Profilbild von sabrina_sbs

sabrina_sbs

Lesejury Star
offline

sabrina_sbs ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit sabrina_sbs über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.06.2020

Geschichtlich wichtig, emotional ansprechend

Ich bleibe hier
0

Trina stammt aus einem idyllischen Bergdorf in Südtirol. Alles könnte so schön sein. Sie hat gute Freundinnen, kann sich den Traum vom Lehrerinnendasein erfüllen, doch dann kommt alles anders. Die Faschisten ...

Trina stammt aus einem idyllischen Bergdorf in Südtirol. Alles könnte so schön sein. Sie hat gute Freundinnen, kann sich den Traum vom Lehrerinnendasein erfüllen, doch dann kommt alles anders. Die Faschisten verbieten ihr das Unterrichten, die Anwohner werden gezwungen sich zu entscheiden, ob sie nach Deutschland auswandern oder in Südtirol als Menschen zweiter Klasse verbleiben. Ihr Mann muss Kriegsdienst verrichten, die Kinder machen Kummer, die Nazis sorgen auch für große Probleme und ein Stausee soll gebaut werden, der das Dorf gefährdet.

Der Schreibstil ist sehr ansprechend, sehr klar, ohne Klitsch und ziemlich eindringlich. Authentische Charaktere, die teilweise über sich hinaus wachsen und diese Geschichte, die auf wahren geschichtlichen Begebenheiten beruht, haben mich gefesselt. Es ist schier unglaublich was die Menschen in Südtirol damals erleiden mussten - und wie ich finde weiß man eigentlich viel zu wenig darüber bzw. ist es viel zu selten Thema. Wie schlimm tatsächlich alles war, hatte so nicht auf dem Schirm, denn es verblasst ein wenig im Vergleich zu DEN Gräueltaten der Nazis - das macht das Geschehen aber nicht besser. Das heute so beliebte Urlaubsziel birgt so viel Geschichte, die Menschen zermürbt hat, das möchte man kaum glauben: Umso wichtiger finde ich dieses Buch. Es zeigt, was tatsächlich hinter diesem interessant anzusehenden Kirchturm mitten im See steckt - alles andere als eine schöne Sache.
Auch zeigt die Geschichte beeindruckende Menschen, die über sich hinaus wuchsen, Widerstand leisteten, ihre Heimat schätzten und (versuchten zu) schützten. Sie haben alles verloren, ihre Sprache, ihre Identität und nun sollen sie auch noch ihres Lebensraumes beraubt werden...

Geschichtlich wichtig, emotional ansprechend kann ich das Buch nur empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.06.2020

Eine ergreifende Geschichte eines stillen Helden

Am Seil
0

Der Kunsthändler Reinhold Duschka hatte während des Naziterrors in Wien zwei Menschen in seiner Werkstatt versteckt und deren Leben somit gerettet. Trotz der Gefahr hat er selbstlos eine Bekannte und deren ...

Der Kunsthändler Reinhold Duschka hatte während des Naziterrors in Wien zwei Menschen in seiner Werkstatt versteckt und deren Leben somit gerettet. Trotz der Gefahr hat er selbstlos eine Bekannte und deren Tochter aufgenommen und sich, so gut es ging, um sie ganze vier Jahre gekümmert. Die wahre Geschichte wird von der damals 10-jährigen Lucia geschildert.
Die Geschichte um den Kunsthandwerker Reinhold Duschka kannte ich noch nicht, einzig hatte ich mal am Rande davon gehört, darum habe ich das Buch direkt gekauft, als ich darauf aufmerksam geworden bin. Direkt nach dem Start war ich ein wenig unsicher und musste mich erst einmal einlesen, da der Schreibstil etwas gewöhnungsbedürftig ist. Sehr nüchtern wird eine schier unglaubliche Geschichte erzählt. Was zu Beginn am schüchternen und sachlichen Stil etwas seltsam schien, erwies sich weiterhin als genau die richtige Herangehensweise und man gewöhnt sich auch sehr schnell daran. Die ruhige Erzählart steht in einem so starken Kontrast zum Geschehen, dass das Ganze tiefgreifender ist und irgendwie auch ein wenig leichter verdaulich erscheint. Greifbar waren die Ängste und die Verzweiflung, aber auch der eine oder andere Hoffnungsschimmer. Die Situation in der Werkstatt ist bedrückend. Für Abwechslung sorgen die Arbeit in der Fabrik und der Unterricht den Lucia von ihrer Mutter erhält, da Duschka neben Nahrung und Kleidung auch Schulmaterialien besorgt
Auf nur etwas mehr als 120 Seiten wird hier die ergreifende Geschichte eines stillen Helden geschildert. Eines Helden, der gar keiner sein wollte, sondern einfach tat, was ihm richtig erschien – ganz ohne Hintergedanken, sondern auch reiner Menschlichkeit. Wie sich zeigt müssen Helden nicht laut und auffällig sein - ganz im Gegenteil. Gerade die unauffällige und ruhige Art kann auch der Schlüssel zum Erfolg sein.
Die richtigen Worte zu finden ist für dieses Buch kaum möglich, denn die emotionale Geschichte wirkt lange nach und das Gefühl dem Buch nicht gerecht zu werden, ist groß. Die Geschichte ist wichtig, erzählt sie von den Nazischrecken, aber auch von einem mutigen Menschen, der sich selbst in Gefahr brachte, um eine Mutter und ihre Tochter zu retten. Gerade in einer Zeit, in der ein gewisser Rechtsruck offensichtlich ist, bleibt zu hoffen, das Zivilcourage und Menschlichkeit dazu führen, dass es künftig keine Duschkas mehr braucht.
Die Geschichte zeigt: Man muss kein hollywoodmäßiger Held sein, um Gutes zu tun und Großes zu vollbringen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.06.2020

