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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2017

Tollpatsch auf Rettungsmission

Eine Frau für alle Fälle
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Zum Inhalt:
Sandy – Tippse in einem Detektivbüro - ist von ihrer Familie auf die Suche nach der aus dem Altersheim ausgebüxten Oma geschickt worden. Sie landet auf der Insel Dominica und wird praktisch ...

Zum Inhalt:
Sandy – Tippse in einem Detektivbüro - ist von ihrer Familie auf die Suche nach der aus dem Altersheim ausgebüxten Oma geschickt worden. Sie landet auf der Insel Dominica und wird praktisch sofort in die dortigen Drogengeschäfte verwickelt. Glücklicherweise steht ihr eine Schar von Einheimischen zur Seite, bunt gemischt vom Drogenfahnder bis zur Busfahrerin, welche Sandy helfen, nicht nur die Oma zu finden, sondern auch die Begegnungen mit den Gangstern zu überleben.

Mein Eindruck:
Sommer, Sonne, Urlaubsstimmung – und ein paar kaputte Schuhe, während blaue Bohnen durch die warme Luft fliegen. Das fasst meiner Meinung nach die Geschichte zusammen, die Wagner für ihre Leserschaft erdacht hat und die in einem Cover, das einen Krimi mit Spaß und ohne allzu viel Tiefgang verheißt, ihren bildlichen Ausdruck findet. Ein locker-flockiger Schreibstil trifft dabei auf eine Protagonistin, die zwar einen ausgereiften Modegeschmack, jedoch nicht immer Menschenkenntnis beweist. Daraus entspringt eine muntere Kriminalgeschichte mit dem einen oder anderen Schmunzler, die zwar eine gewisse Spannung aus teilweise recht gefährlichen Episoden zieht, meistens jedoch sehr vorhersehbar auf das gefällige Happyend zusteuert. Die kaputten High-Heels als Running-Gag (was für ein Wortspiel…) und die weiteren großen und kleinen Unfälle, die auf Sandy lauern, sind Garanten für einen schönen Sommerroman, der hoffentlich eine Fortsetzung findet. Dafür hat die Autorin Sandy viele sympathische Menschen (und einen drogensüchtigen Dackel) zur Seite gestellt, die sich aus den unterschiedlichsten Schichten Dominicas rekrutieren und ohne die Protagonistin wohl nicht viele Anknüpfungspunkte besitzen würden. Aber so bietet sich auch eine Fülle von möglichen weiteren Geschichten an, die sich um die frischgebackene Möchtegern-Detektivin spinnen können.

Mein Fazit:
What you see is what you get

4 Sterne

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Lesespaß
  • Humor
Veröffentlicht am 11.06.2017

Idee top, Auflösung durchwachsen

Der Brief
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Zum Inhalt:
Marie lebt glücklich mit ihrer Freundin in Hamburg, als sie durch einen seltsamen Brief ihrer alten Schulfreundin Christine aufgeschreckt wird. Dieser unterstellt Marie völlig andere Lebensumstände ...

Zum Inhalt:
Marie lebt glücklich mit ihrer Freundin in Hamburg, als sie durch einen seltsamen Brief ihrer alten Schulfreundin Christine aufgeschreckt wird. Dieser unterstellt Marie völlig andere Lebensumstände – verheiratet mit einem Galeristen namens Victor in Paris. Als es nicht bei einem Schreiben bleibt, forscht Marie nach – zuerst bei Christine, die dadurch in einer Nervenheilanstalt landet, und später in Paris. Sie findet Victor, fühlt sich ihm auch sehr verbunden und schließlich verschieben sich die Realitäten.

Mein Eindruck:
Klappentext und Cover sind eine echte Wucht: Der Text verspricht eine mysteriöse Geschichte, das Cover zeigt die Zerrissenheit Maries mit einem Bild der Speicherstadt links und einer Paris-Ansicht rechts und zwei Frauen, gleich angezogen, die sich auf der Brücke entgegenkommen.
Der Stil der Story ist flüssig, man kann sich gut in die Personen hineinfühlen, deren Probleme sind zum größten Teil real und nachvollziehbar, - wenn man von den Komplikationen absieht, die durch den Schriftwechsel verursacht sind. Und hier zeigt sich die Krux der Geschichte, die letztendlich weder Fisch (wir finden eine glaubhafte Erklärung für die Vorkommnisse) und nicht Fleisch (wir driften in die Fantasy ab) ist. So mündet die Story in einem Ende, welches mich persönlich verwirrt und schlecht gelaunt das Buch zuklappen lässt, obwohl es einen sehr guten Ansatz, viel Fantasie und schöne Beschreibungen von Ländern und Leuten beinhaltet. Möglicherweise ist das Unbehagen meinerseits auch der Protagonistin geschuldet, die relativ selbstherrlich nur an ihrem eigenen Wohl interessiert ist, Scherben en Masse hinterlässt und nicht weiter als bis zur Nasenspitze denkt.

