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Veröffentlicht am 02.01.2022

Neugierige Nachbarn

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Judith ist eine nette alte Dame, man könnte sie als etwas eigenbrötlerisch bezeichnen, wie sie da so allein in der großen Villa am Fluss lebt. Als sie beim abendlichen Schwimmen die Ermordung ihres Nachbarn ...

Judith ist eine nette alte Dame, man könnte sie als etwas eigenbrötlerisch bezeichnen, wie sie da so allein in der großen Villa am Fluss lebt. Als sie beim abendlichen Schwimmen die Ermordung ihres Nachbarn mit anzuhören glaubt, erntet sie bei der Polizei nur Unglaube, also muss sie selber Nachforschungen anstellen.

Mit Judiths Figur schafft der Autor bei mir sofort Assoziationen zu Agatha Christies Miss Marple, allerdings entwickelt sich Judith, im Lauf der Story immer weiter in eine etwas andere Richtung. So bekommt das Buch eine gewisse Eigenständigkeit, trotz vorhandener Parallelen. Diese Entwicklung ist auch der Tatsache geschuldet, das hier eine recht ungleiche Gruppe von Frauen zusammen findet und so neben der Aufklärungsarbeit auch das Entstehen einer Freundschaft erzählt wird.

Der Vita des Autors konnte ich entnehmen, das er als Drehbuchautor, unter anderem für die Serie "Death in Paradise", tätig war. Wie in der Serie, die ich im Übrigen liebe, gibt er auch hier seinen Figuren eine gewisse Schrulligkeit mit, ohne sie aber ins Lächerliche zu ziehen. Seine Beschreibungen sind zwar teils etwas überspitzt, sorgen aber für das nötige Augenzwinkern, mit dem man den Roman lesen sollte.

Wer einen knallharten Krimi erwartet liegt hier voll daneben. Cosy Crime beschreibt das Buch noch am ehesten und das ist nicht negativ gemeint, den gut gemacht, ist das sehr unterhaltsam. Das Finale steht einem guten Krimi in Rasans und Nervenkitzel in nichts nach, wenn ich auch etwas in die Länge gezogen fand. Die Aufklärung war für mich nicht überraschend, der Leser stellt die Zusammenhänge eher her als die Figuren im Buch. Letztlich ist das aber nicht schlimm. Die finale Zusammenfassung der Ereignisse ist, gewollt, oder ungewollt, wieder eine Hommage an Miss Marple, oder eben auch Richard Pool. Ihren Zweck im Buch verfehlt sie jedenfalls nicht.

Mrs Potts Mordclub ist erfolgreich aus der Taufe gehoben worden und hat sicher noch einige Abenteuer zu bestehen. Der Grundstein ist gelegt.

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Veröffentlicht am 18.11.2021

Interessant, aber anstrengend geschrieben

Schliemann und das Gold von Troja
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Ich bin ein großer Fan des Altertums, ich liebe seit meiner Kindheit die Geschichten um Odysseus, Herkules, die schöne Helena und all die unzähligen Helden aus der griechischen Mythologie. An den originalen ...

Ich bin ein großer Fan des Altertums, ich liebe seit meiner Kindheit die Geschichten um Odysseus, Herkules, die schöne Helena und all die unzähligen Helden aus der griechischen Mythologie. An den originalen Schauplätzen der Erzählungen zu wandeln, muss großartig sein. Ebenso fasziniert von der Antike, speziell von Homers Berichten war Heinrich Schliemann. Kaufmann, Weltenbummler, Schriftsteller und Hobbyarchäologe. Der Autor zeichnet in seinem Buch das Leben Schliemanns nach und seine Fixierung auf Troja.

Die Lebensgeschichte Schliemanns ist sehr interessant, das sprichwörtliche vom Tellerwäscher zum Millionär wird Realität. Doch wie erfolgreich Schliemann auch beruflich sein mag, privat wird er nicht glücklich und auch seine so innig ersehnte Anerkennung im Bereich der Wissenschaft, der Archäologie bleibt ihm verwehrt. Der Autor spürt all diesen Lebensstationen nach, sehr akribisch, sehr detailliert, immer mit Blick auf den wichtigsten Augenblick im Leben des Suchenden, die Entdeckung des sagenhaften Schatz des Priamos.

Auch auf die aktuelle Situation rund um den, nach dem zweiten Weltkrieg in Russland verschollenen Schatz wird eingegangen. Das Buch enthält Bilder und natürlich auch Nachweise zu den verwendeten Zitaten und Hinweise auf weiterführende Literatur.

Leider hat der Autor sich, meiner Meinung nach, zu sehr in seinen Details verloren. Die recht kurzen Kapitel sind voller Zahlen und Fakten. In die langen, verschachtelten Sätze sind oft noch original Zitate von Schliemann, seinen Wegbegleitern, oder anderen Personen eingebaut. Mir viel es oft sehr schwer, den Sinn des Satzes direkt, ohne nochmal nachzulesen, zu erfassen. Das ist anstrengend, ermüdend und stört den Lesefluss.

