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Veröffentlicht am 07.09.2024

Charmanter Rätselkrimi

Mord in der Charing Cross Road
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Kaum zu glauben, dass dieses Buch vor fast 70 Jahren geschrieben wurde - der Schreibstil wirkt angenehm zeitlos. Lediglich die ein oder andere Vokabel macht einen leicht antiquierten Eindruck, was dem ...

Kaum zu glauben, dass dieses Buch vor fast 70 Jahren geschrieben wurde - der Schreibstil wirkt angenehm zeitlos. Lediglich die ein oder andere Vokabel macht einen leicht antiquierten Eindruck, was dem Buch aber auch einen gewissen Charme verleiht. Natürlich gibt es inhaltliche Details, die heutzutage altbacken wirken - aber ein historischer Roman würde diese Details genauso aufgreifen, um ein authentisches Bild der damaligen Zeit zu präsentieren. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Frauen noch nicht so emanzipiert daherkommen, wobei Sally bereits einen sehr modernen und aufgeschlossenen Eindruck macht. Oder dass Johnny mehrfach eine Zigarette anzündet, nicht ohne Sally vorher ebenfalls eine anzubieten. Und natürlich sein ritterlicher Beschützerinstinkt, der Sally in einer möglicherweise gefährlichen Situation gebietet, hinter ihm zu bleiben und abzuwarten.
Besonders gefallen hat mir das Setting: ein alteingesessenes, sehr familiär geführtes Antiquariat. Hier wird der äußerst unangenehme Mitarbeiter Butcher ermordet aufgefunden. Und da er nicht nur bei den weiblichen Kolleginnen mit seiner aufdringlichen Art auf Missfallen stieß, sondern auch bei den männlichen Kollegen ob seiner überheblichen und beleidigenden Art keine Freunde hatte, gibt es jede Menge Verdächtige, die für den Mord infrage kommen. Wenn es denn nicht der Geist war, der seit langem im Haus Charing Cross Road Nummer 200 herumspukt...
Mit viel detektivischem Geschick und in langen Gesprächen kommen Sally und Juniorpartner Johnny schließlich dem Mörder auf die Schliche - und sich dabei immer näher.
Fazit: raffinierter Krimi mit sympathischen Charakteren.

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Veröffentlicht am 07.09.2024

Ein harter Brocken

In Zeiten des Todes
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Der Titel trifft es sehr gut: das Buch ist durchzogen vom Tod von der ersten bis zur letzten Seite. Der Fund einer Frauenleiche löst eine Polizeiaktion ungeahnten Ausmaßes aus und schon bald gibt es den ...

Der Titel trifft es sehr gut: das Buch ist durchzogen vom Tod von der ersten bis zur letzten Seite. Der Fund einer Frauenleiche löst eine Polizeiaktion ungeahnten Ausmaßes aus und schon bald gibt es den Verdacht, dass ein Serienmörder sein Unwesen treibt. Kommissar Krupp hat alle Hände voll zu tun, die Ermittlungen zu leiten, zumal ihm von den "Bulldoggen", einer dubiosen Abteilung der Polizei, immer wieder Steine in den Weg gelegt werden. Eine weitere Hauptperson kristallisiert sich in Alex Milla heraus, der sich im Verlauf des Buches vom Handreicher, der Fotos macht und Informationen beschafft, zu einem waschechten Journalisten mausert. Sowohl Krupp als auch Milla machen im Verlauf des Buches starke Entwicklungen durch - ob zum Besten bleibt dahingestellt.
Leider verzettelt sich das Buch gegen Ende immer mehr, und obwohl ich die vielschichtige Handlung grandios komponiert finde, schlichen so doch mit der Zeit auch immer wieder kleine Ermüdungserscheinungen ein. Vordergründig ein Thriller über einen Serienkiller, geht es hier auch um zweifelhafte Polizeimethoden, den nicht immer ehrenhaften Job des Journalisten und den Verlust der Menschlichkeit, die bei der Jagd nach dem Mörder auf der Strecke zu bleiben scheint. Der Autor verwendet viele Metaphern und wiederkehrende Aussagen, die treffend immer wieder die Zerrissenheit von Krupp, der sich in diesem Fall behaupten muss, und die emotionale Belastung vor allem Millas vor Augen führen.
Fazit: für mich ein sehr herausforderndes und in doppelter Hinsicht überwältigendes Werk, das sowohl oft anstrengend als auch extrem fesselnd zu lesen ist.

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Veröffentlicht am 07.09.2024

Frauen und ihre Geschichte

Die Frauen von Maine
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Das Buch empfand ich persönlich als sehr wechselhaft. Nach einem packenden Einstieg dümpelte die Geschichte im ersten Drittel vor sich hin und ja, echte Langweile drohte sich breit zu machen. Zu sehr wurde ...

