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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.02.2019

Eine Ode ans Leben

Agathe
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Paris im Jahr 1948: Ein 71-jähriger Psychiater hat nur noch wenige Monate bis zu seinem Ruhestand. Er kann es kaum erwarten und zählt bereits die letzten Tage. Die Probleme seiner Patienten sind ihm egal ...

Paris im Jahr 1948: Ein 71-jähriger Psychiater hat nur noch wenige Monate bis zu seinem Ruhestand. Er kann es kaum erwarten und zählt bereits die letzten Tage. Die Probleme seiner Patienten sind ihm egal geworden, die Arbeit langweilt ihn. Er möchte auf keinen Fall noch weitere Termine einschieben. Doch Agathe Zimmermann, eine Frau in ihren Vierzigern, ist hartnäckig und lässt sich einfach nicht von seiner Sekretärin, Madame Surrugue, abwimmeln. Durch die Treffen mit der gebürtigen Deutschen verändert sich für ihn alles…

„Agathe“ ist der gelungene Debütroman von Anne Cathrine Bomann.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus fast 40 kurzen Kapiteln mit jeweils knappen Überschriften. Eingefügt sind Auszüge aus Agathes Krankenakte sowie weitere Notizen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht des Psychiaters. Dieser Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil ist sehr besonders. Er ist reduziert, aber dennoch gut verständlich, einfühlsam und eindringlich. Die Sprache ist bildstark und stellenweise poetisch. Der Autorin gelingt es auf beeindruckende Weise, mit nur wenigen Worten viel auszudrücken. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

Im Mittelpunkt steht – anders als es der Romantitel vermuten lässt – nicht die Frau, sondern der gealterte Psychiater. Nichtsdestotrotz spielt Agathe natürlich in der Geschichte eine sehr wichtige Rolle. Beide sind recht spezielle, aber reizvolle Charaktere, die mit ihrer liebenswerten Art meine Sympathie gewinnen konnten. Ihre Darstellung wirkt authentisch.

Das Setting hat mir sehr gut gefallen. Im Vordergrund stehen die Themenbereiche Psychologie und Philosophie. Dabei geht es sowohl um psychische Erkrankungen als auch um Lebensweisheiten. Dies macht den Roman zu einer tiefgründigen Lektüre, die zum Nachdenken animiert. Dazu passt die oft melancholisch anmutende Atmosphäre.

Allerdings stimmt der Roman nicht nur ernste, sondern auch heitere Töne an. Mehrfach konnte mich die Geschichte emotional berühren, denn es tauchen immer wieder universelle Aspekte wie Liebe, Freundschaft und Nähe auf.

Eine weitere Stärke des Romans ist es, dass er viel Raum für eigene Interpretationen und Gedanken lässt. Die schöne Botschaft der Geschichte wird dabei jedoch klar deutlich: Auch die kleinen Dinge des Lebens können glücklich machen.

Das Cover finde ich sehr hübsch. Ein indirekter Bezug zur Geschichte ist erkennbar. Der prägnante Titel wurde von dem Original übernommen.

Mein Fazit:
„Agathe“ von Anne Cathrine Bomann ist ein kurzer, aber besonderer Roman. Die Geschichte verfügt über viel Charme und zählt schon jetzt zu meinen Lesehighlights des Jahres. Eine empfehlenswerte Lektüre.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Figuren
  • Geschichte
  • Gefühl
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 04.02.2019

Wenn die Erinnerung geht

Unter uns nur Wolken
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Thomas Hartmann, der von allen nur Tom genannt wird, hat ein Problem: Sein Großvater Florian hat nicht nur den Tod seiner geliebten Frau Greta zu verkraften, sondern auch die Diagnose Alzheimer erhalten. ...

Thomas Hartmann, der von allen nur Tom genannt wird, hat ein Problem: Sein Großvater Florian hat nicht nur den Tod seiner geliebten Frau Greta zu verkraften, sondern auch die Diagnose Alzheimer erhalten. Der Zustand des alten Mannes verschlechtert sich stetig, doch mit seiner Bar hat Tom eigentlich schon genug zu tun. Er kann sich nicht ständig um seinen Opa kümmern. Doch was tun? Alle seine bisherigen Pflegerinnen hat der sture Senior vergrault. Auch Anika Bayer hat eigentlich keine Lust auf den Job. Sie muss jedoch Geld verdienen und braucht ein Dach über den Kopf, nachdem ihr Ex Noah ihr gestanden hat, sie mit ihrer besten Freundin betrogen zu haben. Und so müssen Ani und Florian widerstrebend ihre Zeit miteinander verbringen…

„Unter uns nur Wolken“ ist ein berührender Roman des Autorenduos Anna Pfeffer.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus einigen Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Tom und Ani – jeweils in der Ich-Perspektive. Dieser Aufbau hat mir gut gefallen.

