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Veröffentlicht am 03.12.2023

spannender Skandinavienkrimi um besondere Fälle

Stille Falle
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Die Krimis von Anders de la Motte haben mir bisher sehr gut gefallen, so dass ich mit hohen Erwartungen diesen ersten Band aus der neuen Reihe um Kriminalinspekteurin Leo Asker begonnen habe.
Leo Asker ...

Die Krimis von Anders de la Motte haben mir bisher sehr gut gefallen, so dass ich mit hohen Erwartungen diesen ersten Band aus der neuen Reihe um Kriminalinspekteurin Leo Asker begonnen habe.
Leo Asker hat eine rasante Karriere in der Abteilung für Schwerverbrechen in Malmö hingelegt, bereits nach vier Jahren ist sie Gruppenleiterin und könnte bald die Leitung der gesamten Abteilung übernehmen. Sie ist groß, attraktiv, sehr fit und kompetent, aber nicht bei allen beliebt mit ihrer direkten Art. Mitten in den Ermittlungen zu einem Aufsehen erregenden Entführungsfall wird sie plötzlich abgezogen und mit der Leitung der „Abteilung für verlorene Seelen“ betraut, einer Ermittlergruppe im Keller der Polizeistation, von der sie bis dahin noch nie gehört hat.
Doch diese Demütigung kann Leo nicht stoppen, sie beginnt sich in einen der hoffnungslosen Fälle einzuarbeiten, bei denen ein Unbekannter kleine ominöse Plastikfiguren in einer Modelleisenbahnlandschaft platziert. Als Leo entdeckt, dass eine der Figuren der entführten Smilla Holst verblüffend gleicht, beginnt sie weitere Nachforschungen anzustellen und erkennt bald, dass sie Größerem auf der Spur ist.
Die Geschichte ist abwechslungsreich erzählt, sie führt in die Szene von Urbexern, Menschen, die verlassene Umgebungen erkunden, verrückten Modellbauern und machthungrigen Polizisten.
Der Krimi ist spannend aufgebaut mit verschiedenen Erzählebenen, hauptsächlich aus der Sicht Leo Askers, aber auch von der entführten Smilla Holst, Martin Hill und dem anonymen Entführer. Dazu gibt es Rückblenden in die Vergangenheit Leo Askers und Martin Hills, die einen Einblick in Leos herausfordernde Jugend geben und ihre besonderen Fähigkeiten in Bezug auf Kombinationsgabe und Überlebensfähigkeiten erklären.
Die Abteilung im Keller der Malmöer Polizeidirektion erinnert sehr an das Dezernat Q aus den Thrillern von Jussi Adler-Olsen, es gibt sogar ebenfalls eine Mitarbeiterin namens Rose, doch hier enden auch schon die Parallelen, so dass ich mich nicht allzu lange an diesem Umstand gestört habe. Anders de la Motte hat es nicht nötig, bei anderen abzukupfern, seine Figuren sind auch so überzeugend und beeindruckend angelegt.
Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht, die Reihe beginnt mit einer atmosphärischen Geschichte auf durchgängig hohem Niveau und macht neugierig auf eine Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 30.11.2023

Gibt es Taten, die unverzeihlich sind?

Was wir nie verzeihen
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Wer hat es darauf abgesehen, in der kleinen finnischen Stadt Pori betagte Kriegsveteranen zu überfallen und zu ermorden? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Ermittlergruppe um Jari Paloviita, Henrik ...

Wer hat es darauf abgesehen, in der kleinen finnischen Stadt Pori betagte Kriegsveteranen zu überfallen und zu ermorden? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Ermittlergruppe um Jari Paloviita, Henrik Oksman und Linda Toivonen in dem dritten Band der River Delta Reihe mit dem Titel „Was wir nie verzeihen“.

Die Täter gehen professionell und brutal vor, Spuren führen in die Vergangenheit der Opfer, die als junge Männer im 2.Weltkrieg von der deutschen Waffen-SS rekrutiert und an die Ostfront geschickt wurden. In Rückblicken werden Albert Kangasharjus Gedanken und Erlebnisse aus dieser Episode seines Lebens geschildert.

Der Krimi greift ein wenig bekanntes Kapitel der finnischen Geschichte auf, insbesondere die Rückblicke lassen die Frage aufkommen, inwieweit man nach so vielen Jahren die Handlungen der Soldaten damals verurteilen kann, und ob eine Strafe nach so langer Zeit gerechtfertigt ist.

