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Veröffentlicht am 18.08.2022

Polizistenblick

Das neunte Gemälde
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"Polizistenblick", damit ist gemeint ein Blick für Dinge, die jemandem vielleicht sonst nicht auffallen. Diesen Polizistenblick findet man durchgehend im Roman von Andreas Storm. Durch die dadurch bedingte ...

"Polizistenblick", damit ist gemeint ein Blick für Dinge, die jemandem vielleicht sonst nicht auffallen. Diesen Polizistenblick findet man durchgehend im Roman von Andreas Storm. Durch die dadurch bedingte Schreibweise erhält der Roman eine ausgesprochene Authentizität. Es handelt sich um eine fiktive Geschichte, die in reale geschichtliche Zusammenhänge und tatsächliche Ereignisse eingebettet ist. Erschreckend, aber authentisch, wird zum Beispiel deutlich, wie ehemalige Nazigrößen nach dem Krieg mit alliiertem Segen in höchste Ämter gelangen konnten.

Der Roman spielt auf drei Zeitebenen: 1944, 1966 und 2016. Storm ist es äußerst gut gelungen, diese drei Zeitebenen miteinander zu verbinden. Zur Orientierung von Leserin und Leser ist den Kapiteln jeweils eine entsprechende Angabe vorangestellt. Es geht um Verbrennung von sogenannter entarteter Kunst durch die Nazis und um einen Kunstdiebstahl, der durch die Bilderverbrennung verschleiert werden sollte.

Einen großen Teil des Romans nehmen Dialoge ein. Der Roman lebt von diesen Dialogen, die so gestaltet sind, dass man den Eindruck hat, da ist nichts konstruiert, sondern man sitzt neben den handelnden Personen und hört einem Gespräch zu. Trotz der Vielzahl der handelnden Personen verliert man nicht die Übersicht. Storm benutzt dazu einen Kunstgriff, indem er immer dann, wenn einem die Zusammenhänge etwas zu entgleiten drohen, eine Zusammenfassung einschiebt, zum Beispiel in Form eines Dialoges.

Ein zweiter Roman mit demselben Protagonisten ist für August 2023 bereits angekündigt. Nach diesem Start kann man sich darauf freuen.

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Veröffentlicht am 31.07.2022

Ungewöhnlich

Drei
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Schwierig! Nicht schwierig zu lesen, aber schwierig, etwas zum Inhalt zu schreiben, ohne zu spoilern. "Drei" ist der Titel und es sind drei Teile, in die der Roman unterteilt ist. Der Roman spielt in Israel. ...

Schwierig! Nicht schwierig zu lesen, aber schwierig, etwas zum Inhalt zu schreiben, ohne zu spoilern. "Drei" ist der Titel und es sind drei Teile, in die der Roman unterteilt ist. Der Roman spielt in Israel. In jedem Teil steht eine Frau im Vordergrund und in allen drei Teilen derselbe Mann. Am Ende der ersten beiden Teile geschieht jeweils ein Mord. Der dritte Teil ist jedoch etwas Besonderes. Aber das muss man wirklich selbst lesen.

Dror Mishani stellt einen ungewöhnlichen Schreibstil vor. Er wechselt sehr oft die Erzählform zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Im drittel Teil schreibt er sogar im Futur. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig. Der Roman ist kein Krimi. Es kommt Mishani offensichtlich nicht auf Spannung an. Er schreibt jeweils sehr ausführlich über das Gefühlsleben und die Gedankenwelt der jeweiligen Protagonistinnen. Mitunter ist das etwas zu lang geworden.

Aber insgesamt gesehen ist der Roman gelungen und lässt sich angenehm lesen. Ist mal etwas anderes.

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Veröffentlicht am 29.07.2022

Nicht nur für Jugendliche

Der Geruch von Wut
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Alex' Vater ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Alex selbst lag nach dem Unfall lange Zeit im Koma. Jetzt will Alex sich an dem Mann rächen, der den Lieferwagen gefahren hat, mit dem Alex' Vater ...

Alex' Vater ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Alex selbst lag nach dem Unfall lange Zeit im Koma. Jetzt will Alex sich an dem Mann rächen, der den Lieferwagen gefahren hat, mit dem Alex' Vater zusammengestoßen ist. Dazu holt er sich Hilfe, indem er sich den Black Boys anschließt, einer Radikalengruppe, deren Anführer ihm verspricht, den Mann für ihn zu suchen. Dafür muss aber Alex bei den Aktionen der Black Boys mitmachen.