Der Schreibstil ist locker, flüssig und anschaulich. Er ist gekennzeichnet durch viel wörtliche Rede sowie ungewöhnliche Sprachbilder und Vergleiche. Leider sind in der ersten Auflage noch einige Rechtschreib- und Tippfehler übersehen worden. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir aber leicht.

Mit Ani und Tom stehen zwei Personen im Vordergrund, die einige menschliche Schwächen haben, mir aber trotzdem oder vielleicht gerade deswegen sehr sympathisch sind. Obwohl Florian sich redlich Mühe gibt, sich von seiner schlechtesten Seite zu zeigen, hat auch er mein Mitgefühl. Ich habe die Geschichte der drei Protagonisten gerne verfolgt. Vor allem das Verhalten von Ani und Tom finde ich authentisch. Ob sich Demenzpatienten tatsächlich so aufführen (können) wie Florian, kann ich schlecht beurteilen. Mich würde es jedoch nicht stören, wenn sich das Autorengespann diesbezüglich einige literarische Freiheiten herausgenommen hätte.

Inhaltlich hatte ich erwartet, dass die Krankheit Alzheimer noch mehr erklärt wird und stärker im Fokus steht. In der Geschichte dreht sich zwar vieles um die Tatsache, dass Florian daran erkrankt ist. Aber andere Themen wie das Fremdgehen von Anis Exfreund, der Narzissmus ihrer Mutter, Toms problematische Beziehung zu seinen Eltern und einiges mehr nehmen viel Raum ein. Das macht die Geschichte abwechslungsreich und unterhaltsam, aber bringt nur wenig neue Erkenntnisse über den Demenz-Aspekt. In diesem Punkt hätte mich ein wenig mehr Tiefgang gefreut. Dennoch konnte mich der Roman immer wieder berühren. Gut gefallen hat mir dabei, dass er sowohl ernste und traurige Passagen als auch humorvolle Momente beinhaltet.

Das Cover finde ich ansprechend gestaltet. Der Titel klingt sehr poetisch und fantasievoll, geht aber ein wenig am Thema vorbei.

Mein Fazit:
„Unter uns nur Wolken“ von Anna Pfeffer ist ein Roman, der für schöne Lesestunden sorgt.

Veröffentlicht am 29.01.2019

Nordseegesichter

Mittagsstunde
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Das Dorf Brinkebüll in Nordfriesland: Nach 30 Jahren kehrt Dr. Ingwer Feddersen, Archäologe und Hochschullehrer, in seinen kleinen Heimatort zurück. Der 47-Jährige findet ein Dorf vor, das einen Niedergang ...

Das Dorf Brinkebüll in Nordfriesland: Nach 30 Jahren kehrt Dr. Ingwer Feddersen, Archäologe und Hochschullehrer, in seinen kleinen Heimatort zurück. Der 47-Jährige findet ein Dorf vor, das einen Niedergang erlebt hat. Auch in seinem persönlichen Umfeld haben die Menschen die besten Zeiten schon hinter sich. Seine Großmutter Ella ist dement. Sein Großvater Sönke (93), von Arthrose geplagt und auf einem Auge blind, hält dennoch die Stellung im „Dorfkrug“, dem Gasthof von Brinkebüll. Als seine Uni ihm eine Auszeit genehmigt, kommt Ingwer zurück. Nicht ohne Grund: Er hat in dem Dorf noch etwas gutzumachen…

„Mittagsstunde“ von Dörte Hansen ist ein beeindruckender Roman.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 22 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Sie sind überschrieben mit den Titeln bekannter Songs – eine schöne Idee. Erzählt wird nicht nur aus der Sicht von Ingwer, sondern auch aus der verschiedener weiterer Personen. Es gibt zudem immer wieder Rückblenden in die weiter zurückliegende Vergangenheit. Der Aufbau hat mir gut gefallen.

Besonders der Schreibstil macht das Lesen zu einem Hochgenuss. Die Sprachbilder und Vergleiche sind sehr eindrucksvoll, die Beschreibungen zum Teil ungewöhnlich, aber mit verblüffender Treffgenauigkeit. Die Sprache wirkt bisweilen poetisch.

