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Veröffentlicht am 21.07.2024

Dornröschen

Anna O.
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Benedict Prince ist Psychologe, sein Fachgebiet Schlafstörungen, als Berater der Polizei wird er hinzugezogen, wenn es zu klären gilt, ob ein Täter, eine Täterin unzurechnungsfähig ist, weil die Tat unbewußt ...

Benedict Prince ist Psychologe, sein Fachgebiet Schlafstörungen, als Berater der Polizei wird er hinzugezogen, wenn es zu klären gilt, ob ein Täter, eine Täterin unzurechnungsfähig ist, weil die Tat unbewußt im Schlaf begangen wurde. Als er die Möglichkeit bekommt am berühmtesten Fall seiner Zeit mitzuarbeiten, steht die Entscheidung schnell fest, glaubt er doch so seiner Ex-Frau etwas beweisen zu können. Der Fall betrifft Anna O. eine junge Frau, die nach dem brutalen Mord an ihren beiden besten Freunden buchstäblich wie Dornröschen in einen tiefen Schlaf gefallen ist.

Der Autor breitet einen interessanten Fall vor dem Leser aus, ein Mord, eine schlafende Mordverdächtige, die nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, solange sie schläft und zeitgleich auch eine Art Cold Case, den es gibt gewisse Verbindungen zu einem anderen, zwanzig Jahre zurückliegenden Fall. In den einzelnen Kapitel folgt man meist Ben bei seiner Arbeit mit der schlafenden Anna, aus deren Tagebucheintragungen und Bens Nachforschungen erfährt man dann mehr über die Tat, derer Anna beschuldigt wird und über den Fall, der letztlich Auslöser für alles Weiter ist.

Die Geschichte ist ziemlich verschachtelt und läuft auf mehreren Ebenen ab, gerade im Bezug auf die psychologischen Zusammenhänge ist es manchmal etwas schwer alles zu verstehen. Teilweise hatte ich hier auch das Gefühl, als wollte der Autor einfach nur ein wenig die Seiten füllen. Über allem steht immer die Frage nach der Schuld, hat Anna die Tat begangen, oder nicht. Es ist für den Leser nicht einfach hier eine Seite zu wählen, geschickt schafft es der Autor immer wieder Zweifel an jeder der Möglichkeiten aufkommen zu lassen, bis man dann schließlich doch in eine bestimmte Richtung gelenkt wird und glaubt die Geschichte durchschaut zuhaben. Bis zu diesem Punkt fand ich die Story gut, in gewisser Weise fesselnd, wenn auch auf eine unaufgeregte, ruhige Art. Zum Ende hin hat mich der Autor dann aber zunehmend verloren. Vielleicht, weil die Story hier plötzlich so komplett von dem abweicht, was für mich eigentlich feststand, oder aber weil der Schluss so extrem konstruiert daherkommt, das ich gut und gerne darauf hätte verzichten können.

Die Thematik des Thrillers hat mich unglaublich fasziniert, ein Verbrechen begangen im Schlaf, die Frage der Schuld, die im Buch immer wieder Gegenstand für Diskussionen liefert bietet viel Spielraum fürs Philosophieren. Die Figuren sind kontrovers angelegt, ihr Handeln, besonders das von Ben, wirkt aber nicht immer logisch und nachvollziehbar. In der Gesamtheit erfüllt das Buch nicht ganz meine Erwartungen.

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Veröffentlicht am 21.07.2024

Ängste einer Mutter

Kleine Monster
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Ein Anruf aus der Schule löst bei den meisten Eltern selten Begeisterung aus und so sitzen auch Pia und Jakob mit einem unguten Gefühl im Klassenraum ihres Sohnes. Es soll einen beunruhigenden Vorfall ...

Ein Anruf aus der Schule löst bei den meisten Eltern selten Begeisterung aus und so sitzen auch Pia und Jakob mit einem unguten Gefühl im Klassenraum ihres Sohnes. Es soll einen beunruhigenden Vorfall gegeben haben zwischen ihrem Sohn Luca und einer Mitschülerin, doch wärend Jakob das Ganze eher unter kindlichem Forscherdrang verbucht, ist Pia zunehmend beunruhigt.