Für das Recht auf Bildung

Unter den Linden 6
0

Lise Meitner, eine promovierte Physikerin, ist auf dem Weg von Wien nach Berlin, um sich dort bei Max Plank weiterzubilden. Noch im Zug trifft sie auf das Dienstmädchen Anni, welches unglücklich scheint ...

Lise Meitner, eine promovierte Physikerin, ist auf dem Weg von Wien nach Berlin, um sich dort bei Max Plank weiterzubilden. Noch im Zug trifft sie auf das Dienstmädchen Anni, welches unglücklich scheint und ängstlich ist, denn sie weiß nicht, was sie in der Stadt erwarten wird. In Berlin angekommen stolpern sie über die recht gut situierte Hedwig, die sich um ein Studium bemühen will. Das ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts alles andere als leicht, denn nur Männer sind zu einem ordentlichen Studium zugelassen und selbst eine Gasthörerschaft ist zu dem Zeitpunkt für Frauen fast unmöglich. Aber die Frauen sind hartnäckig und dabei entsteht unter den ungleichen Frauen eine tiefe Freundschaft.

Der historische Roman ist an Fakten angelehnt, so gab es Lise Meitner tatsächlich und ihre Forschung u.a. mit Otto Hahn hat Bestand. Frauen wie Anni und Hedwig gab es sicher auch, nur gibt es für die beiden keine echten historischen Vorbilder – authentisch wirken sie dennoch und so tut das der Sache keinen Abbruch, denn wie Frauen kleingehalten werden sollten und wie schwierig die Zeit war, wird sehr deutlich. Selbst als erfolgreiche Physikerin und fleißige Mitarbeiterin erhält Lise zunächst kein Gehalt, später nur 60 Prozent für die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen – und trotzdem ist das für die Frauen schon eine echte Errungenschaft.

Die Einblicke in den universitären Betrieb, die Forschung mit Radioaktivität ohne jeglichen Schutz vor der Strahlung, die Bemühungen der Frauen auf eine echte Chance auf Bildung und wie sich manche Männer (Professoren wie Studenten) querstellten sind sehr unterhaltsam. Das Geschehen dehnt sich bis zum ersten Weltkrieg aus und wird aus den Perspektiven der drei Frauen, die Freundinnen werden, geschildert. Spannend ist hier besonders, dass die Frauen unterschiedlichen sozialen Schichten entspringen und entsprechend andere Sichtweisen und Möglichkeiten haben.

Eine gelungene Geschichte, die mich recht gut unterhalten hat, aber nicht in Gänze überzeugen konnte. Immer wieder mal sprachliche Schnitzer drin, die im Lektorat hätten auffallen müssen. „Mich düngt…“ war diesbezüglich eines meiner Highlights – wer düngt da die forsche und dickköpfige Hedwig? Gegen Ende fand ich das Buch zudem relativ schwach und der „Bildungskampf“ verlor zu sehr an Fahrt. Das Buch dümpelte irgendwann mehr oder weniger vor sich hin, war mir zu sentimental und ganz nett, aber eben auch nicht mehr - 3,5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.06.2020

Bombiges Wiedersehen

Schwarzer August
0

Lost ist mit der Schwester seiner Chefin auf Wolke 7. Die beiden genießen ihre Zeit in vollen Zügen, bis ein Bombenattentäter die Region aufsucht und Angst verbreitet. Zwar verursacht der Bombenleger nur ...

Lost ist mit der Schwester seiner Chefin auf Wolke 7. Die beiden genießen ihre Zeit in vollen Zügen, bis ein Bombenattentäter die Region aufsucht und Angst verbreitet. Zwar verursacht der Bombenleger nur Sachschaden – doch eine Eskalation ist nicht ausgeschlossen und selbst für das Team um Lost wird die Situation brenzlig. Was ist das Motiv des Täters?

