Einsame Zweisamkeit
Kaffee mit MilchAgneta fährt zu ihrer Tochter nach Stockholm, wo Tilda seit ein paar Jahren Jura studiert. Die Beziehung zwischen den Frauen ist schlecht, keine von ihnen war in den letzten Jahren zu einem Gespräch bereit, ...
Agneta fährt zu ihrer Tochter nach Stockholm, wo Tilda seit ein paar Jahren Jura studiert. Die Beziehung zwischen den Frauen ist schlecht, keine von ihnen war in den letzten Jahren zu einem Gespräch bereit, obwohl es genug zu klären gäbe. Nun aber gibt es etwas, was Agneta ihrer Tochter sagen muss, sie schiebt es seit Wochen vor sich her, ihr läuft die Zeit davon. An einem verlängerten Wochenende in Stockholm soll es soweit sein, aber als Agneta dort ankommt, stößt sie auf eine Mauer des Schweigens, die sie selbst auf einmal kaum noch überwinden kann und will.
„Irgendwas hatte sie wohl richtig gemacht bei ihrem Kind, dass Tilda so viel mehr Mut besaß und wegging. Sie redet es sich zumindest ein, dass es gut war . Diese Sanftheit in Tildas Stimme, die Verlegenheit. Agneta will diesen Moment in die Länge ziehen, während der weiche Ton ihren Gehörgängen schmeichelt und sie sich das Gehirn in Watte packen lässt.“ (Seite 130)
Kein leichtes Thema hat die Autorin sich da ausgesucht, die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist eine spezielle, viele Zwischentöne spielen eine Rolle, es ist ein ständiges auf und ab der Gefühle, die regelmäßig zutage kommen zu den unpassendsten Zeiten. Agneta hat einen Auftrag, sie hat ein Ziel, und scheitert immer wieder daran, dass sie kleine Augenblicke trauter Zweisamkeit nicht zerstören will. Die seit Jahren achtsam gepflegte Sprachlosigkeit zwischen den Frauen wird ihnen zum Verhängnis, keine kann aussprechen, was sie eigentlich möchte. Gefühle werden totgeschwiegen, Empfindungen kaschiert, dabei könnte alles so einfach sein. Eigentlich.
Ein wunderbarer Roman, der melancholisch und traurig, aber auch brutal realistisch gewesen ist. Ich habe förmlich mitgelitten, habe gebangt, suchte nach Worten, war gerührt und berührt, verlor letztendlich die Fassung und klappte das Buch mit einem Lächeln zu, denn es war schön, dass ich dabei gewesen bin. Lesenswert!