In „Das Blutgericht von Köln“ erzählt Ingo Gach die Geschichte von Seyfrid von Viskenich, der die Unschuld seines Vaters beweisen will und so die Ehre seiner Familie wiederherstellen möchte. Erschienen ist der Krimi im September 2023 bei emons.
Köln, 1193: Als Seyfrid von Viskenich vom Blutgericht und dem Tod seines Vaters erfährt, bricht er sein Studium der Medizin in Italien ab und kehrt nach Köln zurück. Dort soll sein Vater den reichen Salzhändler Hackenbroich im Streit getötet haben – alles spricht gegen ihn: es gab einen Augenzeugen und das Familienschwert steckte in der Brust des Opfers. Doch Seyfrid glaubt nicht an seine Schuld und nimmt heimlich die Ermittlungen auf. Um in die Stadt zu gelangen, muss er jedoch eine falsche Identität annehmen, da seine Familie geächtet wurde.
Nominiert für den „Goldenen Homer“ habe ich diesen historischen Krimi tatsächlich noch vor der Preisverleihung in Lübeck gelesen. Am Abend davor durfte ich Ingo Gachs Kurzlesung im Scharbausaal lauschen.
Der Einstieg ist gut gelungen, auf die Leiche muss nicht lange gewartet werden und alles scheint sehr eindeutig zu sein. Doch erfahrene Krimileser*innen ahnen, dass die Dinge nicht so einfach sind. Im Anschluss lernte ich den Sohn des vermeintlichen Täters, Seyfrid, kennen und begleitete ihn auf seiner beschwerlichen Reise zurück in die Heimat. Die Beschreibungen sind so lebendig, dass ich oft das Gefühl hatte, mitten im Geschehen zu sein.
Anfangs ist das Erzähltempo eher gemächlich, da nach und nach alle wichtigen Figuren eingeführt werden und sich mit Fortschreiten der Geschichte erst allmählich ein Gesamtbild zusammensetzt. Zum Ende hin überschlagen sich dann die Ereignisse und es wird richtig spannend.
Der Autor hat die Ereignisse des fiktiven Mordfalls in eine ereignisreiche Zeit gelegt und hatte dadurch die Möglichkeit historische Ereignisse in die Geschichte einzuweben. Das ist ganz gut gelungen, auch wenn es mir an mancher Stelle zu viel Info-Dump auf einmal war. Die fiktiven Elemente sind insgesamt gut von den historischen zu unterscheiden. Ich habe tatsächlich sogar einige neue Worte gelernt, die in der Gegend von Köln zu dieser Zeit genutzt wurden. Darüber hinaus enthält der Krimi einige Informationen zum Leben Ende des 12. Jahrhunderts.
Seyfrid von Viskenich wird zum ersten Mal zum Ermittler. Er wurde von klein auf zum Ritter erzogen und hat im heiligen Land gekämpft, bevor er sich der Medizin widmete. Subtile Fragen zu stellen gehörte zu seiner Ausbildung anscheinend nicht dazu. Ich empfand einige Befragungen schon als sehr auffällig und insgesamt wirkte mir einiges ein wenig zu gestellt, so als ob es nur einen Verlauf für die Ereignisse geben konnte. Darüber hinaus empfand ich Seyfrid auch nicht ganz konsequent in seiner Darstellung. Einerseits wird betont, dass er eine sehr gute Beobachtungsgabe hat und schnell die richtigen Schlüsse ziehen kann, in manchen Situationen lässt ihn diese Gabe im Buch allerdings sehr im Stich.
Immer wieder kam eine mysteriöse Person vor, die sich „Der Getreue“ nennt. Dieses Element hat mir persönlich eher weniger gefallen. Bei längerer Betrachtung muss ich allerdings zugeben, dass die Figur ihren Zweck erfüllt hat. Sie regt zum spekulieren an und hat das Potenzial den Lesenden auf eine falsche Fährte zu locken.
Eine kleine Liebesgeschichte gibt es auch: Seyfrid trifft auf Rebecca von Quentenberg. Diese Liebesgeschichte folgt allerdings einigen bekannten Klischees: Sie ist schön, intelligent, rebellisch und entspricht nicht den Konventionen ihrer Zeit – was ihm natürlich imponiert. Nach nur wenigen Begegnungen ist klar, dass sie die große Liebe sein soll. Trotz dieser Vorhersehbarkeit war Rebecca für mich eine sympathische Figur, und ich gönne dem Paar ihr Liebesglück.
Zum Ende der Geschichte hin hatten Seyfrid und Rebecca für meinen Geschmack etwas zu viel Glück. Zuvor gab es Rückschläge, und die Ermittlungen gingen nur schleppend voran, doch plötzlich fügt sich alles perfekt zusammen, auch mit Hilfe des Zufalls. Solche Entwicklungen wirken auf mich schnell etwas unglaubwürdig. Trotzdem habe ich mich über den Ausgang gefreut, was zeigt, dass ich die Protagonisten gerne begleitet habe – auch wenn sie mir nicht völlig ans Herz gewachsen sind.
Abgerundet wird der Roman durch ein Glossar und eine Danksagung. Das Glossar fungiert hierbei gleichzeitig auch als Nachwort. Fiktion und Wahrheit werden sauber getrennt und es gibt noch viele zusätzliche Informationen zum historischen Hintergrund dieses Romanes. Diese Verknüpfung hat mir gut gefallen und war mal etwas anderes.
Fazit: „Das Blutgericht von Köln“ bietet solide Krimi-Unterhaltung mit historischen Verknüpfungen. Die Handlung ist spannend, die Charaktere interessant – auch wenn manche Klischees und etwas vorhersehbare Wendungen das Leseerlebnis gelegentlich trüben. Krimifans, die auch ein Faible für historische Romane haben, werden hier auf ihre Kosten kommen.