Eine weitere Stärke des Romans liegt in den starken Charakteren. Im Mittelpunkt steht Ingwer Feddersen. Sein Innenleben lässt sich sehr gut nachvollziehen. Auch die übrigen Personen sind reizvoll, vielschichtig und authentisch dargestellt. Sie illustrieren sehr gut die dörflichen Strukturen und das Gesellschaftssystem dort, haben aber jeweils ihre eigene, interessante Geschichte.

Inhaltlich geht es vor allem um den Niedergang eines Dorfes, über die Veränderungen, die die Zeit mit sich brachte, und den Strukturwandel. Das äußert sich in vielen Bereichen. Brinkebüll steht damit exemplarisch für viele kleine Dörfer. Darüber hinaus werden auch emotional behaftete Bereiche wie Alter, Einsamkeit und Krankheit thematisiert. Ohne ins Kitschige abzudriften, gelingt es der Autorin darüber hinaus, Szenen einzustreuen, die berühren. Immer wieder liefert die Geschichte Impulse zum Nachdenken.

Ein wichtiges Thema sind auch die menschlichen Schwächen und Fehler. Den Leser erwarten mehrere Überraschungen. Stück für Stück werden einige Geheimnisse erst angedeutet und dann aufgedeckt. Das sorgt für Spannung.

Das Cover entspricht nicht ganz meinem Geschmack, obgleich es inhaltlich durchaus passt. Der Titel ist ebenso prägnant wie treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Mittagsstunde“ ist Dörte Hansen wieder ein toller Roman gelungen, der völlig zu recht auf der Bestsellerliste gelandet ist. Die hohe sprachliche Qualität und die überzeugend dargestellten Charaktere machen das Buch für mich schon jetzt zu einem der Lesehighlights in diesem Jahr. Eine Lektüre, die ich uneingeschränkt empfehlen kann.

Veröffentlicht am 23.01.2019

Die eingebildete Kranke

Wirf dein Herz voraus und spring hinterher
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Mit 37 Jahren führt Liane Klein ein langweiliges Leben. Sie ist Single, arbeitet als Chefsekretärin bei einer Eventagentur und hat eigentlich keine Freunde. Ihre leibliche Mutter ist mit nur 32 Jahren ...

Mit 37 Jahren führt Liane Klein ein langweiliges Leben. Sie ist Single, arbeitet als Chefsekretärin bei einer Eventagentur und hat eigentlich keine Freunde. Ihre leibliche Mutter ist mit nur 32 Jahren bei einem Unfall gestorben, zu ihrer Adoptivmutter Ruth hat sie nach einem Streit vor 20 Jahren keinen Kontakt mehr. Aus Angst vor Krankheiten, Tod und anderen schlimmen Dingen meidet sie alles, was gefährlich werden könnte. Immer in Sorge, etwas könnte nicht mit ihr stimmen, rennt sie ständig zum Arzt. Die spießige Liane ist daher auch bei ihren Kollegen nicht beliebt. Doch einer der Besuche beim Doktor stellt ihr Leben auf den Kopf. Plötzlich traut sie sich Dinge, die früher noch undenkbar schienen, probiert Ungewöhnliches aus und macht dabei interessante Begegnungen…

„Wirf dein Herz voraus und spring hinterher“ ist ein unterhaltsamer Roman von Anna Paulsen.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 31 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Sie werden eingerahmt von einem Prolog und einem Epilog. Erzählt wird nicht nur aus der Sicht von Liane, sondern auch aus der von anderen Haupt- und Nebenpersonen. Eingestreut sind darüber hinaus mehrere Briefe. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist locker, flüssig und anschaulich. Viel wörtliche Rede und treffende Beschreibungen machen das Erzählte lebhaft. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

Liane ist ein sehr spezieller, aber reizvoller Charakter. Die Protagonistin wird vor allem zu Beginn ein wenig überspitzt dargestellt. Ihre verschrobene Art sorgt allerdings für eine interessante Lektüre. Ihre Entwicklung habe ich gerne verfolgt. Darüber hinaus verfügt der Roman über einige liebevoll gezeichnete Nebenfiguren, die auf mich recht authentisch wirken.

Die Handlung ist abwechslungsreich und kurzweilig. Die Geschichte kann mit mehreren Wendungen und Überraschung aufwarten. Gestört hat mich lediglich die Häufung von Zufällen, die das Geschehen an einigen wenigen Stellen für mich unglaubwürdig gemacht haben. Das hat das Lesevergnügen aber kaum geschmälert.

