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Veröffentlicht am 21.03.2018

Schockierende Geschichte über eine Familie, in der die Kinder unter dem Versagen der Eltern leiden müssen

Marie
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Veronika Kelber ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern, dem 12-jährigen Frido, der zehnjährigen Mira und der sechsjährigen Chiara. Ihr Mann hat die Familie wegen einer anderen Frau verlassen, als ...

Veronika Kelber ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern, dem 12-jährigen Frido, der zehnjährigen Mira und der sechsjährigen Chiara. Ihr Mann hat die Familie wegen einer anderen Frau verlassen, als sie mit Chiara schwanger war.

Veronika ist als berufstätige Frau mit der Situation in der 65-qm-Wohnung und der Verantwortung, die auf ihr lastet, völlig überfordert. Frido ist jetzt der "Mann im Haus" und derjenige, der sich um seine jüngeren Schwestern kümmert. Chiara erzählt er eine Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruhen soll. Er habe sie in der Zeitung gelesen. Es geht um einen älteren Mann, den Besitzer des Kiosk auf dem Weg zu seiner Schule, der ein Baby gestohlen haben soll. Chiara ist gebannt von der Geschichte und entsetzt und stellt immer mehr Fragen, bis auch die Mutter die Geschichte hört und ausrastet.

"Marie" erzählt die Geschichte von "Glückskind" weiter, kann aber unabhängig von diesem Roman gelesen werden. Er ist eine Familientragödie, in welcher das Versagen der Eltern in aller Deutlichkeit aufgezeigt wird. Die Mutter schafft es kaum, den Kindern regelmäßig das Abendessen zuzubereiten, geschweige denn, dass sie ihnen Liebe und Geborgenheit vermittelt. Sie ist zwar in der Wohnung anwesend, aber nicht für die Kinder da, weshalb der älteste Frido ganz selbstverständlich die Aufgaben der Mutter übernimmt, so gut er kann.

Der Vater hält sich dagegen aus allem heraus und beschränkt sein Engagement auf die Unterhaltszahlungen, die ihm auch zu viel sind. Notgedrungen holt er die Kinder an einzelnen Wochenenden zu sich, wobei er immer nur zwei Kinder bei sich haben möchte und sich für die umgänglicheren beiden, Frido und Chiara, entscheidet. Veronika lenkt sich in der Zeit mit Alkohol und One-Night-Stands ab.

Die Perspektiven werden schnell gewechselt, so dass man Einblick in die Sichtweise der Mutter, aber vor allem auch in die der Kinder auf ihrem unterschiedlichen Wissensstand erhält. Fassungslos betrachtet man als Leser diese schier ausweglose Situation und leidet mit den Kindern, die keine regelmäßigen Mahlzeiten erhalten und auf sich allein gestellt sind und trotzdem noch brav ihre Hausaufgaben erledigen und zur Schule gehen. Krampfhaft versuchen sie, den Anschein von Normalität aufrechtzuerhalten, um eine Mutter zu schützen, die ihnen so wenig Liebe schenkt.

Man fragt sich, was in der Vergangenheit, von der man nur Bruchstücke erfährt, vorgefallen ist, und wie Ereignisse mit der Geschichte, die Frido erzählt hat und deshalb von einem schlechten Gewissen geplagt ist, in Zusammenhang stehen. Etwas Schreckliches wurde über die Jahre totgeschwiegen und kocht jetzt wieder hoch, woran die Mutter endgültig zu zerbrechen scheint. Man muss zwischen den Zeilen lesen können, da vieles nur angedeutet, nicht aber explizit geschildert wird.

Es ist eine schockierende, einfühlsam erzählte Geschichte über eine Familie, die sich selbst überlassen ist und bei der es erst zur finalen Katastrophe kommen muss, bis Hilfe geleistet wird. Fassungslos ist man bis zum Schluss von der Handlung gefesselt und muss einfach weiterlesen, wie die Kinder den Alltag auf sich gestellt bewältigen.
Besonders erschütternd an der Geschichte ist, dass sie so authentisch anmutet und dass sich solche Familientragödien tagtäglich hinter verschlossen Türen ereignen.

Da ich selbst "Glückskind" nicht gelesen habe, hätte ich mir gewünscht, wenn man als Leser zumindest im Epilog oder einem Nachwort noch mehr über die Vergangenheit erfahren hätte, um die aktuellen Ereignisse besser einordnen zu können.

