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Veröffentlicht am 09.08.2021

Trauer hat viele Gesichter

Die Telefonzelle am Ende der Welt
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Stell dir vor, es gibt eine Telefonzelle, von der aus du mit einem toten oder vermissten geliebten Menschen Kontakt aufnehmen könntest. Dafür müsstest du den schweren Telefonhörer abnehmen und sprechen. ...

Stell dir vor, es gibt eine Telefonzelle, von der aus du mit einem toten oder vermissten geliebten Menschen Kontakt aufnehmen könntest. Dafür müsstest du den schweren Telefonhörer abnehmen und sprechen. Könntest du dir das vorstellen? So eine Telefonzelle gibt es tatsächlich, sie steht im Garten Bell Gardia am Hang des Kujirayama in Japan. Dort wird das Telefon des Windes von Herrn Sasaki Itaru jedem zur Verfügung gestellt und mit ihm geteilt, der es braucht und nötig hat. Die Autorin hat rund um diesen außergewöhnlichen Ort eine fiktive Geschichte erschaffen, die Geschichte von Yui und Takeshi, die beide geliebte Menschen verloren haben und sich im Garten Bell Gardia das erste Mal begegnen.

„Das ist das Telefon des Windes in erster Linie für mich: eine Metapher dafür, wie kostbar es ist, die Freude ebenso anzunehmen wie den Schmerz. Und dass einem im Leben noch so viel genommen werden kann - ebenso wichtig ist es, sich dem zu öffnen, was es einem geben kann.“ (Eine wichtige Bemerkung, Nachwort der Autorin, Seite 339)

Ich glaube, dass jeder, der bereits einen geliebten Menschen verloren hat, diese Gedanken kennt; ach, könnte ich die Person doch einmal noch sehen, könnte ich nur einmal noch mit ihr sprechen. Ob laut ausgesprochen oder im Kopf, auch ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich das Wort an eine Person richte, die ich verloren habe und die mir wichtig war. Der Einfall mit einem Telefon ist somit gar nicht so falsch und ich denke, dass ein solcher Austausch, mag er noch so einseitig sein, zur Heilung beitragen kann.

Mit der Geschichte selbst bin ich dennoch bis zum Schluss nicht ganz warm geworden, es war für das Buch und mich anscheinend der falsche Zeitpunkt. Es kam mir vor, als bestünde das Buch selbst aus vielen kleinen Geschichten, die letztendlich zu einer großen zusammengefasst wurden. Das fand ich gewöhnungsbedürftig und es hat lange gedauert, bis ich mich an den Schreibstil und die minimalistische Schreibweise gewöhnt hatte. Was mir trotzdem sehr gefallen hat, das waren viele Sätze, die mit chirurgischer Präzision Mitten ins Herz trafen. Sätze, die ich mir laut im Kopf immer wieder vorgelesen habe, die dort von einer Windung in die andere gepurzelt sind und dabei einen Glücksmoment nach dem anderen produziert haben. Die Story selbst plätscherte leider immer mehr vor sich hin, das letzte Drittel flog ein wenig an mir vorbei, echte Gefühle kamen bei mir nicht an, die Figuren blieben blass. Das ist schade, denn den Grundgedanken fand ich berührend und hatte mich sehr auf das Buch gefreut. Von mir gibt es 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 15.06.2021

Ein Artefakt des Bösen

Der Fluch des Chupacabra
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Dies ist der erste Band aus der Gruftgeflüster-Reihe. Hierbei handelt es sich um Kurzgeschichten, die in sich abgeschlossen sind, sodass man diese unabhängig voneinander lesen kann. Kurze, unheimliche ...

Dies ist der erste Band aus der Gruftgeflüster-Reihe. Hierbei handelt es sich um Kurzgeschichten, die in sich abgeschlossen sind, sodass man diese unabhängig voneinander lesen kann. Kurze, unheimliche Geschichten, die beim lesen einen wohligen Schauer über den Rücken jagen.

In dem ersten Band geht es um Marie, die von ihrem Großvater ein kleines Grundstück nebst einer darauf illegal errichteten Hütte geerbt hat. Dort lebt sie nun mit einem Kater und vier Ziegen. Als das Ordnungsamt auf sie aufmerksam wird und zudem auf dem Nachbarshof Tiere verenden, ahnt sie nicht, dass etwas Böses in den Wäldern lauert, das nicht nur für sie zu einer großen Gefahr werden könnte.

