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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.11.2023

Es steckt so viel in Dir

Frau Komachi empfiehlt ein Buch
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Das Buch beinhaltet fünf Geschichten, fünf vollkommen unterschiedliche Schicksale, die sich nur am Rande überschneiden, wenn Nebenfiguren plötzlich erneut auftauchen und eine besondere Rolle spielen. Allen ...

Das Buch beinhaltet fünf Geschichten, fünf vollkommen unterschiedliche Schicksale, die sich nur am Rande überschneiden, wenn Nebenfiguren plötzlich erneut auftauchen und eine besondere Rolle spielen. Allen Geschichten gemeinsam ist aber vorrangig die Bibliothekarin Sayuri Komachi, die es mit ihrer Frage „Wonach suchen Sie“ schafft, die vor ihr stehenden Personen förmlich zu bannen. Die Menschen, die vor ihr stehen, sind auf der Suche; nach dem Sinn, nach dem Inhalt, nach einer Freude in ihrem Leben.

Da ist einundzwanzigjährige Verkäuferin Tomoka, die alles aufregend und cool in Tokio findet, aber merkt, dass sie unzufrieden und unglücklich ist. Oder die vierzigjährige Natsumi, die Mutter geworden ist und seitdem versucht, Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen, wobei sie regelmäßig scheitert. Frau Komachi empfiehlt ihnen allen ein besonderes Buch, mit dem sie zuerst nichts anfangen können, das aber überraschende Auswirkungen auf ihr weiteres Dasein hat.

Lebensweisheiten, Sinnsprüche, Lebenshilfen und kleine Anregungen, wie und was man anders machen kann. Durch andere Denkweisen ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten, neue Wege entstehen und Krisen werden gemeistert. Die typisch japanische Denkweise wird hier ebenso berücksichtigt, wie die Mahnung, dass zusammen und gemeinsam alles besser geht. Es ist insgesamt alles sehr simpel; Problem gefunden, Lösung anvisiert und letztendlich wird alles gut. Nicht das schlechteste Konzept in der heutigen Zeit, das mir manchmal etwas zu glatt war. Dennoch fand ich die Geschichten interessant, fand mich gut unterhalten. Von mir gibt es drei Sterne und eine Leseempfehlung. Ein schönes Buch für angenehme Lesestunden.

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Veröffentlicht am 06.11.2023

Schmerz ist nicht teilbar

Die Dauer der Liebe
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Was bleibt, wenn der geliebte Mensch geht? Diese Frage muss sich die Übersetzerin Renata Spaziani stellen, als ihr eines Morgens ein Polizist die Nachricht überbringt, dass ihr Lebensgefährte Konrad Grasmann ...

Was bleibt, wenn der geliebte Mensch geht? Diese Frage muss sich die Übersetzerin Renata Spaziani stellen, als ihr eines Morgens ein Polizist die Nachricht überbringt, dass ihr Lebensgefährte Konrad Grasmann auf einem Parkplatz gestorben ist. Gestern bereits, informiert wurde jedoch nur die Familie, denn Renata und Konrad waren zwar fünfundzwanzig Jahre zusammen, aber nicht verheiratet. Konrads Familie hat Renata nie akzeptiert, ein rechtsgültiges Testament fehlt und so muss Renata zusehen, wie ihr nach und nach alles genommen wird.

„Wenn ich vor dir tot sein sollte, werde ich aus Sehnsucht nach dir im Jenseits noch einmal sterben. Konrad hat Renata viele solcher Sätze ins Ohr geflüstert. Was Konrad nicht ahnen konnte: dass auch die Sehnsucht der Überlebenden lebensgefährlich ist.“ (Seite 34)

Das abrupte Ende einer großen Liebe ist schlimm genug, wenn dazu aber noch eine herzlose und geldgierige Verwandtschaft des Partners die Trauer stört, ist das an Grausamkeit nicht zu überbieten. Renata ist wie paralysiert, sie realisiert anfangs nicht, worauf die plötzliche Zuwendung eines Familienmitgliedes Konrads hinausläuft. Ich konnte fast nicht mitansehen, was da passierte, meine Gefühle schwankten zwischen Mitgefühl, Zorn und Wut. Immer wieder fragte ich mich, ob ich genauso entscheiden, oder anders reagieren würde, aber solche Fragen können nur rein hypothetischer Natur sein, denn eine solche Situation ist so persönlich und intim, dass es keine allgemeine Antwort darauf gibt. Und das ist auch gut so.

