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Veröffentlicht am 28.02.2020

Perfekt

Die Tochter – Deiner Vergangenheit entkommst du nicht!
2

Zum Inhalt:
Kathi lebt mit ihrer Tochter Lucy mehr schlecht als gut im Dorf ihrer Kindheit. Ihre Familie hat eine dunkle Vergangenheit und Lucys Vater verschwand kurz vor der Hochzeit. Leider wird das ...

Zum Inhalt:
Kathi lebt mit ihrer Tochter Lucy mehr schlecht als gut im Dorf ihrer Kindheit. Ihre Familie hat eine dunkle Vergangenheit und Lucys Vater verschwand kurz vor der Hochzeit. Leider wird das Misstrauen gegenüber Kathi auch auf ihre Tochter übertragen und Lucy wird immer stiller. Kathi versucht, die Situation zu verbessern und bekommt dabei Schützenhilfe von Jennifer, die gerade erst in das Dorf gezogen ist und reich geheiratet hat.
Als plötzlich ein Kind verschwindet, zeigen sich die Abgründe in der ehrenwerten Dorfgemeinschaft, - und Kathi ist mittendrin.

Mein Eindruck:
Es ist beeindruckend, was Rose Klay aus ihrer Idee gemacht hat; dass es sich um ein Debüt handelt, ist kaum zu glauben. Sehr geschickt baut sie auf ihren Prolog auf, der trotz genauer Beschreibung sein Geheimnis erst kurz vor dem Ende des Buches enthüllt. Die Gefühle ihrer Personen – insbesondere die der Protagonistin – sind wunderbar beschrieben, ohne zu blumig ins Absurde abzudriften. Doch nicht nur die Menschen besitzen Tiefe, auch die Umgebung hat ihren Reiz, - egal ob die Düsternis verfallener Gebäude, schicke Villen oder die schäbige Wohnung Kathis. Gut gefällt insbesondere die Figur eines Nebencharakters mit Einschränkungen, die so differenziert ausgearbeitet ist, dass Kathi selber an deren Gutmütigkeit zweifelt.
Klay schreibt mitreißend und hält ihren Spannungsbogen konstant straff; kleinere Mängel im Stil sind dadurch Nebensache und werden gerne überlesen. Ihre glaubwürdigen Charaktere agieren stringent, es macht Spaß, wenn offene Fragen (selbst die, die man gar nicht so schnell gestellt hat) ihre Antworten im Verlauf der Geschichte finden. Die Aufklärung ist für geübte Thriller-Leser ein klein wenig vorhersehbar, das Buch punktet trotzdem mit einer sehr guten Nebenhandlung und einem sympathischen Epilog.

Mein Fazit:
Ich wünsche mir mehr von dieser Autorin, gerne auch bald

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Spannung
  • Cover
Veröffentlicht am 25.02.2020

Aber er hat doch gar nichts an!

Milchmann
0

Zum Inhalt:
18 Jahre, weiblich, im Nordirland zur Zeit der größten Unruhen, der Troubles. Das Leben der Ich-Erzählerin ist schon schwer genug, als auch noch Er sich darin breit macht: Er, der ältere Mann, ...

Zum Inhalt:
18 Jahre, weiblich, im Nordirland zur Zeit der größten Unruhen, der Troubles. Das Leben der Ich-Erzählerin ist schon schwer genug, als auch noch Er sich darin breit macht: Er, der ältere Mann, Milchmann, wichtig, allgegenwärtig und leider überhaupt nicht das, was Sie sich vorgestellt hat.
Milchmann lässt nicht locker und webt sein Netz um seine Beute immer enger, bis Sie zappelt, hilflos, denn keiner glaubt ihr.

