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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.11.2019

Eisig

Der zehnte Gast
3

Zum Inhalt:
Ruhige Tage in einem abgeschiedenen Hotel verbringen, - das ist der Plan, den zehn Gäste verfolgen, als sie im Mitchell’s Inn, geführt von James Harwood und seinem Sohn Bradley, einchecken. ...

Zum Inhalt:
Ruhige Tage in einem abgeschiedenen Hotel verbringen, - das ist der Plan, den zehn Gäste verfolgen, als sie im Mitchell’s Inn, geführt von James Harwood und seinem Sohn Bradley, einchecken. Aber dann kommt ein Schneesturm auf, der Strom fällt aus und eine Leiche liegt an der Treppe. Und die Tage werden alles andere als ruhig, denn diese Leiche soll nicht die einzige bleiben.

Mein Eindruck:
Im Stil von Agatha Christie nimmt Shari Lapena ihre Leser mit auf die Reise in die Catskill Mountains, eine Reise ohne Wiederkehr für einige ihrer Charaktere, aber eine interessante Reise für die Menschen, die sich auf der Couch beim Lesen bequem zurücklehnen können. Und eine angenehme Reise, denn ihr Buch kommt zwar nicht ohne Mord, aber ohne allzu brutale Begleitumstände aus. Statt auf spritzende Blutfontänen setzt die Autorin auf Charakterzeichnungen, statt auf Gemetzel auf Überlegungen und statt oberflächlichen Dialogen bekommen die Leser tiefen Einblick in Gedanken und Seele ihrer Figuren. Trotz der zu Beginn ein bisschen angsteinflößenden Anzahl von zwölf relativ gleichberechtigten Personen schafft es Lapena, dass man nicht nur den Überblick behält, sondern über Täter und Opfer sinniert. Denn genau die Gleichberechtigung lässt viele Theorien zu und führt bravourös selbst geübte Krimi-Leser in die Irre oder lässt sie zumindest zweifeln. Lapenas Schreibstil und das gelungene Setting in einem romantischen, abgeschiedenen Hotel im Schneesturm beschert den Lesern einige sehr vergnügliche Zeit. Einen weiteren Pluspunkt erhält sie für eine stringent ermittelnde Polizei, die ohne Schnickschnack zwar ein bisschen durch einen glücklichen Umstand, aber auch durch die gute Beobachtungsgabe seitens eines Hotelinsassen die verantwortliche Person findet. Einen weiteren für ein Bonmot zum Schluss.

Mein Fazit:
Ein nicht allzu brutaler Krimi zum Mitraten mit leicht schwarzem Humor. Brillant

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Idee
  • Geschichte
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 27.10.2019

Niemand ist unfehlbar

Der Verein der Linkshänder
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Zum Inhalt:
Vor etwa zwanzig Jahren fand in einem Hotel ein Treffen von fünf Mitgliedern des „Vereins der Linkshänder“ statt, welcher seinerseits vor weiteren zwanzig Jahren von norwegischen Teenagern ...

Zum Inhalt:
Vor etwa zwanzig Jahren fand in einem Hotel ein Treffen von fünf Mitgliedern des „Vereins der Linkshänder“ statt, welcher seinerseits vor weiteren zwanzig Jahren von norwegischen Teenagern gegründet wurde. Das Hotel brannte durch Brandstiftung ab, man fand vier Leichen und verdächtigte Teilnehmer Nummer Fünf, der Mörder zu sein. Doch jetzt wird eine weitere Leiche ausgegraben, die ohne Zweifel der Vermisste ist. Der pensionierte Kommissar Van Veeteren war an den Ermittlungen beteiligt und fühlt sich deshalb bemüßigt, trotz Ruhestand die Hintergründe aufzudecken und den wahren Mörder zu finden. Dabei unterstützt ihn nicht nur seine Lebensgefährtin, sondern auch der schwedische Inspektor Barbarotti, in dessen Verantwortung eine Mordermittlung fällt, die mit dem Verbrechen in Zusammenhang steht.