Zu Beginn habe ich ein wenig gebraucht, um mich an den Schreibstil zu gewöhnen, Gedanken und Erinnerungen kreuzten die Gegenwart, Vergangenes und Gegenwärtiges vermischte sich und es kam ziemlich viel Unruhe rein. Diese Erzählweise passte jedoch zur Situation, was mir half, mich darauf einzulassen, und bald fiel es mir gar nicht mehr auf. Der Fokus liegt überwiegend auf Konrad; seinen Werdegang, seine Karriere und die Liebe zur Kunst. Neben der Trauer nahmen die kulturellen Ausschweifungen einen großen Raum ein und dies ist für mich auch der einzige Kritikpunkt, der in der zweiten Hälfte des Buches meiner Begeisterung einen kleinen Dämpfer verpasst, das Lesevergnügen insgesamt aber nur etwas geschmälert hat.

Ein wunderbares Buch, viele Zitate habe ich markiert und las sie erneut; so schön fand ich sie. Feinfühlig und empfindsam, behutsam fast führte mich die Autorin durchs Buch. Dafür gibt es von mir vier Sterne und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 02.11.2023

Für die Ewigkeit

Wie Sterben geht
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Im Winter 1983 soll auf der Glienicker Brücke der spektakulärste Austausch von Agenten stattfinden; der kriminelle und in den USA zum Tode verurteilte Sohn eines Politbüromitgliedes soll gegen einen ranghohen ...

Im Winter 1983 soll auf der Glienicker Brücke der spektakulärste Austausch von Agenten stattfinden; der kriminelle und in den USA zum Tode verurteilte Sohn eines Politbüromitgliedes soll gegen einen ranghohen KGB-Offizier mit dem Decknamen Pilger ausgetauscht werden, dessen Identität nur die Agentin Nina Winter kennt. Vor drei Jahren war Nina beim BND tätig und mit der Auswertung von Spionage-Informationen betraut. Pilger wollte sie und nur sie als seine Führungsoffizierin in Russland haben. Die Ereignisse von damals enden 1983 in einem Inferno und Nina muss sich die Frage stellen, inwiefern sie durch ihre Handlungen Schuld daran trägt.

„Atemzüge meißelten Angst in ihre Brust.“ (Seite 349)

Wenn Andreas Pflüger ein Buch schreibt, ist dies ein großes Ereignis für mich. Seit Jahren verschlinge ich alles, was aus seiner Feder stammt und bekomme nicht genug davon. Nun also ein politischer Thriller mit dem Schwerpunkt Spionage und Gegenspionage zu Zeiten des Kalten Krieges, in dem der politische Anteil einen unerwartet großen Raum einnimmt, was mich überrascht hat. Natürlich sind mir die damaligen Ereignisse noch im Gedächtnis, allerdings eher nebulös, denn ich war noch jung und politisch eher uninteressiert. Einer Auffrischung war ich insofern nicht abgeneigt, allerdings kann ich nicht behaupten, dass ich alles richtig verstanden hätte. Wie nicht anders zu erwarten, hat Andreas Pflüger akribisch recherchiert und auch, wenn die historischen Fakten durchaus interessant waren, haben mich diese stellenweise fast erschlagen. Immer wieder musste ich selbst nachforschen, denn auch wenn mir die Abkürzungen BKA, BND, AA, KGB, CIA oder UdSSR geläufig waren, wie wahrscheinlich den meisten Leserinnen und Lesern, konnte ich mit VF, UpDK, OPPA, ZK, KPdSU, HVA, WDNCh herzlich wenig anfangen. Auch die vielen russischen Namen, Orte und sonstigen Bezeichnungen waren ungewohnt für mich; alles in allem war höchste Konzentration gefragt, um den Geschehnissen folgen zu können. Belohnt wurde ich durch den Werdegang von Nina sowie die Beziehung von Nina zu Pilger und weiteren Personen, die ebenfalls eine große Rolle spielten.

„Sie wollte immer ewig leben, aber nie unsterblich sein. Bis zu jener Nacht, in der sie geglaubt hatte, sie sei die Frau, um die sich die Erde drehte. Die über kochende Meere tanzte und sie zu Eis erstarren ließ. Weil ihr danach war.“ (Seite 9)

Sprachlich konnte der Autor mich wie immer begeistern, Sätze einer Poesie gleich, die mich markieren ließen, was das Zeug hält. Zusammen mit dem grandiosen Humor, ergab dies eine Mischung, die mich begeistert und zufrieden durch die Seiten fliegen ließ, in Erwartung eines Endes, dessen Ausgang lange ungewiss war. Meine Vorstellung und Hoffnung trieb mich an, atemlos verfolgte ich die Ereignisse, war auf Spannung, hielt die Luft an und hatte Angst vor dem, was kommt. Das Ende dann, das war meisterlich! Fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Fitzek in Bestform!