Hier liegt die Stärke der Geschichte, die ansonsten nicht an die Komplexität der ersten beiden Bände heran reicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass diesmal die Ermittler nicht persönlich in den Fall involviert sind. Zwar wird unter anderem die private Geschichte Jaris thematisiert, der mit seiner Lebenssituation unzufrieden ist, und in dessen Ehe es gerade kriselt, er ist von den Ermittlungen jedoch nur mittelbar betroffen. Je mehr er über die Vergangenheit Albert Kangasharjus erfährt, umso mehr beschäftigt ihn nicht nur das Dilemma der moralischen Bewertung des Falles, sondern er stellt auch seine eigene Lebenssituation infrage.

Es ist mir diesmal schwergefallen, für einen der Charaktere Sympathien zu entwickeln, Jari wirkt oft resigniert bis deprimiert, seine Handlungen und hier insbesondre sein Verhalten innerhalb der Familie sind für mich nicht nachvollziehbar.

Die Geschichte ist spannend erzählt, auch wenn früh klar ist, wer hinter den Angriffen steht. Insbesondere die beklemmende Stimmung in den Rückblicken und der sich wandelnde Blick auf Albert Kangasharju macht das Buch für mich bemerkenswert.

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Veröffentlicht am 21.11.2023

ein Leben für ein Leben?

VITA
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n ihrem aktuellen Roman „Vita“ schafft die Autorin Christina Dalcher erneut ein interessantes fiktives Szenario eines alternativen Amerikas. In ihrer Version wurde ein paar Jahre zuvor die Todesstrafe ...

n ihrem aktuellen Roman „Vita“ schafft die Autorin Christina Dalcher erneut ein interessantes fiktives Szenario eines alternativen Amerikas. In ihrer Version wurde ein paar Jahre zuvor die Todesstrafe zunächst abgeschafft, dann jedoch der sogenannte Remedies Act als Absicherung eingeführt; fordert ein Staatsanwalt für einen Angeklagten die Todesstrafe, und es tauchen nach deren Vollstreckung entlastende Beweise auf, die deren Unschuld beweisen, so wird als Wiedergutmachung der Staatsanwalt ebenfalls hingerichtet.
Justine, die Hauptfigur dieses Romans, hat in ihrer Laufbahn bisher einmal ein Todesurteil gefordert und den Remedies Act unterzeichnet. Und das obwohl sie als ehemalige Mitbegründerin der Vita-Organisation früher als eine leidenschaftliche Gegnerin der Todesstrafe aufgetreten ist. Als sechs Jahre später Hinweise auftauchen, die auf die Unschuld des inzwischen hingerichteten Täters hindeuten, gerät Justines Leben ins Wanken.
Das Thema des Romans ist provokant, in Amerika sicher mehr als in Europa, dennoch wird in verschiedenen Szenen deutlich, wie vielschichtig die Diskussion um die Todesstrafe ist.
Die Autorin lässt ihre Leser hautnah an Justines Gewissenskonflikten teilhaben, zeigt ihre persönliche Entwicklung auf und legt Gründe dar, weshalb Menschen sich für oder gegen die Todesstrafe aussprechen. Parallel kommt in eingeschobenen Kapiteln Jake Milford zu Wort, der in der Todeszelle seine Geschichte aufschreibt und so nach und nach die tatsächlichen Abläufe offenlegt.
Die Schilderungen gehen nahe und machen nachdenklich, die Figuren wirken authentisch, sowohl bei Justine als auch bei Jake habe ich mich jedoch schwer getan, ihre Entscheidungen nachzuvollziehen oder gar zu verstehen. Insgesamt hat mich die Geschichte Jakes und Emilys mehr bewegt als die Justines, die mir zu selbstbezogen war und teilweise sehr aufgebauscht reagiert hat.
Insgesamt ist der Roman aber spannend aufgebaut und schon aufgrund seines kontroversen Themas Wert gelesen zu werden.

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Veröffentlicht am 05.11.2023

ein Krimi mit spannendem Hintergrund vor eisiger Kulisse

Im Herzen so kalt (Ein Fall für Maya Topelius 1)
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Der Krimi „Im Herzen so kalt“ bildet den spannenden Auftakt zu einer neuen Reihe um die schwedische Kriminalinspektorin Maya Topelius, für die bereits die Veröffentlichung zweier Fortsetzungen angekündigt ...

