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Veröffentlicht am 13.07.2024

Ein toller Roman, der die 20er Jahre mit seiner Musik zum Leben erweckt

Lindy Girls
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„Lindy Girls“ von Anne Stern spielt 1928 in Berlin und erzählt von den Tanzgruppen, die zu Charleston tanzten und in Tanzpalästen auftraten. Erschienen ist der Roman im November 2023 im Aufbau Verlag. ...

„Lindy Girls“ von Anne Stern spielt 1928 in Berlin und erzählt von den Tanzgruppen, die zu Charleston tanzten und in Tanzpalästen auftraten. Erschienen ist der Roman im November 2023 im Aufbau Verlag.

Der Charleston ist im Berlin der ausgehenden 20er Jahre stark im kommen als die Choreografin Wally ihre Tanzgruppe gründet. Mit den „Lindy Girls“ möchte sie sich ihren Traum erfüllen und in den großen Tanzpalästen auftreten. Frauen aus den unterschiedlichsten Schichten kommen in ihrer Tanzgruppe zusammen, wie z.B. die Fabrikarbeiterin Alice, die in prekären Verhältnissen lebt oder auch die Industriellentochter Thea, die von zu Hause flieht, um nicht zu heiraten. Der Weg der Frauen ist kein einfacher, denn obwohl Frauen mehr Rechte haben, so ist die Unterhaltungsbranche noch immer von Männern dominiert.

Anne Stern wird bei mir wahrscheinlich für den Rest meines Lebens mit dem Berlin der 20er Jahre und der Weimarer Republik verbunden sein. Auch hier verbindet die Autorin wieder ganz unterschiedliche Schicksale miteinander und lässt so eine vergangene Zeit wieder auferstehen.
Zur Einstimmung habe ich in die Playlist am Anfang des Buches reingehört. Sehr passend, weil es zu einem großen Teil ums Tanzen und den Charleston geht. Es sind allerdings auch Jazz und Tango-Stücke enthalten.
Ich bin gut reingekommen und Anne Stern hat wieder einmal die Nuancen der Zeit wunderbar eingefangen. Thematisch konzentriert es sich auf andere Aspekte der Weimarer Republik als die Fräulein Gold-Reihe, aber es gibt auch Überschneidungen. So ist die Arbeit im Büro als Sekretärin sehr präsent oder es gibt einen Gigolo in seiner ursprünglichen Bedeutung. Ich habe ein Sachbuch zu der Zeit gelesen, daher wusste ich davon, aber ich mochte es sehr wie es in diesem Roman, dann zum Leben erweckt wurde.
Das Buch hat sehr viele Perspektiven und für die Kürze des Buches waren es für meinen Geschmack fast schon zu viele, dennoch hat das Buch auch sehr viel richtig gemacht. Es sind so viele Realitäten in diesem Buch enthalten, denen ich manchmal gerne etwas mehr nachgegangen wäre. Das Büro ist eine ganz eigene Welt mit eigenen Regeln, durch die man gerade als Frau geschickt manövrieren muss. Marktplatz für Äffären und zukünftige Ehemänner und ich befürchte einige Klischees, die sich bis heute halten, sind aus dieser Zeit. Die Fabrik mit seiner Fließbandarbeit und den kläglichen Löhnen, die kaum ein gutes Leben ermöglichen und die Tanzpaläste, in denen einsame Frauen für Geld mit Männern tanzen und manchmal auch weiterführende Dienstleistungen erwerben können.
Es ist unglaublich was Anne Stern alles in diese 350 Seiten gepresst hat. Das Buch erzählt von der Lust der Berliner zu feiern und das Tanzbein zu schwingen. Es erzählt von Drogen und den Abgründen, die überall lauern. Es erzählt von der Gefahr durch die SA und Nationalsozialisten. Es erzählt von Kriegstrauma, Abtreibungen und zurückgelassenen Kindern. Und dieses Buch erzählt von der Liebe zwischen Menschen aller Geschlechter.
Mir war manchmal schwer ums Herz und dann war es wieder ganz leicht. Ich habe mit den Personen mitgefühlt und war investiert in ihr Schicksal. Manchmal hat es mich etwas überfordert und es hat eben auch etwas gedauert bis alles so richtig zusammengekommen ist und irgendwie war es auch nicht ausführlich genug. Das Ende ist recht offen gehalten, so dass eine Fortsetzung durchaus möglich wäre, aber die Hauptgeschichte, wie die Lindy Girls entstanden sind, ist zu Ende erzählt.
In einem kurzen Nachwort gibt Anne Stern zusätzliche Informationen zum Hintergrund der Geschichte preis. Weiteres Zusatzmaterial bis auf die genannte Playlist am Anfang des Buches, die man über einen QR Code in der Klappbrischur erreicht, gibt es nicht.