Die Einladung
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Marla bekommt eine Einladung zu einem Klassentreffen, das in einem einsam gelegenen Berghotel stattfinden soll. Dort angekommen muss sie feststellen, dass von den anderen Reisenden jede Spur fehlt. Während ...

Marla bekommt eine Einladung zu einem Klassentreffen, das in einem einsam gelegenen Berghotel stattfinden soll. Dort angekommen muss sie feststellen, dass von den anderen Reisenden jede Spur fehlt. Während draußen ein Schneesturm tobt, wird ihr klar, dass hier ein perfides Spiel gespielt wird, dem sie nicht entkommen kann.

Zu Beginn war ich maximal verwirrt durch die Zeitangaben und die Sprünge, die das Buch machte; zuerst hatte ich eine ganz andere Story im Kopf und wurde angenehm überrascht, als ich merkte, wie sich die Geschichte entwickelt. Im Laufe der Erzählung machten die Zeitsprünge immer mehr Sinn, die entsprechende Auflösung war einfach nur genial. Lange Zeit war ich mir nicht sicher, ob Marla Täter, Opfer oder Mitläufer war, das Raten machte mir unglaublich viel Spaß. Ich habe eine Vermutung gehabt und war überzeugt davon, dass diese zutreffend sein würde; umso überraschender fand ich, dass diese richtig war, aber eigentlich auch nicht. Herrlich! Die folgenden Ereignisse hätten spannender nicht sein können, die vielen Wendungen gaben dem Psychothriller die richtige Würze, immer wieder gab es einen Cliffhanger am Ende eines Kapitels, der dazu führte, dass eine Pause nicht möglich war, denn ich musste wissen, wie es weitergeht. Immer wenn ich dachte, aufregender könnte es nicht werden, kam eine Komponente dazu und mein Mund stand offen, so verblüfft war ich.

Je näher das Ende kam, desto neugieriger war ich, was für eine Auflösung der Autor für mich bereithalten würde. Mit diesem Abschluss allerdings hätte ich im Leben nicht gerechnet; wie, zur Hölle, konnte das passieren und wieso ergibt das Ganze rückwirkend so unglaublich viel Sinn?! Dieser Abschluss war großartig, ein besseres Ende könnte ich mir nicht vorstellen, wobei Fitzek nicht Fitzek wäre, käme nicht noch ein Sahnehäubchen oben drauf, das mich endgültig an meinem Verstand zweifeln ließ. Fitzek in Bestform und sogar ein Logikfehler ändert nichts daran, dass dieser Psychothriller das beste Buch aus der Feder des Autors in den letzten Jahren gewesen ist. Volle Punktzahl gibt es dafür von mir und eine Leseempfehlung dazu. Wer dieses Buch nicht liest, ist selbst schuld!

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Veröffentlicht am 29.10.2023

Täglich grüßt der Amtsschimmel

Da bin ick nicht zuständig, Mausi
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Conny ist seit Jahrzehnten Beamtin im öffentlichen Dienst. Sie und ihre Kolleginnen kommen in diesem Buch zu Wort und das ist so ehrlich wie echt, was an Tragik nicht zu überbieten ist, wenn es nicht so ...

Conny ist seit Jahrzehnten Beamtin im öffentlichen Dienst. Sie und ihre Kolleginnen kommen in diesem Buch zu Wort und das ist so ehrlich wie echt, was an Tragik nicht zu überbieten ist, wenn es nicht so unglaublich lustig wäre.

„Parallel zum brüllenden Gisela-Gesicht beobachte ich Doris dabei, wie sie sich die dritte Zigarette anmacht, heiter in die Kamera quatscht und sich dabei halbtot lacht. Ohne Ton. Dilara in Schockstarre, Ronja kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Herzlich willkommen auf dem Amt, liebe Videokonferenz, hier hat wirklich niemand auf dich gewartet.“ (Seite 14)

Ob Digitalisierung, Home Office, Videokonferenz oder die schier unglaubliche Papierflut; diese und viele andere Themen werden im Buch behandelt und ließen mich nicht nur einmal vor Lachen fast vom Sofa fallen. Dies alles in einem Berliner Dialekt, lustiger gehts nicht, das hatte wirklich Charme. Wer vom Buch nicht genug bekommt, schaut sich die Videos von Conny auf Social Media-Seiten an, einen größeren Angriff auf die Lachmuskeln bekommt ihr woanders nicht. Ich jedenfalls wurde bestens unterhalten und vergebe dafür gerne fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

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