Das Buch empfand ich persönlich als sehr wechselhaft. Nach einem packenden Einstieg dümpelte die Geschichte im ersten Drittel vor sich hin und ja, echte Langweile drohte sich breit zu machen. Zu sehr wurde mir Janes Familiengeschichte ausgewalzt. Etwa nach der Hälfte dann wurde ein entscheidendes Geheimnis gelüftet und es war mir ein Rätsel, wieso das Buch jetzt noch einmal genauso lang weitergehen sollte, bot sich hier doch ein passendes Ende an. Doch dann kamen völlig neue Ereignisse - und Frauen - zur Geschichte hinzu, und auf einmal wurde es richtig packend und dramatisch. Jetzt, nachdem ich das Buch fertig gelesen habe, bin ich froh dass ich tapfer bis zum Ende durchgehalten und mich nicht vom zähen Anfang habe abschrecken lassen, denn meine Geduld wurde mit einem herausragenden Buch belohnt. Hier geht es nicht nur um die Geschichte einiger Frauen, die zu verschiedenen Zeiten in Maine gelebt haben. Alle Geschichten hängen mehr oder weniger fest zusammen, sind durch kleine Entscheidungen miteinander verbunden, die sich über Jahrhunderte ziehen oder wiederholen sich in kleinen Begebenheiten. Und das Buch liefert faszinierende Einblicke in historische Begebenheiten und in das Leben der Quaker und die indigene Welt, die mir neu waren. Da ich in Romane verpackte Geschichtsbücher sehr gerne lese, bin ich am Ende also auf meine Kosten gekommen. Ich vermag gar nicht zu sagen, welche der Frauen mich am meisten beeindruckt hat, jede zeigte auf ihre Weise und zu ihrer Zeit eine bewundernswert große Stärke, selbst wenn diese mit Schwächen einherging, wie gerade Janes launenhaftes Schicksal zeigt.
Fazit: wer am Anfang etwas Durchhaltevermögen zeigt, wird mit einer eindrucksvollen, vielschichtigen Geschichte belohnt.

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Veröffentlicht am 04.09.2024

Hexenjagd im Paradies

Der Honigmann
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Als in der Vorstadtidylle die Gerüchteküche zu brodeln beginnt, verwandelt sich das vermeintliche Paradies innerhalb kürzester Zeit in einen Ort aus Misstrauen und Anfeindung, gipfelnd in einer von Hass ...

Als in der Vorstadtidylle die Gerüchteküche zu brodeln beginnt, verwandelt sich das vermeintliche Paradies innerhalb kürzester Zeit in einen Ort aus Misstrauen und Anfeindung, gipfelnd in einer von Hass getriebenen Hexenjagd. Dabei ist es vor allem das Gefühl des eigenen Versagens, des "wie konnten wir das nicht ahnen". Gutgemeinte Überlegungen und angeregte Diskussionen schlagen um in Hasstiraden, vor allem auf digitaler Ebene, wo es leichtfällt die Hemmungen fallen zu lassen und Anschuldigungen zu verbreiten.
Und so passiert da, wo eigentlich gar nichts passiert, das Unglaubliche: nette Nachbarn werden zu Hexenjägern, die Schuld liegt bald nicht mehr beim vermeintlichen Täter, sondern bei den besorgten Bürger:innen, die doch nur ihr Zuhause schützen wollen. Es verkehren sich die Rollen von Opfer und Täter in absurder Weise, und wer am Anfang am lautesten protestiert hat, ist sich am Ende gar nicht mehr sicher was da eigentlich war.
Kopfschüttelnd las ich, wie sich die Dinge in Fischbach auf absurdeste, aber nie unglaubwürdige Weise entwickelten, wie einzelne Momente der Unachtsamkeit, der unbedachten Worte, der Missverständnisse im Chaos gipfelten und das Paradies stürzten.
Besonders faszinierend war die Entwicklung der Charaktere, die sich immer mehr verstrickten und am Ende wenig mit den netten Nachbarn und Freunden zu tun hatten, die man anfangs kennengelernt hatte. Wollte man anfangs selbst gerne in einem Ort wie Fischbach leben, der gefährlichen und anonymen Großstadt abschwören, so schien das am Ende gar nicht mehr erstrebenswert - jeder beobachtet und weiß alles über jeden und die vertraute Nähe führt zu Neid und Missgunst.
Fazit: ein gelungenes Kammerspiel um Misstrauen, zweite Chancen, Schuld und Vergebung - aber doch bitte nicht in unserem Ort.

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Veröffentlicht am 13.08.2024

Fesselnde Coming-of-Age Geschichte

Unser Buch der seltsamen Dinge
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Hauptsächlich aus der Sicht der zwölfjährigen Miv erzählt, präsentiert das Buch ein Porträt vom Leben in der Kleinstadt, von alltäglichen Dingen, Geheimnissen und der verwirrenden und verwirrten Gedankenwelt ...

Hauptsächlich aus der Sicht der zwölfjährigen Miv erzählt, präsentiert das Buch ein Porträt vom Leben in der Kleinstadt, von alltäglichen Dingen, Geheimnissen und der verwirrenden und verwirrten Gedankenwelt eines heranwachsenden Mädchens.
Vor der Kulisse Yorkshires und immer mit der Bedrohung durch den dort über mehrere Jahre agierenden Ripper im Hintergrund, erleben wir gemeinsam mit Miv und ihrer besten Freundin Sharon aufregende Abenteuer, als sie versuchen den Ripper aufzuspüren. Dabei finden sie jedoch vor allem vieles über die Leute aus ihrem täglichen Umfeld heraus - Nachbarn und Freunde, die oft ungeahnte Geheimnisse verbergen.
Dabei stehen immer die unerschütterliche Freundschaft und der Zusammenhalt der beiden Mädchen im Vordergrund. Während man bei Miv regelrecht zuschauen kann, wie sie ihre zu Beginn noch kindliche Naivität und Unwissenheit nach und nach verliert, macht Sharon von Anfang an schon einen eher reifen Eindruck und es verwundert nicht, dass Miv zu ihr aufschaut.
Die Handvoll Personen, die den direkten Kosmos von Miv bevölkern, wachsen einem immer mehr ans Herz, und man fühlt, leidet und freut sich mit ihnen.
Und während sie so in den Fokus von Mivs Aufmerksamkeit treten, tritt ihr Plan den Ripper zu entlarven nach und nach in den Hintergrund und andere Dinge gewinnen an Priorität. Das Ende ist so unerwartet wie dramatisch und vereint sowohl Glück als auch Leid.
Fazit: ein dramatisches Buch über eine Stadt in Angst und ein Mädchen auf dem Weg zum Erwachsenwerden.

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