Fazit: Wieder ein tolles Roman aus der Feder Anne Sterns. Die 20er Jahre und seine Musik leben in diesem Buch auf. Die vielen Perspektiven haben das Buch allerdings auch etwas überladen. Dennoch von mir eine Empfehlung an alle, die gerne im Berlin der 20er Jahre sowie der Weimarer Republik abtauchen wollen.

Veröffentlicht am 06.07.2024

Eine Anthologie, die mit dem Einfallsreichtum ihrer Autor*innen überzeugen kann

Meer Mord
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„Meer Mord - Kutter, Küsten und Kanaillen“ herausgegeben von MAnfred Ertel ist eine Krimi-Anthologie, die im Juni 2024 im Ellert & Richter Verlag erschienen ist. Es geht um Kriminalfälle, die allesamt ...

„Meer Mord - Kutter, Küsten und Kanaillen“ herausgegeben von MAnfred Ertel ist eine Krimi-Anthologie, die im Juni 2024 im Ellert & Richter Verlag erschienen ist. Es geht um Kriminalfälle, die allesamt an oder in der Nordsee stattfinden. Ein Euro pro Buch wird an die Seenotretter gestiftet. Einer Organisation, die allen Autorinnen am Herzen liegt.

Klappentext vom Buchrücken übernommen:
Menschen stürzen von Kreuzfahrtschiffen, Leichen treiben in der Elbe oder neben führerlosen Segelbooten. Rauschgiftkartelle nutzen die Meere und ihre Häfen für ihre todbringende Frachten, Piraten kapern kleine Schiffe und große Pötte. Ein dänischer Tüftler bringt in einem selbstgebauten U-Boot eine Journalistin um und versenkt die Leichenteile verstreut auf dem Grund der Ostsee.
Immer Meer Mord.
Nirgendwo ist das perfekte Verbrechen so einfach wie auf hoher See. Zwei Drittel der Erdoberfläche bestehen aus Wasser. Der allergrößte Teil der internationalen Gewässer ist weitgehend rechtsfreier Raum. In vielen Fällen keiner nationalen Strafjustiz unterworfen. Und wenn doch, gibt es nachts auf menschenleeren Decks keine Zeugen oder die Wellen verschlucken Opfer und Beweise. Lagern sie in unendlicher Tiefe. Oder erweichen jede Beweiskraft. Geplant werden die Verbrechen meist an Land. In Häfen, an romantischen Stränden, in menschenleeren Buchten. Was liegt näher als eine Anthologie mit maritimen Kurzgeschichten – rund um Kutter, Küsten und Kanaillen.

Einige Autor
innen kenne ich bereits von Lesungen und so habe ich auch von dieser Anthologie erfahren. 16 Kurzgeschichten befinden sich hierin und diese könnten kaum unterschiedlicher sein. So werden aktuelle politische Konfliktherde mit eingebracht, fantastische Elemente, die das Verbrechen mit einem Mythos rund um die Nordsee verbinden oder es wird auch mal historisch. Dabei hat jede Geschichte ihre ganz eigene Stimme. Mal wird alles genauestens beschrieben und mal wird alles ganz nüchtern erzählt. Ich bin in die Rolle des Täters geschlüpft oder war hautnah bei den Ermittlungen dabei. Ich war fasziniert davon, wie viel Drama sich auf wenigen Seiten entfalten kann oder auch welche Wendungen die Geschichten teilweise erfahren. Meinte ich auf den ersten Seiten die Geschichte schon durchschaut zu haben, so wurde ich doch das ein oder andere Mal eines Besseren belehrt. Die Vielfalt der Geschichten fand ich sehr gelungen und dies zeigt den Ideenreichtum der Autorinnen. Das Thema Nordsee kann auf unterschiedlichste Weise interpretiert werden und das wurde hier auch getan. Die unterschiedlichsten Motive wie Rache, Neid, Habgier oder auch Abstiegsangst kommen zum tragen. Nicht jede Geschichte konnte mich überzeugen, weil mir manchmal das Thema nicht so ganz zugesagt hat. Nichtsdestotrotz habe ich so auf 240 Seiten viele neue Autorinnen kennengelernt. Anthologien können denke ich eine gute Gelegenheit sein, neue Autorinnen für sich zu entdecken. Der Rahmen, in den diese Anthologie gesetzt wurde, fand ich sehr stimmig. Im Vorwort wird deutlich gemacht, warum dem Herausgber und den Autorinnen die Seenotrettung wichtig ist. Am Ende des Buches gibt es von allen Autorinnen kurze Biografien.