Die Arbeit des Autors in Hinsicht auf Recherche möchte ich nicht in Frage stellen. Auch die Beleuchtung der negativen Aspekte rund um die Figur Schliemann und seine teils zweifelhaften Methoden sind sehr spannend eingearbeitet. Letztlich ist das Buch natürlich ein Sachbuch, aber ich hätte mir dann vielleicht eher eine etwas rundere Ausarbeitung gewünscht.

Für am Thema interessierte Leser eine interessante Lektüre, die tief hinter die historische Figur Heinrich Schliemann und seine Manie blicken lässt, die vielleicht aber auch etwas den Mythos um Troja entzaubert. Nichtsdestotrotz haben Homers Epen nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt.

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Veröffentlicht am 17.11.2021

Persönliche Trauerbewältigung

Was bleibt, wenn wir sterben
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Keiner denkt gern über seinen eigenen Tod nach und natürlich rücken wir auch den von geliebten Menschen und Angehörigen in weite Ferne. Wenn es dann soweit ist, sind wir oft ratlos und können nur schwer ...

Keiner denkt gern über seinen eigenen Tod nach und natürlich rücken wir auch den von geliebten Menschen und Angehörigen in weite Ferne. Wenn es dann soweit ist, sind wir oft ratlos und können nur schwer mit unseren Gefühlen umgehen.

Louise Brown hat innerhalb kürzester Zeit beide Eltern verloren und war hilflos in ihrer Trauer, als sie später die Arbeit als Trauerrednerin für sich entdeckt, ist das auch wichtig für die eigene Trauerbewältigung. Leider nimmt diese persönliche Trauerarbeit einen Großteil des Buches ein und der Untertitel des Buches, Erfahrungen einer Trauerrednerin, rückt eher an den Rand. Natürlich habe ich als Leserin mehr zu diesem Thema erwasrtet und einige rührende Geschichten sind auch im Buch enthalten. Meist sind aber auch sie in irgendeiner Form mit dem Tod der eigenen Eltern verknüpft.

Die Autorin versteht es sehr gut, ihre Gedanken, Gefühle und Erfahrungen in Worte zu fassen. Hierbei kommt ihr sicher auch ihre Tätigkeit als Journalistin zu Gute. Sie schreibt sehr sanft, mitfühlend, emotional und respektvoll, oft mit einem Anflug von wohldosiertem Humor, denn wer sagt denn, dass man beim Erinnern an einen Verstorbenen nicht auch Lachen darf. Ihre Gedanken sind Aufforderung, über den eigenen letzten Gang nachzudenken, mutig zu sein und unbedingt über Wünsche zu sprechen.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert, die jeweils noch in einzelne Kapitel mit sehr interessanten Titeln unterteilt sind. Es gibt eine Einleitung und am Ende auch ein Zitatenverzeichnis. Die konkreten Erfahrungen mit Trauerfeiern sind kursiv vom restlichen Text abgehoben. Wie schon erwähnt, nehmen sie nur einen sehr kleinen Teil des Buches ein. Im ersten Teil ist mir die Beschäftigung mit dem Tod der Eltern gar nicht weiter aufgefallen, es hatte für mich den Anschein, als erzählte die Autorin so den Werdegang hin zu ihrer neuen Berufung. Leider konzentriert sie sich aber auch weiter auf ihre persönliche Trauerarbeit, die ihr, verständlicher Weise, durch ebendiese neue Tätigkeit erst möglich wird. Ich bin daher etwas unschlüssig. Sollte ich das Buch rein nach Thematik bewerten, hätte es nur drei Sterne bekommen, allerdings gefällt mir der Stil und die Gedanken so gut, dass ich dafür gern fünf Sterne vergeben hätte. Hätte das Buch nicht den Untertitel, der bei mir andere Erwartungen geweckt hat und die entsprechende Formulierung aus dem Klappentext, dann wäre es auch eine durchweg positive Bewertung geworden, so gibt es dann diesen Kompromiss.

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Veröffentlicht am 07.11.2021

Märchenhaft

DIE GOLDENE FEDER
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Diese kleine Anthologie enthält zehn orientalische Märchen von verschiedenen Autoren. Die Länge der einzelnen Geschichten ist ähnlich. Ob das beabsichtigt war für die Zusammenstellung weiß ich allerdings ...

Diese kleine Anthologie enthält zehn orientalische Märchen von verschiedenen Autoren. Die Länge der einzelnen Geschichten ist ähnlich. Ob das beabsichtigt war für die Zusammenstellung weiß ich allerdings nicht. Zu Beginn des Buches gibt es ein Vorwort, am Ende werden die Autoren und Autorinnen kurz vorgestellt. Zu den Märchen gibt es auch einige schöne farbige Illustrationen.