Mein Eindruck:
Dieser Roman ist ein kriminalistisches Meisterwerk, da er nicht nur zwei beliebte Protagonisten aus Nessers Kosmos zusammenbringt, sondern zusätzlich drei Zeitebenen bespielt. Neben Gegenwart und Vergangenheit des Hotelbrandes gibt es noch eine Zeit, in der die Gründung des Vereins der Linkshänder und die Vorkommnisse beschrieben werden, die letztendlich zu allen weiteren Begebenheiten geführt haben. Der Flügelschlag des Schmetterlings in einer bösen, mutwilligen Version.
Seine Personen sind Getriebene, vom Leben gezeichnete Menschen. Allen ist eine Vergangenheit gemein, die – nordisch by nature – von Stolpersteinen und schlechten Voraussetzungen geprägt ist. Selbst wenn „Gott ein Fenster öffnet“, muss das keine liebevolle, göttliche Fügung sein, sondern ist oft nur der Durchgang in ein weiteres Zimmer des Irrgartens, der sich Weiterleben schimpft. Die philosophischen Tendenzen der beiden (Ex-)Polizisten sind gut zu verkraften, zeigen sie doch eine gewisse Altersmilde, die wohl langsam auch den Autoren ergreift.
Die für die Morde verantwortliche Person ist mit ein bisschen Spürsinn schnell identifiziert, doch der Weg, der hier das Ziel ist, zeigt sich mit vielen guten Ideen, Gesprächen und interessanten Nebenfiguren gepflastert. Und so ist der Roman trotz seiner vielen Seiten an keiner Stelle langweilig.

Mein Fazit:
Auch große Kommissare machen Fehler, - das beruhigt!

Veröffentlicht am 20.10.2019

Zu übertrieben

Last Shot
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Zum Inhalt:
Fast die gesamte Familie eines Clan-Oberhaupts wird auf einem Rastplatz ausgelöscht, als sein Sohn Dima das Auto kurz verlassen hatte. Dieser flieht aus zwei Gründen vom Tatort, bevor die Polizei ...

Zum Inhalt:
Fast die gesamte Familie eines Clan-Oberhaupts wird auf einem Rastplatz ausgelöscht, als sein Sohn Dima das Auto kurz verlassen hatte. Dieser flieht aus zwei Gründen vom Tatort, bevor die Polizei eintrifft: Er hat Angst um sein Leben und sucht das kleine Mädchen, das verschont geblieben ist. Bei dieser Flucht trifft er auf ein Gangsterpärchen, welches eigene Ziele verfolgt und wird vom Mörder seiner Familie gejagt. Und hinter allen ist die Polizei her – auch hier als Paar.

Mein Eindruck:
Hazel Frost wollte wohl Quentin Tarantino mit ihrem Roman nacheifern, - geglückt ist ihr dieser Versuch jedoch ganz und gar nicht. Denn sie schießt mit der bizarren, unglaubwürdigen Handlung, den völlig überzeichneten Figuren und den zu gewollten Konstellationen weit über ein wie auch immer geartetes Ziel hinaus.
Überraschungen beinhaltet der Thriller, - das kann niemand ihm absprechen. Aber diese Überraschungen nutzen sich ab, da sie mehr als Stilmittel an sich eingesetzt werden, als um die Geschichte voran zu bringen. Und noch ein „Merkmal“ des Buches nervt irgendwann kolossal: Andauernd geht es ums Pinkeln, hauptsächlich in der Öffentlichkeit und/oder vor anderen Menschen. Ja, das gehört zum Leben, trotzdem braucht das keiner in dieser epischen Breite.
Doch zwei Sachen sind der Autorin wirklich gelungen. Das Erste ist die Einführung ihrer Hauptcharaktere. Diese erhalten nach ihrer ersten Erwähnung einen Steckbrief für die Leser, welcher erklärt, wie diese Person zu dem wurde, was sie ist und was sie ausmacht. Das Zweite ist das Ende, welches nach dem ganzen Gemetzel und der vielen gestörten Menschen, die darin verwickelt sind ein wenig versöhnlich ist.


Mein Fazit:
Nur ein guter Anfang und ein gutes Ende reichen nicht zum guten Buch

Veröffentlicht am 20.10.2019

Wohlfühlbuch

Südlichter
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Zum Inhalt:
Die Liebe schenkt den Menschen durch ihre Berührung ein Leuchten, welches seine Entsprechung bei einem anderen Menschen findet: Das Südlicht. Manche haben es am Kopf, andere an den Fingern, ...

Zum Inhalt:
Die Liebe schenkt den Menschen durch ihre Berührung ein Leuchten, welches seine Entsprechung bei einem anderen Menschen findet: Das Südlicht. Manche haben es am Kopf, andere an den Fingern, aber jeder sucht sein Pendant. Und die meisten haben Glück bei ihrer Suche in der Geschichte, die man dazu aber selbst lesen sollte. Denn dieses Buch ist wirklich so strahlend leuchtend, wie der Titel suggeriert, - ein Südlicht in Papier.