Fazit: Eine interessante Anthologie zum Thema Meer, die mich auf einige neue Autor
innen aufmerksam gemacht hat und die mich mit ihrer Vielfalt überzeugen konnte. Gerade wenn mal nicht so viel Zeit hat, sind so kurze Geschichten eine gelungene Abwechslung. Eine ganze Geschichte, auf wenigen Seiten erzählt, ist eine faszinierende Disziplin und ich sollte dies zukünftig auch mal in anderen Genres ausprobieren.

Veröffentlicht am 20.05.2024

Gelungener historischer Roman über die Medici und die Pazzi-Verschwörung

Florentia - Im Glanz der Medici
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In „Florentia - Im Glanz der Medici“ von Noah Martin geht es um die Familie Medici und die Pazzi-Verschwörung. Erschienen ist der Roman im März 2023 bei Droemer.

Florenz 1469: Noch ist Lorenzo de Medici ...

In „Florentia - Im Glanz der Medici“ von Noah Martin geht es um die Familie Medici und die Pazzi-Verschwörung. Erschienen ist der Roman im März 2023 bei Droemer.

Florenz 1469: Noch ist Lorenzo de Medici der erstgeborene Sohn in einer extrem reichen Bankiersfamilie sowie der kommende Herrscher von Florenz. Die ganze Stadt ist dabei als er heiratet und so auch sein jüngerer Bruder Giuliano, die Malerin Fioretta Gorini und der noch unbekannte Künstler Leonardo Da Vinci. Ihr Schicksal wird in den kommenden Jahren eng miteinander verbunden sein. Auf der Suche nach ihrem Platz werden sie Zeuge im Spiel um die Macht. Immer wieder wird Florenz und insbesondere die Familie Medici bedroht. Politik, Intrigen und Verrat sind ein ständiger Begleiter. Den Feinden der Medici ist jedes Mittel recht - auch Mord.

