Selbstfindung
COMING HOMEIch leide unter Höhenangst, eine Achterbahn, ein Riesenrad, der Horror für mich. In einem Klettsrwald bleib ich lieber am Boden, eine Hängebrücke seh ich mir aus der Ferne an und auf das Empire State Building ...
Ich leide unter Höhenangst, eine Achterbahn, ein Riesenrad, der Horror für mich. In einem Klettsrwald bleib ich lieber am Boden, eine Hängebrücke seh ich mir aus der Ferne an und auf das Empire State Building werd ich wohl auch nicht rauf gehen. All das ist jetzt zwar blöd, schränkt mein Leben aber nur recht minimal ein. Ganz anders bei Ji, das junge Model ist nach einem Sturz auf dem Laufsteg traumatisiert und leidet seitdem unter extremer Agoraphobie. Es ist ihr nicht möglich die Wohnung zu verlassen, geschweige denn, sich der Haustür zu nähern. Den ganzen Tag verbringt sie damit auf ihren Mann zu warten und ihm mit erschreckendem Perfektionismus den Haushalt zu führen.
Die Autorin beschreibt zu Beginn ihrer recht kurzen Geschichte, einen Abend im Alltag von Ji, der Ehemann, erfolgreicher und gestresster Unternehmer kommt nach Hause, der Tisch ist gedeckt, das Essen vorbereitet, alles perfekt geplant. Der Leser wird Zeuge der ehelichen Idylle, merkt aber recht schnell, das in diesem Haushalt Idylle ein Fremdwort ist. Das Geschehen verfolgt man durch die Augen von Ji, man teilt ihre Empfindungen und ihre Gedanken und die Geschichte geht scheinbar in eine klar vorhersehbare Richtung.
Die Geschichte kommt mit wenigen Figuren aus, wobei der Fokus natürlich auf Ji liegt. In wenigen Sätzen schafft es die Autorin ihre Figur zu umreißen und zu charakterisieren Ihre Ängste werden ebenso bewegend dargestellt, wie ihre innere Zerrissenheit, sie weckt die verschiedensten Emotionen beim Leser. Passend zu ihrem teilweise unerklärlichen Verhalten hat auch die Geschichte etwas unerklärliches, man spürt quasi, dass etwas nicht stimmt, ohne das man dieses Gefühl greifen könnte. Sehr geschickt manipuliert die Autorin nicht nur ihre Figur, sondern eben auch den Leser.
Das Buch ist im SiFi Genre angesiedelt, obwohl anfangs recht wenig darauf hinweist. Das Buch könnte auch einfach eine komplizierte Ehesituation beschreiben, das ist zwar Anfangs verwirrend, wid aber zum Ende hin immer klarer. Schlussendlich schließt sich der Kreis, die Geschichte wird rund, alle Fragen werden geklärt, Knoten lösen sich auf und rückblickend ergibt plötzlich alles einen Sinn. Obwohl das Ende auch ein völlig anderes hätte sein können, passt alles. Der Titel des Buches erklärt sich im Nachgang ebenso, wie auch das Cover, das für die Story nicht passender hätte sein können.
Obwohl die Geschichte in diesem begrenzten Rahmen wunderbar funktioniert, bietet sie noch viel Raum, ich hätte mit Begeisterung noch hundert/zweihundert Seiten mehr gelesen. Die Autorin hat ein Setting geschaffen, dass mich persönlich auf verschiedenen Ebenen anspricht, gleich mehrere meiner Lieblingsgenre bedient und mich auch im Nachgang noch beschäftigt. Bin gespannt, was da noch kommt.