Der Krimi „Im Herzen so kalt“ bildet den spannenden Auftakt zu einer neuen Reihe um die schwedische Kriminalinspektorin Maya Topelius, für die bereits die Veröffentlichung zweier Fortsetzungen angekündigt wird.
In diesem Band reist Maya gemeinsam mit ihrem Kollegen Pär ins winterliche Östersund, um die Kollegen dort bei den Ermittlungen zu der Ermordung eines Umweltaktivisten zu unterstützen. Die örtliche Polizei ist wenig begeistert von der Ankunft der Städter und verhält sich unprofessionell, die Zusammenarbeit leidet unter Vorurteilen auf beiden Seiten. Als ein weiterer Mord geschieht, wächst jedoch die Überzeugung, dass die Fälle nur unter mithilfe der Stockholmer Kollegen gelöst werden können. Während sich die Untersuchungen im Umfeld der Lobby der schwedischen Forstwirtschaft als schwierig erweisen, macht sich Maya Sorgen um eine ihrer besten Freundinnen, die in Stockholm Opfer eines Übergriffes wurde.
Der Krimi schneidet im Rahmen der Ermittlungen einige gesellschaftskritische Themen an, neben den umstrittenen Praktiken im Holzhandel, zu denen mich einige Informationen angeregt haben, mehr darüber nachzulesen, geht es zum Beispiel um Gewalt gegen Frauen.
Die Geschichte liest sich flüssig, die Charaktere sind für meinen Geschmack zum Teil etwas sehr stereotyp geraten, insbesondere David fand ich sehr überzeichnet, vielleicht bin ich da aber auch zu naiv und hatte Glück, dass mir die Begegnung mit derartigen Männern erspart geblieben ist.
Die Ermittlungen sind spannend, verschiedene Verdächtigungen und Lösungsansätze führen zunächst ins Leere, zwischendurch gibt es aber immer mal wieder Längen, wenn zu viel erzählt wird und zu wenig passiert. Vielleicht hätte es der Geschichte gut getan, wenn es zu den Ereignissen in der Vergangenheit Rückblenden mit einer lebendigeren Wiedergabe der Geschehen gegeben hätte.
Dieser Auftaktband ist in sich abgeschlossen, er lässt jedoch einige Fragen zu Mayas Privatleben und einem Geheimnis in ihrer Vergangenheit offen, die neugierig auf eine Fortsetzung machen.

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Veröffentlicht am 29.10.2023

eine spannende und beklemmende Geschichte über die Kultur der Sámi

Das Leuchten der Rentiere
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In ihrem Roman „Das Leuchten der Rentiere“ zeigt Ann-Helén Leastadius auf eindringliche Weise, mit welchen Widrigkeiten das indigene Volk der Sámi im Norden Schwedens zu kämpfen hat.
Im Mittelpunkt steht ...

In ihrem Roman „Das Leuchten der Rentiere“ zeigt Ann-Helén Leastadius auf eindringliche Weise, mit welchen Widrigkeiten das indigene Volk der Sámi im Norden Schwedens zu kämpfen hat.
Im Mittelpunkt steht das Sámi-Mädchen Elsa, das zu Beginn der Erzählung gerade einmal neun Jahre als ist, als sie Zeugin wird, wie ein Wilderer ihr geliebtes Rentierkalb Nástegallu tötet. Aus Angst vor dem Täter verschweigt Elsa, was sie gesehen hat, und trägt diese Schuld Jahre lang mit sich, während ihrer Familie ebenso wie anderen Rentierzüchtern immer wieder Leid angetan wird, wenn Wilderer Tiere aus den Herden jagen, grundlos quälen und töten. Die Polizei ist einerseits machtlos, da sie in dieser weitläufigen Gegend über zu wenig Personal verfügt, das Töten der Rentiere außerdem maximal als Diebstahl gilt und die Strafverfolgung nicht priorisiert wird. In der Gesellschaft sind die Sámi umstritten, sie stehen dem Ausbau der Forst- und auch Bergwirtschaft im Weg, ihre Arbeit mit dem Tieren wird nicht wertgeschätzt, die Kinder in der Schule ausgegrenzt und gemobbt. Elsa wächst heran und versucht ihren Platz in diesem Umfeld der Feindseligkeit und Diskriminierung zu finden, auch innerhalb der Gemeinschaft der Sámi muss sie dabei gegen althergebrachte Strukturen kämpfen.
Es ist nicht immer leicht, die Schilderungen der Geschichte zu ertragen, die Hilflosigkeit der Familien gegenüber dem Unrecht, das ihnen widerfährt. Die Autorin schafft eine große Nähe zu ihren Figuren, so dass man als Leser Wut und Schmerz mitempfindet, wenn Lasse, Elsa und Mattias an ihrem Schicksal zu zerbrechen drohen. Sie erzählt eine spannende Geschichte und gibt gleichzeitig einen tiefen Einblick in das Leben und die Tradition der Sámi, über die vermutlich viele nur wenig wissen. Ich habe schon in anderen Büchern aus Schweden und Norwegen über ihre Kultur und Probleme gelesen und war dennoch bei dieser Geschichte erneut fassungslos.
Jana Maire Backhaus-Tors in der Hörbuch-Fassung die Geschichte packend erzählt.

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