Veröffentlicht am 19.03.2018

Stereotype Charaktere, zu viele Zufälle, Drama, Klischees und Schmalz - ich verspürte keinen Zauber

Das Leben ist ein Seidenkleid
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Maja arbeitet als Verkäuferin in der Abteilung für Damenoberbekleidung in einem Kaufhaus, wo sie sich von ihrer Vorgesetzten Hanneliese, die nur auf Profit aus ist, schikanieren lässt. Maja glaubt daran, ...

Maja arbeitet als Verkäuferin in der Abteilung für Damenoberbekleidung in einem Kaufhaus, wo sie sich von ihrer Vorgesetzten Hanneliese, die nur auf Profit aus ist, schikanieren lässt. Maja glaubt daran, dass Kleidung zu den Menschen passen muss und ihnen nur dann Glück bringt. Als gelernte Schneiderin näht sie derzeit nur nachts Kleidung für sich selbst, träumt aber davon, von ihrer Leidenschaft leben zu können.

An den Wochenenden fährt sie Essen für Senioren aus und lernt dabei den rüstigen Rentner Leonard kennen, der mit einer Schneiderin verheiratet war, die bereits vor 40 Jahren verstorben ist. Er hat allerdings in ihre, Ankleidezimmer all ihre Sachen aufbewahrt, die er Maja stolz zeigt. Sie ist begeistert von den Kleidern und Schnittmustern und hört sich die gut gemeinten Ratschläge von Leo an, der sie förmlich dazu drängt, mehr aus ihrem Leben zu machen und nicht als Verkäuferin zu versauern.


Von Tanja Wekwerth hatte ich "Madame Cléo und das große kleine Glück" gelesen, ein zauberhafter Roman, der mir sehr gut gefallen hat, weshalb ich an von "Das Leben ist ein Seidenkleid", angelehnt an den Klappentext, ähnliche Erwartungen hatte.


Mir war die Geschichte um Maja, die eingeschüchtert von ihrer Mutter, nie gewagt hat, ihren Traum der schneidernden Modedesignerin zu leben, zu verkitscht.

Maja war mir zu übertrieben selbstlos, wie sie sich für die anonymen Kundinnen im Kaufhaus oder für die Senioren eingesetzt hat. Jeden Tag hat sie sich aufs Neue mit ihrer Chefin bei der Beratung der Kundinnen gestritten, obwohl diese ihr mehrfach mit Kündigung gedroht hatte. Für die Senioren hat sie bereitwillig gekocht, falls das Essen nicht gut war. Selbst Heiligabend hat sie lieber die alten Menschen zu sich in die Wohnung eingeladen, als mit ihrer Mutter zu feiern.

Die Freundschaft zu Leo entwickelte sich schnell sehr innig. Ich empfand es als ein wenig seltsam, dass sie Leo nach wenigen Wochen als ihren "besten Freund" bezeichnete, hätte ihn eher als väterlichen Freund gesehen.

Durch die Begegnung mit seinem Enkel Jack ergab sich unweigerlich eine Liebesgeschichte, die viel zu halbherzig gestaltet war und die der Roman nicht gebraucht hätte. Jack war selbstverständlich seit Jahren in festen Händen, aber unglücklich mit seiner Beziehung und auch Leo hätte sich Maja viel besser als seine Lebensgefährtin vorstellen können. Seine derzeitige Freundin war im Vergleich zu Maja ein oberflächliches Biest, das so gar nicht zu Jack passte.


Die Geschichte war damit sehr vorhersehbar, empfand ich als übermäßig dramatisch, auch wenn die Aussagen wie "Kleider machen Leute", der Ruf nach einem stärkeren Band zwischen den Generationen und dem Mut, seine Träume zu leben, grundsätzlich schöne Vorstellungen sind. Dennoch - weniger Zufälle, Drama, Klischees und Schmalz hätten dem Roman sehr gut getan. Der Zauber der Geschichte kam so einfach nicht bei mir an und auch für den Gutmensch Maja ohne Ecken und Kanten konnte ich nur wenig Sympathien entwickeln. Alle weiteren Personen waren zudem sehr stereotyp, entweder einseitig gut oder böse. Vielschichtigere Charaktere hätten dem Roman zumindest etwas Abwechslung verleihen können.