Ich hatte das Buch schon länger hier und nach der Nominierung für den Homer Literaturpreis dachte ich mir, dass es endlich Zeit wird diesen Roman zu lesen.
Der Einstieg ist gut gelungen. Mir wurde Zeit gegeben die Protagonisten kennenzulernen und mich in der Ausgangslage zurechtzufinden. Während des Lesens hatte ich meist ein lebendiges Kopfkino. Die beschriebenen Orte konnte ich mir gut vorstellen. Das Italien der Renaissance-Zeit wird mit Florenz, Rom, Mailand und der Kunst zum Leben erweckt.
Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, so dass wir einen umfangreichen Einblick in die Ereignisse bekommen. Die Familie Medici bildet hierbei den Mittelpunkt, allerdings spielt auch die Kunst eine recht große Rolle. Ich mochte diese Mischung sehr gern und diese hat einen wesentlichen Anteil daran, dass mir das Buch so gut gefallen hat. Nur Politik und Intrigen wäre mir auf Dauer wohl zu trocken geworden.
Noah Martin hat gute Perspektiven gewählt. Mit Giuliano erfahren wir etwas über seine Gedankenwelt als zweitgeborener Sohn, der immer im Schatten seines Bruders steht, der aber dennoch an der Verbundenheit zu seinem Bruder festhält und diesem helfen will, wo er kann. Mit Fioretta haben wir eine weibliche Perspektive und eine Person, die zwischen den Medici und der Kunst gefangen ist. Sie möchte Malerin werden, was als Frau zu jener Zeit kein einfaches Unterfangen war. Durch die Arbeit ihres Vaters als Leibarzt ist sie mit der Familie Medici aufgewachsen. Leonardo entführt den Leser in die Welt der Kunst und der Bottegas. Hier ist auch das ein oder andere wissenschaftliche Experiment dabei. Albiera ist eine weitere weibliche Perspektive. Durch sie bekommen wir einen Einblick in die Gedankenwelt der Feinde der Medici. Dabei legt sie einiges Geschick im Planen von Intrigen an den Tag.
Das Buch ist in unterschiedliche Abschnitte unterteilt und spitzt sich immer weiter zu. Insgesamt wird die Familie Medici von 1469 bis 1478 begleitet. Hierbei habe ich viel über Florenz erfahren und wie die Familie Medici ebenjene Stadt führt. Das Schicksal der Stadt und die Medici sind stark miteinander verflochten. Hier geht es dann viel um Politik und Intrigen. Bündnisse müssen geschmiedet werden, Gesetze im Sinne der Stadt und der Medici verabschiedet werden, Unheil von Florenz abgewehrt werden oder auch Personen im Sinne der Familie Medici beeinflusst werden.
Als Gedanken zwischendurch hatte ich immer wieder mal, dass die Familie Medici die Guten sind und die Familie Pazzi eben die Bösen. Auch bei den Medici gab es das ein oder andere, was zumindest fragwürdig war, aber die Familie Pazzi ist fast grundsätzlich negativ besetzt. Sie haben einen Hass auf die Medici, wollen diese vernichten und die Macht von ihnen übernehmen. Bemüht man wikipedia ist die Pazzi-Verschwörung tatsächlich fast das einzige, was zur Familie bekannt ist.
Als Zusatzmaterial gibt es einen Stammbaum und ein Personeverzeichnis am Anfang des Buches sowie ein Nachwort, Hinweise zu Namen und Sprache, Inhaltswarnungen und eine Danksagung am Ende. Die Inhaltswarnungen fand ich gut umgesetzt. Ein Hinweis zu diesen findet sich auch auf den ersten Seiten. Im Nachwort klärt Noah Martin über Fiktion und Wahrheit auf und erzählt etwas zu den Beweggründen ihrer Darstellung der Familie Medici und anderer Figuren.

Fazit: Insgesamt ein gelungener historischer Roman über die Familie Medici und die Pazzi-Verschwörung. Gerade die Mischung an Themen hat es mir hier einfach gemacht den gesamten Roman zu genießen. Empfehlenswert für alle, die historische Romane und die Renaissance-Zeit in Italien mögen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.05.2024

Gutes Sachbuch über Populismus, dass mir nochmal Einiges verdeutlicht hat

Was Populisten wollen
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Marcel Lewandowsky hat mit „Was Populisten wollen - Wie sie die Gesellschaft herausfordern - und wie man ihnen begegnen sollte“ ein Sachbuch zum Thema Populismus vorgelegt. Erschienen ist das Buch im Mai ...

Marcel Lewandowsky hat mit „Was Populisten wollen - Wie sie die Gesellschaft herausfordern - und wie man ihnen begegnen sollte“ ein Sachbuch zum Thema Populismus vorgelegt. Erschienen ist das Buch im Mai 2024 bei Kiepenheuer & Witsch.

Populismus, insbesondere der Rechtspopulismus, scheinen unaufhaltsam auf dem Vormarsch zu sein. Giorgia Meloni in Italien, Donald Trump in den USA oder auch Victor Orban in Ungarn sind nur einige Namen. Bisherige Gegenstrategien scheinen kaum Wirkung zu zeigen. Marcel Lewandowsky ist Politikwissenschaftler und befasst sich in diesem Buch ausführlich mit dem Thema. Er klärt über die Grundlagen der Ideologie auf, zeigt die Methoden der Rechtspopulisten und analysiert wer die Wähler dieser Parteien sind. Im abschließenden Kapitel geht der Autor auf Gegenstrategien ein, die auf mehreren Ebenen funktionieren. Auch Beispiele aus dem In- und Ausland werden genannt.