Eine unterhaltsame Kurzgeschichte, die mir persönlich nicht gruselig genug war. Zu viel Zeit wurde vergeudet mit Nebensächlichkeiten und unwichtigen Schauplätzen. Ich hätte gerne mehr über das mysteriöse Wesen gelesen. Trotzdem hat mir die Story gefallen und Marie war ein sehr sympathischer Charakter. Von mir gibt es 3 1/2 Ziegen ähm Sterne.

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Veröffentlicht am 22.02.2021

Leben als Frau in Korea und anderswo

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Kim Jiyoung wächst in Korea auf. Das Buch ist in Abschnitte unterteilt, die von ihrer Kindheit, ihrer Jugend, ihrem Erwachsenwerden handeln. Dies alles in einem Land, in dem Frauen dafür verantwortlich ...

Kim Jiyoung wächst in Korea auf. Das Buch ist in Abschnitte unterteilt, die von ihrer Kindheit, ihrer Jugend, ihrem Erwachsenwerden handeln. Dies alles in einem Land, in dem Frauen dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sie belästigt werden und es eine Schande ist, keinen Sohn zu gebären. Ein Land, das Jungs und Männer bevorzugt und es Mädchen und Frauen schwer bis unmöglich macht, ihren Weg zu gehen oder Karriere zu machen. In dem das alte Rollenbild nach außen hin überholt, in Wahrheit aber weiterhin praktiziert wird.

Das Buch hat mich leider nicht ganz überzeugt. Die Personen blieben blass, die Geschichte hat mich nicht erreicht. Die Autorin rannte buchstäblich durch die Erzählung. Mehr Zeit und Raum hätten der Story gutgetan, so aber war es eine wenig in die Tiefe gehende Aneinanderreihung von Fiktion und Fakten, die sich abgewechselt haben. Eine wissenschaftliche Abhandlung mit Fußnoten, zu denen ich mir am Ende eine ausführlichere Erklärung gewünscht hätte. Wirklich neue Erkenntnisse konnte ich hier nicht gewinnen, die Rolle der Frau im asiatischen Raum (und im übrigen vielen anderen Ländern der Welt auch) war mir nicht neu, ein Schockeffekt blieb aus. Vielleicht ist aber gerade dies das schockierende daran; dass es als normal hingenommen wird, obwohl es alles andere als das ist.

„Auch wenn sich viel in der Welt getan hatte in puncto Gleichberechtigung, all die kleinen Regeln, Selbstverständlichkeiten oder Gewohnheiten innerhalb der Gesellschaft hatten sich nicht erkennbar geändert. Letztendlich war überall immer noch alles beim Alten.“ (Seite 155 ff.)

Es gab im Buch sehr viele interessante Ansätze, die ich mir ausführlicher gewünscht hätte. Der Anfang war spannend, im Mittelteil flachte die Story leider etwas ab, um zum Schluss hin wieder zu fesseln. Dennoch ist es ein wichtiges Thema, das leider immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Ich vergebe 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 05.11.2024

Wiedersehen mit Pietro Gerber

Haus des Vergessens
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Ein Junge wird mutterseelenallein im Wald gefunden, es handelt sich um den zwölfjährigen Nico, der vor acht Monaten mit seiner Mutter verschwunden ist. Das Kind spricht nicht, sodass die zuständige Richterin ...

Ein Junge wird mutterseelenallein im Wald gefunden, es handelt sich um den zwölfjährigen Nico, der vor acht Monaten mit seiner Mutter verschwunden ist. Das Kind spricht nicht, sodass die zuständige Richterin den Kinderpsychologen Pietro Gerber hinzuzieht, damit dieser Nico mittels Hypnose zum Sprechen bringt. Dies klappt anders als erwartet, denn der Junge legt ein verstörendes Geständnis ab, woraufhin er weggesperrt werden soll. Gerber glaubt nicht an ein Verbrechen und setzt alles daran, die Unschuld des Kindes zu beweisen, was schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen kann.