Mein Eindruck:
Anna Burns hat für diesen Roman jede Menge Preise eingeheimst und das Feuilleton überschlägt sich schier vor lauter Lobeshymnen. Doch tief in einem drin sagt das kleine Kind aus dem Märchen zu des Kaisers neuen Kleidern „aber er hat ja gar keine an!“.
Dieses Buch ist ein einziger Bandwurmsatz zwischen zwei Buchdeckeln, sehr oft bekommt man den Eindruck, dass eine Quasselstrippe erster Güte einen unter Metaphern, Rückblicken, Erklärungen, Reflektionen und tiefsinnigen Gedanken zu erdrücken versucht. Milchmann hat nur wenige Kapitel, fast keine Absätze aber eine Unmenge an Wörtern, die schlimmer stalken als der titelgebende Antagonist des Buches.
Man kann es als künstlerisch wertvoll erachten, dass die Personen keine Namen haben, sondern nur als Beziehung oder Beruf genannt werden, Man kann es aber auch ermüdend finden. Möglicherweise hat sich die Autorin etwas dabei gedacht, dass die drei kleinen Schwestern im Grundschulalter eloquenter über wissenschaftliche Probleme parlieren als so mancher altgedienter Forscher, - die Geschichte voranbringen tut es nicht.

Burns ist die erste nordirische Autorin, die den Man Booker Prize bekommen hat, zu einer Zeit, als der Brexit im Raum stand und die Einigkeit Großbritanniens beschworen werden musste. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Zwei Sterne, einen für die wenigen humorvollen Momente, einen für das Cover

Mein Fazit:
Langeweile im Gewand von hoher Kunst, ein echtes Schaf im Wolfspelz und damit ein bisschen so wie Milchmann, - nur umgekehrt

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.02.2020

Gefühlvoll

Klaus Modick über Leonard Cohen
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Zum Inhalt:
Lukas, ein junger Gitarrist, wird von einem Lied geflasht und erfährt nach einer Weile, dass es sich dabei um „Suzanne“ von Leonard Cohen handelt. Dieses Stück öffnet ihm die Herzen dreier ...

Zum Inhalt:
Lukas, ein junger Gitarrist, wird von einem Lied geflasht und erfährt nach einer Weile, dass es sich dabei um „Suzanne“ von Leonard Cohen handelt. Dieses Stück öffnet ihm die Herzen dreier junger Damen, doch alles drei sind nur Staubkörner in der Zeit. Zeitlos ist allerdings das Lied und „Suzanne“ ist die Frau, die Lukas nicht mehr aus dem Sinn bekommt.

Mein Eindruck:

Klaus Modick hat mit „Leonard Cohen“ eine Hommage an den Künstler abgeliefert, der mit seiner rauchigen Stimme und den lyrischen Texten seiner Lieder fasziniert hat. Diese Faszination ist in allen „Tracks“, wie hier die Kapitel heißen, spürbar und lässt ohne Weiteres an autobiographische Züge des Geschriebenen glauben. Alter und Lebenslauf des Protagonisten passen, dessen humorvolle Beschreibung lässt einen sympathischen Umgang mit den eigenen kleinen Fehlern vermuten.
Auch im inzwischen gesetzten Alter hat Modick nicht nur die Zeit seiner Jugend nicht vergessen, er beherrscht es wunderbar, seinen Lesern diese Zeit nahezubringen, mit allem, was dazugehört, dem alten Auto, den Grenzkontrollen, die unbändige Sehnsucht nach Freiheit. Charmant die Querverweise auf Möglichkeiten, Schallplatten in Kabinen anzuhören oder die Beschreibung von alten Radiosendungen.

Der Roman ist mit etwa 100 Seiten kein Großereignis, doch diese 100 Seiten wissen eine komplette Geschichte zu erzählen, komprimiert, fast so schön und eingängig wie ein Liedtext.
Fast so schön wie Leonard Cohens „Suzanne“.


Mein Fazit:
Ein leckeres Häppchen Literatur

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Veröffentlicht am 23.02.2020

Durchwachsen

Qube
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Zum Inhalt:
Fran Bittner ist Agent/in einer Organisation, welche sich um die Abwehr von KI-Angriffen kümmert. Sie wird auf den Fall eines angeschossenen Journalisten angesetzt, der - scheinbar auf einer ...

Zum Inhalt:
Fran Bittner ist Agent/in einer Organisation, welche sich um die Abwehr von KI-Angriffen kümmert. Sie wird auf den Fall eines angeschossenen Journalisten angesetzt, der - scheinbar auf einer heißen Spur – ausgeschaltet werden sollte und dessen Gehirn durch eine Software ersetzt wurde.
Währenddessen greift ein Milliardär nach dem ewigen Leben und eine Profi-Spielerin sucht den ultimativen Kick….