Der Schreibstil der verschiedenen Beiträge ist natürlich sehr unterschiedlich, manchmal sehr blumig und üppig, manchmal eher knapp und reduziert. Naturgemäß gefällt nicht unbedingt Alles gleichermaßen. Ich persönlich habe zwei absolute Lieblinge, aber auch die anderen Geschichten haben mir gut gefallen. Man muss sich allerdings auch auf das Thema orientalische Märchen einlassen, wer da nur wenig mit anfangen kann ist hier falsch.

Die Märchen greifen Themen auf, die man vielleicht schon aus Tausenden und einer Nacht kennt und liebt. Es gibt gleich mehrere Versionen der Dschinn - Thematik und auch die altbekannte Wunderlampe kommt zum Einsatz. Jede Interpretation ist dabei aber verschieden. Oft sind Mädchen, oder junge Frauen die Helden, unfreiwillig, oder aus der Not heraus, ihrem vorbestimmten Lebensplan zu entfliehen.

Anthologien sind immer eine kleine Wunderkiste, man lernt oft neue Autoren kennen und hat die Möglichkeit über den Tellerrand hinaus zu schauen. Ich habe schon mehrere Zusammenstellungen der Herausgeberin, Marianne Labisch, gelesen und wurde immer gut unterhalten. Sie hat ein Händchen bei der Auswahl ihrer Themen und der beteiligten Autoren und Autorinnen.

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Veröffentlicht am 04.11.2021

Wichtiges Buch

FRAUEN LITERATUR
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Ich habe mir vor dieser Lektüre nie wirklich Gedanken darüber gemacht, ob schreibende Frauen anders behandelt, verlegt, oder rezensiert werden. Allein wenn ich allerdings an meine Schulzeit zurückdenke, ...

Ich habe mir vor dieser Lektüre nie wirklich Gedanken darüber gemacht, ob schreibende Frauen anders behandelt, verlegt, oder rezensiert werden. Allein wenn ich allerdings an meine Schulzeit zurückdenke, fallen mir sofort etliche männliche Autoren ein, die Pflichtlektüre waren, bei Autorinnen ist mir tatsächlich nur Christa Wolf eingefallen. Schon merkwürdig. Auch beim erinnern an den Schullesestoff meiner Kinder kommen die allgegenwärtigen Namen zu Tage, Goethe, Schiller, Heine, Mann und ein, oder zwei modernere Stoffe, aber auch hier, Frauen definitiv in der Minderheit.

Nicole Seifert zeigt mit diesem Buch eindringlich und fundiert, dass dies keine verschobene Wahrnehmung ist, sondern Realität. Früher schon und auch heute noch. Während bestimmte Werke aus männlicher Feder ohne Unterbrechung hoch gelobt werden und als wervolle Klassiker gelten, sind Werke von Frauen, obwohl zur Erscheinung genauso erfolgreich, in Vergessenheit geraten. Viele dieser wunderbaren Geschichten werden seit einigen Jahren "wiederentdeckt" und die Lektüre lohnt sich, damals wie heute, denn anders als von Männern oft behauptet , können Frauen weit mehr als nur Liebesromane.

Ich selber muss gestehen, dass auch ich in einigen Rezensionen oft explizit darauf hinweise, dass ich erstaunt darüber bin, dass die Worte von einer Frau stammen. Gerade bei Thrillern geht mir das oft so, dass ich denke - wow, so brutal schreibt eine Frau. Aber warum ist das eigentlich so? Weil auch ich, unterbewusst, einer Autorin nicht zutraue, so schreiben zu können? Alles Quatsch, wie ich schon mehrfach lesen durfte, aber diese Denkweise schein tief in uns verwurzelt, vielleicht sogar anerzogen. In meinem Bücherregal liegt die Frauenquote übrigens überdurchschnittlich hoch, gerade was mein Lieblingsgenre Krimi/Thriller anfeht. Hier haben Autorinnen bei mir eindeutig die Nase vorn. Auf meiner Liste abgebrochener Bücher finden sich dagegen fast gar keine Autorinnen. Ich wähle meine Bücher eh nicht nach dem Namen, sondern nach dem Inhalt aus.

Nach der Lektüre ist auf jeden Fall klar, dass sich gerade auch im schulischen Bereich etwas ändern muss, aber natürlich vorrangig bei Verlagen, Verlegern und besonders männlichen Kritikern. Denn wie gesagt, Frauenliteratur hat weit mehr zu bieten als Rezepte, Haushaltstipps und Romantik. Meine Leseliste ist nach diesem Buch um einige wirklich interessante Bücher gewachsen.

Ein Muss für alle Leser und Literaturbegeisterten, unabhängig davon, welchem Geschlecht, oder welcher sexuellen Orientierung man sich zugehörig fühlt.

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