Auf Marcel Lewandosky wurde ich aufmerksam durch Twitch. Dort war er im Format „nachsitzen“ auf dem Kanal von WildMics zu sehen. Seitdem folge ich ihm und bin so dann auch auf dieses Buch aufmerksam geworden.
Dies ist nicht mein erstes Sachbuch zum Thema Populismus und Demokratie. Ich besitze daher schon ein gewisses Vorwissen. Ich empfand dieses Buch allerdings grundsätzlich als recht ausführlich, von daher kann es denke ich durchaus auch als Einstieg genutzt werden. Ich würde allerdings vermuten, dass man sich danach noch weiter mit bestimmten Aspekten im Buch auseinandersetzen möchte.
Marcel Lewandowski behandelt unterschiedliche Aspekte von Populismus und fängt hier mit dem Demokratieverständnis der Populisten an. Dabei werden auch grundsätzliche Begriffe erklärt und die kleinen Nuancen, die etwas populistisch werden lassen. Das hat mir gut gefallen, denn ich empfinde den Grat manchmal als recht klein und das wurde hier gut erfasst. Auch die Spannungsfelder, die unsere Demokratie aushalten muss, werden gut erklärt.
In den weiteren Kapiteln geht es um den Begriff des Volkes, die Inszenierung des Populismus, wie Populisten das System verändern, wenn sie an der Macht sind und wer die Wähler*innen sind. Durch das gesamte Buch ziehen sich konkrete Beispiele und ich merke schon jetzt, dass ich Populismus noch besser erkenne. Dies empfinde ich als eine große Stärke des Buches.
Durch diese Beispiele habe ich auch viel über Populismus in anderen Ländern gelernt. Das Hauptaugenmerk lag auf Rechtspopulismus, aber auch Linkspopulismus wird kurz erklärt. Es waren da viele interessante Fakten dabei, die ich vorher so nicht wusste. Die USA werden viel herangezogen, aber auch Großbritannien, Ungarn, Schweden, Spanien und Griechenland.
Insgesamt hat mich das Buch viel zum Nachdenken gebracht. Es hat vieles bestätigt, was ich vorher schon wusste, an manchen Stellen hat es mir Dinge noch deutlicher begreiflich gemacht oder einen Zusammenhang hergestellt, wo ich vorher keinen gesehen habe. Wahrscheinlich wird das Buch auch noch längere Zeit in mir arbeiten.
Bei einem Sachbuch kommt es noch mehr vor als bei historischen Romanen, dass ich zu bestimmten Dingen im Internet recherchiere. In Sachbüchern gibt es grundsätzlich deutlich mehr Quellenangaben und Fußnoten. Zu einigen der genannten Beispiele habe ich selber ein wenig recherchiert oder mir eben auch die Quellen angeschaut. Das hilft mir auch nochmal dabei das Gelesene zu verarbeiten und besser einzuordnen.
Vom letzten Kapitel, wie man denn nun Populisten begegnen sollte, hatte ich mir ein bisschen mehr erwartet. Ich hatte gehofft, dass da vielleicht etwas bahnbrechend Neues dabei ist. Ich konnte Vieles nachvollziehen, es war aber eben mehr auf Medien und Politik bezogen. Wahrscheinlich kann ich Beiträge in den Medien oder in den sozialen Medien besser einordnen, aber die Erkenntnis bleibt, dass es sehr schwer ist, dem Populismus beizukommen und dass es dafür eben auch langfristige Strategien braucht.

Fazit: Ein gutes Sachbuch zur Ideologie und den Strategien des Populismus. Es zeigt gut den schmalen Grat, ab wann etwas populistisch wird. Es sind viele Beispiele aus den letzten Jahren und anderen Ländern dabei, die die Thesen des Buches unterstützen. Es ist gut verständlich und gibt einen guten Überblick zum Thema.

Veröffentlicht am 14.04.2024

Überzeugt auf ganzer Linie

Fräulein Gold: Die Stunde der Frauen
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„Fräulein Gold - Die Stunde der Frauen“ ist der 4. Band rund um die Hebamme Hulda Gold. In diesem Band geht um die Geschichte eines geheimnisvollen Bildes und eine Liebe über Standesgrenzen hinweg. Erschienen ...

„Fräulein Gold - Die Stunde der Frauen“ ist der 4. Band rund um die Hebamme Hulda Gold. In diesem Band geht um die Geschichte eines geheimnisvollen Bildes und eine Liebe über Standesgrenzen hinweg. Erschienen ist der Roman im November 2021 bei Rowohlt Polaris.