Mein Eindruck:

…. klingt verworren? Ist es teilweise auch, da Hillenbrand, Autor einiger launiger Krimis um einen Luxemburger Koch, sich hier tief in den Möglichkeiten einer künstlichen Intelligenz, die der menschlichen sehr viel voraushat, austobt.
Dabei lässt er bei seiner Zukunftsvision keine Möglichkeit aus, den Leser zusätzlich zu verwirren. Das ein Bewusstsein in einen Körper geladen werden kann – geschenkt. Aber muss der Körper dann unbedingt andauernd das Geschlecht wechseln, so dass Francesca zu Francesco wird und umgekehrt (mit Text, der sich diesem anpasst mit „Er sagte“ oder „Sie sagte“)? Ebenso verhält sich die Spannung eher wellenförmig; manchmal (leider nicht besonders oft) war das Buch kaum aus der Hand zu legen, dann kam es immer wieder zu langatmigen Szenen um Profi-Computerspieler, bei denen man sich des Gefühls nicht erwehren konnte, dass sie nur Seiten füllten. Ähnlich die Beschreibung von einer Luxemburger Großindustriellen, die an einigen Stellen durch die Geschichte wabert, ohne sie voranzubringen. Viele Fachbegriffe, die zwar in einem Glossar am Ende erklärt werden, aber wer hat schon Lust, praktisch in jedem zweiten Satz etwas nachzuschlagen? Und einige lose/alternative Enden, die selbst bei einem nochmaligen Lesen keinen Sinn ergeben.
Möglicherweise sind die Vorgänge von „Hologrammatica“ unerlässlich zum Verständnis des Buches und möglicherweise gibt es einen Nachfolger. Als eigenständiges Werk ist „Qube“ unverdaulich.


Mein Fazit:
Meine Intelligenz reicht für die künstliche definitiv nicht aus.

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Veröffentlicht am 22.02.2020

Jahreswechsel im Hotel

Das Geheimnis von Zimmer 3
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Zum Inhalt:
Zum Jahresende bietet das Hotel Haworth ein besonderes Paket an, um seine letzten Zimmer an die Pärchen zu bringen: Einige Wettbewerbe und ein großer Kostümball sollen die Gäste erfreuen. ...

Zum Inhalt:
Zum Jahresende bietet das Hotel Haworth ein besonderes Paket an, um seine letzten Zimmer an die Pärchen zu bringen: Einige Wettbewerbe und ein großer Kostümball sollen die Gäste erfreuen. Aber leider bietet das neue Jahr nicht nur ein Feuerwerk an guter Laune, sondern hält für Morse und Lewis – Beamte der Oxforder Polizei – eine Leiche bereit, deren Identität nicht so leicht zu klären ist. Und auch einige andere Gäste scheinen nicht die zu sein, als die sie sich eingetragen haben.

Mein Eindruck:
Höchstwahrscheinlich durch den Erfolg der Fernsehserien „Lewis“ und „Der junge Inspector Morse“ inspiriert, wurde die Reihe neu aufgelegt und die Übersetzung der Bücher von Colin Dexter auf die heutige Zeit angepasst. Vielleicht diesem Umstand geschuldet, fehlen der erwartete Charme und die formvollendeten Spitzfindigkeiten. Ganz im Gegenteil ist hier Morse ein dem Alkohol nicht abgeneigter Liebhaber von Pornos und Lewis äußerst bodenständig, die Zusammenarbeit der beiden lässt die Leichtigkeit und den Humor anderer britischer Ermittlerpaare vermissen.
Diese Erwartungshaltung außer Acht gelassen, erhält man einen gut konstruierten Kriminalfall, der seine Leser ein um das andere Mal auf eine falsche Fährte lockt und lange über Motiv und Mörder rätseln lässt. Der Stil ist elegant, das Setting gut gewählt und die Charaktere ausführlich beschrieben. Trotzdem fehlt ein bisschen der berühmte britische Humor.

Mein Fazit:
Gute Handlung, trotzdem fehlt der Funke, der den Leser zum Glühen bringt

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