Autorin Jessica Lind beschreibt eine typische kleine Bilderbuchfamilie, Mutter, Vater, Kind. Das Leben nimmt seinen gewohnten Gang bis zu jenem Anruf aus der Schule, der alles verändert. Was sich genau zugetragen hat erfährt der Leser nicht, aber natürlich macht man sich anhand der Andeutungen seine Gedanken. Fast schon klischeehaft reagieren die Eltern auf die Vorwürfe, Vater Jakob tut das Ganze eher ab, Mutter Pia will zwar nicht glauben, dass ihr Sohn etwas angestellt hat, zweifelt aber dann doch, einfach weil sie mehr Zeit allein mit ihrem Sohn verbringt und ihn oft anders erlebt als sein Vater. Befeuert werden ihre Zweifel durch traumatische Erlebnisse rund um den Tod ihrer Schwester in ihrer eigenen Kindheit.

Recht schnell merkt der Leser, dass es eher um Pia geht in diesem Buch, um die Beziehung zu ihren Eltern, um die zu ihrer Adoptivschwester, um die zu ihrem Mann und ein kleines bisschen auch um die zu ihrem Sohn, den sie als Projektionsfläche für ihre Vergangenheit nutzt. Ganz allmählich arbeitet sie die Ereignisse rund um den Tod ihrer Schwester und das Danach auf. Die Autorin zeigt dabei, wie Erinnerungen im Laufe der Zeit verzerrt werden, wie der Geist sich Dinge zurechtrückt, um sie besser erklären und verarbeiten zu können, wie Erinnerungen selektiert werden und manche glasklar, wie ein Foto im Gedächtnis haften, wärend wir andere vollkommen verdrängen.

Die Geschichte wird eindringlich und emotional erzählt, verliert mich aber in ihrem Verlauf dann doch ein wenig. Es gibt immer wieder diese Andeutungen auf das "Böse" das in einem unschuldigen Kind schlummert ähnlich wie in Filmen wie "Das Omen", wenn Pia das Verhalten ihres Sohnes analysiert. Die Geschichte suggeriert mir eine Richtung, die sie aber gar nicht einschlägt und lässt mich so mit einem unberfriedigten Gefühl zurück. Ich kann nicht sagen, ob die Autorin beabsichtigt hat, bei ihren Lesern diese Erwartunghaltung zu schüren, oder ob es letztlich nur mir, mit meiner kruden Fantasie so geht.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Erster Akt

Refugium
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Bei Krimiautorin und Expolizistin Julia läuft es beruflich grad nicht so toll und sie flüchtet sich zum Mittsommerfest in ihr Ferienhaus auf einer Schäreninsel, mit dabei Kim, ein junger Hacker. Die Idylle ...

Bei Krimiautorin und Expolizistin Julia läuft es beruflich grad nicht so toll und sie flüchtet sich zum Mittsommerfest in ihr Ferienhaus auf einer Schäreninsel, mit dabei Kim, ein junger Hacker. Die Idylle wird jäh gestört, als auf der Nachbarinsel Schüsse fallen, maskierte Männer haben hier das Feuer auf die Gäste einer Party eröffnet und ein Blutbad angerichtet.

Direkt im Prolog wir der Leser Zeuge des Überfalls auf die Partygäste, den Julia und Kim später ebenfalls miterleben. Danach lernt man erstmal Julia kennen und begleitet sie bei ihrer recht intensiven Arbeit an einer Fortsetzung der "Millenium" Reihe rund um Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist. Ich fand es interessant, dass die Geschichte hier eine Verbindung schafft. Im Verlauf des Buches bemerkt man fast eine gewisse Besessenheit, was dieses Thema angeht, der Autor kommt ständig darauf zurück und erst im Nachhinein habe ich dann erfahren, dass Linquist hier quasi seine eigenen Erlebnisse niederschreibt, wollte er doch eine Fortsetzung zur Millenium Reihe liefern, wurde aber wohl abgelehnt und erweckt seine Version nun hier selbst zum Leben.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich die Millenium Reihe nie gelesen habe, die Verfilmung kenne ich nur sporadisch, was ich gesehen habe habe ich nicht gemocht. Einen Vergleich kann ich hier demzufolge nicht ziehen und das finde ich auch nicht negativ.