Mein Fazit:
Guter Beginn, Ende mit vielen Fragezeichen, 3 Sterne insgesamt für Idee, Cover und Stil

Veröffentlicht am 11.06.2017

Very british

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
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Zum Inhalt:
Anthony Peardew sammelt alles, was andere Menschen verloren haben – egal ob Knopf, Haarband oder Puzzle-Teil. Als er stirbt, macht er Laura zu seiner Erbin, die mithilfe ihrer Nachbarin, einem ...

Zum Inhalt:
Anthony Peardew sammelt alles, was andere Menschen verloren haben – egal ob Knopf, Haarband oder Puzzle-Teil. Als er stirbt, macht er Laura zu seiner Erbin, die mithilfe ihrer Nachbarin, einem jungen Mädchen mit Down-Syndrom, und ihrem Gärtner versucht, diese Gegenstände an die vorherigen Besitzer zu bringen und das Mysterium um seltsame Vorkommnisse in ihrem neuen Heim zu lösen.

Mein Eindruck:
Man merkt diesem Buch sehr deutlich seine britische Herkunft an: Sein Personal besteht bis in die Geisterwelt aus Exzentrikern, die Klassengesellschaft wird ebenso thematisiert wie die vielfältigen Gemeinschaftsveranstaltungen und die Schwerfälligkeit, Gefühle auszudrücken, ohne sich zu blamieren. Das Suchen und Finden bezieht sich dabei nur vordergründlich auf die Gegenstände, die meisten Verluste haben den Fund einer Einstellung zu einer Lebenskrise zur Folge, - manchmal ist dieser Fund ein Gewinn, manchmal auch nicht. Die Geschichten zur Geschichte der Gegenstände werden düsterer, je weiter das Buch fortschreitet – dem immer schwermütiger werdenden Anthony geschuldet, welcher sie verfasst. Parallel erfährt man die Vergangenheit eines weiteren Paares, welches in inniger Verbundenheit miteinander lebt, obwohl die homosexuelle Neigung des männlichen Parts eine Ehe ausschließt. Zwar ist den Lesern schnell klar, wie die beiden Erzählstränge miteinander verbunden sind, dem Hörvergnügen tut das jedoch keinen Abbruch, da die Teilgeschichten interessieren und durch die Vielfalt der Erzählungen genügend Platz für Emotionen bleibt.
Rufus Beck beeindruckt wieder einmal mit seiner Fähigkeit, viele Figuren mit eigenen Merkmalen auszustatten. So wird eine zickige Möchtegern-Autorin genauso lebendig, wie der Alzheimer-geschädigte Vater oder das junge Mädchen, das einem Missbrauch zum Opfer fällt. Dieses Können ist phänomenal.

Mein Fazit:
Berührend, bittersüß in einem sehr schönen Stil, dazu wunderbar gelesen von Rufus Beck

Alle fünf Sterne

Veröffentlicht am 04.06.2017

Göttliche Strafen

Die Morde von Morcone
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Zum Inhalt:
Der deutsche Anwalt Robert möchte sich in der Toskana von einer privaten Krise erholen, als er gemeinsam mit dem örtlichen Conte – seinem Vermieter – zufällig eine Leiche findet. Um den auf ...

Zum Inhalt:
Der deutsche Anwalt Robert möchte sich in der Toskana von einer privaten Krise erholen, als er gemeinsam mit dem örtlichen Conte – seinem Vermieter – zufällig eine Leiche findet. Um den auf ihn fallenden Verdacht zu entkräften, macht Robert sich gemeinsam mit Giada, einer Reporterin, auf Tätersuche.
Bald wird klar, dass dieser Täter die sieben Todsünden bestraft und die Maremma verliert ihre Idylle.