Es beginnt beschaulich und schön und der glückliche Lost hat mich wieder so oft schmunzeln lassen. Er ist einfach ein netter Geselle und durch sein Asperger so besonders. Er kann nicht lügen, Berührungen sind ihm in der Regel nicht recht und so manches andere ist auch speziell, aber es hat auch seine Vorteile, denn er geht streng logisch vor (nicht selten vergeben sich an diesen Stellen lustige Momente) und hat ein schier unglaubliches Wissen. Erwähnt werden sollte an der Stelle vielleicht noch, dass die Beeinträchtigung nie ins Lächerliche gezogen wird. Doch er ist nicht der einzige, der für Lacher sorgt, denn auch der Spanier Duarte versucht wieder besonders unverzichtbar zu sein und seinem Vater zu gefallen…

Die Spannung baut sich eher langsam auf, denn es geht hier immer um mehr als „nur“ den Fall, der vielleicht in Summe nicht ganz so spannend war, wie andere Fälle, aber trotzdem überzeugen konnte. Das Motiv des Täters war mir ein wenig zu schnell abgehandelt, aber in sich war es stimmig und auch up to date (hier kann ich selbstredend nicht ins Detail gehen).
Blut und Brutalität sind hier kaum vorhanden und das gefällt mir sehr, denn hier wäre es einfach unpassend. Das Team – so individuell und authentisch die Charaktere auch sind -, ergänzt sich perfekt und das Setting ist einfach toll. Es fühlt sich beim Lesen an, als wäre man tatsächlich in Portugal. Das beinhaltet auch kleine Kitschanteile, aber der Autor fängt sich schnell wieder.

Es ist der vierte Teil der Reihe. Ich würde nicht unbedingt empfehlen mit diesem Teil zu starten, aber möglich ist es, da die Fälle in sich geschlossen sind. Hier ist jedoch die Entwicklung der Charaktere auch nicht unwesentlich, sodass es doch schade wäre, würde man nicht von Beginn an die Geschichte verfolgen.

Genau das richtige Buch, um Urlaubsfeeling auch auf Balkonien zu haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.06.2020

Zu leicht zu durchschauen

Gerecht ist nur der Tod
0

Ina Reich ist Psychologin und verdient ihre Brötchen mittlerweile als Journalistin. Sie darf im Rahmen einer Ermittlung die Auswirkungen der Ermittlungen auf die Soko beobachten. Sie gerät mitten in einen ...

Ina Reich ist Psychologin und verdient ihre Brötchen mittlerweile als Journalistin. Sie darf im Rahmen einer Ermittlung die Auswirkungen der Ermittlungen auf die Soko beobachten. Sie gerät mitten in einen sehr öffentlichkeitswirksamen Fall, denn ein bekannter Unternehmer wird kurz vor seiner Hochzeit direkt vor der Kirche, mitten in der Öffentlichkeit erschossen. Und er bleibt nicht das einzige Opfer. Ina hat mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen und hat auch unter den Ermittlern einen schweren Stand.
Der Beginn hatte mich schon nicht so richtig überzeugt, aber ich gab dem Buch eine Chance, weil trotzdem vielversprechende Ansätze vorhanden waren. Leider bin ich sehr schnell auf der richtigen Spur gewesen (so schnell, dass ich mich ernsthaft frage, ob ich mal irgendwo gespoilert worden bin und es gar nicht bemerkt habe oder der Aufbau wirklich so schlecht und leicht durchschaubar war…) und habe das Buch daher auch mit diesem Hintergedanken weitergelesen – entsprechend enttäuschend war es, dass fast nichts mehr überraschendes zu Tage trat und sich meine Theorie dann als richtig erwies. Die Umsetzung beziehungsweise das Ende fand ich dann auch etwas unglaubwürdig, die Motivation zwar in Teilen verständlich, aber doch etwas abgedreht.
Insgesamt war es auch nicht so spannend (maximal kam sowas wie Spannung im letzten Drittel auf), der Schreibstil aber flüssig und gut zu lesen, sodass ich immerhin schnell mit dem Buch durch war. Ein Problem war für mich auch die depressive Ich-Erzählerin, die ich einfach nicht mochte, die Distanz schuf und durch ihren Tablettenkonsum in die Sparte „kaputter „Ermittler““ fällt, wenn sie auch nicht wirklich ermittelt, sondern die Ermittler nur begleitet. Bis auf eine Ausnahme sind auch die weiteren Charaktere alles andere als nette Zeitgenossen und das hat mich schon irgendwie gestört.
Wirklich empfehlen kann ich es nicht, zumal die Geschichte mehr Potential hatte.