Die Figur der Julia Malmros ist für mich recht austauschbar, ihr Typus nicht unbedingt neu. Krimis und Thriller sind derzeit voll von ehemaligen Polizeibeamten, Beratern, oder Psychologen mit kriminalistischem Hintergrund, die auf eigene Faust ermitteln. Die Figur von Hacker Kim Ribbing mit ihrer Vergangenheit ist für mich dagegen schon um einiges spannender, obwohl man auch hier sicher Parallelen zu anderen fiktiven Figuren aud Büchern und Filmen finden wird. Ein bisschen bedient sich der Autor hier an gutgängigen Mustern und Klischees. Die Hintergründe des Verbrechens waren mir teilweise etwas verwirrend, an sich mag ich diesen wirtschaftlichen Fokus in Thrillern eher nicht so. Leider fehlt mir hier so ein bisschen die Spannung, auch wenn es bei Kims Ermittlungen in Shanghai und Havanna durchaus kurzzeitig gefährlich wird.

Eigentlich ist die Geschichte eine von denen, bei denen ich nicht unbedingt eine Fortsetzung bräuchte, allerdings hat der Autor es tasächlich geschafft mich auf den letzten Seiten noch zu catchen. Das Buch endet mit einem extrem fiesen Cliffhanger zu den Ereignissen aus Kims Vergangenheit und hier muss ich einfach wissen wie es weiter geht. Ich hoffe nur der Autor lässt seine Leser im zweiten Band der Trilogie nicht sprichwörtlich am ausgestreckten Arm verhungern und nutzt das Buch nur als Platzhalter vor dem großen Finale in Band drei. Bin gespannt auf die Umsetzung.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Schneeballsystem

Ein gefährliches Talent
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Nachdem Rebeccas Mutter die Diagnose beginnende Demenz bekommen hat, kehrt Rebecca nach Jahren in den USA nach Hause zurück. Die Rückkehr ist eine Flucht, den Rebecca steht vor den Scherben ihrer Ehe und ...

Nachdem Rebeccas Mutter die Diagnose beginnende Demenz bekommen hat, kehrt Rebecca nach Jahren in den USA nach Hause zurück. Die Rückkehr ist eine Flucht, den Rebecca steht vor den Scherben ihrer Ehe und auch beruflich hängt die Psychologin gerade in der Luft. Wieder in ihr altes Kinderzimmer zu ziehen, zurück in das gehasste Umfeld ihrer Kindheit, zurück zu ihren Eltern, deren Ansprüche sie nie erfüllen konnte ist vielleicht nicht die beste Idee, aber mit Blick auf ihre Finanzen hat Rebecca keine andere Wahl. Als Rebeccas Jugendliebe ermordet wird, beginnt sie auf eigene Faust Fragen zu stellen und wird dadurch Teil einer ganz neuen Gemeinschaft.

Autorin Camilla Sten liefert hier einen eher unaufgeregten Schweden-Thriller, der stark auf die emoptionale Schiene geht. Der Leser folgt Hauptfigur Rebecca durch ihre aktuelle Stimmungslage und begleitet sie bei ihren eigenmächtigen Ermittlungen. In Rückblenden lernt man Mordopfer Louise kennen und bekommt so Einblicke in die Vorgänge, die zu ihrem Tod geführt haben. Rebeccas Handeln ist dabei nicht immer unbedingt logisch, ihre Figur versucht das Leben der ehemaligen Freundin quasi im Alleingang aufzurollen, wobei sie manchmal recht unsensibel vorgeht. Sie glaubt durch ihre frühere Arbeit als Vernehmungsspezialistin prädestiniert dafür zu sein den Fall zu lösen, macht sich aber mit ihrer Art manchmal etwas unbeliebt beim Leser und bringt sich letztlich selbst in Gefahr.

Die Geschichte um Louise geht sehr auf die psychologische Ebene. Der Leser betritt eine Scheinwelt, in der mit einer unkomplizierten Geschäftsidee das große Geld versprochen wird. Im konkreten Fall das Modell des Direktmarketings von Kosmetik. Frauen werden mit Erfolg und tollen Verdienstmöglichkeiten in eine fast sektenartig anmutende Gemeinschaft gelockt und erkennen oft viel zu spät, dass mit diesem Schneeballprinzip nur Wenige wirklich das große Geld verdienen.