Mein Eindruck:
Nur ein hartherziger oder emotionsloser Charakter wird von diesem Buch nicht verzaubert werden. Denn die Liebe selbst ergreift das Wort und schildert, wie sie die Menschen durch Berührung miteinander verbindet und zum Leuchten bringt: Als Südlichter, die das zu ihnen passende Pendant suchen. Aber nicht nur die Liebe wirkt als Persönlichkeit, auch Schicksal, Tod und einige andere sonst eher schwammige Begriffe treten auf und beeinflussen den Lauf der Welt und die Charaktere in dem Buch von Nina George. Damit wirken sie fast menschlich, wenn dem Schicksal keine Bosheit fremd ist und der Tod wie ein Autist fokussiert nur seiner Bestimmung nachgeht. Die Darstellung von Gefühlen gelingt der Autorin überhaupt fantastisch gut (möglicherweise weil sie durch ihre Protagonistin „die Liebe“ spricht): Egal ob die eigene Verzweiflung, weil sie Marie-Jeanne nicht berühren kann oder die Wünsche der menschlichen Charaktere, mit denen die Liebe zu tun hat, - alles ist wunderbar echt und sehr, sehr romantisch.
Und ein weiterer Aspekt sollte noch Erwähnung finden, da er garantiert die Buchhändler-Herzen zum Leuchten bringt: In der Geschichte verhelfen vor allen Dingen Bücher, die Liebe dazu und Buchhandlungen den Charakteren zum Finden der Lieblingsmenschen. Das ist doch echtes Win-Win!

Mein Fazit:
Dieses Buch ist reine Poesie!

Veröffentlicht am 20.10.2019

Nicht nur einen Ticken zu viel

Rapunzel, mein (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 2)
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Zum Inhalt:
Rabea hat nach ihrem ersten Fall den Job beim LKA in Rheinland-Pfalz von ihrem Vorgänger Jan übernommen, der wegen eigenmächtigen Verhaltens suspendiert wurde. Als sie von einer Frauenleiche ...

Zum Inhalt:
Rabea hat nach ihrem ersten Fall den Job beim LKA in Rheinland-Pfalz von ihrem Vorgänger Jan übernommen, der wegen eigenmächtigen Verhaltens suspendiert wurde. Als sie von einer Frauenleiche mit abgeschnittenen Händen hört, wird sie an das Schicksal ihrer Schwester Marie erinnert, die vor 20 Jahren aus dem Kindergarten verschwand. Das Einzige, was von Marie bis jetzt gefunden wurde, war eine abgeschnittene Hand…

Mein Eindruck:
Gut gewollt ist nicht immer gut gemacht. Beim Lesen von „Rapunzel“ fühlt man sich oft an James Bond oder Mission Impossible erinnert, - leider ist die Geschichte noch nicht einmal halb so gut wie ihre Vorbilder, und das, was an Witz fehlt, wird durch Alkohol und Rauschgift wettgemacht.
Logikloch (die Protagonistin lässt die ganze Zeit ihr Handy an, aber keiner auf der Dienststelle kommt auf die Idee, sie dadurch zu orten?) reiht sich an Zufall (wundersame Rettungen, immer das Richtige im Gepäck in einem Notfall) und die Polizei glänzt durch Desinteresse und/oder Kompetenzüberschreitung. Ja, kriminelle Unterhaltung lebt von Verbrechen, aber muss es so viele unterschiedliche böse Buben (Sadisten, Clan- und Rockerchefs, Racheengel) in einem Buch geben? Protagonist – Antagonist, auf der zweiten Seite verliert man komplett den Überblick.
Lars Schütz nutzt als Kunstgriff seiner zumeist sehr kurzen Kapitel (immer aus unterschiedlicher Sicht geschrieben) Dauercliffhanger… und nutzt sie damit ab. Denn die Situationen sind irgendwann viel zu absurd, als dass man an echte Gefahr für die Hauptpersonen glaubt. Zusätzlich stört der nicht nur dauernde, sondern vor allen Dingen beiläufige Konsum von Marihuana und Haschisch; für jemanden, der als besonders empfindsam beschrieben wird, finde ich das doppelt seltsam und bedenklich.
Das Einzige, was aus meiner Sicht wirklich gelungen ist, ist das Ende. Denn das ist folgerichtig, ohne Schmus, die Konsequenzen sind nachvollziehbar und damit „echt“, - etwas, das in diesem Thriller oft fehlt.

Mein Fazit:
Überfrachtet und unglaubwürdig