Mein Eindruck:
Stefan Ulrich fängt den Zauber dieses Landstrichs gekonnt ein, die Schönheit der Landschaft, die Vielfalt der Charaktere – vom einfachen Kommunisten bis hin zur Aristokratie. Die Verquickung von Kunst, Religion und Morden gelingt ihm dabei glaubhafter als so manchem Bestseller-Schriftsteller, weil er eben nicht in das esoterische abdriftet und seinem Helden keine hochintelligente Sexbombe zur Seite stellt, sondern eine schlagfertige und bodenständige Gefährtin. Hintergründe und Motiv von Opfern, Ermittlern und Tätern werden beleuchtet, aber so geschickt getarnt, dass man doch sehr lange im Ungewissen über den Ausgang des Krimis bleibt. Gut hat mir gefallen, dass auch liebgewonnenes Personal nicht vor dem Ableben sicher war, was der Spannung bis zum Schluss förderlich war.
Ein weiterer Pluspunkt besteht in der Wahl der Hauptperson Robert, dessen Probleme den Grund für seinen Aufenthalt in der Toskana darstellen, jedoch nicht nervtötend im Fokus des Lesers stehen.
Der Schreibstil ist eingängig, nicht einfach und nicht zu gestelzt, der Aufbau des Romans animiert zum Weiterlesen. Die Morde sind zwar gewalttätig, die Blutrünstigkeit und Detailverliebtheit des Autors bleibt jedoch im Rahmen, so dass schlaflose Nächte nicht zu erwarten sind. Alles in allem also kein nervenaufreibender Thriller, aber ein gutes Stück Krimiunterhaltung. Da nicht alle privaten Verwicklungen geklärt sind, ist wohl eine Fortsetzung möglich, - vielleicht besinnt sich Robert auf seine anwaltlichen Fähigkeiten und Giada wird Detektivin.

Fazit:
Gute Unterhaltung

Veröffentlicht am 04.06.2017

Bad Romance

Gray
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Nein, eine schlechte Romanze ist es ganz und gar nicht, welche Gray - einen Graupapagei - und sein neues Herrchen Augustus miteinander verbindet. Letzterer ist Dozent in Cambridge und war Tutor von Elliot, ...

Nein, eine schlechte Romanze ist es ganz und gar nicht, welche Gray - einen Graupapagei - und sein neues Herrchen Augustus miteinander verbindet. Letzterer ist Dozent in Cambridge und war Tutor von Elliot, einem Studenten, der den Papagei für seine Studien beobachtete und beim Fassadenklettern abgestürzt ist. Durch das Geplapper von Gray und einiger Funde in Elliots Nachlass kommen Augustus Zweifel an der Unfalltheorie und er stürzt sich (von Gray unterstützt) in die Aufklärung des Todesfalls, immer mit dem Hit von Lady Gaga im und am Ohr.

Mein Eindruck:
Viele Kleinigkeiten führen zu einem großen Lesegenuss. Da ist zum Beispiel die liebevolle Gestaltung mit kleinen Illustrationen an den unteren Seitenrändern, welche sich als Daumenkino mit Papagei entpuppen. Aber auch inhaltlich hat das Buch Einiges zu bieten. Die Wahl des altehrwürdigen Cambridge als Schauplatz mit seinen Ritualen und Konventionen - dazu als Kontrapunkte das Fassadenklettern und der sprechende Papagei. Mittendrin mit Augustus ein Held, der mit einigen liebenswerten Macken ausgestattet ist, die er im Verlauf der Geschichte heldenhaft überwindet und – last but not least – Gray, immer einen flotten Spruch auf den Lippen und Zeuge der Vorgänge, die zum Ableben Elliots führten.
Vor allem die Sprüche und Eigenarten Grays, die völlig gegenläufig zu dem zwanghaft ordentlichen und um ein angemessenes Verhalten bemühten Augustus sind, bringen nicht nur die Leser zum Lachen, sondern die Geschichte voran und führen letztlich zur Aufklärung der Ereignisse. Es gefällt, dass der Papagei dabei nicht etwa menschlich agiert, sondern nur sehr intelligent die erlernten Sprüche an passender Position an den Professor bringt, der seinerseits das Puzzle um die ambivalente Person zusammensetzt. Swann hat sich sehr viel Mühe gegeben, um ihre Akteure ein ganzes Netz von Möglichkeiten an Motiven zu spinnen, in dem sich Elliot tödlich verfängt. Ihr Stil dabei ist sehr gut lesbar, wunderbar leicht und mit viel Humor ausgestattet, die Figuren sind komisch, jedoch nie lächerlich.

Mein Fazit:
Ein in jeder Beziehung sehr gefälliger (Todes)fall