Der Roman ist in viele kleine Kapitel von manchmal nur jeweils einer halben Seite gegliedert. Dadurch wird er sehr übersichtlich und auch überschaubar, was die agierenden Personen angeht. Erschreckend ist die Denkweise der Radikalen, die auf Schlagworte und eingängige Parolen unreflektiert reagieren und ohne jede Rücksicht handeln. Deutlich wird auch die Struktur einer solchen Gang. Einer steht an der Spitze. Einige Schläger hat er um sich gescharrt. Wenn jemand nicht mitzieht oder sogar aussteigen will, wird er gnadenlos verfolgt.

Ein Jugendbuch, aber nicht nur für Jugendliche lesenswert.

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Veröffentlicht am 29.07.2022

Visionär

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Thomas Jerome Newton, Nathan Bryce und Betty Jo sind die drei Hauptpersonen dieses Romans. Newton ist buchstäblich vom Himmel gefallen in einem kleinen Raumschiff. Er wurde von einem anderen Planeten als ...

Thomas Jerome Newton, Nathan Bryce und Betty Jo sind die drei Hauptpersonen dieses Romans. Newton ist buchstäblich vom Himmel gefallen in einem kleinen Raumschiff. Er wurde von einem anderen Planeten als Abgesandter ausgeschickt, um ... Ja was? Die Erde zu erobern, der Erde zu helfen? Aber da will ich jetzt nicht spoilern.

Jedenfalls ist Newton, was die Wissenschaft angeht, den Menschen überlegen und sorgt durch neue Erfindungen dafür, dass er in kurzer Zeit ein reicher Mann wird. Mit Bryce und Betty Jo hat er dabei den meisten Kontakt, da er sich ansonsten von den Menschen möglichst fern hält und versucht, als Mensch und nicht als Außerirdischer zu erscheinen.

Der Roman erschien in Erstauflage bereits 1963. Er spielt in den Jahren 1985 bis 1990. Also war er damals ein Science Fiktion Roman. Es ist frappierend, wieviel Walter Tevis damals vorausgesehen hat, was den Umgang der Menschen mit ihrer Erde angeht. Aber auch, was die politische Ebene angeht, hat er sich damals schon als Visionär betätigt. Vieles kommt sogar unseren heutigen Verhältnissen beängstigend nah.

Ein Buch, dessen Lektüre ich nur empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 25.07.2022

Erinnerungen

Beifang
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Beifang ist der Name einer Zechensiedlung im Ruhrgebiet. Erzählt wird die Geschichte der Familie Zimmermann. Genauer geht es um die Suche Frank Zimmermanns nach Informationen über seinen Großvater Winfried ...

Beifang ist der Name einer Zechensiedlung im Ruhrgebiet. Erzählt wird die Geschichte der Familie Zimmermann. Genauer geht es um die Suche Frank Zimmermanns nach Informationen über seinen Großvater Winfried Zimmermann, der mit seiner Familie, bestehend aus Frau und 11 Kindern, in der kleinen Wohnung in Beifang lebte.

Der Roman ist ohne besondere Höhepunkte. Simons reiht die Berichte über die einzelnen Gespräche, die Frank auf seiner Recherchereise mit verschieden Verwandten und Bekannten führt, aneinander. Dabei wird deutlich wie subjektiv Erinnerungen sind. Erinnerungen von verschiedenen Personen an dasselbe Ereignis oder dieselbe Person sind durch eigene Einstellungen gefärbt und widersprechen sich teilweise.

Simons greift bei der Schilderung der vielen Gespräche zu einem Kunstgriff. Um die Gespräche nicht unendlich lang werden zu lassen, unterbricht er immer wieder die wörtliche Rede und schiebt eine Zusammenfassung ein, um dann wieder mit wörtlicher Rede weiter zu machen.

Erinnerungen wurden aber auch bei mir wach. So war es tatsächlich in der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Und niemand fand die Zustände damals besonders ungewöhnlich. Erst aus heutiger Sicht wird eigentlich richtig klar, wie schwierig die Verhältnisse damals oft waren.

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