Parameter in der Auswahl der zu heiratenden Holden. Gab es doch auch Zeiten, wo man nicht auf Schönheit, sondern auf Geld und Macht setzte.

Liv Strömquist hat den Nagel wieder mal auf den Kopf getroffen. In satirischer Manie reisen wir mit ihr durch einige Jahrhunderte von Kulturgeschichte und erfahren vieles, aber auch nichts Neues. Vieles was wir schon wussten. Vieles was wir gar nicht wissen/hören wollen, aber sollen! Vieles, das wir jungen Menschen mitgeben müssen- und zwar in Form dieses Buches!! Wieder eines von LS Büchern, dass meiner Meinung nach, in den Unterricht gehört!
Strömquist wirft ihr Auge auf Kendal Jenner, Kim Kardashian, Nofretete sowie unsere österreichische Kaiserin Sissi. Warum hat sich unser Schönheitsempfinden in den letzten Jahrhunderten so verändert? Was hat unsere heutige Gesellschaft damit zu tun? Warum behandeln wir unser Aussehen wie ein Produkt? Ähm ja, weil viele Promis mittlerweile sich selbst zur Marke lanciert haben.
Was dies alles mit sich bringt, ist eine Veränderung der Sichtweise auf Schönheit oder vermeintliche Ideale. Wer nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht, bleibt wohl übrig! Wer seine Pluspunkte nicht über Bildchen in Social Media zur Schau stellt, um sich selbst zu optimieren, der hat’s auch nicht drauf. Und wer seine Fuckability nicht ansehnlich zur Schau stellt, bleibt underfucked.

Was bekommt ihr hier?
Einen feministischen Comic in Strömquist’s rotziger Manier mit Bezug zur unserem wichtigsten DINGS im 20. Jahrhundert: der Digitalisierung! Mit Bezug zu Schönheitsidealen, einer Analyse von heteronormativen Verhaltensmustern und mit dem Aufzeigen von Beispielen, dass uns unser Aussehen, in Zeiten der Pandemie, und dem damit verbunden Hocken in Online-Meetings, doch wichtiger ist, als wir glauben.
„Im Spiegelsaal“ definiert wieder klar unsere heutige Gesellschaft und macht nachdenklich. War es vor einigen Jahrhunderten verpönt sich als Frau im Spiegel zu betrachten (Sünde!) so scrollen viele heute durch Social Media und lachen sich täglich mehrmals selbst entgegen.

Fazit:
Ein Augenöffner für Augen, die wir eigentlich offen haben sollten, ein Spiegelvorhalten!
Was mir etwas gefehlt hat diesmal – vielleicht auch dem Thema geschuldet: mir fehlte etwas der Humor, der sonst in ihren Büchern vertreten ist. Und: die fehlenden Seitenzahlen.
Klare Leseempfehlung meinerseits! Ich liebe die Bücher von Liv Strömquist!

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