Die Idee zur Geschichte finde ich kreativ. Gut gefallen hat mir, dass es darin nicht nur um die romantische Liebe geht, sondern auch Themen wie Freundschaft, Lebensziele, Ängste und Mut, Trauer und mehr eine Rolle spielen. Dabei kann die Geschichte bewegen, ohne ins Kitschige abzudriften, und vermittelt eine wichtige Botschaft – nämlich dass man sich in seinem Leben was trauen sollte. Auch der Humor kommt nicht zu kurz.

Das Cover finde ich sehr süß – auch wenn sich mir das Heißluftballon-Motiv nicht ganz erschließt. Die Optik passt allerdings sehr gut zum Titel. Dieser kommt zwar ein wenig schnulzig daher, aber trifft inhaltlich absolut zu.

Mein Fazit:
„Wirf dein Herz voraus und spring hinterher“ ist eine herzerwärmende Lektüre mit einer schöner Message, die nicht nur für Romantiker empfehlenswert ist. Wieder einmal ist Anna Paulsen ein Roman gelungen, der mir schöne Lesestunden bereitet hat.

Veröffentlicht am 17.01.2019

Was in der Nacht vor 20 Jahren passiert ist

Der Verrat
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Nach 20 Jahren Haft wird die 46-jährige Nane Rauch aus dem Gefängnis entlassen. Nun steht ihre Bewährungszeit an. Ihre Schwester Birgit sorgt dafür, dass sie eine Wohnung und einen Arbeitsplatz in Frankfurt ...

Nach 20 Jahren Haft wird die 46-jährige Nane Rauch aus dem Gefängnis entlassen. Nun steht ihre Bewährungszeit an. Ihre Schwester Birgit sorgt dafür, dass sie eine Wohnung und einen Arbeitsplatz in Frankfurt hat. Vieles hat sich geändert, doch die Schuld lastet nach wie vor schwer auf Nane. Das Verhältnis zu ihrer anderen Schwester, Pia, hat schwer gelitten. Diese lebt mit ihrem Mann auf einem Weingut an der Saar und arbeitet als Restauratorin. Plötzlich tritt Nane wieder in ihr Leben. Damit ist die Zeit der Wahrheit, aber auch der Rache gekommen…

„Der Verrat“ ist der zweite Spannungsroman von Ellen Sandberg.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 17 Kapiteln. Davon spielen einige in den Jahren 1997/1998 und einige in der Gegenwart, also im Jahr 2018. Somit entstehen zwei Erzählstränge. Erzählt wird dabei aus der Sicht mehrerer Personen. Zudem beginnt der Roman mit einem spannenden Prolog. Dieser Aufbau funktioniert ganz gut.

Der Schreibstil ist angenehm, anschaulich und flüssig. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht. Ich habe das Buch nur ungern zur Seite gelegt.

Mit Nane und ihren Schwester Birgit und Pia stehen vor allem drei Frauen im Vordergrund der Geschichte. Sie werden wie die übrigen Personen überwiegend realitätsnah und vielschichtig dargestellt. Allerdings blieben mir die Protagonistinnen auch recht fern.

Schon ab den ersten Seiten ist die Handlung spannend. Darüber hinaus hat der Roman auch im weiteren Verlauf einige Überraschungen und falsche Fährten zu bieten. Durch die rückblickenden Kapitel wird die ganze Geschichte Stück für Stück aufgedeckt. Bis zum Ende bleibt der Roman dadurch trotz der eher hohen Seitenzahl und einiger Längen unterhaltsam und fesselnd. Die Auflösung erscheint plausibel.

Gut gefallen hat mir, dass es in dem Roman um eine Vielzahl an emotional belegten Themen wie Liebe, Eifersucht, Schuld, Geheimnisse, Lügen, Hass und Rache geht. Alles zusammen ergibt ein komplexes Familiendrama und bietet Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele.

Das atmosphärische Cover trifft meinen Geschmack und passt gut zum Inhalt der Geschichte. Das gilt auch für den kurzen, aber prägnanten Buchtitel.

Mein Fazit:
„Der Verrat“ von Ellen Sandberg ist eine fesselnde Lektüre, die für schöne Lesestunden sorgt. Empfehlenswert ist der Roman vor allem für Fans von Spannungsliteratur.