Neben dem gutgängigen Mordmotiv Geld baut die Autorin hier auch noch verschmähte Liebe, Rache und Eifersucht ein. Der Leser hat recht schnell einen Verdächtigen, obwohl durch den Aufbau der Story auch noch eine andere Möglichkeit denkbar scheint. Die Auflösung ist letztlich aber dann doch eine kleine Überraschung.

Wer eher auf hintergründige Spannung steht, bei der es um den Blick hinter die Fassade, um das Aufdecken eines Geheimnisses geht und weniger um Rasanz und Blutvergießen, wird hier sicher gut unterhalten. Die Thematik rund um die erfolgversprechende Social Media Welt, um Leichtgläubigkeit, Manipulation und den Drang Teil einer Gemeinschaft zu sein tut ihr Übriges.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Dunkle Geheimnisse

Eingeäschert
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Jim Skelf, selbst Bestatter, wünscht sich nach seinem Tod verbrannt zu werden, allerdings nicht im Rahmen einer Zeremonie in einem Beerdigungsinstitut, sondern im Garten hinter dem Haus. Seine Familie, ...

Jim Skelf, selbst Bestatter, wünscht sich nach seinem Tod verbrannt zu werden, allerdings nicht im Rahmen einer Zeremonie in einem Beerdigungsinstitut, sondern im Garten hinter dem Haus. Seine Familie, Ehefrau Dorothy, Tochter Jenny, Enkelin Hannah, drei Generationen Skelf Frauen geben ihm die letzte Ehre und müssen nun ihr Leben und den Betrieb des Bestattungsunternehmens und des Detektivbüros, das Jim ebenfalls betrieben hat, neu ordnen.

Mit der ungewöhnlichen Szene von Jims Einäscherung startet der Leser in das Buch und lernt hier auch direkt die Hauptfiguren kennen, die drei Skelf Frauen. Jede von ihnen begleitet man abwechseln in den teilweise sehr kurzen Kapiteln bei ihrer Trauer, bei der Neuordnung ihres Lebens, ihres Alltags, bei der Suche nach Antworten und nicht zuletzt bei ihren Ermittlungen. Hannah und Mutter Jenny ermitteln zum Verschwinden von Hannahs Mitbewohnerin, weil ihnen die Polizei die Sache nicht ernst genug nimmt und Dorothy stellt Nachforschungen zu einem ehemaligen Mitarbeiter des Bestattungsinstituts an, nachdem sie entdeckt hat, dass Jim dessen Ehefrau seit Jahren heimlich finanziell unterstützt. Wäre das nicht schon verwirrend genug, gibt es natürlich auch noch die Fälle der Detektei, ein alter Herr, der glaubt von seiner Pflegerin bestohlen zu werden und eine Ehefrau, die felsenfest davon überzeugt ist, dass ihr Ehemann fremd geht.

Ziemlich viele verschiedene Handlungsstränge führt der Autor hier parallel, als Wichtigsten natürlich den um das Verschwinden von Hannahs Mitbewohnerin. Mir war das teilweise etwas zuviel, ich hatte leider das Gefühl, der Autor hat hier einfach die Ideen für mehrere Bücher zusammengeworfen. Die einzelnen Handlungsstränge sind dabei nicht uninteressant, jede der Skelf Frauen bekommt hier ihren Raum und die Möglichkeit ihre Figur dem Leser zu präsentieren. Diese Vorgehensweise trägt allerdings nicht unbedingt dazu bei, die Figuren wirklich kennenzulernen. Ihre Charaktere bleiben mir zu oberflächlich, ihre Motivation oft nicht plausibel. Spannung kommt so nur bedingt auf und daran kann leider auch der Showdown am Ende nicht mehr viel ändern. Letztlich werden alle Fälle aufgeklärt, teils hatte ich hier schon einen Verdacht, teils hat der Autor mich kalt erwischt.

Das Buch ist als Thriller charakterisiert, zeigt für mich aber eher eine tragische Familiengeschichte. Während ich einige Passagen richtig gern gelesen habe, musste ich mich bei anderen eher durchkämpfen. Gerade die Figur von Jenny hat es mir nicht unbedingt leicht gemacht sie zu mögen. Der Autor hat noch einige weitere Bücher geschrieben und ich denke, da ist noch Luft nach oben.

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