Berlin, 1925: Hulda Gold arbeitet weiterhin in der Frauenklinik Mitte und ist zwischenzeitlich zur leitenden Hebamme aufgestiegen. Sie konnte sich einige Freiheiten erkämpfen und darf die ein oder andere Geburt ohne andere Ärzte durchführen und auch sonst kämpft sie für die Belange der Schwangeren.
Privat ist Hulda mit dem jungen Arzt Johann Wenckow verbandelt. Dieser stammt aus der Villengegend Frohnau. Eine ganz andere Welt, in der sie sich nicht immer wohlfühlt und dann ist da auch noch Johanns Vater, der mit der Verbindung seines Sohnes zu ihr so überhaupt nicht gutheißen kann.
Auf einem Fest bei einer adeligen Familie begegnet Hulda einer jungen Hausangestellten, die in Schwierigkeiten geraten ist. Ein Bild ist verschwunden und das Geheimnis dieses Bildes soll Hulda nicht so schnell loslassen.

Bis zum Erscheinen des 7. Bandes im Dezember möchte ich alle bisher erschienen Bücher dieser Reihe gelesen haben. Nachdem ich Band 4 nun beendet habe, fehlen noch 2.
Der Prolog mit dem Maler und der Schauspielerin als Modell hat sofort neugierig gemacht und zu Spekulationen angeregt, worum es in diesem Buch gehen könnte. Die anschließenden Kapitel haben mich umgehend in die Geschichte gezogen und ich war froh wieder in Huldas Welt und den 20er Jahren der Weimarer Republik eintauchen zu dürfen.
Ich bin immer sehr gespannt darauf, was sich denn zum vorherigen Band verändert hat. Auf Hulda bezogen ist das diesmal nicht so extrem wie im vorherigen Band. Sie arbeitet weiterhin in der Frauenklinik, hat allerdings mehr Verantwortung übernommen und ist leitende Hebamme und somit eine Respektsperson, die mittlerweile 30 Jahre alt ist. An Berts Zeitungskiosk am Winterfeldplatz erfahren wir immer ein wenig zur politischen Lage der Zeit und auch diesmal ist klar, dass sich die Gefahr durch die Nazis vergrößert hat. Ich bekomme da immer eine Gänsehaut. Sicher auch weil ich weiß was kommen wird. Darüber hinaus behandelt der Roman noch weitere Themen, u.a. Abtreibung und den Paragrafen 218. Geburten und die Probleme der Schwangeren spielen weiterhin eine große Rolle.
Was mir diesmal besonders aufgefallen ist: Diese Reihe enthält viele Alltagssituationen und doch ist es niemals oberflächlich, sondern hat viel Tiefe. Hulda versteht es grandios mit ihrer neugierigen Hauswirtin umzugehen und teilt mit ihr den neuesten Klatsch und Tratsch. Hulda besucht Bert am Winterfeldplatz um mit ihm zu quatschen und seine Liebe für Hulda lies mir das Herz aufgehen. Die Freundschaft zwischen ihr und Helene ist klasse. Es gibt das Kinodate mit Johann, der der großzügige Charmeur sein darf. Und dies sind nur einige Szenen und Situationen.
Ich bin Hulda und dem Leben der Personen um sie herum wieder gerne gefolgt. Ich verfolge die Gedanken Huldas gerne, auch wenn ich nicht alle Entscheidungen gut finde, die sie trifft. Sie macht sich zum Teil tatsächlich selber das Leben etwas schwerer als es sein müsste. Ich bewundere allerdings auch ihren Mut das so durchzuziehen und dann auch Lösungen zu finden.
Auch in diesem Band wird etwas aufgeklärt und somit ist die Minimalanforderung an einen Krimi erfüllt. Für mich fühlt es sich dennoch eher wie ein historischer Roman an, weil es die Zeit der Weimarer Republik klasse einfängt. Der Fall rund um dieses Bild und die Hausangestellte ist da, aber irgendwie ist es auch ein Nebenschauplatz. Die anderen Themen nehmen für mich viel mehr Raum ein. Festhalten kann man dennoch, die Einordnung historischer Krimi stimmt faktisch, ob ich es nun anders empfinde oder nicht, ist da zweitrangig.
In einem kurzen Nachwort klärt Anne Stern über Wahrheit und Fiktion auf und erzählt noch ein wenig mehr zu den Hintergründen der einzelnen Themen im Buch. Darüber hinaus gibt es noch eine kurze Danksagung sowie den Anfang des nächsten Bandes zu lesen.

Fazit: Wieder ein klasse Roman aus der Feder Anne Sterns. Ich liebe die „Fräulein Gold“-Reihe und die Zeit der Weimarer Republik, die auch diesmal klasse eingefangen worden ist. Für mich hat diese Reihe die perfekte Mischung und packt mich darüber hinaus auch emotional sehr. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.