Veröffentlicht am 17.03.2018

Unterhaltsame, sommerliche Liebesgeschichte mit sympathischen Charakteren

Ein Sommer und ein ganzes Leben
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Katharina ist Mitte 30, verwitwet und Mutter eines neunjährigen Jungen und einer vierjährigen Tochter. Als ihre beste Freundin Kerstin beruflich für drei Jahre nach Barcelona zieht, nimmt Katharina deren ...

Katharina ist Mitte 30, verwitwet und Mutter eines neunjährigen Jungen und einer vierjährigen Tochter. Als ihre beste Freundin Kerstin beruflich für drei Jahre nach Barcelona zieht, nimmt Katharina deren Angebot an, sich in der Zeit um ihre kleine Villa in Braunschweig zu kümmern und zieht mit den Kindern dort ein. Sie ist dankbar, dass sie sich damit die Miete für ihre Wohnung sparen kann, da sie als selbstständige Mediatorin künftig auch nicht mehr die Praxisräume ihrer Freundin und Kollegin Inge nutzen kann.

Schon bald lernt sie Kerstins Nachbarn David kennen, der nach einem Unfall im Rollstuhl sitzt. Er bietet ihr einen Job, bei dem sie sein Chaos aus Unterlagen sortieren und ablegen soll. Da sie damit keine Probleme wegen der Kinderbetreuung hat, nimmt sie den Nebenverdienst im Nachbarbungalow gern an.
Katharina gefällt es, wie selbstbewusst und scheinbar problemlos David mit seiner Behinderung, die für ihn gar keine ist - schließlich behindern nur andere ihn und seinen Rollstuhl - umgeht und empfindet nach anfänglichen Hemmungen schnell mehr für ihn als nur Freundschaft. Zum ersten Mal kann sie sich nach dem tragischen Tod ihres Mannes vorstellen, sich nach all den Jahren wieder an einen Mann zu binden. Und auch David hat die Hoffnung, dass Katharina als alleinerziehende Mutter genau die richtige Frau an seiner Seite sein könnte.

"Ein Sommer und ein ganzes Leben" ist eine Geschichte über Liebe und die Ängste, die einer Beziehung im Weg stehen können.
Katharina und David sind beide Charaktere, die erwachsen sind und mitten im Leben stehen und in der Vergangenheit Einschneidendes erlebt haben, das Konsequenzen hat, die sie ihr Leben lang begleiten werden. Für David ist es die inkomplette Querschnittlähmung und für Katharina der Tod ihres Mannes, der sie zur alleinerziehenden Mutter werden ließ. Katharina trauert nun seit neun Jahren und hatte mit einem Beruf und zwei Kindern bisher zudem keinen Freiraum sich auch noch um eine Beziehung zu bemühen. David hat die Frauen bisher auf Abstand gehalten, da er sie nicht mit seinen Einschränkungen belasten wollte. In diesem Sommer sind jedoch beide mutig genug, einen Schritt weiter zu gehen.

Kristina Valentin hat mit diesem Roman nicht nur eine unterhaltsame, sommerliche Liebesgeschichte mit sehr sympathischen Charakteren geschaffen, sondern auch versucht, die Perspektive eines Menschen mit Behinderung in den Fokus zu rücken. David ist ein Mensch, der sich nicht auf seine Behinderung reduzieren lassen möchte. Er ist erfolgreich im Beruf und im Alltag selbstständig. Nicht er hat ein Problem mit seinem Handicap, sondern die Menschen, die ihm begegnen oder nur flüchtig kennen.
Die Autorin möchte mit der Geschichte zeigen, dass Behinderung nicht immer mit Krankheit, Leid und Drama verbunden sein muss, sondern dass es Menschen - zehn Millionen in Deutschland - sind, die wie alle Menschen Sorgen und Probleme, aber auch Freude und ganz normalen Alltag haben. Das Leben ist so vielseitig und überall gibt es Licht und Schatten. Das Buch setzt ein Zeichen für Toleranz, klärt auf und das auf sehr unterhaltsame Art und Weise ohne belehrend zu sein.