»Am Ende könnte sich die Wahrheit womöglich als viel einfacher und zugleich grauenhafter erweisen, als wir es uns vorstellen können.« (Seite 56)

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Teil der Reihe mit dem Kinderpsychologen Pietro Gerber, den man den Kinderflüsterer nennt. Ich empfehle, bei Interesse unbedingt mit dem ersten Teil anzufangen, um ein besseres Gefühl für Gerber zu bekommen, aber auch, weil sich ein gewisser roter Faden durch die Bücher zieht. Hinzu kommt, dass es permanent Anspielungen und Hinweise auf vergangene Ereignisse gibt, die einen großen Einfluss auf das Privatleben des Psychologen genommen haben. Um den Gesamtzusammenhang zu verstehen macht es also Sinn, die Reihenfolge einzuhalten.

Ich bin gut in die Geschichte gestartet, musste mich aber sehr konzentrieren, weil Carrisi es anscheinend sehr darauf angelegt hat, von vornherein eine Atmosphäre aufzubauen, die undurchsichtig, um nicht zu sagen kompliziert ist. Hinzu kam, dass er sich immer mehr darin verloren hat, mir die Grundlagen der Hypnose näherzubringen, was im mittleren Teil zusätzlich darin mündete, fast ein Referat über Parasomnie zu halten, worunter man unerwünschte und unangemessene Verhaltensauffälligkeiten, die überwiegend aus dem Schlaf heraus auftreten, versteht. Nun kann ich verstehen, dass der Autor seine umfassenden Recherchen, vor denen ich den Hut ziehe, auch gewürdigt haben möchte, allerdings haben mich die Fakten und Erklärungen förmlich erschlagen.

Nachdem die Lehrstunden abgehakt waren, kam das von mir vermisste Tempo in die Geschichte rein, das einen Nervenkitzel nebst großer Spannung mitbrachte. Ach, was habe ich mich gefreut, dass nun Leben in die Bude kam, war geradezu euphorisch, als sich herauskristallisierte, wo die Lösung lag. Diese Kapitel entschädigten mich für die vorherige Durststrecke, wenn dies auch leider nicht ausreicht, um das Buch insgesamt zu einem Highlight zu machen. Danach folgten noch einige Antworten, aber wie es bei dieser Reihe so üblich ist, noch viel mehr Fragen, die unbeantwortet blieben. Der böse Cliffhanger verrät, dass es weitergeht und ich gebe zu: Ich freue mich darauf!

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Veröffentlicht am 27.06.2024

Die im Schatten sieht man nicht

Die Influencerin
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Sarah Rode ist eine erfolgreiche Lifestyle-Influencerin, führt eine gute Ehe und lebt mit Mann und Tochter in einem schönen Haus. Als sich eine junge Followerin umbringt, die zuvor einen Kommentar mit ...

Sarah Rode ist eine erfolgreiche Lifestyle-Influencerin, führt eine gute Ehe und lebt mit Mann und Tochter in einem schönen Haus. Als sich eine junge Followerin umbringt, die zuvor einen Kommentar mit einem persönlichen Hilferuf unter einem ihrer Bilder hinterlassen hat, den Sarah ignoriert, schlägt ihr so viel Häme und Hass entgegen, dass sie ihr Profil vorübergehend deaktiviert. Sarah verkriecht sich zu Hause und will niemanden sehen. Es fängt mit seltsamen Päckchen an, dann eröffnet eine unbekannte Person einen Fake-Account mit Sarahs Namen und postet Bilder, die vermuten lassen, dass ihr jemand folgt. Um sich und ihre Familie zu schützen, versucht sie, auf eigene Faust herauszufinden, wer ihr schaden möchte.

Der Klappentext versprach einen rasanten Thriller aus der Welt der Social Media, allerdings wollte die Spannung sich über eine lange Zeit nicht so recht einstellen. Die Protagonistin war erschüttert, was ich nachvollziehen konnte, allerdings war meine Geduld irgendwann auch aufgebraucht, weil ich zum Kern der Sache kommen und nicht immer mehr von ihrem Gejammer lesen wollte. Das mag sich empathielos anhören, aber mir war es einfach zu viel Drama und zu wenig Thriller. Sehr langsam tat sich etwas, Dinge kamen ins Rollen und im letzten Drittel wurde es erfreulicherweise endlich viel temporeicher. Einige unerwartete Wendungen erfreuten mein Herz, vereinzelte überraschende Enthüllungen taten ihr übriges. Emotionale Momente gab es zum Schluss hin auch, was ich sehr passend zum Ausgang fand und nicht bemängeln möchte. Alles in allem ein solider Thriller, dem weniger Drama und mehr Action gutgetan hätten.

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