Veröffentlicht am 16.03.2018

Roman über Selbstfindung mit überraschenden Wendungen und eine Liebesgeschichte außerhalb der Norm

Leinsee
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Karl ist der Sohn des sehr erfolgreichen Künstlerehepaares Stiegenhauer, der seit Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr zu seinen Eltern hatte. Als sich sein Vater August im Alter von 57 Jahren tötet, ...

Karl ist der Sohn des sehr erfolgreichen Künstlerehepaares Stiegenhauer, der seit Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr zu seinen Eltern hatte. Als sich sein Vater August im Alter von 57 Jahren tötet, weil die geliebte Ehefrau Ada unheilbar an einem Gehirntumor erkrankt ist, kehrt Karl an seinen Geburtsort Leinsee zurück. Er empfindet keine Trauer für den Tod seines Vaters und bringt die Beerdigung hinter sich, bei der Karl, der in Berlin unter anderem Namen als Künstler arbeitet, erstmals von der Presse als Sohn der Stiegenhauers identifiziert wird. Durch die Berühmtheit seiner Eltern steigt auch sein Marktwert als Künstler, was Karl nie wollte. Er geht nicht zur Eröffnung seine Ausstellung in Berlin und bleibt in Leinsee, um den Tod seiner Mutter abzuwarten, die nach einer Notoperation am Gehirn im Koma liegt.

Entgegen der Erwartung der Ärzte über lebt Ada, erwacht aus dem Koma und erkennt in Karl ihren Ehemann August wieder. Zum ersten Mal erfährt Karl Wertschätzung durch seine Mutter und wird von ihr geliebt. Er genießt diese seltsame Beziehung zu ihr, kümmert sich um sie und arbeitet sogar im Atelier der Eltern mit ihr zusammen.

Im Garten der Villa taucht immer wieder in achtjähriges Mädchen aus der Nachbarschaft auf. Tanja, die im Gegensatz zu den anderen Kindern keine Angst vor Karl hat. Sie beginnen damit, sich gegenseitig kleine Geschenke zu machen, indem sie den Kirschbaum dekorieren oder den Garten mit kleinen Handgriffen umgestalten.

Als seine Lebensgefährtin Mara, die überraschend aus Berlin anreist, Tanja vertreibt, hält auch Karl nichts mehr in Leinsee. Er kehrt nach Berlin zurück, wo er von Mara getrennt, in einem Atelier am Tempelhofer Feld arbeitet und wohnt.

Erst sechs Jahre später geht er nach Leinsee zurück, wo Tanja inzwischen ein Teenager geworden ist. Sie verzeiht Karl und so entwickelt sich ihre ungewöhniche Freundschaft weiter.

Karl ist ein verschlossener Mensch, der von seinen Eltern, die ihn als Kind in einem Internat untergebracht haben, wo sie ihn nie besucht haben, schwer enttäuscht ist. Für Ada und August gab es immer nur die beiden als Paar, für ein Kind war kein Platz. Karl wollte nie im Schatten seiner Eltern stehen und hat sich deshalb unter Pseudonym einen Namen als Künstler erarbeitet. Zurück in Leinsee kommt all der Frust über seine Eltern wieder hoch, zumal sie einen Assistenten beschäftigen, der sich wie selbstverständlich in Karls Kinderzimmer eingerichtet hat. Karl hat nachvollziehbarerweise einen Hass auf diesen "Buddy Holly", der die Rolle des Sohnes übernommen hat.

Ablenkung und Leichtigkeit erfährt Karl durch Tanja, zu der er als 26-jähriger Mann unnatürlich intensive Gefühle entwickelt. Tanja ist ein Symbol für Mut und Unbeschwertheit, was Karl in seiner Kindheit fehlte. Er ist regelrecht fixiert auf sie, hofft jeden Tag aufs Neue, dass sie sich zeigt.

Der Roman handelt nicht nur von einer Künstlerfamilie, sondern ist auch passend dazu aufgebaut. Jedes Kapitel hat eine farbengebende Überschrift wie "Kanarienvogelgelb und silber", "Gottweiß", "Salamirot" oder "Kaugummigrau" und steht für Karls Gefühlswelt.

"Leinsee" ist ein außergewöhnlicher Roman, der mal melancholisch, mal wütend, mal traurig ist, der mich aber auch verwirrt und nachdenklich gemacht hat . Sehr skurril sind Karls Verhaltensweisen in der Villa der Eltern und seine Annäherung an das Kind, die einem Versteckspiel gleicht, die mehr als merkwürdig, schon fast grenzwertig ist.

Die Heimkehr nach Leinsee wird für Karl zu einem Neuanfang. Beschrieben wird die Persönlichkeitsentwicklung von Karl von 2005 bis zur Gegenwart, in der Karl parallel zu Tanja erwachsen wird.
Es ist ein Roman über Selbstfindung und eine Liebesgeschichte außerhalb der Norm mit überraschenden Wendungen. Er hat durch die sonderbaren Einfälle von Karl, die er nie in Frage stellt, oder gar sich selbst reflektiert, einen hohen Unterhaltungswert.

Veröffentlicht am 14.03.2018

Spannende Familiengeschichte über lang gehegte Geheimnisse, eine Suche nach Wahrheit und atmosphärische Unterwasserwelten

Die Mitternachtsschwestern
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Willow hat ihre Eltern bei einem Schiffsunglück vor 20 Jahren verloren, als sie sieben Jahre alt war. Sie ist daraufhin bei ihrer Tante Hope in Busby-on-Sea aufgewachsen.
Im August 2016 taucht sie zum ...

Willow hat ihre Eltern bei einem Schiffsunglück vor 20 Jahren verloren, als sie sieben Jahre alt war. Sie ist daraufhin bei ihrer Tante Hope in Busby-on-Sea aufgewachsen.
Im August 2016 taucht sie zum Schiffswrack, in dem noch eine Handtasche ihrer Mutter Charity gefunden wird. Diese wirft Fragen auf, so dass Willow nach langer Zeit zurück in ihren Heimatort fährt und ihre Tante besucht, um sie mit dem Inhalt der Handtasche zu konfrontieren. Hope möchte allerdings nicht über die Vergangenheit sprechen. Als Willow dann auch noch eine Einladung für eine Fotoausstellung über die geheimnisvolle Welt der Unterwasserwälder findet, die an sie gerichtet war, die Hope ihr allerdings unterschlagen hat, möchte sie unbedingt den Fotografen treffen, der ihre Mutter gekannt hatte und herausfinden, was Hope ihr weiterhin verschweigen möchte.
Wlllow folgt dabei Charitys Spuren zu den faszinierenden Unterwasserwäldern, die die passionierte Taucherin besucht hat.

Der Roman handelt nicht nur im Jahr 2016, sondern wird auch aus Sicht der jungen Charity im Zeitraum 1976 bis 1996 erzählt. Die beiden Erzählstränge sind durch die gleichen Schauplätze, die Charity und Willow zu unterschiedlichen Zeiten aufsuchen, miteinander verbunden.
Durch die Tauchexkursionen und die mir bisher unbekannte Existenz der Unterwasserwälder mutet der Roman etwas mythisch an und ist sehr atmosphärisch erzählt. Es geht um tragische Ereignisse der Vergangenheit, von denen Willow bisher n Schutz genommen worden ist und die sie zur Klärung ihrer Wurzeln und ihrer eigenen Identität in Erfahrung bringen möchte.

Durch den Schmerz, den die Schwestern Charity und Hope in ihrer Jugend erleiden mussten und von dem Willow nichts ahnt, durchzieht den Roman eine Traurigkeit und Melancholie. Auch Willow, die unter dem Verlust ihrer Eltern und der scheinbar lieblosen Erziehung durch die Tante leidet, unterstreicht diese Grundstimmung.

"Die Mitternachtsschwestern" ist ein auf beiden Erzählsträngen spannender Roman über lang gehegte Geheimnisse und die Suche nach der Wahrheit. Nicht nur die weiblichen Hauptpersonen sind authentisch dargestellt, auch die Nebencharaktere überzeugen mit einer gewissen Undurchschaubarkeit. Man kann sich über weite Teile nicht sicher sein, wer manipuliert und wer etwas zu verbergen haben könnte.

Es ist eine lesenswerte Familiengeschichte, die zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar ist und die am Ende noch einmal durch eine schockierende Wendung überrascht. Mir hat der Roman nicht nur aufgrund der interessanten Handlung, bei der alle Fäden am Ende geschickt zusammenlaufen und wodurch der rätselhaft verbitterte Charakter der Hope verständlich wurde, sondern auch wegen der anschaulichen Beschreibung der Unterwasserwelten sehr gut gefallen.